Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Das Unterforum zur Diskussion um die aus fremden Textpassagen zusammengesetzten Dissertationen Prominenter.
Amalia

Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Amalia »

Ich hatte es bereit im Thread zur Sache gepostet. Aber damit es nicht untergeht, hier nochmals.

Es gibt eine Initiative von Doktoranden mit einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin in der Causa Guttenberg:
http://offenerbrief.posterous.com/

Bitte unterzeichnen und weitersagen! (Es können auch nicht-Wissenschaftler mitmachen!)
Amalia

:KT: :KT: :KT: :KT: :KT:
Jodu

Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Jodu »

Ich bin neu in diesem Forum und nicht promovierter Jurist. Auch wenn ich demzufolge nicht als Doktorand betroffen bin,hoffe ich, dass ihr es nicht bei dem offenen Brief an die Bundeskanzlerin belasst. Es steht zu befürchten, dass euer offener Brief in der breiten Öffentlichkeit keine nachhaltige Wirkung zeigt. Es wäre doch für Frau Merkel und insbesondere Herrn Freiherr zu Guttenberg wesentlich unangenehmer, wenn ihr beispielsweise eine Demonstration in Berlin oder vor dem Anwesen von Herrn Freiherr zu Guttenberg organisiert und so euren Unmut für die Öffentlichkeit wahrnehmbar artikuliert. Vielleicht gemeinsam mit bereits Promovierten.
Leitzordner

Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Leitzordner »

Für mich ist der Fall mit der Aberkennung des Dr-Grades durch Bayreuth erledigt.

Aus meiner Sicht ist es nicht bewiesen, dass zu Guttenberg vorsätzlich getäuscht hat. Vielleicht hat er auch einfach neben seiner Abgeordnetentätigkeit den Überblick über die Diss verloren und am Ende einfach (wenn auch mit schlechtem Bauchgefühl bezüglich d Fussnoten) das Teil abgegeben, damit die investierte Zeit nicht umsonst war.

Wenn man die Umfragen so betrachtet hat zu Guttenberg trotz der sehr negativen Presse den Rückhalt der Bevölkerung/Wähler. Seinen Job als VMin macht er aus meiner Sicht ordentlich und setzt endlich mal Projekte um die schon überfällig waren, sich aber niemand daran getraut hat (z.B. Wehrpflicht)

Die "Scientific Community" bzw. das Ansehen von Doktoranden und Promovierten in der Bevälkerung wird durch solch einen Rücktritt sowieso nicht gerettet.
Um Vertrauen zu schaffen sollte man sich ein Beispiel an Promotionsverfahren in anderen Ländern nehmen. Das könnte dann so aussehen:

> Mindest-Dauer festlegen, z.B. 4 Jahre für Vollzeit bzw. Äquivalent in Teilzeit (Schreckt "Türschild-Promotionen" ab)
> Zwischenevaluationen um festzustellen ob der Doktorand wissenschaftliches Potential offenbart und genügend Fortschritt macht (am besten durch mehrere Prüfer, nicht nur den Dr-Vater)
> Beurteilungen generell durch "Experten" bzw. Sachkundige von anderen Universitäten ohne direkte beteiligung des Dr-Vaters bei der Notengebung/mündlichen Prüfung

Das Ziel der Promotion ist ja nicht irgendein Thema irgendwie zu bearbeiten, sondern es muss etwas neues zum Fach beigetragen werden, von dem die Community profitiert. Man sollte also überlegen, wie man dies messen kann. In Medizin & den Naturwissenschaften ist es relativ einfach indem man z.B als Mindestvoraussetzung 2 Publikationen festlegt, davon 1x Erstauthor. Dazu vielleicht noch Kongressvorträge/Poster.
Martin_T_1981

Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Martin_T_1981 »

Die Idee mit dem Offenen Brief ist sehr gut, allerdings wird er wenig Wirkung haben, wenn wir ihn "nur" im Internet stehen lassen. Viel effektiver fände ich es, wenn man ein paar Geldgeber auftreiben könnte, die einen Abdruck des Offenen Briefes in der FAZ, Süddeutschen und ZEIT finanzieren könnten.

Wenn sich jemand mit Sponsoring auskennt, könnte er sich eventuell doch mal mit den Initiatoren des Offenen Briefes in Kontakt setzen. Das wäre wirklich ein sehr sinnvoller Weg, um deutlich zu machen, dass Doktoranden und fertige Doktoren unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit ein solches Verhalten nicht nur nicht dulden, sondern für rücktrittswürdig halten.
Lotta
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Registriert: 15.10.2009, 10:44
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Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Lotta »

Soweit ich weiß, machen sich die Initiatoren schon Gedanken über eine "Marketingstrategie".
"Diese Berge, die du schleppst, die solltest du besteigen, nicht tragen" - Najwa Zebian
Kullerauge

Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Kullerauge »

Leitzordner hat geschrieben:Für mich ist der Fall mit der Aberkennung des Dr-Grades durch Bayreuth erledigt.

Aus meiner Sicht ist es nicht bewiesen, dass zu Guttenberg vorsätzlich getäuscht hat. Vielleicht hat er auch einfach neben seiner Abgeordnetentätigkeit den Überblick über die Diss verloren und am Ende einfach (wenn auch mit schlechtem Bauchgefühl bezüglich d Fussnoten) das Teil abgegeben, damit die investierte Zeit nicht umsonst war.

Wenn man die Umfragen so betrachtet hat zu Guttenberg trotz der sehr negativen Presse den Rückhalt der Bevölkerung/Wähler. Seinen Job als VMin macht er aus meiner Sicht ordentlich und setzt endlich mal Projekte um die schon überfällig waren, sich aber niemand daran getraut hat (z.B. Wehrpflicht)

Die "Scientific Community" bzw. das Ansehen von Doktoranden und Promovierten in der Bevälkerung wird durch solch einen Rücktritt sowieso nicht gerettet.
Um Vertrauen zu schaffen sollte man sich ein Beispiel an Promotionsverfahren in anderen Ländern nehmen. Das könnte dann so aussehen:

> Mindest-Dauer festlegen, z.B. 4 Jahre für Vollzeit bzw. Äquivalent in Teilzeit (Schreckt "Türschild-Promotionen" ab)
> Zwischenevaluationen um festzustellen ob der Doktorand wissenschaftliches Potential offenbart und genügend Fortschritt macht (am besten durch mehrere Prüfer, nicht nur den Dr-Vater)
> Beurteilungen generell durch "Experten" bzw. Sachkundige von anderen Universitäten ohne direkte beteiligung des Dr-Vaters bei der Notengebung/mündlichen Prüfung

Das Ziel der Promotion ist ja nicht irgendein Thema irgendwie zu bearbeiten, sondern es muss etwas neues zum Fach beigetragen werden, von dem die Community profitiert. Man sollte also überlegen, wie man dies messen kann. In Medizin & den Naturwissenschaften ist es relativ einfach indem man z.B als Mindestvoraussetzung 2 Publikationen festlegt, davon 1x Erstauthor. Dazu vielleicht noch Kongressvorträge/Poster.
Das nenne ich mal ein nettes Statement!

Ich habe hier zwar eigentlich nichts zu suchen, weil ich gerade meine Magisterarbeit schreibe und keine Doktorandin bin. Hier bin ich – wütend und informationsdurstig – zufällig gelandet.

Was du aber schreibst, klingt für mich etwas komisch. Ich kann nur über den geisteswissenschaftlichen Bereich sprechen. Hier gibt es, was du forderst längst.
Zwischenberichte geben Doktoranden immer wieder. Das geschieht mit den betreuenden Professoren, im Forschungskolloquium (teils sogar öffentlich), bei Vorträgen und anderswo. Es gibt sogar nationale und internationale Coachingprogramme und -seminare. Eine Professorin aus einem meiner Nebenfächer hat uns mal davon erzählt. Bei einer solchen Veranstaltung hat sie zuletzt eine Promovierende aus den USA betreut. Das war wohl für beide sehr ergiebig. Die Promovendin hat einen guten Text geschrieben, den wir alle bekommen haben, natürlich mit dem Einverständnis der Autorin.
Ebenso bemühen sich die Doktoranden, die ich kenne (bes. die, die in die Wissenschaft wollen) um Veröffentlichungen und sprechen auf Kongressen. Ich habe zwischenzeitlich drei Kongresse besucht: Zwei als Gast und einen als freiwillige studentische Helferin (Weltkongress unser Disziplin an „meinem“ Institut). Bei allen drei Kongressen waren Doktoranden stark vertreten; sie haben „Papers“ gehalten, wurden befragt und konstruktiv kritisiert.
Natürlich wird so eine Arbeit nie nur vom Doktorvater betreut. Es gibt immer einen Zweitkorrektor. Einen Drittkorrektor gibt es, zumindest in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern meiner Uni auch. Dieser setzt sich ebenso mit der Arbeit auseinander, besonders wenn sich ein Doktorand für die Disputation entscheidet. Was externe Korrektoren am Prozess ändern sollen erschließt sich mir nicht. Meinst du, die könnten nicht genauso auf Linie gebracht oder bestochen werden? Das wäre m.E. ein weiterer bürokratischer Akt, der faktisch wenig mit Qualitätsverbesserung zu tun hätte.
Zudem gibt es ja noch die Selbstkontrollfunktion in der Wissenschaft. Bei Herrn Guttenberg hat die prima funktioniert. Alles kommt raus – früher oder später.
Auf vier Jahre wird auch keiner die Zeit des Promotionsstudiums heraufsetzen, denn dann wären die Promovenden länger im Studentenstatus. Das könnte ja etwas Geld kosten.

Übrigens besteht wohl für keinen, der lesen kann und das auch tut, ein Zweifel am bewussten Betrug. Hier wird es sehr schön formuliert: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/520472

Ich möchte selbst promovieren – auch wenn das weitere Jahre auf Harz-IV-Niveau leben heißt – und finde sowohl den Vorfall als auch die sich anschließenden Ereignisse unverschämt.
:\MRKN/:

Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von :\MRKN/: »

Leitzordner hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist es nicht bewiesen, dass zu Guttenberg vorsätzlich getäuscht hat.
Siehe hierzu:
SPON hat geschrieben:
(...)
Top-Juristen sehen Beweise für Vorsatz

Guttenberg hat sich bisher gegen den Vorwurf des Vorsatzes verwahrt und lediglich "gravierende handwerkliche Fehler" eingeräumt. Er betont stets, nicht wissentlich getäuscht zu haben, sondern bei der Vielzahl der Quellen etwas den Überblick verloren zu haben.

Mehrere namhafte Juristen sehen die Beweise allerdings als erdrückend an, dass der Verteidigungsminister mit Vorsatz gehandelt hat. "Ich würde einem Kandidaten nicht glauben, der in so einem Fall behauptet, dass es bloße Fahrlässigkeit war", sagte der Kölner Strafrechtsprofessor Thomas Weigend dem SPIEGEL.

Der auf Streitereien um Examensarbeiten spezialisierte Rechtsanwalt Michael Hofferbert urteilte: "Kein Richter wird einem Kandidaten glauben, der über hundert Seiten seiner Doktorarbeit abschreibt und hinterher behauptet, er habe dies versehentlich getan." Der frühere Verfassungsrichter Winfried Hassemer sagte: Selbst wenn der faktische Beweis nicht vorliege, seien "Juristen gut darin geübt, den Vorsatz aus den äußeren Umständen einer Tat zu schließen".

(...)
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 80,00.html
Sebastian
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Re: Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Beitrag von Sebastian »

Lieber Sebastian,

vor drei Tagen haben meine Freunde und ich zusammen einen offenen Brief and die Bundeskanzlerin verfasst und die Seite
http://offenerbrief.posterous.com/

ins Netz gestellt. Diese erfreut sich seitdem großer Beliebheit (seit Freitag mehr als eine halbe Millionen Seitenaufrufe).

Um den Druck auf die Kanzlerin aufrecht zu erhalten, versuchen wir weiterhin soviele Unterschriften wie möglich zu sammeln.
Hierzu brauchen wir jedoch Unterstützer die vor Ort für die Aktion werben.
Daher möchten wir dich bitten, vielleicht auf deiner Seite auf die Aktion aufmerksam zu machen und die Leute darauf hinzuweisen, dass es sehr hilfreich wäre, wenn sie andere auf den offenen Brief hinweisen würden.

Vielen Dank für deine Unterstützung!

Besten Gruß

Hannes
-Team Causa Guttenberg -
...mache ich hiermit doch gern.
Sebastian
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