Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Johnny55
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Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Johnny55 »

Ich habe 2016 in theoretischer Physik meinen Master gemacht, entschied mich aber trotz sehr guter Leistungen damals gegen eine Promotion, da ich keine für mich realistische wissenschaftliche Perspektive in diesem Fach sah. Nach einer im Anschluß sich zweckmäßig ergebenden längeren Sinnkrise und Auszeit von einem Jahr, bin ich mittlerweile beruflich tätig geworden. Mehr und mehr ergibt sich bei mir aber wieder der starke Wunsch nach einer Rückkehr in die Wissenschaft. Allerdings in Richtung angewandte Informatik, da ich dort zum einen die Möglichkeit sehe mein MINT-Wissen wieder sinnvoll anzuwenden, zum anderen aber auch realistischere Perspektiven und Möglichkeiten, die erworbenen Kenntnisse und das Fachwissen in die Industrie zu transferieren. Leider habe ich ich durch die Auszeit aber auch sehr viele Selbstzweifel und Ängste in Hinsicht auf meine Selbstpräsentation und Außenwirkung. Weiß beispielsweise nicht, wie sehr ich meine Lebenslauflücke beschönigen soll, da man darin leider auch allzu schnell sehr viel falsches reininterpretieren kann. Auch weiß ich nicht, ob es glaubwürdig ist, wenn ich mich aus meiner aktuellen beruflichen Position auf Stellen bewerbe. Diese ist zwar für einen MINT'ler durchaus sehr gängig, aber einen direkten Draht zu den Themengebieten an welchen ich interessiert bin hat sie nicht. Aber zumindestens bilde ich mich in meiner Freizeit sehr viel weiter auf besagten Gebieten und häufe sehr viel an Fachwissen an.

Daher würde ich gerne wissen, ob einige von euch ähnliche Erfahrugen gemacht haben und ob ihr ein paar Tipps hinsichtlich Selbstpräsentation und einer Rückkehr in die Wissenschaft habt.
Zuletzt geändert von Johnny55 am 06.10.2017, 21:39, insgesamt 1-mal geändert.
praktikum
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von praktikum »

Dein Wissen in Physik bringt Dir in der Informatik nur dann etwas, wenn der Lehrstuhl auf entsprechende Grundlagen zurückgreift. Inzwischen leidet Informatik aus verschiedenen Gründen nicht mehr an Personalmangel. Sich als Seiteneinsteiger durchzusetzen ist nicht unbedingt einfach, sofern Du keinen Bezug zur Informatik darstellen kannst. Es sei denn, Du möchtest nur "irgendeine" Stelle, aber das nutzt Dir perspektivisch nicht viel.

Du musst Dir auch die Frage stellen, was das überhaupt bringen soll. Du kehrst nicht wirklich in die Wissenschaft zurück, falls Du "nur" studiert und keine Veröffentlichung hast. Es gibt keine große Perspektive an den Unis selbst. Die sind (vereinfacht) Sprungbrett oder Du wirst Prof. Ersteres trifft bei Dir nicht zu, weil Du vor der Arbeit in der Industrie flüchtest und Letzteres sehe ich bei Deinen erkennbaren Rahmendaten als unwahrscheinlich an.

Aber ich erkenne bei Dir ein ganz anderes Problem: die Arbeit am Lehrstuhl bzw. Promotion kann schnell in eine Art Flucht vor der Realität ausarten. Vielerorts wird man mit mitgeschleppten Problemen gar nicht erst konfrontiert und einfach in Ruhe gelassen. Eine Perspektive entwickelt sich so nicht und man arbeitet ein bisschen am Lehrstuhl rum. Irgendwann ist der Vertrag aber zu Ende oder die Promotion vorbei ... und dann? Du bist nur älter und Deine Probleme haben sich schlimmstenfalls eher manifestiert als gelöst.

Das klang bisher vielleicht entmutigend, aber ich möchte auf folgendes hinaus: eine Promotion bzw. die Arbeit am Lehrstuhl/Institut ist nur ein Schritt in der Karriereleiter. Es löst weder persönliche Probleme, noch gibt es Dir irgendeine sichere Perspektive für die Zeit danach. Da gibt es keinen Automatismus.
Green Goddess

Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Green Goddess »

Zunächst einmal glaube ich nicht, dasseine einjährige Lücke im Lebenslauf vor 11 Jahren ein Ambitionen-Killer sein sollte.
Ich versuche mich an einer statistisch-linguistischen Analyse deines postings, im 2. Adjektiv ziemlich fachfremd. "Fachfremd", ein negativ besetztes Adjektiv, das auch du im Threadtitel benutzt. Die einzige weitere explizite Erwähnung von "Promotion" finde ich ebenfalls nur negativ besetzt, dergestalt, dass du dich nach dem Master gegen eine solche entschieden hast. Danach finde ich lediglich negative, zweifelbesetzte Gedanken und Formulierungen, nichts, was erkennen lässt, dass du für die angedachte Aufgabe brennst.
Ähnlich wie @praktikum sehe ich den errungenen Master nicht als Basis für etwas, dass wir mit "Rückkehr in die Wissenschaft" bezeichnen können. Auch dürfte es dir schwerfallen, aus "Ich habe vor 12 Jahren für ca. 6 Monate unter Anleitung und Aufsicht an der Suche nach der Weltformel teilgenommen." ein "... dies qualifiziert mich für die Zusammenführung von objektorientierter und funktionaler Programmierung" glaubhaft zu kommunizieren. Bitte stosse dich nicht an der Formulierung, ich hoffe, du siehst das dahinterliegende Problem.
Dein posting endet mit "... durchaus gängig, aber ... .", gefolgt vom "Aber zum aber", was sich dann aber in "seichter Qualifikationsbeteuerung" (nochmal SRY) als "in meiner Freizeit" und "Fachwissen angehäuft" niederschlägt.
Ich kenne dich nicht und will beileibe deine Qualitäten im angedachten Bereich nicht abwerten, aber dein posting strahlt kein "DAS WILL ICH MACHEN, wie überwinde ich Hindernisse?" aus. Es liest sich eher wie eine Manifestierung von "Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe.", du scheinst noch nicht zu wissen, was du willst.
Alles Gute für deine Entscheidung.

@Praktikum Woraus schliesst du auf nicht mehr vorhandenen Fachkräftemangel in Informatik, vorausgesetzt, ich habe dich nicht falsch interpretiert?
praktikum
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von praktikum »

Green Goddess hat geschrieben: @Praktikum Woraus schliesst du auf nicht mehr vorhandenen Fachkräftemangel in Informatik, vorausgesetzt, ich habe dich nicht falsch interpretiert?
Bitte im Kontext bleiben: ich bezog mich auf den nicht (mehr) vorhandenen Mangel an Promotionskandidaten für Lehrstühle. Das liegt einerseits am deutlichen Anstieg der Studienanfänger und andererseits am größeren nationalen und internationalen Austausch. Ein mittelmäßig geführter Lehrstuhl mit kauzigem Prof. bekommt aber selten fertige Absolventen, die schon bei google auf der Headhunterliste stehen. Da wird natürlich sofort gejammert. :)
Green Goddess

Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Green Goddess »

k danke für die Klarstellung! Den Kontext zu Diss hatte ich nicht herausgelesen, deshalb stutzte ich. Wobei die HH nicht erst nach Abschluss ihrer "Beute" tätig werden. :lol:
flip
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von flip »

Green Goddess hat geschrieben:Zunächst einmal glaube ich nicht, dasseine einjährige Lücke im Lebenslauf vor 11 Jahren ein Ambitionen-Killer sein sollte.
Ich glaube, Johnny55 meint 2016, nicht 2006. Dann ergibt das mit der Sinnkrise und jetzigen Anstellung auch Sinn. Mal abgesehen davon, dass es 2006 in Deutschland noch keinen Masterabschluss in Physik gab.
Johnny55
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Johnny55 »

Das ist richtig. Ich habe 2016 mein Masterstudium in der Physik beendet. Daher ist das Problem mit der einjährigen Sinnkrise bei mir im Lebenslauf noch sehr aktuell und schmerzt auch noch stark nach. Dementsprechend auch die starken Unsicherheiten im Bezug auf Selbstpräsentation. Aber da ich auch jung bin und in der Informatik momentan sehr viel spannendes passiert, sehe ich dort auch etwaige sinnvolle Möglichkeiten einzusteigen.
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Sebastian »

Ich habe hier gerade den Ausfall eines Diskussionsteilnehmers gelöscht.
Ein zweiter Beitrag ist ebenfalls gelöscht, weil er sich auf den ersten so eng bezog, dass er allein keinen Sinn gehabt hätte.


Ich möchte alle Teilnehmer noch einmal dringend daran erinnern, die in diesem Forum lange gepflegte Kultur eines höflichen und respektvollen Umgangs miteinander weiter fortzuführen!

Sebastian
caipirinha11085
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von caipirinha11085 »

Ich kann dir leider keine Tipps re: Quereinsteiger in Informatik geben. Hast du auch einmal darüber nachgedacht, ein volles Informatikstudium draufzusetzen?
Zur Auszeit würde ich einfach sagen, dass ich mir ein Jahr Auszeit nach dem Studium genommen habe. Das ist doch nichts verwerfliches oder ungewöhnliches. Wenn du jetzt berufstätig bist, erst recht nicht.
Wierus
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Re: Fachfremde Promotion nach längerer Auszeit?

Beitrag von Wierus »

Das sehe ich auch so. Es ist doch mittlerweile verbreitete Sitte, dass der Filius aus (klein-)bürgerlichem Hause nach bestandenem Studium erst einmal (weitgehend sinnfrei) die halbe Welt bereist. Was also ist gegen ein Jahr Auszeit einzuwenden? Angenommen, man hätte sich nach dem Studium ein Jahr lang eifrig - aber erfolglos - um einen Job beworben, würde das irgend etwas an der Situation ändern?
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