Hier geht es um die Frage, wie sich ein begonnenes Promotionsstudium zu einem möglichen Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II (sog. Hartz IV) verhält.
Das ALG II ist niedriger und deshalb ungünstiger als das Arbeitslosengeld I. Da aber das ALG I erfordert, dass man vorher versicherungspflichtig beschäftigt war und »in die Kasse eingezahlt« hat, was bei Studierenden oft nicht der Fall ist, soll hier zuerst das ALG II dargestellt werden. Wer schon eingezahlt hat (z. B. als wissenschaftlicher Mitarbeiter) , sollte beim Punkt ALG I weiterlesen.
Das Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich: Hartz IV) richtet sich nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
ALG II ist eine Sozialleistung, die grundsätzlich nur an erwerbsfähige Personen gezahlt wird. Das SGB II geht dabei durchgängig davon aus, dass der Hilfeempfänger dem Arbeitsmarkt auch tatsächlich zur Verfügung steht, dass er sich um Arbeit bemüht, und dass er jede zumutbare Arbeit annimmt. Das wird insbesondere bei den Sanktionsmöglichkeiten gem. § 31 SGB II deutlich. Sie greifen dann ein, wenn der Hilfeempfänger z. B. keine hinreichenden Eigenbemühungen nachweist.
Wer ein reguläres Studium betreibt, kann wegen des Leistungsausschlusses in § 7 Abs. 5 SGB II kein ALG II erhalten, da ein solches Studium dem Grunde nach gem. BAFöG förderungsfähig ist. Dass ein Studierender diese Leistungen individuell aus irgendwelchen Gründen dennoch nicht erhalten kann, ändert an dieser Beurteilung nach einem Urteil des Bundessozialgerichts nichts. (Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7b AS 36/06 R, nachzulesen bei Sozialgerichtsbarkeit.de)
Wer den Gesetzestext selbst nachlesen möchte, sollte sich nicht an der Bezeichnung des Studierenden als »Auszubildender« stören - das BAFöG sieht sie alle gleich ;-)
Der genannte Leistungsausschluss gilt aber gerade nicht für ein Promotionsstudium, weil man für ein Promotionsstudium üblicherweise eben kein BAFöG beziehen kann (es ist nach dem BAFöG eben nicht »dem Grunde nach förderungsfähig«)
Nachzulesen in einer ausführlich begründeten Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 03.04.2008, Az. L 2 AS 71/06, sozialgerichtsbarkeit.de:
Promotionsstudiengänge gehören grundsätzlich nicht zu den nach BAföG förderungsfähigen Ausbildungen, weil sie nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen.
Anders ist es beim sog. grundständigen Promotionsstudium, mit dessen Absolvieren erstmals ein berufsqualifizierender Abschluss erreicht wird und das eine Ausnahme darstellt, die hier nicht vorliegt.(…)
[Das Promotionsstudium] ist kein Studiengang, der auf einen berufsqualifizierenden Abschluss abzielt; es setzt vielmehr in der Regel das Vorhandensein eines berufsqualifizierenden Abschlusses voraus.…
Ein Promotionsstudium ist danach für den Empfang von Hartz IV-Leistungen neutral. Das gilt aber nur, wenn man das Studium nebenberuflich durchzieht, also grundsätzlich dem Arbeitsmarkt voll zur Verfügung steht, sich entsprechend um Arbeit bemüht etc. Auch auf diese Obliegenheiten weist das LSG Sachsen Anhalt in seiner Entscheidung deutlich hin:
Auch die fehlende Verfügbarkeit der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt wegen der Vollzeitbeschäftigung mit ihrer Promotion steht - anders als zu Zeiten der Arbeitslosenhilfe nach dem SGB III (vgl. § 119 Abs. 5 SGB III) - ihrem Leistungsanspruch nicht entgegen. Im SGB II ist ein genereller Leistungsausschluss wegen mangelnder Verfügbarkeit nicht vorgesehen. Allerdings treffen die Klägerin die Obliegenheiten der §§ 2 und 14 ff. SGB II. Das Betreiben eines Promotionsstudiums dürfte in der Regel keinen wichtigen Grund darstellen, der die Aufnahme einer Arbeit unzumutbar macht (…). Sofern ein Promotionsstudent die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit im Leistungszeitraum ablehnt, hat die Beklagte die Möglichkeit, das ihr mit dem SGB II gegebene Instrumentarium des »Förderns und Forderns« einzusetzen und ggf. gemäß § 31 SGB II Sanktionen zu verhängen. Dieser Umstand entkräftet verständliche »Bedenken an dem Ergebnis, dass mit steuerfinanzierten Fürsorgeleistungen eine Promotionsförderung erfolgt«, wie sie das Sozialgericht Reutlingen in seinem Urteil (vom 13. März 2006, Az. S 12 AS 2707/05, zitiert nach juris) formuliert, denn für die Leistungen nach dem SGB II ist die Klägerin nicht anders zu behandeln als jeder andere Arbeitsuchende.
Lesehilfe für Suchmaschinen: Die Leistung wird mitunter auch ALG2, ALG 2 o.ä. abgekürzt..
Das Arbeitslosengeld I ist eine Versicherungsleistung, die sich nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs richtet. Versicherungsleistung bedeutet dabei vor allem, dass die sog. Anwartschaftszeit abgelaufen ist. Im Klartext: Man muss vorher gearbeitet und in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Die Höhe des Arbeitslosengeldes I richtet sich dann nach den letzten Bezügen, die Bezugsdauer ist auf maximal zwei Jahre begrenzt.
Voraussetzung für den Bezug des Arbeitslosengeldes I ist die Arbeitslosigkeit. Nach der Legaldefinition in § 138 SGB III setzt dies grundsätzlich Eigenbemühungen für eine Beendigung der Arbeitslosigkeit sowie die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt voraus. Damit eignet sich das Arbeitslosengeld I nach seiner rechtlichen Struktur nicht als dauerhafter Ersatz für eine Finanzierung des Promotionsvorhabens, denn es die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt und der Nachweis ernsthafter Eigenbemühungen werden stets vorausgesetzt.
Umgekehrt dürfte aber die Wahrnehmung eines Promotionsstudiums - wie beim Arbeitslosengeld - den Bezug von Arbeitslosengeld I auch nicht per se ausschließen. Unproblematisch sollte es sein, wenn die Promotion neben einer vollen oder Teilzeit-Stelle von mindestens 15 Std/Woche durchgeführt werden soll und sich der Kandidat auch ernsthaft um den Erhalt einer solchen Stelle bemüht.
So erscheint es nicht ausgeschlossen, die Vermutung der Nichtverfügbarkeit, die sich für reguläre Studenten aus § 139 Abs. 2 SGB III ergibt, als Promotionsstudent zu widerlegen.
§ 139 SGB III Abs. 2
Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte wird vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.
Dieser Artikel bedarf noch einer Vervollständigung
Gefunden bei https://doktorandenforum.de.