Betreuung vom Doktorvater?

... und die Fragen, die sich davor und dabei ergeben.
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Chester
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Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Chester »

Hallo,

ich höre sehr oft, dass die Betreuug vom Doktorvater / von der Doktormutter in bestimmten Fällen gar nicht vorhanden seien.
Welche Aufgabe hat der Doktorvater denn grundsätzlich dann?
Ist man denn wirklich komplett allein gelassen bei seiner Dissertation, wenn man Pech hat?
Florina
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Florina »

Hi,
an vielen Unis gibt es mitlerweile Betreuungsvereinbarungen, in denen der Mindestaufwand geregelt ist bspw. ein Betreuungsgespräch pro Jahr. Das ist die formale Seite.
Die Betreuung wird überall anders geregelt. Es gibt an Lehrstühlen manchmal wöchentliche oder monatliche Treffs, in denen der aktuelle Stand der Forschung vorgestellt und diskutiert wird. Da sitzt eventuell DV/DM dabei. Dann gibt es persönliche Einzelgespräche und Gespräche mit Kolleg:innen, die viel weiter helfen. Entscheidungen muss man irgendwann wahrscheinlich immer allein treffen, weil man so tief wie niemand sonst im Thema drin steckt.

Es gibt aber auch die DM/DV, die das machen, aber eigentlich nicht betreuen wollen, warum auch immer. Am besten schützt man sich davor, wenn man mit den Mitarbeiter:innen spricht und einfach mal nach dem Alltag fragt.

Frag mal im Graduiertenkolleg an einer x-beliebigen Uni nach Formen des Promovierens oder geh zu einer Info-Veranstaltung. Die Informationsseiten dieses Forums sind auch gut für einen Überblick.
Man muß daran glauben, für eine bestimmte Sache begabt zu sein, und diese Sache muß man erreichen, koste es, was es wolle. - Marie Curie
johndoe
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von johndoe »

Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 08:25 Hallo,

ich höre sehr oft, dass die Betreuug vom Doktorvater / von der Doktormutter in bestimmten Fällen gar nicht vorhanden seien.
Welche Aufgabe hat der Doktorvater denn grundsätzlich dann?
Ist man denn wirklich komplett allein gelassen bei seiner Dissertation, wenn man Pech hat?
Ich denke, der Begriff Betreuung ist sehr dehnbar. Aber typischerweise hat ein Betreuer nix davon, jemanden für eine Doktorarbeit zu engagieren und diese Person dann komplett zu ignorieren. Das Risiko, dass nichts rauskommt, wäre mir zumindest zu groß. Aber letztendlich ist es eine zwischenmenschliche Angelegenheit und es kann auch mal schlecht laufen, wie mit jeder anderen Mitarbeiter/Chef-Beziehung auch.
Wierus
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Wierus »

Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 08:25 ich höre sehr oft, dass die Betreuug vom Doktorvater / von der Doktormutter in bestimmten Fällen gar nicht vorhanden seien.
Welche Aufgabe hat der Doktorvater denn grundsätzlich dann?
Ist man denn wirklich komplett allein gelassen bei seiner Dissertation, wenn man Pech hat?
Es hängt auch davon ab, in welchem Fach man schreibt und welches Ziel man verfolgt. Für eine kumulative Diss braucht es wohl deutlich mehr Unterstützung durch den DV als im Fall einer Monographie, die einfach per Uniserver veröffentlicht werden kann.

Wozu der DV da ist? Meiner Ansicht nach dazu, am Anfang die grobe Linie der Forschung festzulegen und am Ende die Arbeit durchzusehen und auf ihre Wissenschaftlichkeit hin zu bewerten. Er ist definitiv nicht dazu da, dir alle zwei Wochen mitzuteilen, wie gut oder schlecht du mit deiner Forschung voran kommst. Diese Handreichung kann es vielleicht in naturwissenschaftlichen Fächern geben, wo viel Laborarbeit ansteht, aber das wohl auch nur im ersten Jahr oder so.
Chester
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Chester »

Ok. Danke für die Antworten.

1. Bei einer monografischen Veröffentlichung bedarf es ja auch eine intensive Betreuung, wegen dem Peer Review Verfahren über einem Verlag? Oder was meinst du mit über dem Uni-Server?

2. Wie stellt der Doktorand dann überhaupt sicher, dass es wissenschaftlich korrekt ist, was in seiner Diss schreibt? z.B. korrekte Methodenauswahl, Vorgehen usw. Ich dachte immer, dass der Doktorvater das Doktorkind in die Hand nimmt und eine Art vom Coaching anbietet.
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von JollyQuelea »

Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:332. Wie stellt der Doktorand dann überhaupt sicher, dass es wissenschaftlich korrekt ist, was in seiner Diss schreibt? z.B. korrekte Methodenauswahl, Vorgehen usw. Ich dachte immer, dass der Doktorvater das Doktorkind in die Hand nimmt und eine Art vom Coaching anbietet.
Ich denke das ist von Person zu Person unterschiedlich. Ich kann dir erzählen, wie es bei mir lief: meine Doktormutter lässt mich frei machen. Wir haben vereinbart, dass wir mindestens alle vier Monate den aktuellen Stand besprechen. Meistens passiert das im Rahmen einer Forschungsgruppe mit den anderen DoktorandInnen. Wenn ich zwischendurch Fragen habe (zur Methodenauswahl, zur Gliederung, kurze Kapitel "korrigieren" lassen), kann ich mich aber immer melden. Ich habe sie zuletzt zur Auswertung meiner Interviews befragt, was ihrer Meinung nach die sinnvollere Ausgestaltung wäre. Diese Frage haben wir dann in der Forschungsgruppe gemeinsam erörtert, das war auch sehr hilfreich. Seitdem arbeite ich wieder selbstständig vor mich hin.
Meiner Erfahrung nach ist der Kontakt und die Hilfestellung am Anfang schon noch deutlich mehr als später. Ich habe die Betreuung so wahrgenommen, dass mir meine Doktormutter immer mal wieder Wege aufgezeigt hat, wie es weitergeht - oder mich auch mal vom falschen Weg wieder zurück gebracht hat. Aber die meiste Arbeit mache ich selbst und das ist ja auch der Sinn der Promotion. Am Anfang ist das unglaublich überwältigend, weil man im Studium doch noch sehr an die Hand genommen wird, aber wenn man mal wieder den Wald sieht und nicht nur lauter Bäume, dann wird es leichter. :)
Cybarb
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Cybarb »

Hallo,
Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:33 1. Bei einer monografischen Veröffentlichung bedarf es ja auch eine intensive Betreuung, wegen dem Peer Review Verfahren über einem Verlag? Oder was meinst du mit über dem Uni-Server?
Nicht jede Dissertation wird über einen Verlag veröffentlicht (eine Veröffentlichung per Upload auf dem erwähnten Uni-Server reicht - Hauptsache, es handelt sich um eine zitierfähige Quelle, und das ist ein Uni-Server), und nicht jeder Verlag führt ein Peer-Review-Verfahren durch. Aber selbst wenn: Klar kann ein Prof. da auch mal unterstützen, etwa kritische Kommentare der Reviewer besprechen, aber eine "intensive Betreuung" ist m. E. weder nötig noch zu erwarten.
Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:33 2. Wie stellt der Doktorand dann überhaupt sicher, dass es wissenschaftlich korrekt ist, was in seiner Diss schreibt? z.B. korrekte Methodenauswahl, Vorgehen usw. Ich dachte immer, dass der Doktorvater das Doktorkind in die Hand nimmt und eine Art vom Coaching anbietet.
Der Doktorand sollte über einen Masterabschluss verfügen, durch den er die grundsätzliche Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten nachweist. Ein guter Doktorvater unterstützt natürlich gerne, z. B. bei der Methodenauswahl, aber ich verstehe das eher als gelegentliche Schubser in die richtige Richtung oder das Aufzeigen von Wegen. Um bei dem Bild zu bleiben: Wenn das Doktorkind erwartet, an die Hand genommen und von Anfang bis Ende geführt zu werden, dann erweist es sich irgendwann als Last, dem man sagt: "Lauf gefälligst auch mal selber! Du hast es schließlich gelernt."

Den Begriff des "Coachings" finde ich gar nicht mal so schlecht, aber ich glaube, du hast etwas überzogene Vorstellungen von Frequenz und Intensität desselbigen.

Gruß
Cyb
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Denkerin »

Diese Frage habe ich mir auch schon gelegentlich gestellt und nicht abschließend beantworten können.
Cybarb hat geschrieben: ↑06.05.2023, 09:58 Nicht jede Dissertation wird über einen Verlag veröffentlicht (eine Veröffentlichung per Upload auf dem erwähnten Uni-Server reicht - Hauptsache, es handelt sich um eine zitierfähige Quelle, und das ist ein Uni-Server), und nicht jeder Verlag führt ein Peer-Review-Verfahren durch. Aber selbst wenn: Klar kann ein Prof. da auch mal unterstützen, etwa kritische Kommentare der Reviewer besprechen, aber eine "intensive Betreuung" ist m. E. weder nötig noch zu erwarten.
Das sehe ich ein bisschen anders. Ich bin in einem Bereich unterwegs, in dem die Monografie, veröffentlicht in einem Verlag, der Königsweg ist (ob das nun wieder richtig und wichtig ist, ist eine andere Diskussion). Alles andere ist zumindest per Definition der Promotionsordnung nicht möglich. Nun hieße das ja, dass alle Professoren hier Eier schaukeln (können) bei der Betreuung ihrer Doktoranden. Ist aber nicht so. Oft haben sie ja selbst auch ein Interesse daran, dass das Ergebnis möglichst gut ist: weil sie die Ergebnisse selbst als Grundstein für eigene Forschung benötigen, weil sie sich mit der Betreuung eines hervorragenden Projektes schmücken wollen oder auch, und das finde ich ja fast das wichtigste, sie das als ihre Aufgabe sehen ("Lehre"), sich also moralisch verpflichtet fühlen.
Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:33 2. Wie stellt der Doktorand dann überhaupt sicher, dass es wissenschaftlich korrekt ist, was in seiner Diss schreibt? z.B. korrekte Methodenauswahl, Vorgehen usw. Ich dachte immer, dass der Doktorvater das Doktorkind in die Hand nimmt und eine Art vom Coaching anbietet.
Ich hoffe, dass mich mein Doktorvater auf Fehler (also inhaltlicher Natur) hinweist. Denn seien wir mal ehrlich: Nur weil wir einen BA und einen MA haben, heißt das nicht, dass wir nicht auch mal falsch liegen können, ner falschen Quelle aufsitzen, unsere Deutungshoheit mit uns durchgeht. Allerdings hab ich das Gefühl, dass Doktorarbeitsthemen ja solche Nischenthemen sind, dass man sich als Doktorand da en detail besser auskennt als der Doktorvater (soll ja auch so sein). Er also ohnehin nur mit grundsätzlichem Wissen helfen könnte.

Das ging mir übrigens schon in der MA so. Da hab ich das aber recht elegant gelöst und mir als Zweitbetreuer einen externen Forscher (zugleich in der Praxis tätig) organisiert, der mir mit wichtigem Wissen und Impulsen weitergeholfen hat.

Vielleicht hab ich hier ne etwas verklärte Sicht auf die Dinge, aber ich würde mir wünschen, dass alle Beteiligten (also Doktorand und Doktorvater, ggf. externe Betreuer o.Ä.) daran arbeiten, dass am Ende die qualitativ bestmöglichste Arbeit rauskommt. Dies also nicht nur als Qualifikationsarbeit sehen, sondern auch um des Wissens/des wissenschaftlichen Fortschritts Willen daran arbeiten, dass am Ende etwas rauskommt, dass auch anderen wieder weiterhilft.
Wierus
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von Wierus »

Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:33Bei einer monografischen Veröffentlichung bedarf es ja auch eine intensive Betreuung, wegen dem Peer Review Verfahren über einem Verlag? Oder was meinst du mit über dem Uni-Server?
Das 'Peer Review' erfolgt in dem Fall durch die Gutachter: Zwei bis drei habilitierte Wissenschaftler schreiben ein Gutachten zur Dissertation. Diese muss dann vor den Gutachtern (plus Beisitzern) in einer mündlichen Prüfung verteidigt werden.

Die Bereitstellung über einen Uniserver sehe ich im Übrigen als erweitertes 'Peer Review' an: Die Arbeit verschwindet nicht in einer Mini-Auflage verschämt zwischen den Regalen einiger weniger Bibliotheken (siehe den Fall KT Guttenberg), sondern kann ab dem Tage des Uploads von jedermann gelesen und auf Fehler bzw. Ungereimtheiten abgeklopft werden. Ein besseres 'Peer Review' geht nicht. Der Upload per Uniserver für die Weltöffentlichkeit des Internets ist praktisch ein 'Persistent Peer Review'.

Chester hat geschrieben: ↑05.05.2023, 21:332. Wie stellt der Doktorand dann überhaupt sicher, dass es wissenschaftlich korrekt ist, was in seiner Diss schreibt? z.B. korrekte Methodenauswahl, Vorgehen usw. Ich dachte immer, dass der Doktorvater das Doktorkind in die Hand nimmt und eine Art vom Coaching anbietet.
Ja, das stimmt alles, jedoch nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Irgendwann sind aber Fragestellung, Struktur und Methoden soweit abgesprochen, dass es nur noch an dir ist, die eigentliche Forschung durchzuführen.

Bei mir war es so, dass ich im ersten Jahr relativ häufiger Kontakt zum DV hatte. Der hat mir einige gute Tipps gegeben und mich auch mal zurechtgebogen, als ich mich in einen Nebenschauplatz des Themas zu verrennen schien. Aber danach war es allein meine Sache, wie es weitergeht. Einer der letzten Sätze vom DV, bevor wir dann die nächsten drei oder vier Jahre keinen Kontakt hatten, war dieser: "Bleiben Sie dran. Manche brauchen ewig, um fertig zu werden." Wie wahr, wie wahr...

Meine Individualpromontion mit (sehr) wenig Betreuung mag durchaus ein Sonderfall sein, aber ich gehe davon aus, dass diese Form der Promotion gut auf die harte Realität echter, eigenständiger Forschung vorbereitet. In meinen Augen ist das definitiv besser als eine Kuschelpromotion mit wöchentlichen 'Updates' bei Kuchen und Kaffee, wo sich am Ende schon irgendwie auch die Frage stellt, warum die Dissertation überhaupt noch 'verteidigt' werden muss.

Was die universitären Abschlussarbeiten angeht, würde ich zum besseren Verständnis folgende Einteilung vornehmen:

Bachelorarbeit = Mittlerer Anspruch, viel Betreuung.
Masterarbeit = Höherer Anspruch, viel Betreuung.
Doktorarbeit = Hoher Anspruch, wenig Betreuung.
Habilitationsschrift = Hoher Anspruch, keine Betreuung.
johndoe
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Re: Betreuung vom Doktorvater?

Beitrag von johndoe »

Denkerin hat geschrieben: ↑06.05.2023, 11:57
Vielleicht hab ich hier ne etwas verklärte Sicht auf die Dinge, aber ich würde mir wünschen, dass alle Beteiligten (also Doktorand und Doktorvater, ggf. externe Betreuer o.Ä.) daran arbeiten, dass am Ende die qualitativ bestmöglichste Arbeit rauskommt. Dies also nicht nur als Qualifikationsarbeit sehen, sondern auch um des Wissens/des wissenschaftlichen Fortschritts Willen daran arbeiten, dass am Ende etwas rauskommt, dass auch anderen wieder weiterhilft.
Letztlich ist es aber doch eine Qualifikationsschrift. Und ein zentrales Kriterium ist die Eigenständigkeit der Durchführung. Wenn ich dir als Betreuer alles vom Forschungsdesign bis hin zur Datenanalyse diktiere, bilde ich keinen Wissenschaftler, sondern einen ewigen Assistenten aus. Ja, ein verwertbares Ergebnis ist dann wahrscheinlicher, aber wenn das die Motivation ist, muss man Promotion und Mitarbeiter-Stelle klar trennen.
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