PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Doktorand

Das Unterforum zur Diskussion um die aus fremden Textpassagen zusammengesetzten Dissertationen Prominenter.
barbershop

PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Doktorand

Beitrag von barbershop »

Liebes Forum,
mit Entsetzen habe ich gerade den Artikel in der heutigen Süddeutschen Zeitung (Feuilleton, S.13) von Richard Münch, Soziologe (Universität Bamberg), u.a. Autor von "Die akademische Elite" gelesen. Anyone else?
Darin schreibt er: "Ich halte Plagiate grundsätzlich auch für ein Problem externer Dissertationen, die übrigens gehäuft in der Rechtswissenschaft vorkommen. (...) Doktoranden, die voll im Beruf stehen und den Titel nur für ihre Karriere brauchen, haben meist nicht genug Zeit und Ansporn, um sich mit dem Thema wirklich zu beschäftigen.Außerdem stehen sie meist nicht in so engem Kontakt zu ihrem Doktorvater wie das bei internen Doktoranden (...) der Fall ist."
"Ich bin auf jeden Fall dafür, die externen Promotionen massiv zurückzufahren."

Mich hat das wirklich persönlich getroffen. :evil:
Ich finde, er sollte erst mal seine Behauptungen beweisen!
Wie geht es euch dabei?
(Leider scheint der Artikel online nur über das SZ E-Paper kostenpflichtig zu geben...)
Grüße
barbershop
Wierus
Beiträge: 1101
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Wierus »

Wenn man sich hiesige Beiträge wie "Müde von der Diss" und viele andere durchliest, dann kann man so eine Unterscheidung definitiv nicht machen, denn auch intern sind die Leute oft mit Diss-fremden Dingen überlastet. So gesehen wäre die externe Diss mit Stipendium der eigentliche Königsweg (ginge man nach Münchs Pauschalisierung).

Außerdem: die große Mehrheit aller Promotionen ist extern, von daher... :lol:
Eva
Beiträge: 9253
Registriert: 06.07.2007, 17:35
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 26 Mal

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Eva »

Habe ich auch gelesen, hat mir auch überhaupt nicht gefallen. Warum meint man in Dtl. oft, den Leuten bestimmte Lebenswege vorschreiben zu müssen? Warum muss es überhaupt "Königswege" geben? Es sollte doch möglich sein, seine persönlichen Prioritäten anders zu setzen, ohne deshalb auf wissenschaftliches Arbeiten verzichten zu müssen. Münch schert hier ungerechtfertigterweise alle Externen über einen Kamm: die Nur-Titel-Geilen à la Guttenberg-Köhler und jene, die ernsthaft wissenschaftlich arbeiten möchten, aus Freude und Interesse, das aber außerhalb von Uni-Stelle, Graduiertenkolleg oder Stipendium tun. Natürlich kann man darüber nachdenken, ob es gut ist, zu viele Doktoren innerhalb eines Fachs zu produzieren. Die Konsequenz kann aber meines Erachtens nicht sein, die Promotion nur denen vorzubehalten, die dem Profil einer bestimmten Stiftung entsprechen (man kann z.B. auch wissenschaftlich gut arbeiten, ohne politisch-gesellschaftlich engagiert zu sein), schon im Studium zielstrebig genug waren / das Glück hatten, einem Prof aufzufallen und als Hiwi den Einstieg in den Uni-Betrieb zu schaffen, oder mit ihrem Thema in die Ausrichtung eines Graduiertenkollegs zu passen.
Clio

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Clio »

barbershop hat geschrieben:"Ich halte Plagiate grundsätzlich auch für ein Problem externer Dissertationen,
:shock:
Von einer derartigen Pauschalisierung fühle ich mich jetzt allerdings auch persönlich diskreditiert.
Nicht alle, die extern promovieren sind einfach nur Titel-Geil und unwissenschaftlich. Das bedeutete ja im Umkehrschluß, jeder der keine Unistelle bekommen hat ist eigentlich eh unfähig. Was dann wieder bedeutet, daß gerade in den Geisteswissenschaften die Unistellen immer weiter runter gefahren werden, weil es wahrscheinlich immer weniger fähige Leute gibt? Ganz tolle Logik!
Wie wäre es, wenn der Herr Soziologe auch mal über die Betreuungspraxis der Herren und Damen Profs nachdenken würde, die es einem externen Doktoranden manchmal annähernd unmöglich machen mit ihnen zu reden?
Mittlerweile kann man sich bei Herrn KTG wirklich nur bedanken. Für was sollen wir uns denn jetzt noch alles rechtfertigen?
Jaja

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Jaja »

Obwohl ich mich nicht mehr aufregen will, habe ich hier reingelinst :?

Man muss sich bald als Externe, ohne Stipendium spätpromovierende, junge Mutter und zudem voll berufstätig und ja auch definitiv mit weniger Kontakt zum Doktovater/mutter als Interne (dies zu meinem eigenen äussersten Bedauern) fragen,
ob man überhaupt den Titel noch will oder einfach das Geld zusammensucht und seine plagiatsfreien Recherchen und Ergebnisse in schöner Buchform veröffentlicht und sich daran freut

Dank dieser ganzen Diskussionen und Dreckwäsche in den Medien weiss ich zumindest wieder, warum ich nach dem Magister dem Wissenschaftsbetrieb Uni erstmal den Rücken gedreht habe :evil:
- bis mich's wieder zu sehr in den Fingern juckte und mir mein schönes Thema über den Weg lief, vielleicht sollte man Herrn Münch mal daran erinnern, dass wissenschaftliches Arbeiten auch Freude bereiten kann und dass ein bisschen Anerkennung dafür auch ihm nicht schaden würde
Sebastian
Admin
Beiträge: 1975
Registriert: 30.08.2006, 12:41
Status: Schon länger fertig
Hat sich bedankt: 31 Mal
Danksagung erhalten: 53 Mal
Kontaktdaten:

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Sebastian »

Eva hat geschrieben:Warum muss es überhaupt "Königswege" geben?
Na ja, die Freiherrenwege haben sich ja gerade als unbrauchbar erwiesen :wink:

Mit Blick auf die häufig gesuchten Praxisbezüge wissenschaftlicher Arbeiten halte ich die externe Promotion weiterhin für sehr wichtig - aber dass man dafür eine Menge Zeit und/oder Energie braucht und dass neben einem Vollzeitjob nur unter größten Anstrengungen schaffen kann, das weiß doch hier eigentlich jeder.

Viele Grüße
Sebastian
Wierus
Beiträge: 1101
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Wierus »

Ich möchte den Sebastian keineswegs in Verlegenheit bringen, denn er wäre ja quasi der Hauptverantwortliche für den Fall, dass sich Forum dazu äußern sollte.

Aber ich möchte angesichts der Guttenberg-Geschichte, aber vor allem angesichts solcher unzumutbaren Statements, irgendetwas tun bzw. sagen. Promovierende haben keine Vertretung im eigentlichen Sinne und sind im Prinzip Einzelkämpfer. Da könnte sich doch so eine Plattform wie dieses Forum als Sprachrohr nützlich erweisen. Wir können doch nicht einfach dasitzen und zusehen, wie im Endeffekt über Promovierende geredet und geschrieben wird, ja, wie sich zahlreiche Stellen überhaupt zu Promotion an sich äußern.

Findet ihr das nicht auch so?
Amalia

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Amalia »

Leider habe ich keinen Zugang zu dem SZ-Artikel.
Einen Rundumschlag gegen alle externen Doktoranden finde ich auch sehr merkwürdig. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass die Wissenschaft auf diesen Vorfall reagieren muss und Professoren künftig bei der Annahme von Doktoranden, deren Motivationen prüfen sollten. Eine Dissertation soll „einen Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnisse bringen“. Das ist nicht zu machen, wenn man nicht eine bedeutende Menge Lebenszeit in dieses Projekt steckt. Wer dazu bereit ist, sollte dies nach wie vor tun dürfen, egal ob intern oder extern. Wer allerdings nicht willens ist (eigene) Lebenszeit für den Wissenschaftlichen Fortschritt zu opfern, sondern lediglich auf zwei Buchstaben vor dem Namen schielt und sich ein Plus auf dem Gehaltszettel sowie weitere Sprossen auf der Karriereleiter verspricht, der sollte meiner Meinung nach künftig nicht mehr zugelassen, bzw. angenommen werden. Die vielen, vielen quick & dirty Projekte entwerten die Promotion schon so lange und bringen, die, die ehrlich an einer Diss arbeiten, immer wieder in Rechtfertigungsnöte: „Warum dauert das so lange? Das schafft man ja wohl in ein, zwei Jahren?“ Solche Vorhaltungen, die implizit den hart arbeitenden Doktoranden als Faulenzer darstellen lassen, hat hier wohl schon jeder erlebt.
In diesem Punkt würde ich gerne ein öffentliches Statement abgeben. Den der Normalbürger kann zwischen wissenschaftlicher Leistung und Titelpromotion nicht unterscheiden, aber er sollte wissen, dass es einen Unterschied gibt.
Sebastian
Admin
Beiträge: 1975
Registriert: 30.08.2006, 12:41
Status: Schon länger fertig
Hat sich bedankt: 31 Mal
Danksagung erhalten: 53 Mal
Kontaktdaten:

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Sebastian »

Bei mir kommen immer mal wieder Presseanfragen telefonisch bzw. per Mail herein - leider meist zu Zeiten, in denen ich meinem Hauptberuf nachgehe, so dass ich sie nicht bzw. nicht rechtzeitig bedienen kann.
Ich würde sie aber gern an Freiwillige hier aus dem Forum verweisen und könnte/würde das mit entsprechenden Links im Impressum und hier im Diskussionsbereich machen.
Problem: Die Presseleute registrieren sich hier nicht und benötigen in der Regel E-Mail/Telefon und Namen. Es würde aber vielleicht schon helfen, wenn sich der eine oder andere User bereiterklärt, solche Anfragen zu beantworten. Ich mache gleich mal ein entsprechendes Melde-Thema auf, bitte dann diesen Nebenaspekt dort weiterdiskutieren!
Sebastian
Eva
Beiträge: 9253
Registriert: 06.07.2007, 17:35
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 26 Mal

Re: PlagiatsdiskussionII: SZ19.02. Münch gegen externe Dokto

Beitrag von Eva »

Seit heute online - besagtes Interview: http://www.sueddeutsche.de/karriere/pla ... -1.1062258
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag