Promotionstipendium und ALG II

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deen_everstin
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von deen_everstin »

Hallo Alex,

erst einmal Glückwunsch zum Stipendium! Das ist ja an sich ein Grund zur Freude. Deine Situation ist nachvollziehbar, schließlich sind die Lebenshaltungskosten in den letzten fünf Jahren in so ziemlich allen Bereichen massiv gestiegen, wodurch die finanzielle Unterstützung durch ein Stipendium oftmals nicht mehr den realen Fixkosten entspricht.

In deiner aktuellen Situation wirst du im Rahmen des Bürgergelds wahrscheinlich aber auch nicht viel finanzielle Erleichterung erfahren. Gemäß dem Fall, dass du als erwerbsfähig und gleichzeitig hilfebedürftig anerkannt wirst (was grundsätzlich wohl in deinem Fall zutreffen wird), wird das Jobcenter höchstwahrscheinlich deinen grundsätzlichen Anspruch in Höhe von derzeit 563€ (?) mit deiner angegebenen Warmmiete in Höhe von 630€ addieren, wo wir bei 1193€ landen. Das ist fast deckungsgleich mit deinem Stipendium. Solltest du noch weitere Fixkosten wie die "freiwillige" Krankenkassenversicherung geltend machen können, die anrechenbar sind, kannst du den Bedarf entsprechend erhöhen und es gibt wohl auch die Möglichkeit, im Rahmen des Stipendiums einen Pauschalbetrag von ca. 100€ für Ausbildungskosten pro Monat verrechnen lassen zu können, wodurch du laut den von dir zur Verfügung gestellten Infos mit ca. 90-100€ Bürgergeld sowie den Kostenübernahmen für die KV rechnen kannst.

Um die dafür notwendigen Nachweise durch die Uni zu erhalten, kann ich nur Maiks Empfehlung unterstreichen. Weiter hartnäckig sein und freundlich mehrmals die Woche nach dem aktuellen Bearbeitungsstand fragen und auf die Dringlichkeit hinwirken. Gleiches gilt beim Bürgeramt. Es liegt nicht an dir und es liegt (vermutlich) auch nicht an deiner Herkunft, dass sich das alles zieht wie Kaugummi und man gefühlt allein gelassen wird. Es ist systemisch bedingt, weil mehr Menschen Unterstützung benötigen, als von unserer Infrastruktur derzeit bewältigt werden kann. Da könnte man jetzt nach den Gründen fragen und vortrefflich diskutieren, aber das würde dich bei deinem Thema wohl nicht voranbringen. Deshalb erspar ich dir/euch das und wünsche dir ganz viel Erfolg bei der finanziellen Unterstützung und natürlich vor allem auch bei deiner Promotion!
NLPDG_Guy
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von NLPDG_Guy »

Liebe Alex,
Alex hat geschrieben: 21.11.2025, 12:40 Vielleicht wirke ich überqualifiziert, weil ich meinen üblichen Lebenslauf mit vielen Jahren Museumserfahrung und allen Zeugnissen mitschicke.
Für diese Minijobs solltest du wirklich nur angeben, dass du gerade Doktorandin bist. Ich würde sogar einen total abgespeckten Lebenslauf nur für solche Minijobs erstellen, in dem quasi nur drin steht, dass du an der Uni XY Studentin bist (du bist ja Promotionsstudentin...) und seit wann du immatrikuliert bist. Wer mehr wissen will (warum auch immer das für eine solche Hilfsstelle passieren sollte...), soll dich fragen. Ich würde kein Geburtsdatum reinschreiben und auch nur deinen momentanen Wohnort angeben. Ins Bewerbungsanschreiben nur eine kurze, prägnante Formulierung. Nur die relevanten Fähigkeiten für den Minijob hervorheben (freundlich, kundenorientiert, teamfähig, blabla) und das war's. Du bewirbst dich nicht auf eine E14 Projektleiterstelle ;)
Alex hat geschrieben: 21.11.2025, 12:40 Falls es für dich passt, könnten wir vielleicht irgendwann einmal kurz telefonieren oder uns austauschen.
Klar, kein Problem, das könnten wir ja erstmal hier über private Nachrichten machen, ok? Schreib mir einfach.

Viele Grüße
Maik
03.11.2023: Offiziell Doktorand - Wohoooo! :prost:
Alex
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von Alex »

deen_everstin hat geschrieben: 21.11.2025, 12:46 Hallo Alex,

erst einmal Glückwunsch zum Stipendium! Das ist ja an sich ein Grund zur Freude. Deine Situation ist nachvollziehbar, schließlich sind die Lebenshaltungskosten in den letzten fünf Jahren in so ziemlich allen Bereichen massiv gestiegen, wodurch die finanzielle Unterstützung durch ein Stipendium oftmals nicht mehr den realen Fixkosten entspricht.

In deiner aktuellen Situation wirst du im Rahmen des Bürgergelds wahrscheinlich aber auch nicht viel finanzielle Erleichterung erfahren. Gemäß dem Fall, dass du als erwerbsfähig und gleichzeitig hilfebedürftig anerkannt wirst (was grundsätzlich wohl in deinem Fall zutreffen wird), wird das Jobcenter höchstwahrscheinlich deinen grundsätzlichen Anspruch in Höhe von derzeit 563€ (?) mit deiner angegebenen Warmmiete in Höhe von 630€ addieren, wo wir bei 1193€ landen. Das ist fast deckungsgleich mit deinem Stipendium. Solltest du noch weitere Fixkosten wie die "freiwillige" Krankenkassenversicherung geltend machen können, die anrechenbar sind, kannst du den Bedarf entsprechend erhöhen und es gibt wohl auch die Möglichkeit, im Rahmen des Stipendiums einen Pauschalbetrag von ca. 100€ für Ausbildungskosten pro Monat verrechnen lassen zu können, wodurch du laut den von dir zur Verfügung gestellten Infos mit ca. 90-100€ Bürgergeld sowie den Kostenübernahmen für die KV rechnen kannst.

Um die dafür notwendigen Nachweise durch die Uni zu erhalten, kann ich nur Maiks Empfehlung unterstreichen. Weiter hartnäckig sein und freundlich mehrmals die Woche nach dem aktuellen Bearbeitungsstand fragen und auf die Dringlichkeit hinwirken. Gleiches gilt beim Bürgeramt. Es liegt nicht an dir und es liegt (vermutlich) auch nicht an deiner Herkunft, dass sich das alles zieht wie Kaugummi und man gefühlt allein gelassen wird. Es ist systemisch bedingt, weil mehr Menschen Unterstützung benötigen, als von unserer Infrastruktur derzeit bewältigt werden kann. Da könnte man jetzt nach den Gründen fragen und vortrefflich diskutieren, aber das würde dich bei deinem Thema wohl nicht voranbringen. Deshalb erspar ich dir/euch das und wünsche dir ganz viel Erfolg bei der finanziellen Unterstützung und natürlich vor allem auch bei deiner Promotion!
Vielen Dank für die Ermutigung. Manchmal braucht man ein bisschen Zuspruch, um sich nicht so überfordert zu fühlen. Der Austausch über allgemeine Behördensachen in Deutschland hilft auch sehr.
Ich vergleiche mich nur immer mit anderen und weiß, dass das manchmal zu viel ist und den Stress noch verdoppelt. Aber ich finde auch, dass ich schon sehr viel geschafft habe: Ich habe seit meiner Ankunft hier zwei Jahre lang gearbeitet (ganz von Anfang an) und gleichzeitig Deutsch gelernt (ich kam mit null Deutschkenntnissen, nur mit Englisch). Ich habe mich bemüht, an der Uni aufgenommen zu werden, und promoviere jetzt auf Englisch.
Es ist wirklich viel Stress, würde ich sagen. Und wenn ich sehe, dass Leute, die weniger geschafft haben, oft auch weniger Probleme haben, macht mich das manchmal frustriert. Dann denke ich, dass ich vielleicht einen zu komplizierten Weg gewählt habe. Ob alle meine bisherigen Bemühungen am Ende etwas bringen, weiß ich nicht.
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von Denkerin »

Hallo Alex,

du bist definitiv nicht alleine in einer solchen Situation. Leider ist die Finanzierung ja ein Punkt, der vielen Doktoranden/Doktorandinnen Sorgen bereitet.

Zur Jobsuche: Ich möchte noch mal Maiks Tipps unterstreichen. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass du durch deinen detaillierten Lebenslauf und die beigefügten Zeugnisse potentielle Arbeitgeber, die stupide einen Minijob vergeben wollen, "überforderst". Deine natürlich insgesamt wichtigen Qualifikationen sind für diesen Minijob ja überhaupt nicht nötig. Tipp: Gestalte deinen CV und ggf. deine Anlagen nicht nach dem Motto "viel hilft viel" bzw. stelle deine gesamten Qualifikationen dar, sondern eher nur die, die für den avisierten Job notwendig sind (Sprachen, die du beherrscht, dass du teamfähig bist, Kopfrechnen usw.). Wenn du das Gefühl hast, dass deine Nationalität bisher ein Grund war, weshalb deine Jobsuche gescheitert ist, kannst du sie in deinen Bewerbungsunterlagen weglassen. Insgesamt wird sich das sicher aber nicht verschweigen lassen, denn sie gehört m.W. zu den obligatorischen Informationen, die eben für ein Arbeitsverhältnis im Einstellungsprozess immer abgefragt und gespeichert werden (schon alleine wegen Themen wie Arbeitserlaubnis usw.).

Ich wünsche dir wirklich von Herzen viel Erfolg und hoffe, es wird bald etwas leichter für dich. Ein Satz in deinem letzten Post hat mich getriggert: "Und wenn ich sehe, dass Leute, die weniger geschafft haben, oft weniger Probleme haben, macht mich das manchmal frustriert." Das ist so was, was mich in ähnlicher Form schon öfter mal beschäftigt hat. Ich glaube, jeder hat so seine eigenen Probleme und wie Probleme wahrgenommen werden, ist ja super subjektiv. Manche nehmen vieles leichter, anderen fallen vermeintlich "kleine" Probleme schon total schwer. In meinen Augen frustriert es wirklich nur, seine eigenen Probleme mit denen anderer zu vergleichen. Jeder nimmt seine Ängste/Sorgen/Probleme als besonders wichtig wahr.
Alex
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von Alex »

Ja, Sie haben recht, Menschen sind verschieden, aber das ändert nicht automatisch etwas daran, dass manche mehr leisten müssen als andere oder härter arbeiten müssen, um ungefähr dasselbe zu erreichen. Gleichzeitig haben Sie auch recht: Ich habe ja selbst eingeräumt, dass eine unvoreingenommene Sichtweise nicht nur das Leben erleichtert, sondern für eine wissenschaftliche Arbeit auch absolut lebenswichtig ist.
Alex
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von Alex »

Liebe alle,
ich wollte ein kurzes Update zum Thema geben.
Sobald die Uni herausgefunden hat, dass ich ein Schreiben von ihnen für das Jobcenter benötige, haben sie meinen Stipendiengeber informiert. Nun befürchten sie, dass der Stipendiengeber das Stipendium zurückziehen könnte.
Das Jobcenter hat bereits alle Leistungen eingestellt, nachdem ich das Dokument über das Stipendium eingereicht hatte. Jetzt besteht die Möglichkeit, dass ich das Stipendium der letzten zwei Monate zurückzahlen muss – oder dass der Stipendiengeber ein Ultimatum stellt, sodass ich entweder ALG II oder das Stipendium beziehen darf.
Das Ganze ist völlig absurd…
Das Jobcenter hatte ja bereits eine Entscheidung zur Weiterzahlung der Krankenkasse getroffen.
Ich fühle mich wirklich wie in einer Kafka-Welt.
NLPDG_Guy
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von NLPDG_Guy »

Liebe Alex,

dann solltest du schnellstmöglich mit dem Stipendiengeber persönlichen Kontakt aufnehmen und ihm die Situation schildern. Möglicherweise riecht die ganze Sache für solche Einrichtungen schnell nach Leistungserschleichung.
Ich würde an deiner Stelle nur das Stipendium als Geldquelle anstelle des Jobcenters nutzen. Denn das Jobcenter wird von dir erwarten, dass du in den Arbeitsmarkt gehst (was du ja nicht kannst, da du promovierst). Wenn du das nicht tust, streicht man dir die Leistungen. Dein Geld kannst du wirklich nur durch einen Nebenjob aufstocken. Bleib dran!

Viele Grüße
Maik
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Alex
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Re: Promotionstipendium und ALG II

Beitrag von Alex »

Ja, Maik, danke für deinen Rat.
Ich möchte auch sicherstellen, dass ich alles hier im Forum richtig formuliere.
Wie mir beim Jobcenter erklärt wurde, wurden seit Beginn meines Stipendiums alle regulären Leistungen vollständig eingestellt. Ich erhalte kein Bürgergeld und keine Grundsicherung mehr.
Die verbleibenden Zahlungen bestehen ausschließlich aus Zuschüssen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie einer kleinen Aufstockung, die als ergänzende Leistung bei geringem Einkommen gilt.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine solche Situation überhaupt als Doppel-Finanzierung eingeschätzt werden kann. Wahrscheinlich liegt ein Missverständnis vor, weil ich etwas falsch erklärt habe.
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