Semesterferien vs Schulferien (NRW

Fragen und Antworten rund um die FH-Professur
DocOc
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Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von DocOc »

Moin zusammen,
bei mir könnte es eventuell mit einer Professur klappen. Über den sehr langen und äußerst chaotischen Berufungsprozess sind mir zuletzt aber doch immer mehr Zweifel gekommen, ob ich nicht doch besser in der freien Wirtschaft bleiben soll. Ein kritisches Thema sind die Semesterferien und die mangelnde Überschneidung mit den Schulferien. Meine Kinder sind zwar noch klein, aber in ein paar Jahren könnte das zu einem Problem werden. Wie sind Eure Erfahrungen bei dem Thema?
Danke
Jucy23
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von Jucy23 »

Bei mir (auch NRW) sind eigentlich „nur“ die Herbstferien problematisch. An Ostern und zu Beginn der Sommerferien liegen bei uns meistens Blockwochen, so dass man sich entscheiden kann, ob man hier etwas anbietet oder nicht. Das ist aber natürlich von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich.

Sehr viel problematischer ist es bei Kolleg*innen, bei denen sich Wohnort/Familienwohnsitz in einem Bundesland befinden. Das würde ich möglichst vermeiden.
johndoe
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von johndoe »

Bei uns gibt es zusätzlich zu den Feiertagen weitere vorlesungsfreie Tage. Das ermöglicht es, zumindest mal für 4-6 Tage wegzufahren. Je nach Stundenplan ggf auch länger.

Ich denke aber, das ist eine sehr individuelle Problemstellung. Jede Familie hat hier andere Standards. Ich kann zumindest bestätigen, dass Urlaub nicht unmöglich ist trotz abweichender Ferienzeiten. Aber 2 Wochen Flugreise über Ostern ist eher nicht drin.
BieneSumSum
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von BieneSumSum »

Ich habe 2 schulpflichtige Kinder und bei uns in NDS ist das Thema Semesterferien vs Schulferien tatsächlich hoch problematisch. In diesem Jahr überschneiden sich nur 2/3 der Sommerferien und 1 Woche der Weihnachtsferien mit den Semesterferien. Das ist richtig blöd, da wir in der Regel nicht im Sommer verreisen wollen und Weihnachten auch eher zu Hause verbringen. Heißt: Dieses Jahr ist kein Urlaub drin, weil es zeitlich einfach nicht passt.

Das war wesentlich einfacher, als ich noch in der Industrie gearbeitet habe. Glücklicherweise habe ich nur eine Vertretungsprofessur angenommen und werde auch davon Abstand nehmen, mich auf FH-Professuren zu bewerben, da mir dieses enge Ferienkorsett auf Dauer nicht gefällt. Ist aber eher Ansichtssache und sicherlich davon abhängig, wie wichtig Dir die Urlaubsplanung ist.
donkeydoeshisphd
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von donkeydoeshisphd »

DocOc hat geschrieben: ↑18.03.2024, 10:48 Moin zusammen,
bei mir könnte es eventuell mit einer Professur klappen. Über den sehr langen und äußerst chaotischen Berufungsprozess sind mir zuletzt aber doch immer mehr Zweifel gekommen, ob ich nicht doch besser in der freien Wirtschaft bleiben soll. Ein kritisches Thema sind die Semesterferien und die mangelnde Überschneidung mit den Schulferien. Meine Kinder sind zwar noch klein, aber in ein paar Jahren könnte das zu einem Problem werden. Wie sind Eure Erfahrungen bei dem Thema?
Danke
Meine Kinder sind noch zu klein - aaaber:
- Du kannst Online-Veranstaltungen in einem gewissen Rahmen anbieten (habe auch schon aus dem Hotel heraus gestreamt),
- Du kannst mit nem Kollegen mal tauschen (er übernimmt mal deine Veranstaltung, du machst das bei ihm),
- Du kannst bei Forschungsprojekten/Tätigkeiten in der Selbstverwaltung Deputatsreduktion bekommen, Drittmittel ermöglichen teilweise auch, dass man sich eine Vertretung einwirbt.
- Du kannst mit Studis ausmachen, dass ein Termin mal dezentral ist, weil du da nen Arbeitsauftrag ausgibst (kannst auch noch ein Video von dir aufnehmen und zur Verfügung stellen o.Ä.) und z.B. der darauf folgende zu einem späteren Termin mal online stattfindet. Gerade in kleineren Studiengängen bzw. im Master hat man ja oft nen engen Draht zu den Studierenden.
- An einigen Hochschulen kann man in den SWS ins Plus gehen (bei uns sind das so 4-5), die man dann später abbauen kann - muss man halt im Kollegenkreis ausmachen, wer wann wie viel Lehre macht, meist ist die Zahl der fachlich deckungsgleichen Kollegen ja sehr überschaubar. Ich mache zum Beispiel im Winter mehr Lehre als im Sommer, komme übers Jahr verteilt aber trotzdem auf mein Deputat.
- Wenn du in der EU international aktiv sein solltest: ERASMUS+ ermöglicht es, dass du über ein oder mehrere Wochen hinweg einen bestimmten Umfang im Ausland unterrichtest und dafür dann ein Kollege/eine Kollegin bei dir an der HS unterrichtet - kann man auch klug timen, denn je nach Land/Hochschule sind die Semesterzeiten anders. Wo auch immer du in NRW bist - Belgien oder die NL sind evtl. sehr in der Nähe. Internationaler Austausch wird durchaus auch geschätzt.

Im Vergleich zur Industrie schätze ich sehr, dass ich auch früher zuhause sein kann und die Welt nicht untergeht, wenn ich mal was nicht pünktlich zum Ende einer Deadline fertig habe. Weiterhin können wir als Beamte auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ruhig schlafen. Insgesamt finde ich die Professur schon extrem familienfreundlich aus diesen Gründen - vielmehr als ein zwar gutbezahlter aber auch sehr fordernder Job als Führungskraft in der freien Wirtschaft.
Zuletzt geändert von donkeydoeshisphd am 21.03.2024, 09:42, insgesamt 6-mal geändert.
neuling2018
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von neuling2018 »

Wow, für mich war die Professur bisher immer ein Traum von Flexibilität / Work Life Balance und Verfügbarkeit für die Familie. Scheint aber so, dass man ja NOCH eingeschränkter ist als in der Industrie? Ich hatte erwartet die Sommerferien und Winterferien immer parallel zur Familie frei zu haben..
BieneSumSum
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von BieneSumSum »

neuling2018 hat geschrieben: ↑31.03.2024, 21:35 Wow, für mich war die Professur bisher immer ein Traum von Flexibilität / Work Life Balance und Verfügbarkeit für die Familie.
Für mich auch. Umso froher bin ich, dass ich mich höchstpersönlich vom Gegenteil überzeugen konnte. Bis auf den Punkt Arbeitsplatzsicherheit und die verhältnismäßig hohen Pensionsansprüche sehe ich keine Vorteile einer FH-Professur gegenüber einer Stelle in der Privatwirtschaft, wobei ich da nur aus eigener Erfahrung berichten kann. Hängt natürlich auch sehr stark davon ab, aus welcher Position man kommt.

Ich hatte eine Leitungsposition im mittleren Management mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung über meine Aufgaben, Termine, Projekte und Urlaub. Natürlich steht man da zeitweise unter Druck, es ist aber aus meiner Sicht ein Irrglaube, dass es auf einer FH-Professur völlig druckfrei und selbstbestimmt zugeht.

Ganz im Gegenteil, ich empfinde den Grad an Fremdbestimmung auf der FH-Professur als wesentlich höher als in meiner damaligen Position in der Privatwirtschaft. Eng getaktete Vorlesungs-, Termin- und Prüfungspläne, auf die man nur bedingt Einfluss hat, ständig irgendwelche Sitzungen, bei denen eine Teilnahme erwartet wird, ständig Anfragen von Studis, die kurzfristig beantwortet werden müssen, Semesterferien, die nicht zu den Schulferien passen, etc. Online-VL sind bei uns nur in absoluten Ausnahmefällen erlaubt und mal eben so Vorlesungen zu verschieben (um bspw. heimlich mit der Familie in den Urlaub zu fahren), geht auch nicht so ohne Weiteres.

Was die Work-Life-Balance betrifft, ist es ebenfalls ein Irrglaube, dass man eine FH-Professur perspektivisch locker flockig mit einer 30-40 Std. Woche hinbekommt. Ich habe jetzt das erste Jahr hinter mir und kann eher von 70-80 Stunden-Wochen berichten. Habe quasi die Wochenenden, Feiertage und Semesterferien ununterbrochen durchgearbeitet, um mein Pensum zu schaffen.

Ja, es sind „nur“ 18 SWS die man leisten muss, aber diese 18 SWS müssen in der Anfangszeit neu konzipiert, entwickelt, vorbereitet und nachbereitet werden. Natürlich sinkt der Aufwand im Laufe der Zeit. Mit einem gewissen Anspruch an sich selbst kann man m.E. eine FH-Professur aber kaum mit einer Wochenarbeitszeit von unter 50 Std. bewerkstelligen, insbesondere dann nicht, wenn man noch Forschungsambitionen hat.

Das einzige, was mir inhaltlich an der FH-Professur tatsächlich gefällt, ist der Freiheitsgrad hinsichtlich der Lehrinhalte. Solange man sich innerhalb der Modulbeschreibung bewegt, kann man lehren was man will. Dasselbe gilt auch für die Forschungsschwerpunkte: völlige Narrenfreiheit.

Die W2-Besoldung ist im Vergleich zur Privatwirtschaft ok, aber nicht besonders vorteilhaft. Habe in der Industrie mehr verdient.

Mein persönliches Fazit: Eine FH-Professur ist ein inhaltlich reizvoller, aber mäßig vergüteter Job mit ebenso mäßiger Work-Life-Balance. Das ist aber nur meine eigene Meinung.
neuling2018
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von neuling2018 »

BieneSumSum hat geschrieben: ↑01.04.2024, 13:10 ...
Mein persönliches Fazit: Eine FH-Professur ist ein inhaltlich reizvoller, aber mäßig vergüteter Job mit ebenso mäßiger Work-Life-Balance. Das ist aber nur meine eigene Meinung.
Danke für diese ehrlichen Worte!! Finde ich persönlich sehr hilfreich, denn oft wird die FH Professur stilisiert zum gelobten Land/Job. Und vielleicht war sie diese auch in der "alten" Welt, wo (insb) Männer sich nur um Beruf gekümmert haben, keinerlei Aufgaben im Haushalt / Kindererziehung übernommen haben und den Tag frei gestalten konnten. Zudem war das Einkommen einer Person (W / C Professoren) sicherlich sehr üppig, sodass die ganze Familie auf den Professorvater (oder mutter) ausgerichtet sein konnte.

Ich nehme es auch so wahr, dass der Alltag heutzutage aber mehr Vorgaben setzt, wie Betreuungszeiten im Kindergarten, Schulferien, die Verfügbarkeit von Urlaubszeiten des Lebenspartners der nun auch arbeitet, ggf. pflegebedürftige Familie ... sodass eine FH Professur unter Umständen gar nicht mehr sooo viele Vorteile bietet außer "Ich kann inhaltlich frei machen was ich will".

Danke, nochmals für die ehrliche persönliche Sicht. Ist hoffentlich für viele interessant und regt die Gedanken an.
johndoe
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von johndoe »

Es ist sicher richtig, dass gerade die Corona-Zeit mit Home-Office viele Berufe in der Privatwirtschaft dahingehend verbessert hat, dass persönliche Freiheiten heute mehr Raum erhalten. Also das würde ich gar nicht mehr als wesentliches Argument sehen.

Also ist es wie üblich eine sehr individuelle Entscheidung. Wer maximale organisatorische Freiheit sucht, ist womöglich außerhalb der Hochschule besser aufgehoben.

Nichtsdestotrotz kann ich dir Ausführungen von Biene nicht in diesem Maße bestätigen. Ich habe Einfluss auf die Stundenplanung, ich definiere letztlich was in meiner Modulbeschreibung steht, ich muss nicht bei jedem Termin dabei sein und antworte auf Mails, wann es mir passt...

Und man kann es nicht oft genug sagen: es sind einfach grundverschiedene Jobs. Ausschlaggebend ist der Spaß am Unterrichten. Ohne den wird es wahrscheinlich ein frustrierender Alltag.
mashdoc
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Re: Semesterferien vs Schulferien (NRW

Beitrag von mashdoc »

Sorry, die obige Echo-Kammer zu sprengen. Aber davon zu sprechen, dass in der Industrie mehr Freiraum herrsche als bei W2, hat mit der Realität nichts zu tun. Zumindest wenn ich es mit meinen 15 Jahren in klassischen deutschen Firmen vergleiche.
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