Weisungen als Professor

Fragen und Antworten rund um die Professur an Fachhochschule (FH) bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW)
neuling2018
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Weisungen als Professor

Beitrag von neuling2018 »

Tach zusammen,
jetzt muss ich mal etwas naiv fragen, aber ist man als W2 Professor an einer HAW weisungsgebunden gegenüber dem Dekan oder Präsidenten? Oder zählt dann nur noch das Landesgesetz wenn es um Pflichten geht?
Oder anders gefragt: Kann mir jemand etwas vorschreiben?
johndoe
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von johndoe »

neuling2018 hat geschrieben: 21.02.2024, 14:56 ?
Oder anders gefragt: Kann mir jemand etwas vorschreiben?
Kurze Antwort: nein.

Details siehe https://www.hlb.de/ziel-professur/infob ... rofessoren
donkeydoeshisphd

Re: Weisungen als Professor

Beitrag von donkeydoeshisphd »

Naja, du musst deine Lehr- und deine Prüfungsverpflichtungen erfüllen. Wenn du zum Beispiel in einem Modul eingeteilt bist und das einfach vollständig ignorierst, kannst du tatsächlich Ärger bekommen: https://www.deutschlandfunk.de/seltener-gast-100.html. In diesem Zusammenhang kann es auch zu Weisungen kommen: https://www.hlb.de/ziel-professur/infob ... rofessoren

"Von Dienstvorgesetzten, der Präsidentin oder dem Präsidenten oder der Rektorin oder dem Rektor, kann es dennoch theoretisch Weisungen geben, die, ihre Rechtmäßigkeit vorausgesetzt, befolgt werden müssen. Gerade dann, wenn eine solche Weisung nicht den persönlichen Rechtskreis der Lehrenden, sondern ihre ihnen vom Staat übertragene Kompetenz (etwa: Prüfungen abzunehmen) tangiert, wird die Lehrfreiheit der Lehrenden oftmals nicht verletzt sein. Sie werden nämlich als „verlängerter Arm“ für den Staat tätig. So entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Entscheidung der Fachhochschulverwaltung, mit der diese einem Studierenden gegenüber aus wichtigen Gründen trotz bereits abgelegter Prüfung eine nachträgliche Prüfungsverhinderung zuerkannte, die Prüfertätigkeit des jeweiligen Fachhochschullehrers nicht berühre (BVerwG, Beschl. v. 18.08.1997, Az. 6 B15/97, juris)."

Wie du die Lehre machst und prüfst, darf dir aber wieder niemand sagen und auch sonst hast du weitgehend Narrenfreiheit.

Interessant wäre die Frage, ob und wie die "Anwesenheitspflicht", die manche Hochschulen haben kontrolliert wird und ob es einen Fall gibt, in dem dies tatsächlich Konsequenzen hatte.

Unabhängig von den rechtlichen Themen hast du aber natürlich ein Kollegium und es ist klug, sich hier nicht nur Feinde zu machen. Beispielsweise musste ich meine Lehre aufgrund eines Krankheitsfalls in meiner engen Familie eine Zeit lang rein online machen. Das habe ich mit Dekan, Studierendenvertreter und Kollegen, die angrenzende Veranstaltungen hatten, abgestimmt obwohl das sicher rechtlich nicht nötig gewesen wäre.
mashdoc
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von mashdoc »

D.h. man kann mich nicht zwingen/anweisen, ein Amt im Rahmen der Selbstverwaltung auszuüben?
donkeydoeshisphd

Re: Weisungen als Professor

Beitrag von donkeydoeshisphd »

mashdoc hat geschrieben: 23.02.2024, 18:10 D.h. man kann mich nicht zwingen/anweisen, ein Amt im Rahmen der Selbstverwaltung auszuüben?
Nach meinem Verständnis: Nein. Davon abgesehen: Wie soll das denn in der Praxis aussehen? Nehmen wir an, du bist jetzt im Prüfungsausschuss und gehst halt nicht hin. Oder du sitzt da und spielst Sudoku. Was soll dann passieren?

Was ich mich frage ist, wie die Anwesenheitszeiten durchgesetzt werden (können) die ja einige Hochschulen haben und die tw auch in den Stellenausschreibungen stehen.
oclock
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von oclock »

mashdoc hat geschrieben: 23.02.2024, 18:10 D.h. man kann mich nicht zwingen/anweisen, ein Amt im Rahmen der Selbstverwaltung auszuüben?
Jein. Der Dekan kann z.B. die Studiengangsleiter, Mitglieder der Berufungskommissionen etc. ernennen. Allerdings spricht er das vorher mit den "Glücklichen" ab, da es natürlich keinen Sinn macht, unmotivierte auf für diese Aufgaben zu ernennen. Allerdings muss es am Ende jemand übernehmen, sonst wird jemand auch gegen dessen Willen bestimmt. Wenn Du Dich immer und überall wegduckst, dann kannst Du an anderer Stelle Nachteile haben (z.B. Stellungsnahme des Dekans bzgl. Zulagen, Gelderverteilung etc.). Nur wenn jeder mit anpackt, kann ein Fachbereich funktionieren. Wegducken geht immer auf Kosten der anderen Kollgenen....
Ingo2024
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von Ingo2024 »

Interessantes Thema.

Wie verhält es sich bei der Übernahme von Modulen? Ich bin für ein Fach berufen welches so noch nicht existiert, also aufgebaut werden soll. Jetzt soll ich aber andere Module zumindest teilweise aus dem Fachbereich übernehmen, die eigentlich von anderen Kollegen geleitet werden. Gibt es hier Weisungen, denen ich nachzukommen habe?

Beispiel: ich bin berufen im Fach Online Marketing und E commerce, soll nun aber ein Modul über Lieferketten mitmachen, weil der "Lieferketten Prof" dieses Semester weniger Lehre machen muss.
lordsnyder
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von lordsnyder »

Ingo2024 hat geschrieben: 13.02.2025, 00:21 Interessantes Thema.

Wie verhält es sich bei der Übernahme von Modulen? Ich bin für ein Fach berufen welches so noch nicht existiert, also aufgebaut werden soll. Jetzt soll ich aber andere Module zumindest teilweise aus dem Fachbereich übernehmen, die eigentlich von anderen Kollegen geleitet werden. Gibt es hier Weisungen, denen ich nachzukommen habe?

Beispiel: ich bin berufen im Fach Online Marketing und E commerce, soll nun aber ein Modul über Lieferketten mitmachen, weil der "Lieferketten Prof" dieses Semester weniger Lehre machen muss.
Eine Verpflichtung gibt es nicht, aber am Ende sollte man immer kompromissbereit sein. Wenn Du generell andere Veranstaltungen ablehnst, kann es sein, dass die Kollegen beim Aufbau des neuen Fachs Dir Unterstützung versagen. Alles wirst Du bei einem neuen Studiengang schließlich auch nicht alleine anbieten.

Bei mir z.B. war es so, dass ich zwei eigene angeboten und zwei fremde Fächer übernommen habe. Mit 16 SWS war man damit auch gut beschäftigt.
dead_souls
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von dead_souls »

Ich denke, der Dekan oder der Unipräsident kann Dir in vielerlei Hinsicht Weisungen aussprechen, etwa zur Gremienarbeit kann er Dich verdonnern. Alles, was die Organisation der Uni angeht, kann durch Weisungen erfolgen, der Inhalt ist grundsätzlich frei. Nicht jeder versteht das. An meiner Uni sagte die Studivertreterin, sie wisse nicht, ob der Fakultätsrat um 09:00 Uhr stattfindet, es herrsche ja "Freiheit von Forschung und Lehre", laber, laber, laber. :evil:

Die Wissenschaftsfreiheit gilt nicht für alle Profs., sondern nur für die Hochschullehrerschaft, bei Berufsakademien nicht, z.B. bei der Polizeiakademie auch nicht :lol:
https://www.hna.de/lokales/goettingen/p ... 39223.html

Bei Lehrveranstaltungen kann er Dir theoretisch auch ein Verbot aussprechen, bestimmte Veranstaltungen zu geben, allerdings ist das krass. An meiner Hochschule hat es sich zugetragen, dass ein Prof, ohne tatsächlich fachlich einschlägig zu sein, Statistik (!!!) angeboten hat. Die Geschichte war ein einziges Chaos, es saßen fünf Leute bei den Übungen an einem Computer, er hat keine schriftliche Leistung eingefordert, das einzige was geklappt hat, war 5 Mark (90er Jahre) Kopiergeld einzusammeln. Die Studies hat es gefreut, "Bei Prof. X kann man sich für 5 Mark einen Statistikschein kaufen." /:dr) Seitdem bin ich skeptisch, wenn Leute so darauf herumreiten, man müsse diese und jene Kompetenz mit Schein/ Credit belegen können, niemand weiß wie so ein Schein zustande kommt. Die schlechte Nachricht, nach einiger Zeit hat die Fakultät dem Dude den Hahn zugedreht. Ich weiß im Nachhinein nicht, ob er wirklich Prof mit Planstelle war, oder ein Akademischer Rat, der irgendwann Apl wurde. Das macht vermutlich einen Unterschied.

Hier ist ein ganz interessanter Artikel zum Thema:
https://www.hlb.de/ziel-professur/infob ... rofessoren
deen_everstin
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Re: Weisungen als Professor

Beitrag von deen_everstin »

Danke für die Hinweise und Links, dead_souls! Spannend finde ich daraus folgende Aussage:

"3. Grundsätzlich: Weisungsfreiheit

Bei der Erfüllung ihres Hauptamtes sind die Hochschullehrenden grundsätzlich befugt, weisungsfrei zu handeln. Dies gilt sowohl inhaltlich – in Bezug auf ihr jeweiliges Fach – als auch organisatorisch. Grundsätzlich organisieren die Lehrenden sich und ihre Lehre selbst. Die Dekanin oder der Dekan verfügt insoweit nicht über ein Weisungsrecht. Sie oder er ist kein Vorgesetzter, sondern eine Kollegin oder ein Kollegen des eigenen Fachbereichs. Ein Weisungsrecht ist in den Bundesländern mit unterschiedlicher Ausprägung nur in Bezug darauf vorgesehen, dass Professoren und Professorinnen ihre Lehr- und Prüfungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen (siehe separate Übersicht im hlb-Mitgliederbereich). Ist dies nicht der Fall, kann und muss die Dekanin oder der Dekan eingreifen.

Vom Dienstvorgesetzten, der Präsidentin oder dem Präsidenten oder der Rektorin oder dem Rektor, kann es dennoch theoretisch Weisungen geben, die, ihre Rechtmäßigkeit vorausgesetzt, befolgt werden müssen.
Gerade dann, wenn eine solche Weisung nicht den persönlichen Rechtskreis des Lehrenden, sondern seine ihm vom Staat übertragene Kompetenz (etwa: Prüfungen abzunehmen) tangiert, wird die Lehrfreiheit der Lehrenden oftmals nicht verletzt sein. Sie werden nämlich als „verlängerter Arm“ für den Staat tätig. So entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Entscheidung der Fachhochschulverwaltung, mit der diese einem Studierenden gegenüber aus wichtigen Gründen trotz bereits abgelegter Prüfung eine nachträgliche Prüfungsverhinderung zuerkannte, die Prüfertätigkeit des jeweiligen Fachhochschullehrers nicht berühre (BVerwG, Beschl. v. 18.08.1997, Az. 6 B15/97, juris)."

Wie würdest du insbesondere die von mir fett markierten Passagen hinsichtlich deiner Aussage einordnen, dass deiner Erfahrung nach im Berufsalltag dann doch so einige Weisungen ausgesprochen werden, die die Organisation betreffen? Setzt sich da deine Uni-Leitung über geltende Bestimmungen hinweg oder ist der Auslegungsspielraum größer als ich es da aus den Passagen rauslese oder wie kommt da diese Diskrepanz zustande?

Ansonsten sehr spannende und eindrückliche Anekdote, danke dafür! Mit solch einem Prof hätte ich mein Ingenieursstudium damals vielleicht doch nicht abgebrochen. :lol: Wobei ich im Nachhinein denke, dass es für alle Beteiligten wahrscheinlich besser so war.
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