Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Fragen und Antworten rund um die FH-Professur
Quaruk
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Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von Quaruk »

Hallo zusammen,

ich suche derzeit nach Informationen speziell zur Professur an einer (staatlichen) Dualen Hochschule, zum Beispiel

- an einer DHBW (etwa in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, ...)
- an der BA Sachsen, die ab 2025 zur Dualen Hochschule wird (etwa in Dresden, Leipzig, ...).

Leider finden sich über Professuren an Dualen Hochschulen, insbesondere was die Arbeitsbedingungen betrifft, so gut wie keine Informationen im Netz (es gibt quasi nur Informationen für Studierende).

Daher meine Fragen:
- Kann jemand was dazu erzählen, ist oder war vielleicht sogar selbst Professor an einer Dualen Hochschule?
- Man hat dort ja keine Semesterferien, wie an anderen Hochschulen. Wann und wie lange hat man denn dennoch frei?
- Hat man in der vorlesungsfreien Zeit auch wirklich frei, oder kommen auch da noch andere Termine (Konferenzen etc.) auf einen zu?
- Wie vielen Stunden ist das Jahreslehrdeputat? Wie viele Stunden muss man pro Woche lehren? Kriegt man eine Reduzierung dieser Stunden für andere Arbeiten, etwa Gutachter-Tätigkeit von Bachelor-Arbeiten?
- Alles, was euch sonst noch zum Thema einfällt

Vielen Dank schon mal für alle Antworten!
mm42
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von mm42 »

Quaruk hat geschrieben: ↑27.05.2024, 00:28 - Wie vielen Stunden ist das Jahreslehrdeputat? Wie viele Stunden muss man pro Woche lehren? Kriegt man eine Reduzierung dieser Stunden für andere Arbeiten, etwa Gutachter-Tätigkeit von Bachelor-Arbeiten?
An der DHBW sind es 576 Vorlesungs-Stunden/Jahr. Die Betreuung von studentischen Arbeiten wie Projekt- oder Bachelorarbeiten bekommt man zumindest in dem Studiengang, wo ich bin, auf das Deputat angerechnet. Es gibt auch Verwaltungsarbeiten, für die man eine Deputatsreduktion bekommt.

Da die Theoriephasen (also Zeit, wo die Studis an der DHBW und nicht im Betrieb sind) über die verschiedenen Jahrgänge hinweg verzahnt sind, ist eigentlich nur ein Monat im Sommer "vorlesungsfreie" Zeit.
Quaruk
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von Quaruk »

Heißt das, man kann nur in diesem einen Monat in Urlaub fahren und ist 11 Monate pro Jahr fix von jeder Möglichkeit des Urlaubs ausgeschlossen?
mm42
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von mm42 »

Quaruk hat geschrieben: ↑28.05.2024, 21:10 Heißt das, man kann nur in diesem einen Monat in Urlaub fahren und ist 11 Monate pro Jahr fix von jeder Möglichkeit des Urlaubs ausgeschlossen?
Nein. Wenn man in einem Semester eine Vorlesung übernommen hat, dann heißt das ja nicht, dass man jede Woche an einem bestimmten Wochentag die Vorlesung halten muss. Man kann z.B. zwei Wochen keine VL halten, muss dann halt in den Wochen davor/danach mehr halten.

Man kann in einem Jahr auch mehr Deputat machen und hat dann 5 Jahre Zeit, dieses Überdeputat abzubauen. Man muss aber jedes Jahr mindestens die Hälfte des normalen Deputats ableisten.
mm42
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von mm42 »

Eine Besonderheit der DHBW sind die sog. Studiengangsleiter. Das sind Professoren, die für die Verwaltung der Kurse (ca. 30 Studis) in den einzelnen Studiengänge zuständig sind. Sie erhalten eine deutliche Deputatsreduktion (ca. 200 Stunden/Jahr), ein Einzelzimmer und eine Zulage von 400 Euro (Brutto). Die Studiengangsleiter sind eine wichtige Ansprechperson für die Studis der jeweiligen Kurse, sind also auch so eine Art "Klassenlehrer". Sie müssen sich auch darum kümmern, dass für alle Lehrveranstaltungen (externe) Dozenten vorhanden sind und ggf. neue Ausbildungsfirmen gewinnen.

Auch bei einer Erstberufung kann man gleich Studiengangleiter werden.
johndoe
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von johndoe »

Finde ich sehr spannend @mm42! Ich dachte bislang, dass es zwischen FH und DH für Profs keine nennenswerten Unterschiede gibt.
mm42
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von mm42 »

johndoe hat geschrieben: ↑31.05.2024, 18:04 Finde ich sehr spannend @mm42! Ich dachte bislang, dass es zwischen FH und DH für Profs keine nennenswerten Unterschiede gibt.
Achtung: die von mir gemacht Aussagen gelten für die DHBW und nicht für DHs in anderen Bundesländern.

Ein weiterer Unterschied zwischen FH und DHBW wird wahrscheinlich auch der Stellenwert der Forschung sein, weil wegen dem hohen Deputat die meisten kaum zum Forschen kommen werden ...
Giesel
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von Giesel »

Spannendes Thema, das mich auch derzeit umtreibt und wozu ich ebenfalls nicht all zu viele Infos finden konnte.

Was den Lehrumfang angeht, habe ich es mir im Vergleich so ausgerechnet (ohne Deputatsreduktionen):
"Normale" HAW: 18 SWS * 2 Semester à 15 Wochen = 540 Vorlesungs-Stunden pro Jahr
Duale Hochschule: 18 SWS * 2 Semester à 16 Wochen = 576 Vorlesungs-Stunden pro Jahr
Bedeutet im Vergleich an einer Dualen HS "netto" sozusagen 2 Wochen mehr Vorlesungen im Jahr vom Umfang her. An einer Dualen HS sollten die Wochen dann aber wohl weniger voll sein, also keine 18 Lehrstunden umfassen, sondern nur 12. Dafür wird regulär in 48 Wochen des Jahres gelehrt statt "nur" in den rechnerischen 32 Wochen bzw. 30 Wochen einer "normalen" HAW.
Kommt das in der Praxis tatsächlich ungefähr so hin? Das fände ich sehr interessant!
Gibt es dadurch auch mehr zeitliche Flexibilität z.B. für Exkursionen o.ä.?
Quaruk
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von Quaruk »

Zunächst mal vielen Dank für alle Antworten und die Informationen!
mm42 hat geschrieben:Nein. Wenn man in einem Semester eine Vorlesung übernommen hat, dann heißt das ja nicht, dass man jede Woche an einem bestimmten Wochentag die Vorlesung halten muss. Man kann z.B. zwei Wochen keine VL halten, muss dann halt in den Wochen davor/danach mehr halten.

Man kann in einem Jahr auch mehr Deputat machen und hat dann 5 Jahre Zeit, dieses Überdeputat abzubauen. Man muss aber jedes Jahr mindestens die Hälfte des normalen Deputats ableisten.
Das ist spannend und ungewohnt! Ich habe bisher ausschließlich an Universitäten gelehrt (und habe selbst dort studiert) und kenne es daher tatsächlich so, dass man Vorlesungen jede Woche an einem bestimmten Wochentag halten muss (wenn man mal auf einer Konferenz war und es gar nicht anders ging, dann gab es vielleicht mal einen Ausweichtermin - aber das war schon die absolute Ausnahme). Ich hätte nicht gedacht, dass man an Dualen Hochschulen da offenbar mehr Flexibilität hat, was die Verschiebbarkeit von Lehrveranstaltungen anbelangt.

Kann man diese ganzen Regelungen an der DHBW (auch die Sache mit dem Ãœberdeputat) irgendwo in einem offiziellen Dokument nachlesen? Bisher habe ich nichts dergleichen gefunden.
mm42 hat geschrieben:Eine Besonderheit der DHBW sind die sog. Studiengangsleiter.
Die gibt es an der BA Sachsen (die zur Dualen Hochschule wird) auch. Ich vermute mal, die wird es dann auch weiterhin geben. Welchen Ausgleich die in Sachsen für ihre Arbeit kriegen, weiß ich allerdings nicht.
mm42 hat geschrieben:Achtung: die von mir gemacht Aussagen gelten für die DHBW und nicht für DHs in anderen Bundesländern.
Wobei ich glaube, dass zumindest die DH in Sachsen ähnlich zur DHBW ist. Ich habe den Eindruck, dass die DHBW so etwas wie das Vorbild für die Duale Hochschule Sachsen ist - aber vielleicht täusche ich mich auch.
mm42 hat geschrieben:Ein weiterer Unterschied zwischen FH und DHBW wird wahrscheinlich auch der Stellenwert der Forschung sein, weil wegen dem hohen Deputat die meisten kaum zum Forschen kommen werden ...
Ist denn das Deputat so viel höher als an FHs? Wenn ich bis zu 30 Vorlesungswochen pro Jahr an einer klassischen FH und 18 Vorlesungsstunden pro Woche rechne, dann komme ich auf bis zu 540 Stunden an einer FH (versus 576 an einer DH). Gut, das ist natürlich ein gewisser Unterschied. Aber wirklich zum Forschen kommt man an einer FH wohl auch nur dann, wenn man eine der (wohl doch noch eher selteneren) Forschungsstellen mit verringertem Deputat hat oder aber in den Semesterferien. Bei 18 Stunden Lehre pro Woche wird man wohl nicht mehr allzu viel Zeit und Muße für große Forschungsarbeit haben.
Giesel hat geschrieben: Was den Lehrumfang angeht, habe ich es mir im Vergleich so ausgerechnet (ohne Deputatsreduktionen):
"Normale" HAW: 18 SWS * 2 Semester à 15 Wochen = 540 Vorlesungs-Stunden pro Jahr
Ah, ich sehe gerade erst, dass du zum selben Ergebnis gekommen bist! :D
Giesel hat geschrieben:Bedeutet im Vergleich an einer Dualen HS "netto" sozusagen 2 Wochen mehr Vorlesungen im Jahr vom Umfang her. An einer Dualen HS sollten die Wochen dann aber wohl weniger voll sein, also keine 18 Lehrstunden umfassen, sondern nur 12. Dafür wird regulär in 48 Wochen des Jahres gelehrt statt "nur" in den rechnerischen 32 Wochen bzw. 30 Wochen einer "normalen" HAW.
Kommt das in der Praxis tatsächlich ungefähr so hin?
Die Frage stelle ich mir auch! (Und sind es tatsächlich 48 Wochen? Ich meine, etwa von Weihnachten bis Neujahr und vermutlich die ersten Tage des neuen Jahres wird schätzungsweise auch kein regulärer Unterricht stattfinden.)
mm42
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Re: Erfahrungen mit Professuren an Dualen Hochschulen

Beitrag von mm42 »

Quaruk hat geschrieben: ↑05.06.2024, 13:09 Kann man diese ganzen Regelungen an der DHBW (auch die Sache mit dem Überdeputat) irgendwo in einem offiziellen Dokument nachlesen?
Die Regelung, dass Überdeputat innerhalb von 5 Jahren und Unterdeputat innerhalb von 3 Jahren ausgeglichen werden kann/muss, gilt anscheinend an allen Hochschulen in BW, siehe §5 der Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO) von BW.
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