Diplomarbeit ohne Theorieteil? Kann das?

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Schtudinki

Diplomarbeit ohne Theorieteil? Kann das?

Beitrag von Schtudinki »

Hallo ihr Experten,

ich lese gerade eine FH-Diplomarbeit Korrektur und habe das Problem, dass ich als Vollblutwissenschaftlerin quasi daran verzweifle.

Ich bekomme ständig zu meinen Anmerkungen den Kommentar, dass auf die Wissenschaftlichkeit nicht so viel Wert gelegt werden würde. Bspw. habe ich die Zitierweise kritisiert, ganz massive Probleme habe ich aber damit, dass quasi außer 2 Werken keinerlei Literatur zitiert wird und es auch keinen Theorieteil gibt. Man erfährt ja garnicht, ob sich vielleicht schon einmal jemand mit einem ähnlichen Problem beschäftigt hat, wenn auch vielleicht mit einem anderen Programm...

Im weitesten Sinne geht es um Prozessoptimierung durch den Einsatz eines speziellen Programms, die Autorin versichert mir, dass es bei diesem Thema keine Theorie gäbe und auch keine relevante Literatur.

Ich kann mir das so garnicht vorstellen und bin völlig gestresst, da in 10 Tagen Abgabe ist und ich derzeit dazu tendiere, dass man mit so einer Arbeit auf keinen Fall bestehen kann.

Könnt ihr mich beruhigen? Kann mir wenigstens jemand der ebenfalls an der FH studiert hat berichten, wie es bei ihm war?

Ich habe schon FH Diplomarbeiten gelesen, ich hatte nicht den Eindruck, dass die sich sehr von denen an der Uni unterschieden. Sie waren teilweise etwas praktischer angelegt aber trotzdem handelte es sich um wissenschaftliche Arbeiten wie ich sie kenne.

Das ist eine sehr gute Freundin von mir, ich möchte sie auf keinen Fall unnötig beunruhigen.

Vielen Dank für Eure Hilfe im Voraus,
schtudinki
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Oh nein, keiner da :shock: Wo seid ihr denn alle?

kiviiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii :cry:
Bridget

Beitrag von Bridget »

Hallo Schtudinki,

ich bin leider nicht FH-erprobt, von daher weiß ich nicht so recht, ob ich Dir weiterhelfen kann...
Ich denke aber, dass es prinzipiell schon große Unterschiede gibt, und man nicht unbedingt seine eigenen Maßstäbe als Grundlage nehmen kann. Deine Freundin hat ja sicherlich schon Hausarbeiten geschrieben und korrigiert bekommen, und sollte ja den Prof. und dessen "Vorlieben" kennen, von daher würde ich ihr vertrauen, wenn sie sagt, dass das nicht so wichtig ist. Außerdem muss sie sich doch irgendwann mal mit ihrem Betreuer über die Arbeit unterhalten haben, oder?
die Autorin versichert mir, dass es bei diesem Thema keine Theorie gäbe und auch keine relevante Literatur.
Dieser Meinung muss ja eine Literaturrecherche vorausgegangen sein. Also ist vielleicht das Problem eher, dass aus der Arbeit nicht hervorgeht, ob sie einfach nicht recherchiert hat, oder ob es wirklich nichts gibt. Mein Tip: Einfach einen kurzen Abschnitt zu "Literatur- und Quellenlage", in dem klar zusammengefasst wird, was es gibt (und was nicht), und warum die Arbeit so aufgebaut ist, wie sie ist.
Sie kann ja sowieso in 10 Tagen nicht alles neu erfinden, von daher fände ich es am wichtigsten, dass man den Eindruck bekommt, sie weiß, was sie tut!

Eine ordentliche Zitierweise finde ich persönlich auch wichtig, aber wenn sie bis jetzt damit durchgekommen ist... Vielleicht kann man da ja mal einen Blick in eine Veröffentlichung des Betreuers werfen, ansonsten würde ich es von der verfügbaren Zeit abhängig machen, weil einheitlich sollte es ja zumindest sein.

Ich hoffe, ich konnte Dir wenigstens ein bisschen weiterhelfen...

Gruß,

Bridget.
acoma

Beitrag von acoma »

Im weitesten Sinne geht es um Prozessoptimierung durch den Einsatz eines speziellen Programms, die Autorin versichert mir, dass es bei diesem Thema keine Theorie gäbe und auch keine relevante Literatur.
Prozessoptimierung ist ein sehr weites Feld. Es kann gut sein, daß bei einer
anwendungsorientierten Facharbeit die Theorie eher unwichtig ist. Das hängt
natürlich vom Studiengang ab, von der Prüfungsordnung, von dem, was die
Prüfer erwarten, vom Wichtigkeitsverhältnis der schriftl. Arbeit zu der übrigen
Prüfung, auch vom Gegenstand selber.
Bei Prozeßoptimierung könnte es schon, daß als Inhalt der Arbeit völlig genügt, zu
zeigen, welches die besonderen Leistungsmerkmale des Programms sind, und
wie (und wie gut) die Steuerung und Optimierung der Prozesse damit funktioniert.
Ein Vergleich mit anderen Programm-Werkzeugen könnte man machen, muß man
aber wohl nicht. Daß es zu dem speziellen Programm keine Theorie gibt, insofern
es um seine Brauchbarkeit geht, kann gut sein, besonders, wenn es eine neue
Entwicklung ist. (Welche Theorien hinter der Entwicklung des Programms steckt,
wäre wohl ein ganz anderes Thema, und eher was für ne größere Arbeit) .
Was drin in der Arbeit sein sollte, ist, was das Programm besonders gut macht, und was
nicht so gut. Ein Programmvergleich ist aber ein Thema für sich, nämlich die
vergleichende Bewertung der Programme. Es gibt auch andere Schwerpunkte, z.B.
den Nachweis bringen, eine praktische Aufgabe ein konkretes Optimierungsproblem
zu lösen: Ein Ingenieur muß das zeigen können: Ich kann diese Abläufe im
Hinblick auf technische Effizenz, Wirtschaftlichkeit, ökologische Verträglichkeit,
verbessern, beispielhaft wird ein spezielles Programm eingesetzt (das bevorzugte
Werkzeug), es wird das alles erläutert, wie gut das geht, und daß es ein solides
Resultat gibt. Das wäre ein anderes Thema, als Programmvergleich, also die
Entscheidung, welches Programm ist besser (oder würde nur in einer größeren
Arbeit dazu kommen müssen.)

Daß sog. Wissenschaftlichkeit, korrektes Zitieren usw. nicht so wichtig ist, auch
scheint mir möglich, das hängt doch alles davon ab: WAS wird geprüft?

Ich würde mich auch bei der Kritik auf das beschränken, was in den 10 Tagen
überhaupt an Änderung möglich wäre. Literaturrecherche: Da kannst Du selber
mal was für die Arbeit versuchen zu finden, dann kann sie das noch mit reinsetzen.
kivio

Beitrag von kivio »

Hallo schtudinki,

prinzipiell ist das sehr gut möglich, dass eine Arbeit kaum etwas an Theorie enthält, da schließe ich mich unserem fleißigen Dr.ockel gern an.

Wichtig ist, was der Prof will, und in FHs wird man eigentlich öfter zum Besprechen des Fortschrittes der Arbeit zitiert als an Unis (so jedenfalls meine Erfahrung). Da würde ich Deiner Freundin also vertrauen und mich auf das beschränken, worum sie Dich gebeten hat, nämlich Korrekturlesen.

Zitierweisen können unglaublich voneinander abweichen, ich habe z.B. in meiner Diplomarbeit (FH) eine Technikerzitierweise verwendet, also Blablabla /26/. Wobei 26 die Quelle war, die aber erst im Anhang genau zitiert wurde. Eine solche Zitierweise würde mir jeder Geisteswissenschaftler um die Ohren klopfen, aber auch das kommt wieder auf den Prof. an. Wenn er das so will und akzeptiert, dann sollte das auch für Dich in Ordnung sein.

Noch ein praktisches Beispiel: ein sehr guter Freund von mir hat seine Diplomarbeit in Produktionstechnik geschrieben und zwar zu dem obskuren (damals war es noch so) Thema des Einsatzes japanischer Fertigungssteuerungsmethoden in europäischen Unternehmen, speziell Kanban (also Fertigungslose). Da gab es damals eigentlich nur den Prof. Wildemann in Deutschland, der sich überhaupt auskannte, die Japaner selbst konnte man ja nicht heranziehen, ergo blieben dann auch nur ganz wenige Quellen, die er überhaupt bemühen konnte. Der Rest der Arbeit war praxisorientiert, also eine Analyse in einem realen Unternehmen, welche Erfahrungen die mit Kanban gemacht haben.

Mein Fazit: lies und vertrau der Freundin, dass das formal und inhaltlich schon richtig ist bzw. abgesprochen. Das würde ich sie einfach mal persönlich fragen, dann bist Du auf der sicheren Seite.

Liebe Sonntagsgrüße vom
kivi*
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Vielen Dank ihr alle!

Es gibt da nur ein Problem: Meine Freundin weiß selbst nicht, wie es der Prof will - sie war nämlich zu keiner Besprechung dort. Die beiden haben sich bei der Themenausgabe gesehen, danach gab es nur noch einen Mail Kontakt und sie hat ihm die Arbeit vor ca. 3 Wochen mal geschickt. Sein Kommentar war u.a., dass sie unbedingt kenntlich machen muss, was von ihr stammt und was sie aus der Literatur übernommenhat.

Daraus entnehme ich, dass der Prof prinzipiell meiner Meinung ist, es geht hier nämlich nicht um die Art und Weise des Zitierens sondern darum, dass in der gesamten Arbeit überhaupt nur 1x zitiert wird. Nachdem der Prof das Thema angesprochen hat gehe ich davon aus, dass ihm das ebenfalls aufgefallen ist und er wohl dachte, sie hätte das Zitieren einfach nur vergessen.

Ich hab ihr schon 100x gesagt, dass sie unbeding Rücksprache halten soll, weil ich schon bei der ersten Durchsicht thematisch und von der Form her ein ganz schlechtes Gefühl hatte.

Ich hab ihr damals ganz viele Sachen als Anmerkungen mitgegeben, leider hat sie fast nichts davon umgesetzt. Nicht, dass ich jetzt der Mega-Star bei sowas wäre, aber ich erkenne schon, wenn Textbausteine einfach 3x kopiert an mehreren Stellen auftauchen und von 40 Seiten 20 durch Redundanz entstehen. Und das dürfte wohl auch an der FH nicht üblich sein...

Leider ist sie insgesamt sehr unsicher, sowohl methodisch als auch thematisch. Ich hab sie vor Beginn der Arbeit mit Literatur zum wissenschaftlichen Arbeiten, der tollen Formatvorlage und einem Word-Handbuch versorgt - sie hat trotzdem den ganzen Text zu FUß formatiert und in die anderen Bücher nicht einmal reingeschaut.

Heute Abend treffen wir uns zur Besprechung und ich hab wirklich etwas Bammel davor.Was soll ich ihr nur sagen? :roll: Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich meine Hilfe garnicht angeboten. Nicht, weil ich nicht helfen will sondern weil es wirklich schwer ist einer guten Freundin gegenüber ehrlich zu sein, ohne sie zu verletzen...
kivio

Beitrag von kivio »

Liebes Gummibäumchen,

wenn ich mal so privat werden darf.

Da hilft jetzt aber gar nix mehr, in das kalte Wasser solltest Du hopsen. Davon abgesehen, dass ich es unmöglich finde, dass der Prof. da nicht besser betreut hat, hilft es nix, wenn Du jetzt auch noch sachte nickst und ihr über den Kopf streichelst. Wenn sie Pech hat, geht die Arbeit nicht durch und das wäre mehr als doof, oder?

Druck ihr doch einfach aus, was die hilfreichen Helfer hier gepostet haben und sprich ganz offen darüber, vielleicht kriegt sie eine Verlängerung und kann über copy & paste noch mal nachdenken - a propos, auch an einer FH wird durchaus auf wissenschaftliche Arbeitsweise geachtet - Klauen und reinklemmen geht da genau so wenig, wie anderswo.

Mein Hinweis (ich mag Tip nicht mehr schreiben, seit er Tipp ist): sprich offen darüber, anders kommt sie ggf. echt in Schwierigkeiten und das muss nicht sein.

Kopf hoch und viel Rückgrat für heute abend vom
kivi*
acoma

Beitrag von acoma »

Viel zu machen ist in 10 Tagen ja aber nicht mehr. Da ist doch dann jetzt die
Frage, welche Zensur braucht sie. Kann sie mir ner 4 leben, oder ist es besser,
den Abgabetermin zu versäumen, und ne 5 zu kassieren, und dann zu wiederholen.
Vielleicht kann es vorher noch einen Termin mit dem Prof. geben, eventuell
ist auch eine Verlängerung möglich.

Bei meiner Magisterarbeit war es so, daß ich auch wegen bestimmter Hemmungen
keinen einzigen Termin beim Prof wahrgenommen hatte. Im Grunde ist da jede/r
selbst schuld, das macht häufig ein paar Zensuren Unterschied. Ein paar Mal
dem Prof. vorlegen, und schon wird aus der 4 ne 2.
Ich hatte handwerkliche Probleme mit Textzusammenfassung, und hatte beim
Referat so sehr am Text geklebt, daß es manchmal wie abgeschrieben aussah.
Nur weil ich akribisch überall die genauen Seitenanzahlen angegeben hatte,
wurde die Arbeit dann doch noch akzeptiert, weil offenbar keine Täuschungsabsicht
vorlag, aber trotzdem schlechte Leistung in der Hinsicht, daß die Arbeit eigentlich
hätte zurückmüssen. Wegen des 2. Teils, wo es um Argumentation und Bewertung
ging, hatte ich dann trotzdem noch ne gute Zensur bekommen.

Sowas hängt ab von verschiedenen Sachen. Oft ist es so, daß die Profs. keine Lust
haben, im zweiten Anlauf nochmal wieder zu betreuen und zu korrigieren, und
deshalb das Teil durchwinken, mit ner durchschnittlichen Zensur.
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Es war bei ihr definitv so, dass sie den Kontakt zum Prof nicht gesucht hat und sich auch mit Grundsätzlichem zum Erstellen einer Diplomarbeit nicht auseinandergesetzt hat. Ich habe wirklich die Befürchtung, dass die Arbeit nicht oder nur schlecht durchgeht, vielleicht täusche ich mich ja aber auch - und dann? Es ist einfach alles sehr flach, Form und Inhalt sind vorsichtig gesagt problematisch, die Sprache ist komplett alltagssprachlich ohne Fachbegriffe o.ä. die Methode wird nicht reflektiert, es gibt keine Einordnung des Themas und und und... Ich habe ihr das letzte Mal schon gesagt, dass ich den EIndruck habe sie unterschätze das Ganze. Nach längerem Drängen hat sie es ihrem Prof dann mal geschickt und neben den Anmerkungen hat er wohl gesagt, sie sei auf einem guten Weg. Das hat ein Prof zu einer anderen Freundin von mir auch mal gesagt - und ihre Arbeit 6 Wochen später mit einer 3,7 bewertet... Ich habe die Theorie, dass "auf einem guten Weg" bedeutet, dass man noch einen Berg Arbeit vor sich hat auch wenn die Ansätze vielleicht stimmen. Und was die Note anbetrifft: Sie hatte schon während des Studiums manche Schwierigkeit und auf der Suche nach einem Betrieb für die Diplomarbeit musste sie deshalb schon ganz schön Abstriche machen. Wenn jetzt noch eine mäßige Diplomarbeit dazukommt wird für die Bewerbung sicher keine bessere Situation entstehen...
oclock
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Beitrag von oclock »

Hallo Schtudinki,

ich habe damals, als ich meinen ersten Diplomanden begutachten sollte, ein Formular mit vielen Kriterien von meinem Prof. bekommen, nach denen ich den Diplomand bewerten sollte. Leider habe ich das jetzt nicht hier, aber ...

... habe gerade mal gegoogelt und folgendes gefunden (ist von ner FH):
http://www.fh-ludwigshafen.de/fb3/www-ver1/da-beur.htm

Versuch mal Deine Freundin anhand dieser Liste _streng_ zu bewerten...dann weiß sie ungefähr, wo sie im worst case steht... Wenn es dann tatsächlich viel lockerer an ihrer Fachhochschule ist, dann soll sie das als Bonus betrachten.

Wie auch immer...Literatur ist nur ein Punkt von vielen. Deswegen wird sie nicht durchfallen. Sicherlich gehört noch ein mündlicher Vortrag zu ihrer Arbeit, der auch bewertet wird, etc.
Es kommt natürlich auch darauf an, ob sie nach einem "sehr gut" strebt, oder die Arbeit "irgendwie" hinter sich bringen möchte.

Gruß,
oC
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