Leitzordner hat geschrieben:Für mich ist der Fall mit der Aberkennung des Dr-Grades durch Bayreuth erledigt.
Aus meiner Sicht ist es nicht bewiesen, dass zu Guttenberg vorsätzlich getäuscht hat. Vielleicht hat er auch einfach neben seiner Abgeordnetentätigkeit den Überblick über die Diss verloren und am Ende einfach (wenn auch mit schlechtem Bauchgefühl bezüglich d Fussnoten) das Teil abgegeben, damit die investierte Zeit nicht umsonst war.
Wenn man die Umfragen so betrachtet hat zu Guttenberg trotz der sehr negativen Presse den Rückhalt der Bevölkerung/Wähler. Seinen Job als VMin macht er aus meiner Sicht ordentlich und setzt endlich mal Projekte um die schon überfällig waren, sich aber niemand daran getraut hat (z.B. Wehrpflicht)
Die "Scientific Community" bzw. das Ansehen von Doktoranden und Promovierten in der Bevälkerung wird durch solch einen Rücktritt sowieso nicht gerettet.
Um Vertrauen zu schaffen sollte man sich ein Beispiel an Promotionsverfahren in anderen Ländern nehmen. Das könnte dann so aussehen:
> Mindest-Dauer festlegen, z.B. 4 Jahre für Vollzeit bzw. Äquivalent in Teilzeit (Schreckt "Türschild-Promotionen" ab)
> Zwischenevaluationen um festzustellen ob der Doktorand wissenschaftliches Potential offenbart und genügend Fortschritt macht (am besten durch mehrere Prüfer, nicht nur den Dr-Vater)
> Beurteilungen generell durch "Experten" bzw. Sachkundige von anderen Universitäten ohne direkte beteiligung des Dr-Vaters bei der Notengebung/mündlichen Prüfung
Das Ziel der Promotion ist ja nicht irgendein Thema irgendwie zu bearbeiten, sondern es muss etwas neues zum Fach beigetragen werden, von dem die Community profitiert. Man sollte also überlegen, wie man dies messen kann. In Medizin & den Naturwissenschaften ist es relativ einfach indem man z.B als Mindestvoraussetzung 2 Publikationen festlegt, davon 1x Erstauthor. Dazu vielleicht noch Kongressvorträge/Poster.
Das nenne ich mal ein nettes Statement!
Ich habe hier zwar eigentlich nichts zu suchen, weil ich gerade meine Magisterarbeit schreibe und
keine Doktorandin bin. Hier bin ich – wütend und informationsdurstig – zufällig gelandet.
Was du aber schreibst, klingt für mich etwas komisch. Ich kann nur über den geisteswissenschaftlichen Bereich sprechen. Hier gibt es, was du forderst längst.
Zwischenberichte geben Doktoranden immer wieder. Das geschieht mit den betreuenden Professoren, im Forschungskolloquium (teils sogar öffentlich), bei Vorträgen und anderswo. Es gibt sogar nationale und internationale Coachingprogramme und -seminare. Eine Professorin aus einem meiner Nebenfächer hat uns mal davon erzählt. Bei einer solchen Veranstaltung hat sie zuletzt eine Promovierende aus den USA betreut. Das war wohl für beide sehr ergiebig. Die Promovendin hat einen guten Text geschrieben, den wir alle bekommen haben, natürlich mit dem Einverständnis der Autorin.
Ebenso bemühen sich die Doktoranden, die ich kenne (bes. die, die in die Wissenschaft wollen) um Veröffentlichungen und sprechen auf Kongressen. Ich habe zwischenzeitlich drei Kongresse besucht: Zwei als Gast und einen als freiwillige studentische Helferin (Weltkongress unser Disziplin an „meinem“ Institut). Bei allen drei Kongressen waren Doktoranden stark vertreten; sie haben „Papers“ gehalten, wurden befragt und konstruktiv kritisiert.
Natürlich wird so eine Arbeit nie nur vom Doktorvater betreut. Es gibt immer einen Zweitkorrektor. Einen Drittkorrektor gibt es, zumindest in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern meiner Uni auch. Dieser setzt sich ebenso mit der Arbeit auseinander, besonders wenn sich ein Doktorand für die Disputation entscheidet. Was externe Korrektoren am Prozess ändern sollen erschließt sich mir nicht. Meinst du, die könnten nicht genauso auf Linie gebracht oder bestochen werden? Das wäre m.E. ein weiterer bürokratischer Akt, der faktisch wenig mit Qualitätsverbesserung zu tun hätte.
Zudem gibt es ja noch die Selbstkontrollfunktion in der Wissenschaft. Bei Herrn Guttenberg hat die prima funktioniert. Alles kommt raus – früher oder später.
Auf vier Jahre wird auch keiner die Zeit des Promotionsstudiums heraufsetzen, denn dann wären die Promovenden länger im Studentenstatus. Das könnte ja etwas Geld kosten.
Übrigens besteht wohl für keinen, der lesen kann und das auch tut, ein Zweifel am bewussten Betrug. Hier wird es sehr schön formuliert:
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/520472
Ich möchte selbst promovieren – auch wenn das weitere Jahre auf Harz-IV-Niveau leben heißt – und finde sowohl den Vorfall als auch die sich anschließenden Ereignisse unverschämt.