Vorbereitung Disputation
Verfasst: 19.03.2025, 18:46
Hallo zusammen,
ich habe letztes Jahr meine berufsbegleitende Dissertation abgegeben und in knapp drei Wochen wird meine Verteidigung stattfinden.
Darauf bereite ich mich jetzt vor.
Da ich als externer Doktorand promoviert habe, bin ich mit den Geflogenheiten am Institut wenig vertraut und habe auch ein recht distanziertes Verhältnis zu meinem Betreuer (und zu Zweitgutachter, Mitglieder der Promotionskommission erst recht).
Ich habe die beiden Gutachten vor zwei Wochen erhalten und habe mich mit der Kritik inzwischen auseinandergesetzt.
Grob kann man sagen: Die konzeptionelle Idee ist echt ganz gut gewesen, aber ich habe in der methodischen Umsetzung eine Reihe von Anfängerfehlern gemacht, die sich aufsummieren, so dass meine Ergebnisse berechtig in Frage gestellt werden. Es ist ein bisschen traurig, weil ich bei mehr Engagement / kritischer Begleitung durch den Betreuer viel verwertbarere Ergebnisse gehabt hätte, aber so ist es halt.
Ich überlege jetzt wie ich strategisch klug in die Disputation gehen kann:
- Erstmal betonen, dass die Stärke der Arbeit in der Konzeption zu sehen ist
- Entsprechend würde ich die Empirie als innovativen Versuch framen, eine anspruchsvolle theoretische Konzeption erstmals empirisch umzusetzen
- Dann würde ich Einräumen, dass ich im Prozess ärgerliche Anfängerfehler gemacht habe, dass aber trotz aller Ungenauigkeiten der Messung, der Ansatz weiterhin plausibel erscheint.
Soweit so gut.
Ich glaube die große Frage ist, wie weit ich mich aus dem Fenster lehnen will: Ich könnte einfach hingehen und erstmal meine Ergebnisse so präsentieren, wie ich es in der Dissertation gemacht habe. Dann können die Mitglieder der Promotionskommission ihre Kritik wiederholen und ich kann dazu etwas sagen. Mir erscheint das etwas redundant, aber vielleicht sollte man es so machen?
Alternativ könnte ich auch direkt die zentralen Punkte aufgreifen und skizzieren, was sich trotzdem noch rausholen lässt. Allerdings bin ich mir unsicher, ob ich in der verbleibenden Zeit durch neue Berechnungen wirklich noch etwas sinnvolles auf die Beine bekommen würde.
Ich habe heute mal die zentralen Stellen nachgerechnet und es ist leider wirklich so, dass einige Messungen statistisch unzuverlässig sind, was mit der Erhebung selbst zusammenhängt. Das heißt ich müsste den Model Scope verändern, und das ist wiederum theoretisch fragwürdig.
Daher tendiere ich dazu ganz stumpf in die Disputation reinzugehen, darauf zu verweisen dass trotz der Messungen Effekte stark genug erscheinen um Hinweise zu geben, die Fehler einzuräumen, um diese dann vor Veröffentlichung nachträglich in die Diskussion einzubauen.
Die Note ist mit "cum laude" typisch für externe Promovierende in meinem Fachbereich/Institut, es ist ein bisschen schade, aber umständehalber auch nicht peinlich. Rein formal kann sich an der Note durch die Disputation nach unten nichts ändern (außer durchfallen). Und ich bin mir nicht sicher, ob es möglich wäre mit einer "summa" in der Verteidigung tatsächlich noch auf eine Magna zu kommen (ich weiß auch nicht, welche Kriterien für eine Summa in der Disputation gelten, für die Benotung der Dissertation ist es bei uns sehr streng, da muss die Benotung muss einstimmig sein und ohne Nachbesserungsvorschläge).
Ich denke daher im Prinzip geht es jetzt hauptsächlich darum, mündlich solide vorzutragen und nicht die Nerven zu verlieren, wenn sie mich in die Mangel nehmen. Das heißt ich kann bloß versuchen ein bisschen zu steuern, welche Form von "in die Mangel nehmen" es wird.
Was denkt ihr über die Gratwanderung Kritik aus den Gutachten direkt adressieren vs. nicht aktiv thematisiere und dann redundant behandeln? Vielleicht gibt es hier ja Menschen, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten und mehr Erfahrung haben mit dem Format "Disputation".
Habt ihr schon mal gehört von einem Fall, wo die Disputation zur besseren Note geführt hat?
Würdet ihr nochmal Kontakt aufnehmen mit dem Betreuer vorher? Ist sowas üblich? Ich habe einfach keine Ahnung, wie andere das machen, die ein engere Verhältnis zum Betreuer / zur Betreuerin haben.
Grüße euch!
ich habe letztes Jahr meine berufsbegleitende Dissertation abgegeben und in knapp drei Wochen wird meine Verteidigung stattfinden.
Darauf bereite ich mich jetzt vor.
Da ich als externer Doktorand promoviert habe, bin ich mit den Geflogenheiten am Institut wenig vertraut und habe auch ein recht distanziertes Verhältnis zu meinem Betreuer (und zu Zweitgutachter, Mitglieder der Promotionskommission erst recht).
Ich habe die beiden Gutachten vor zwei Wochen erhalten und habe mich mit der Kritik inzwischen auseinandergesetzt.
Grob kann man sagen: Die konzeptionelle Idee ist echt ganz gut gewesen, aber ich habe in der methodischen Umsetzung eine Reihe von Anfängerfehlern gemacht, die sich aufsummieren, so dass meine Ergebnisse berechtig in Frage gestellt werden. Es ist ein bisschen traurig, weil ich bei mehr Engagement / kritischer Begleitung durch den Betreuer viel verwertbarere Ergebnisse gehabt hätte, aber so ist es halt.
Ich überlege jetzt wie ich strategisch klug in die Disputation gehen kann:
- Erstmal betonen, dass die Stärke der Arbeit in der Konzeption zu sehen ist
- Entsprechend würde ich die Empirie als innovativen Versuch framen, eine anspruchsvolle theoretische Konzeption erstmals empirisch umzusetzen
- Dann würde ich Einräumen, dass ich im Prozess ärgerliche Anfängerfehler gemacht habe, dass aber trotz aller Ungenauigkeiten der Messung, der Ansatz weiterhin plausibel erscheint.
Soweit so gut.
Ich glaube die große Frage ist, wie weit ich mich aus dem Fenster lehnen will: Ich könnte einfach hingehen und erstmal meine Ergebnisse so präsentieren, wie ich es in der Dissertation gemacht habe. Dann können die Mitglieder der Promotionskommission ihre Kritik wiederholen und ich kann dazu etwas sagen. Mir erscheint das etwas redundant, aber vielleicht sollte man es so machen?
Alternativ könnte ich auch direkt die zentralen Punkte aufgreifen und skizzieren, was sich trotzdem noch rausholen lässt. Allerdings bin ich mir unsicher, ob ich in der verbleibenden Zeit durch neue Berechnungen wirklich noch etwas sinnvolles auf die Beine bekommen würde.
Ich habe heute mal die zentralen Stellen nachgerechnet und es ist leider wirklich so, dass einige Messungen statistisch unzuverlässig sind, was mit der Erhebung selbst zusammenhängt. Das heißt ich müsste den Model Scope verändern, und das ist wiederum theoretisch fragwürdig.
Daher tendiere ich dazu ganz stumpf in die Disputation reinzugehen, darauf zu verweisen dass trotz der Messungen Effekte stark genug erscheinen um Hinweise zu geben, die Fehler einzuräumen, um diese dann vor Veröffentlichung nachträglich in die Diskussion einzubauen.
Die Note ist mit "cum laude" typisch für externe Promovierende in meinem Fachbereich/Institut, es ist ein bisschen schade, aber umständehalber auch nicht peinlich. Rein formal kann sich an der Note durch die Disputation nach unten nichts ändern (außer durchfallen). Und ich bin mir nicht sicher, ob es möglich wäre mit einer "summa" in der Verteidigung tatsächlich noch auf eine Magna zu kommen (ich weiß auch nicht, welche Kriterien für eine Summa in der Disputation gelten, für die Benotung der Dissertation ist es bei uns sehr streng, da muss die Benotung muss einstimmig sein und ohne Nachbesserungsvorschläge).
Ich denke daher im Prinzip geht es jetzt hauptsächlich darum, mündlich solide vorzutragen und nicht die Nerven zu verlieren, wenn sie mich in die Mangel nehmen. Das heißt ich kann bloß versuchen ein bisschen zu steuern, welche Form von "in die Mangel nehmen" es wird.
Was denkt ihr über die Gratwanderung Kritik aus den Gutachten direkt adressieren vs. nicht aktiv thematisiere und dann redundant behandeln? Vielleicht gibt es hier ja Menschen, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten und mehr Erfahrung haben mit dem Format "Disputation".
Habt ihr schon mal gehört von einem Fall, wo die Disputation zur besseren Note geführt hat?
Würdet ihr nochmal Kontakt aufnehmen mit dem Betreuer vorher? Ist sowas üblich? Ich habe einfach keine Ahnung, wie andere das machen, die ein engere Verhältnis zum Betreuer / zur Betreuerin haben.
Grüße euch!