Guttenberg jetzt PhD

johndoe
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von johndoe »

@Wierus: Womöglich missverstehen wir uns - ich wollte nicht darauf hinaus, dass der PhD minderwertiger ist. Im Gegenteil: Betrachtet man das Gros deutscher Dissertationen, also aus Medizin, Biologie und Chemie, dann sind das doch in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD. Darüber hinaus kennt das angelsächsische System keine Habilitation als erweiterte „Forschungsausbildung“, dennoch sind diese Unis weltweit führend in Rankings. Ich schließe daraus, dass a) eine Habilitation für einen guten Hochschullehrer nicht wichtig ist (weil Dr.=Ph.D.) oder b) der Ph.D. wissenschaftlich tiefgreifender beschaffen und breiter angelegt ist als der deutsche Dr. und eine Unikarriere damit keine noch höhere Qualifizierung erfordert (Ph.D. = Dr. habil.). Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.

Aber nochmal zu Guttenberg - Ich habe in UK promoviert und bilde mir damit ein Urteil aus eigener Erfahrung, ohne Ferndiagnosen und Hörsensagen. Wenn ich also auf diese Lücken hinweise, dann deshalb, weil mich meine Supervisors dahingehend beraten haben und die Examiners es entsprechend erwartet haben.

PS: Das mit dem „verschult“ solltest du nicht zu wörtlich nehmen. Ich habe anfangs 2 Seminare belegt, eins für die Erarbeitung des Forschungsthemas und eins für die Entwicklung der Research Methodology. Da gabs zwar Kurse mit Dozenten und Übungen, aber keine Klausur o.ä.. Was man da (eigenständig) erarbeitet hat, ist aber bereits integraler Bestandteil der Forschungsarbeit, die später auch in die Thesis einfließt. Insofern gibt’s da keine Trennung. Außerdem ist die Immatrikulationsdauer beschränkt. An meiner Uni wars Fulltime 5 Jahre, Parttime 7 Jahre. Ich hab letztlich 6 benötigt in PT. 9-10 Jahre ist formal gar nicht möglich.

PPS: Falls es noch immer nicht klar geworden ist – ich kenne die Hochschulausbildung in UK ziemlich gut und weiß selbstverständlich um die Unterschiede zwischen Research Degrees und Professional Doctorates, wozu JD/MD übrigens nicht zählen, weil JD nur im US-System existiert und der UK-MD ein Research Degree analog zum PhD ist, also eben kein Berufsdoktorat.

Aber jetzt hab ich zu diesem Thema hier wirklich genug gesagt :)
Wierus
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von Wierus »

Wenn du mir im Prinzip also zustimmst, warum schreibst du dann so viel? :mrgreen:

johndoe hat geschrieben: ↑23.08.2020, 22:059-10 Jahre ist formal gar nicht möglich.
Hm?

Wie gut, dass man sich im Internetzeitalter nicht auf das Anekdotenwissen anonymer Online-Gesprächspartner verlassen muss. :D

In some cases, it can take up to 10 years to earn your PhD.
https://www.allpsychologyschools.com/counseling/phd/
According to Joseph Berger of the New York Times, the average length of a dissertation program today is 8.2 years [...]. The psychology field averages five to seven years. New doctoral students in the fields of history or english can expect to spend eight years completing the degree. Some fields of study require a significantly longer degree process. For example, in the field of education, the current average is 13 years.
https://www.gradschoolhub.com/faqs/what ... in-a-ph-d/
Only about 57 percent of doctoral students will get their PhD within 10 years of starting graduate school.
https://www.cbsnews.com/news/12-reasons ... get-a-phd/
It appears that the new cohort of history PhDs spent slightly longer earning their degree—9.7 years registered for courses after the baccalaureate degree.
https://www.historians.org/publications ... -phds-2004
johndoe
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von johndoe »

Wierus hat geschrieben: ↑23.08.2020, 23:17 Wenn du mir im Prinzip also zustimmst, warum schreibst du dann so viel? :mrgreen:
Weil du leider einiges falsch darstellst und offensichtlich mit einer deutschen Promotionsbrille die PhD-Thesis von Guttenberg betrachtest, wobei ich jetzt schon mehrmals drauf hingewiesen habe, dass es Unterschiede zwischen UK-PhD und deutscher Promotion gibt (Fazit: weil es "die eine deutsche Promotion" gar nicht gibt). Und da hier doch einige mitlesen, möchte ich ein realistisches Bild vermitteln :)

Im Übrigen vermischst du ständig USA und UK, wobei es da fundamentale Unterschiede im Bildungssystem gibt. Soweit ich sehe, beziehen alle deine Links auf USA, während ich mehrmals speziell auf UK verweise.

Da du auf Quellen wertlegst, wie wärs denn damit? :dr)
https://www.prospects.ac.uk/postgraduat ... ear%20four.

"How long is a PhD in the UK?
Full-time PhDs typically last three or four years, while part-time PhDs last six or seven. However, the thesis deadline can be extended by up to four years at the institution's discretion. Indeed, many students who enrol on three-year PhDs only finish their thesis in year four."
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von daherrdoggda »

johndoe hat geschrieben: ↑23.08.2020, 22:05 Betrachtet man das Gros deutscher Dissertationen, also aus Medizin, Biologie und Chemie, dann sind das doch in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD.
Wer medizinische Dissertationen auf die selbe Stufe stellt wie naturwissenschaftliche, und dann auch den naturwissenschaftlichen tiefgreifende Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD abspricht (der ja sehr breit in vielen Faechern vergeben wird) hat keine Ahnung vom deutschen rer. nat. :wink:
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von johndoe »

daherrdoggda hat geschrieben: ↑24.08.2020, 16:57
johndoe hat geschrieben: ↑23.08.2020, 22:05 Betrachtet man das Gros deutscher Dissertationen, also aus Medizin, Biologie und Chemie, dann sind das doch in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD.
Wer medizinische Dissertationen auf die selbe Stufe stellt wie naturwissenschaftliche, und dann auch den naturwissenschaftlichen tiefgreifende Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD abspricht (der ja sehr breit in vielen Faechern vergeben wird) hat keine Ahnung vom deutschen rer. nat. :wink:
Indem du den rer. nat. so hervorhebst, unterstreichst du ja nur, dass es _den Standard_ in der deutschen Promotion nicht gibt. ;)

Da der deutsche rer.nat. teilweise auch die Informatik umfasst, habe ich zumindest einen Eindruck. Und wie gesagt - es gibt einfach Unterschiede zwischen den Unis bei verwandten Fakultäten.

Zum Vergleich in D: https://d-nb.info/1149920467/34 vs. https://mediatum.ub.tum.de/doc/1538277/1538277.pdf --> ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, die TUM-Diss wirkt ausgereifter.

Und weils so schön ist noch ein Informatik-PhD aus Oxford: https://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:44ae9 ... ork=Thesis

...Surprise: die Thesis beinhaltet die Aspekte, die ich schon eingangs erwähnt habe, welche ich bei Guttenberg vermisse :roll:

Aber ich merke schon - diese Diskussion können wir ewig führen ohne Ergebnis. Dennoch macht es Spaß - Wann sonst kann man schon mal seine Kenntnisse fremder Hochschulsysteme raushängen lassen? Ist ja im echten Leben unnützes Wissen :)
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von daherrdoggda »

johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 21:22 Indem du den rer. nat. so hervorhebst, unterstreichst du ja nur, dass es _den Standard_ in der deutschen Promotion nicht gibt. ;)
Bio und Chemie waren deine Beispiele...
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von Wierus »

johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 21:22 [...] dass es _den Standard_ in der deutschen Promotion nicht gibt. ;)
johndoe hat geschrieben: ↑23.08.2020, 22:05 [...] das Gros deutscher Dissertationen [...] in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD.
Finde den Fehler!
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von johndoe »

daherrdoggda hat geschrieben: ↑24.08.2020, 21:52
johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 21:22 Indem du den rer. nat. so hervorhebst, unterstreichst du ja nur, dass es _den Standard_ in der deutschen Promotion nicht gibt. ;)
Bio und Chemie waren deine Beispiele...
Ich hab lediglich die Top 3 der deutschen Promotionsfächer aufgelistet. Mit Blick auf das Verhältnis zu den absoluten Studierendenzahlen, ist das gerade in Biologie krass: https://bildungsklick.de/hochschule-und ... er-faecher

Ich bin kein Biologe und maße mir wirklich nicht an, diese Dissertationen inhaltlich zu bewerten - aber bei 90% Promotionsquote wird der Dr. letztlich zum Regelabschluss degradiert. Gleichzeitig ist aber Deutschland in der Biologie-Forschung nicht gerade führend: https://www.topuniversities.com/univers ... l-sciences ...insofern scheint sich die hohe Promotionsquote nicht qualitativ auszuwirken auf unsere Forschungsleistung. Zum Vergleich (diesmal USA): https://datausa.io/profile/cip/biology -> Bio-Regelabschluss ist der Bachelor mit knapp 80%, Master nur 10%, PhD nur 5%.

Also verzeih mir - aber egal ob med. oder rer. nat. - wo ein Dr. der Regelabschluss ist, muss entweder eine gigantische Forschungsleistung produziert werden, oder eben viel heiße Luft.
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von johndoe »

Wierus hat geschrieben: ↑24.08.2020, 22:05
johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 21:22 [...] dass es _den Standard_ in der deutschen Promotion nicht gibt. ;)
johndoe hat geschrieben: ↑23.08.2020, 22:05 [...] das Gros deutscher Dissertationen [...] in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD.
Finde den Fehler!
Naja jetzt wirds aber albern..
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Re: Guttenberg jetzt PhD

Beitrag von daherrdoggda »

johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 23:32 Ich bin kein Biologe und maße mir wirklich nicht an, diese Dissertationen inhaltlich zu bewerten - aber bei 90% Promotionsquote wird der Dr. letztlich zum Regelabschluss degradiert.
"in aller Regel keine tiefgreifenden Forschungsleistungen auf dem Level eines PhD" ist also nicht als inhaltliche Bewertung zu verstehen? :lol:
johndoe hat geschrieben: ↑24.08.2020, 23:32 Also verzeih mir - aber egal ob med. oder rer. nat. - wo ein Dr. der Regelabschluss ist, muss entweder eine gigantische Forschungsleistung produziert werden, oder eben viel heiße Luft.
In der naturwissenschaftlichen Forschung ist die Promotion notwendig, in den meisten anderen Berufen reichen Bachelor oder Master.
Warum braucht man denn 3-5 Jahre, um "viel heiße Luft" zu produzieren? Wie viele brechen zwischen dem 1. Semester und der Defense ab, oder scheitern an Pruefungen? Dass nur 'hochqualifizierte' eine Karriere in diesem Bereich machen koennen degradiert doch nicht den Abschluss :D
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