Semesterferien vs Schulferien (NRW

Fragen und Antworten rund um die Professur an Fachhochschule (FH) bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW)
Stud3nt
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von Stud3nt »

Hallo zusammen,

vielen Dank für diese wirklich interessante Diskussion, die ich mit großem Interesse verfolge! Ich bin zwar kein regelmäßiger Leser dieses Forums, aber immer wenn ich dann doch wieder vorbeischaue, bin ich begeistert davon, dass hier viele der Themen, die mich beschäftigen, offenbar auch (einige von) euch bewegen.

Ich hatte zuletzt in einem anderen Thread einen längeren Beitrag geschrieben, in dem ich schon ein Stück weit meinen Frust über das Niveau vieler Studierender geschildert habe. Gerne möchte ich nun meine erweiterten Gedanken zum Themenkomplex Professur mit euch teilen.

Ich bin in den vergangenen Monaten tatsächlich zu dem Schluss gekommen, dass ich die Entscheidung, den Ruf auf meine jetzige Professur anzunehmen, bereue. Das fällt mir nicht leicht auszusprechen und traue ich mich ehrlicherweise auch nur hier in diesem anonymen Rahmen. In meinem Umfeld gibt es derzeit viele Menschen, die angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation ganz andere Sorgen haben (Kurzarbeit, drohender Arbeitsplatzverlust, Immobilienkredit usw.). Gerade vor diesem Hintergrund weiß ich die finanzielle Sicherheit, die meine mir Professur bietet, sehr zu schätzen. Und mit Blick auf meine familiäre Situation (ich bin Vater von drei kleinen Kindern) verbiete ich mir selbst, konkrete Schritte in andere berufliche Richtungen überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Abgesehen von dieser finanziellen Sicherheit gibt es allerdings wenig, was ich persönlich darüber hinaus Positives berichten kann.

Das Thema Gehalt wurde hier ja bereits angesprochen. Auch bei mir ist es so, dass ich – rein auf das aktuelle Einkommen bezogen, also ohne spätere Pensionsansprüche zu berücksichtigen – finanziell deutlich schlechter gestellt bin als zuvor. Hinzu kommt, dass mich die aktuellen politischen Diskussionen (Abschaffung des Beamtentums, Überführung in gesetzliche Krankenversicherung oder Rentensystem etc.) verunsichern. Ich frage mich, ob die genannten Sicherheiten, die ja das geringere Einkommen rechtfertigen sollen, überhaupt bis zu meiner Pensionierung Bestand haben werden.

Erschwerend kommt die mangelnde Flexibilität durch den Vorlesungsbetrieb hinzu, die mich – insbesondere mit drei kleinen Kindern und einer gewissen Pendeldistanz zur Hochschule – stark belastet. Ich möchte diesem Punkt nicht zu viel Gewicht geben, da es ja meine eigene Entscheidung ist, in dieser Distanz zu leben, dennoch ist die Organisation des Gleichgewichts zwischen Familie und Beruf deutlich schwieriger geworden als es bisher war. Und ja, derartige Verpflichtungen habe ich zwar in der vorlesungsfreien Zeit nicht, Urlaub habe ich (bis auf ca. 4 Wochen pro Jahr) aber hier auch nicht, da ich in dieser zeit Vorlesungen vorbereiten / überarbeiten muss, Abschlussarbeiten betreuen darf etc.

Was mich jedoch am meisten trifft, ist die fehlende Teamkultur. An unserer Fakultät agiert man so gut wie gar nicht als Team. Natürlich war mir im Vorfeld klar, dass man Vorlesungen allein vorbereitet und hält, dennoch habe ich mich in meinem gesamten Berufsleben noch nie so einsam gefühlt wie jetzt.

Die Studierenden suchen zwar durchaus den Kontakt, aber ihre Lebensrealität unterscheidet sich naturgemäß stark von meiner eigenen. Zuvor habe ich in einem sehr inspirierenden Umfeld mit vielen promovierten Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen gearbeitet. Ich erinnere mich an die guten, inspirierenden Gespräche beim Mittagessen, genau diese Inspiration fehlt mir heute sehr bzw. habe den Eindruck, nicht wirklich neuen Input (egal aus welcher Richtung) zu bekommen.

Diese Einsamkeit wird zusätzlich überlagert von teils absurden internen Strukturen. Ein Beispiel: Bei uns ist es üblich, dass Einladungen zu Gremienterminen nicht als Outlook-Termine verschickt werden, sondern als einfache E-Mails mit Ort und Zeitangabe (dies aber wohlgemerkt mit Outlook 😉).
Ich hatte unseren Dekan einmal gefragt, warum er die Einladungen nicht direkt als Outlook-Termine verschickt oder diese seinen Einladungen nicht als ics-Dateien beifügt und ihm sogar angeboten, bei der technischen Umsetzung zu helfen. Seine Antwort: Man habe das in der Vergangenheit einmal(!) umgesetzt, damit aber damals „Sturm der Entrüstung“ provoziert, da dies von einige als übergriffig empfunden wurde.
Das Ergebnis: Rund 90 % der Empfänger übertragen die Termine nun manuell in ihren Kalender, und die übrigen 10 % lesen die Mails vermutlich gar nicht. Die dadurch entstehenden Mehrkosten durch den erhöhten Aufwand aller Personen interessieren indes niemanden, wir sind ja ohnehin alle da.
Wissenschaftsfreiheit klingt zunächst gut, wird bei uns an der Fakultät aber häufig als Begründung angeführt, warum man Dinge nicht vereinheitlichen / professionalisieren könne. Vermutlich stimmt das sogar, unser Dekan hat ja de facto keinerlei Weisungsbefugnis, dennoch empfinde ich die daraus entstehende Unprofessionalität als schwer erträglich.
Auf denselben Grund („Freiheit von Wissenschaft und Lehre“) wurde ich übrigens kurz nach meinem Amtsantritt verwiesen, als ich mich erkundigte, warum es an der Fakultät keine einheitlichen Vorgaben für E-Mail-Signaturen gibt.

Die Arbeitsbelastung empfinde ich insgesamt als deutlich höher als in meinem vorherigen Job. Gleichzeitig ist es nahezu unmöglich, sich den Pflichten der akademischen Selbstverwaltung wirklich zu entziehen. Natürlich kann man einer Sitzung fernbleiben, aber meist wird man im Nachgang um eine Stellungnahme gebeten, warum man nicht anwesend war.

Besonders speziell ist bei uns die Situation mit den sogenannten Forschungsprofessuren. Kolleginnen und Kollegen mit diesem Status erhalten eine reduzierte Lehrverpflichtung, um Zeit für Forschung zu haben, allerdings verbunden mit klaren Zielvorgaben wie Drittmitteleinwerbung oder Publikationen.
Ich habe mehrfach erlebt, wie sich genau diese Kollegen zusätzlich rechtfertigen müssen: einerseits gegenüber der Hochschulleitung hinsichtlich deren Zielerreichung (was nachvollziehbar ist), andererseits gegenüber nicht-forschenden Kollegen unserer Fakultät, weil man ihnen unterstellt, sich nicht ausreichend an der Selbstverwaltung zu beteiligen.
Ich habe mehrfach erlebt, wie diese Kolleginnen und Kollegen sehr(!) nachdrücklich gebeten wurden, bestimmte Ämter zu übernehmen, was sie dann widerwillig und unter Druck auch taten. Ich empfand diese Situationen als sehr unangenehm.

Auch das Thema Forschung insgesamt ist bei uns sehr speziell. Unser Dekan hat einmal in einer Fakultätsratssitzung ernsthaft erklärt, dass er Forschungsaktivitäten an der Fakultät in erster Linie als Problem(!) sehe, da die verbleibende Lehre ja von den nicht-forschenden Kolleginnen und Kollegen getragen werden müsse. Ich will diese Sichtweise gar nicht grundsätzlich kritisieren, ein Stück weit bzw. aus Sicht der Fakultät mag sie wohl ja auch ein Stück weit stimmen. Was mich aber stört, ist, dass mir im Berufungsprozess etwas ganz anderes vermittelt wurde. Von Seiten der Hochschulleitung wird die Wichtigkeit der Forschung (nach wie vor) betont, im Alltag wird das von Seiten der Fakultät bestenfalls toleriert, nicht jedoch unterstützt.

Ich war bisher nur an einer einzigen Hochschule Professor und kann daher nicht beurteilen, wie es anderswo ist. Für mich persönlich muss ich aber sagen: Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, hätte ich mich gegen die Professur entschieden.

Ich weiß nicht, ob mein Beitrag hier weiterhilft, aber ich wollte einfach meine Erfahrungen ergänzen und meine Sichtweise teilen. Ich werde die Diskussion jedenfalls weiterhin mit großem Interesse verfolgen.

Viele Grüße
mm42
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von mm42 »

Stud3nt hat geschrieben: 17.10.2025, 17:35 Die Arbeitsbelastung empfinde ich insgesamt als deutlich höher als in meinem vorherigen Job.
Ich bin erst seit gut zwei Jahren Prof. und finde die Arbeitsbelastung auch als deutlicher höher als in meinem vorherigen Job. Das liegt v.a. daran, dass ich Unterlagen für viele neue Vorlesungen erstellen muss. Eine Vorlesung zum n-ten Mal zu halten (n > 1), ist i.d.R. viel weniger Aufwand als sie zum ersten Mal zu halten. Ich habe deshalb die Hoffnung, dass im Lauf der Jahre die Arbeitsbelastung sinken wird. Wie man hört, gibt es eher theoretische Vorlesungen, für die man einmal stabile Vorlesungsunterlagen erstellt und diese dann mehrere Jahre nicht mehr ändern muss (sieht man z.B. an der Datumsinformation in den PDF-Metadaten von Foliensätzen). Solche Vorlesungen sind aber oft schon an die dienstälteren Kollegen vergeben ...
Stud3nt hat geschrieben: 17.10.2025, 17:35 Was mich jedoch am meisten trifft, ist die fehlende Teamkultur. An unserer Fakultät agiert man so gut wie gar nicht als Team.
Das kann ich bestätigen. In meinem alten Job hatte ich pro Tag mindestens eine Besprechung, jetzt habe ich eine Besprechung pro Monat. Bei mir wird die Situation der "Einsamkeit im Job" noch dadurch erschwert, dass ich zumindest noch derzeit räumlich getrennt von dem Rest meiner Fachkollegen sitze, und mein Zimmerkollege (andere Fachrichtung) seinen Büroplatz teilweise mehrere Wochen am Stück nicht benutzt (er kommt direkt von zu Hause in seine Lehrveranstaltung, und nach dieser geht er direkt wieder nach Hause; das geht natürlich vor allem dann, wenn man vor Ort wohnt, aber so wie man hört machen das viele Kollegen so).

Stud3nt hat geschrieben: 17.10.2025, 17:35 Das Thema Gehalt wurde hier ja bereits angesprochen. Auch bei mir ist es so, dass ich – rein auf das aktuelle Einkommen bezogen, also ohne spätere Pensionsansprüche zu berücksichtigen – finanziell deutlich schlechter gestellt bin als zuvor. Hinzu kommt, dass mich die aktuellen politischen Diskussionen (Abschaffung des Beamtentums, Überführung in gesetzliche Krankenversicherung oder Rentensystem etc.) verunsichern. Ich frage mich, ob die genannten Sicherheiten, die ja das geringere Einkommen rechtfertigen sollen, überhaupt bis zu meiner Pensionierung Bestand haben werden.
Ich bin kein Jurist, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass man im Falle der Abschaffung des Beamtenstatus für Professoren bereits auf Lebenszeit verbeamteten Professoren den Beamtenstatus nachträglich entziehen kann (außer bei strafrechtlicher Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr); verbietet das nicht die sog. Ämterstabilität?
mashdoc
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von mashdoc »

Was Änderungen am Beamtentum betrifft: ich halte es für ausgeschlossen, dass das bereits verbeamtete Personen betrifft.

Die Teamkultur betreffend: daran knabbere ich auch stark. Gemeinsame Mittagessen oder anregende Gespräche gibt es nahezu gar nicht mehr.
dns
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von dns »

Stud3nt hat geschrieben: 17.10.2025, 17:35 Ich bin in den vergangenen Monaten tatsächlich zu dem Schluss gekommen, dass ich die Entscheidung, den Ruf auf meine jetzige Professur anzunehmen, bereue. Das fällt mir nicht leicht auszusprechen und traue ich mich ehrlicherweise auch nur hier in diesem anonymen Rahmen. In meinem Umfeld gibt es derzeit viele Menschen, die angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation ganz andere Sorgen haben (Kurzarbeit, drohender Arbeitsplatzverlust, Immobilienkredit usw.). Gerade vor diesem Hintergrund weiß ich die finanzielle Sicherheit, die meine mir Professur bietet, sehr zu schätzen.
Auch ich (als relativ neuer Prof) hadere derzeit ein bisschen stärker. Allerdings bin ich auch alt genug und habe genügend Jobs hinter mir, dass ich das erstmal als vorübergehende Phase akzeptiere.

Im Moment ist mein größtes Problem ehrlich gesagt die Enttäuschung über unsere Studenten. Ich behaupte, dass gut zwei Drittel gar nichts an der Hochschule verloren haben. Die sind komplett desinteressiert und wollen nur ein billiges Zeugnis mit eindrucksvollem Studiengangstitel drauf. Lernen gilt als lästige Pflicht. Selbständiges Erarbeiten gilt als Zumutung, alles muss mundgerecht serviert werden, um dann gnädig konsumiert zu werden. Meine Reaktion darauf ist, dass ich in diesem Semester meine "Serviceorientierung" stark reduziert habe, statt wie bisher immer mehr entgegen zu kommen. Ich habe den Eindruck, dass man dafür eher bestraft wird. Außerdem sehe ich mich jetzt aktiver nach Wegen um, meine Lehre zu reduzieren. Nicht, weil ich Lehre nicht mag, aber ich muss auch auf meine Nerven achten und will mich nicht total aufreiben.

In Didaktikseminaren etc. wird immer suggeriert, wir als Profs müssten unsere Didaktik verbessern, damit die allesamt so wissbegierigen Studis besser gefördert werden - und wenn sie scheitern oder nicht motiviert sind, ist das irgendwie unsere Schuld. Ich denke heute: sie müssen wesentlich mehr gefordert werden. Und wenn sie scheitern, müssen sie sich selber an der Nase nehmen. Ihr seid volljährig, ihr müsst die Konsequenzen eurer Entscheidungen selber ausbaden. Fördern? Ja gern, aber ausnutzen lasse ich mich nicht.

Wir haben jede Menge Bewerber und sieben bei der Zulassung sogar stark aus, d.h. wir sollten eigentlich "bessere" Studis bekommen. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie es in Studiengängen mit Mangel an Bewerbern aussieht. Oder an Privathochschulen, wo die Haltung "ich bin zahlender Kunde" wohl besonders ausgeprägt ist.
Das Thema Gehalt wurde hier ja bereits angesprochen. Auch bei mir ist es so, dass ich – rein auf das aktuelle Einkommen bezogen, also ohne spätere Pensionsansprüche zu berücksichtigen – finanziell deutlich schlechter gestellt bin als zuvor.
Geht mir genauso, war aber eine bewusste Entscheidung die vorher bekannt war. Natürlich ist es dann, wenn man es wirklich erlebt, doch ein bisschen was anderes.
Was mich jedoch am meisten trifft, ist die fehlende Teamkultur. An unserer Fakultät agiert man so gut wie gar nicht als Team. Natürlich war mir im Vorfeld klar, dass man Vorlesungen allein vorbereitet und hält, dennoch habe ich mich in meinem gesamten Berufsleben noch nie so einsam gefühlt wie jetzt. (...) Ich war bisher nur an einer einzigen Hochschule Professor und kann daher nicht beurteilen, wie es anderswo ist. Für mich persönlich muss ich aber sagen: Hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, hätte ich mich gegen die Professur entschieden.
Das ist eine Sache, die man Neuberufenen bzw. Bewerbern gar nicht klar genug sagen kann: es kommt extrem auf die jeweilige Fakultät und Hochschule an, wie das läuft! Ich bin z.B. in einem kleinen Team von fachnahen Profs, in dem wir uns gut verstehen. Zwar ist man doch oft solo unterwegs, aber wir stimmen uns sehr gut ab und versuchen auch, öfters simple Dinge wie gemeinsames Mittagessen einzuplanen. Das hilft dann auch, gemeinsam die absurderen Seiten der Hochschulbürokratie zu bewältigen, denn die ist mitunter wirklich frustrierend. Wenn ich mir anhöre, wie es in unseren Nachbarfakultäten zugeht, hatte ich wohl Glück.

Was die soziale Seite betrifft muss man generell selber aktiver sein als im Unternehmensumfeld, wo das sozusagen automatisch kommt. Jeder jammert über zuviele Meetings, aber an der Hochschule ist es das andere Extrem - man muss sich die Meetings sogar erzwingen :-)

Finde solche Diskussionen wirklich wertvoll. Ich habe gerade über die weniger rosigen Dinge an der Professur viel zu wenig gefunden, als ich erstmals eine Bewerbung überlegt hatte. Ich bin immer noch nicht so weit, dass ich wieder ins vorige Leben zurück will, mit extremem beruflichem Druck der praktisch nie aufhörte. Aber eine realistische Einschätzung hilft doch.
mashdoc
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von mashdoc »

dns hat geschrieben: 20.10.2025, 10:17
Meine Reaktion darauf ist, dass ich in diesem Semester meine "Serviceorientierung" stark reduziert habe, statt wie bisher immer mehr entgegen zu kommen. I
Interessant. Ich habe exakt die gleichen Erfahrungen gemacht und auch so gehandelt. Serviceorientierung reduziert und den Stoff sogar noch etwas anspruchsvoller gemacht.
dns hat geschrieben: 20.10.2025, 10:17 In Didaktikseminaren etc. wird immer suggeriert, wir als Profs müssten unsere Didaktik verbessern, damit die allesamt so wissbegierigen Studis besser gefördert werden - und wenn sie scheitern oder nicht motiviert sind, ist das irgendwie unsere Schuld. Ich denke heute: sie müssen wesentlich mehr gefordert werden. Und wenn sie scheitern, müssen sie sich selber an der Nase nehmen. Ihr seid volljährig, ihr müsst die Konsequenzen eurer Entscheidungen selber ausbaden. Fördern? Ja gern, aber ausnutzen lasse ich mich nicht.
Exakt.
Stud3nt
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von Stud3nt »

Vielen Dank für eure Rückmeldungen bzw. eure Kommentare! Auch wenn es blöd klingt: Ihr wisst gar nicht wie gut es tut zu lesen, dass es Menschen gibt, denen es scheinbar ähnlich geht und nicht (nur) ich der "Systemfehler" bin. Umso mehr freue ich mich für alle Kolleginnen und Kollegen, die scheinbar bessere Erfahrungen gemacht haben!
Auch ich (als relativ neuer Prof) hadere derzeit ein bisschen stärker. Allerdings bin ich auch alt genug und habe genügend Jobs hinter mir, dass ich das erstmal als vorübergehende Phase akzeptiere.
So sehe ich es auch, wie ursprünglich geschrieben würde ich aufgrund der jetzigen, hoffentlich dann doch temporären Situation nicht um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis bitten. Aber - wie ebenfalls bereits geschrieben - würde ich meine Entscheidung pro Professur so definitiv nicht mehr treffen. Ich weiß nicht wie es bei Dir / euch ist, aber in meinem bisherigen beruflichen Leben gab es durchaus schon schwierigere Phasen. Im Gegenzug zur Professur wusste ich damals aber immer: Wenn mir mein Job wirklich überhaupt keinen Spaß mehr macht, kann ich diesen immer noch kündigen und mir etwas anderes suchen. Im Falle der Professur (gerade auch vor dem Hintergrund einer langwierigen Suche nach selbiger) fühlt es sich für mich im Augenblick jedoch sehr "endgültig" an. Natürlich kann kann theoretisch ich auch noch einmal die Professur wechseln (dies ist tatsächlich auch etwas, worüber ich im Augenblick ernsthafter nachdenke), allerdings befürchte ich, dass es an anderen Hochschulen ähnlich zugehen wird (insbesondere nach den hier geschilderten, sehr aufschlussreichen Berichten).
Geht mir genauso, war aber eine bewusste Entscheidung die vorher bekannt war. Natürlich ist es dann, wenn man es wirklich erlebt, doch ein bisschen was anderes.
Der zweite Satz Deiner Aussage trifft es m. M. n. auf den Kopf, und zwar in allen Belangen. Das mit dem Geld finde ich tatsächlich auch am wenigsten schlimm, da man all das eben vorher schon wusste. Abseits des (bekannten) Gehalts war mir vieles andere aber leider überhaupt nicht bewusst. Ich frage mich oft, ob das einfach meine Schuld ist, ich einfach zu blauäugig war und manches während des Berufungsverfahren viel besser hätte herausfinden müssen. Inzwischen denke ich jedoch fast, dass wenigstens mir das schwer bis unmöglich gefallen wäre, da manches in der Realität einfach derartige Blüten treibt wofür mir vorher schlichtweg die Phantasie gefehlt hätte (geschweige denn, so etwas dann offen anzusprechen). Hinzu kommt, dass man über einzelnen Geschichten für sich betrachtet vielleicht sogar schmunzeln kann, in Summe das Mosaik für mich aber schwer zu ertragen ist.
Finde solche Diskussionen wirklich wertvoll. Ich habe gerade über die weniger rosigen Dinge an der Professur viel zu wenig gefunden, als ich erstmals eine Bewerbung überlegt hatte. Ich bin immer noch nicht so weit, dass ich wieder ins vorige Leben zurück will, mit extremem beruflichem Druck der praktisch nie aufhörte. Aber eine realistische Einschätzung hilft doch.
Auch hier volle Zustimmung. Ich weiß immer noch nicht so recht, wieso ich mich im Vorfeld einer Bewerbung nie in dem Maße mit (möglichen) Schattenseiten einer Professur auseinandergesetzt habe. Wenigstens für mich hat es sich damals tatsächlich wie das große Los angefühlt (eine unbefristete Stelle in der Wissenschaft / Forschung!), kombiniert mit dem Wissen, dass ein solches Angebot vielen verwehrt bleibt. Vor diesem Hintergrund habe ich mir selbst leider kein differenziertes Bild gemacht (bzw. machen können, siehe oben).
Im Moment ist mein größtes Problem ehrlich gesagt die Enttäuschung über unsere Studenten. Ich behaupte, dass gut zwei Drittel gar nichts an der Hochschule verloren haben.
Siehe hierzu - falls nicht ohnehin bekannt die andere große (und ebenfalls sehr spannende) Diskussion , auch hier habe ich bereits ein paar (erschütternde) Beobachtungen notiert (und auch lesen müssen).
lordsnyder
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von lordsnyder »

Hallo,

in dem Zusammenhang kann ich vieles bestätigen, da ich auch mehr als eine Fachhochschule mittlerweile von "innen" kenne:

1. Wie eine Fakultät tickt, wirst Du nie aus der Bewerbungsphase heraus erfahren. Ohne einen Kollegen bzw. Kollegin, die Du vielleicht kennst, hast Du keine Chance auf einen Einblick. Auch wenn man überlegt, die Hochschule zu wechseln, sollte man gut überlegen, ob man damit besser fährt.

2. Die Einsamkeit: Ja, über zuviele Meetings würde ich mich auch nicht beschweren. Der Kontakt ist schon etwas schwieriger. Es ist eben kein vorgegebenes Unternehmenskorsett, wo ich (zwangsläufig) mit anderen zusammenarbeite. Ich habe hier z.B. Kollegen, die ich innerhalb eines Semester nicht einmal gesehen habe.

3. Auswege: Allerdings kann ich nur raten, selbst die Initiative z.B. zum gemeinsamen Mittagessen zu ergreifen. Man ist doch erstaunt, wie andere einen solchen Vorschlag positiv aufgreifen. Glaub mir, denen geht es nicht anders. Vieles ist auch noch im Corona-Blues hängengeblieben. Und meistens reicht es ja auch, wenn zwei-drei andere Kollegen sich beteiligen. Und man sollte sich auch nicht zu schade sein, mit dem technischen Personal Kontakt aufzunehmen. Labor-Ings können einem sehr oft viel über die Interna von Fakultäten erzählen. ;)
Die andere Strategie ist, gemeinsame Projekte oder Themen zu bearbeiten: Eine immer mal wieder anstehende (Re-)akkreditierung ist auch immer gut, zu anderen Kollegen Kontakt zu knüpfen. Wenn man da einmal mitmacht, sollte der Dank gerade der älteren Kollegen einem sicher sein. Meistens ergeben sich dabei auch neue Ideen für Projekte und Veranstaltungen, oft auch Dinge, die gemeinsam dann gehalten werden und den Deputatsaufwand für alle reduziert.

4. Studierende: Ja, die Serviceorientierung habe ich auch reduziert. Es hilft enorm, mal vorzurechnen, wieviele ECTS Präsenz und eigentlich Selbststudium sind. Bei 5 ECTS und 150 Stunden sind mit Vorlesung/Übung die Präsenz meistens max. 56 Stunden bei 14 Wochen. Ich denke, da sind viele Didaktik-Workshops auch auf dem falschen Dampfer. Die heutige Generation denkt, wir wären "reales Youtube" und reines Konsumieren befähigt sie bereits.

5. Beamtentum: Ich denke, die Drohgespinste mit gesetzlicher Rentenversicherung ist nur populistisches Gequake, damit vermeintliche Gerechtigkeit hergestellt wird und sich einige Parteien profilieren können.
Ich frage immer, wer am Ende dann bitte die höheren Sozialabgaben bezahlt? Ach ja, wieder der Steuerzahler. Im Grunde kostet es am Ende nur alle unnötiges Geld. Ich glaube kaum, dass das kommt.

Das jedenfalls meine Eindrücke.
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