Doktorvater wechseln?
Hier geht es um folgende Themen:
Der Abbruch des Promotionsvorhabens wird auf einer eigenen Seite behandelt.
Der Wechsel des Doktorvaters kann, soviel dürfte klar sein, immer nur das allerletzte Mittel sein, wenn es darum geht, die eigene Arbeit fertigzustellen und eine Promotion vernünftig abzuschließen.
Die dahintersteckenden Probleme sind meist so komplex, dass sie sich keinesfalls allgemeingültig lösen lassen. Deshalb sollen hier nur Gedanken zusammengetragen werden, die im Diskussionsforum zu entsprechenden Fragestellungen geäußert wurden.
Dieser Artikel beginnt mit dem Bild vom Schleudersitz - denn es läßt sich leider auf den Wechsel des Doktorvaters meist sehr gut übertragen:
- Der Schleudersitz ist nur ein allerletztes Rettungsmittel, wenn wirklich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden. Lesen Sie die Bildbeschreibung bei Wikimedia Commons zu speziell diesem Foto!
- Der Ausstieg mit dem Schleudersitz führt zu Materialverlust, den man sich gut überlegen sollte.
- Der Schleudersitz ist auch für den Piloten gefährlich - er wird dabei verletzt.
Wikipedia…
Fragen, die Sie für sich klären sollten
- Lassen sich die Meinungsverschiedenheiten noch irgendwie ausräumen?
Können Sie - ohne zusätzlichen Druck aufzubauen - neutrale Dritte einbinden, um die Situation zu entschärfen?
- Was genau versprechen Sie sich von einem Wechsel? Stimmt das Verhältnis von Aufwand und Nutzen dafür? (Zur Gedankenstütze für die Abwägung des Für und Wider)
- An welcher Stelle stehen Sie? Was/wieviel benötigen Sie noch von Ihrem Betreuer?
Viele im Forum beschriebenen Probleme traten erst zu einem sehr späten Zeitpunkt der Promotionsphase auf. Gerade dann sollten Sie auch die Option prüfen, »streng nach Promotionsordnung« Ihre fertige Arbeit bei der zuständigen Stelle (Fakultät) einfach einzureichen. Üblich ist zwar vielfach eine vorherige Abstimmung mit dem Betreuer - vorgeschrieben wird das in den Promotionsordnungen aber meist nicht. Im Forum beschreiben z.B. angestellte Doktoranden ihren Verdacht, dass der Prof die Arbeit herabgewürdigt habe, um sich die gute Arbeitskraft noch ein paar Monate zu erhalten.
Hier gibt es mehr zu den verschiedenen Rechtsverhältnissen (Betreuungsverhältnis, Promotionsverhältnis) während der Promotionsphase
- Haben/finden Sie einen neuen Betreuer?
Hier gilt es zu berücksichtigen, dass natürlich auch Professoren miteinander sprechen. Nicht nur an derselben Uni, sondern oft auch im selben Fachgebiet. Wenn man dort nicht mit offenen Karten gespielt hat, könnte es unangenehm werden.
Und mit offenen Karten kann es natürlich auch schwierig werden, wenn Professor A seinem renommierten Kollegen Professor B wegen des unbedeutenden Doktoranden X auf die Füße treten soll, während dahinter zehn unproblematische Doktoranden Schlange stehen.
- Können Sie Ihre Ergebnisse mitnehmen?
Das kann mitunter in den ressourcenintensiven Forschungsbereichen schwierig werden, wenn z.B. die rechtliche Beurteilung der mit fremden Finanzmitteln, vielleicht auch noch im Angestelltenverhältnis erzielten Ergebnisse nicht eindeutig ist.
- Haben Sie die Ressourcen für die Fortsetzung?
Wenn es »nur« darum geht, Literatur aus der Unibilbliothek auszuwerten und die Arbeit zusammenzuschreiben, ist das sicher einfacher als bei einem teuren naturwissenschaftlichen Experiment oder bei umfangreichen Datenerhebungen.
Abwägung des Für und Wider
Wenn die oben beschriebenen Überlegungen einen Wechsel nicht praktisch ausschließen, gilt es das Für und Wider sorgfältig abzuwägen. Dazu schlägt Benutzerin katja im Forum vor, sich eine Liste der Pro- und Contra-Argumente zu machen:
- Welche Nachteile entstehen, wenn man den gegenwärtigen Doktorvater beibehält?
- Welchen Einfluss hat eine weitere Betreuung und vor allem Bewertung bei dieser Person auf mein weiteres Fortkommen (wichtig vor allem, wenn man an eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen möchte)?
- Ist aus unfairen Gründen eine schlechte Bewertung zu erwarten?
- Mögliche Nachteile durch einen Wechsel:
Ist der gegenwärtige Doktorvater mein Chef und gibt es da Probleme?
in welchem Verhältnis stehe ich mit der Person dann nach einem Wechsel noch?
Wo gibt es individuelle Beratung?
Stipendiaten einer Stiftung haben hier gewisse Vorteile: In aller Regel gibt es an den Fakultäten sog. Vertrauensdozenten der Stiftungen. Sie können ein guter Ansprechpartner sein, da Stipendiengeber ein hohes eigenes Interesse an der Fertigstellung der geförderten Arbeit haben. Überdies sind die meisten Stiftungen für die Doktorväter und ihre Fakultäten wirtschaftlich interessant; wer möchte es sich schon mit einem potentiellen Geldgeber verderben.
Die allgemeine Studienberatung der Universität ist oft stärker um das Wohlergehen ihrer Studenten bemüht, als man in Erinnerung an die erste Immatrikulation meinen sollte. Wie so oft, können Menschen mehr leisten, wenn sie sich inhaltlich auf Termine vorbereiten konnten. Deshalb sollte man bestehende Möglichkeiten zur Terminvereinbarung nutzen und - soweit möglich - bereits bei der Terminvereinbarung einigermaßen konkret beschreiben, was das Anliegen ist.
Ich erinnere mich bei den ausgewiesenen Verwendungen der Semesterbeiträge noch an den Posten »psychologische Studienberatung« beim AStA, weil er in meinen Augen relativ hoch war. Auch dort könnte man nachfragen: Zumeist kommt es ohnehin weniger auf die konkreten Fachbezüge als auf rein menschlich/psychologische Unterstützung bei der Entscheidungsfindung an.
Wie kann man dem Ärger vorbeugen?
Die Forenbeiträge zeigen, dass einige Schwachstellen häufiger auftreten als andere. Deshalb hier auch die Zusammenstellung von Ideen, wie sich grundlegende Zerwürfnisse speziell gegen Ende der Arbeit vielleicht vermeiden lassen.
- Bestehende Formalisierungen nutzen
Viele Fakultäten haben erkannt, dass der sehr abhängige Status ihrer Doktoranden nicht mehr in die wissenschaftliche Landschaft paßt, und dass er gute Wissenschaftler abschreckt. Sie bieten deshalb mehr oder weniger ausgeprägte Formalisierungen des Promotionsverfahrens an. Dazu kann z.B. eine förmliche Annahme als Doktorand gehören.
Solche Formalien in Anspruch zu nehmen, erscheint in einem intakten Promotionsverhältnis vielleicht »uncool« oder zu mißtrauisch. Allerdings sollte man sich überlegen, ob man wegen der Coolness möglicherweise zwei, drei Jahre seines Berufslebens verballern will. Für viele gute Betreuer ist absolut klar, dass ihre Schützlinge ein Mindestmaß an Vertrauensschutz benötigen - und dazu gehört z.B. die förmliche Annahme u.ä. Einfach mal die Promotionsordnung lesen!
Was soll werden, wenn der Doktorvater plötzlich ins Ausland wechselt oder gar verstirbt? Dann helfen die mündlichen Absprachen leider nur wenig.
- Zwischenstände abgleichen
Gerade bei externen Doktoranden kommt es vor, dass der Kontakt sehr sporadisch ist. Da hilft es, wenn man »mit Augenmaß« seine Zwischenstände mit dem Doktorvater abgeleicht. Wenn Sie über den Turnus unsicher sind, haben Sie keine Scheu, Ihren Doktorvater zu fragen, was er für angemessen hält.
- Schriftliche Statements einfordern? Zweifelhaft.
Mitunter wird empfohlen, sich Zustimmungen/Abstimmungen möglichst schriftlich geben zu lassen. Ich persönlich bin dabei sehr skeptisch, ob dieses Vorgehen wirklich etwas bringt: Rechtlich verbindlich ist ohnehin nur das abschließende Gutachten des Erst- und Zweitgutachters. Daran werden solche »Zustimmungen« nichts ändern, so ist das öffentliche Recht: Wenn die Behörde heute schlauer ist als gestern, dann kann man sie nicht zwingen, ihren alten Fehler zu wiederholen. »Moralisch« mag man das unfein finden, aber ob sich ein Doktorvater davon beeindrucken läßt? Unabhängig davon dürfte die Präsentation solcher »Beweise« das Klima in einer Weise verändern, dass es noch schwieriger wird, wieder zusammen zu finden.
Gefunden bei https://doktorandenforum.de.