Seite 1 von 1

Doktorvater umhabilitiert, Wechsel noch möglich?

Verfasst: 25.04.2020, 22:33
von locklock
Hallo ihr Lieben,

ich habe folgendes Problem: Ich habe vor 5 Jahren meine Doktorarbeit angemeldet, kurz danach hat mein Doktorvater die Universität verlassen und ich habe die Arbeit mit einem (nicht-habilitierten) Betreuer fertig geschrieben.

Jetzt ist die Arbeit wie gesagt fertig und bei der Anmeldung ist aufgefallen, dass mein Doktorvater schon seit über 3 Jahren in einem anderen Fach an einer anderen Universität umhabilitiert ist. Laut der hiesigen Promotionsordnung kann die Dr. Arbeit bei einem Zeitraum von >3 Jahren nach Umhabilitation nicht mehr abgegeben werden. Leider wusste ich all diese Dinge zuvor nicht (wenig Kontakt zum Doktorvater) und konnte dementsprechend auch nich früher reagieren.

Hat jemand mit ähnlichen Situationen Erfahrungen? Kann ich noch meinen Betreuer wechseln? (Dem würden denke ich sowohl mein alter als auch mein potentieller neuer Doktorvater zustimmen) Oder ist die Arbeit verloren? Kann mir nur aufgrund eines fehlenden Doktorvaters die Verteidigung verweigert werden?

Danke für eure Hilfe und viele Grüße

Re: Doktorvater umhabilitiert, Wechsel noch möglich?

Verfasst: 26.04.2020, 12:21
von Nomen Nescio
Ich lese deinen 1. Absatz so, dass du vom Promotionsausschuß als Doktorand*in mit dem Thema ABC von der Uni XY im Fach YZ angenommen wurdest.
locklock hat geschrieben: 25.04.2020, 22:33 Leider wusste ich all diese Dinge zuvor nicht (wenig Kontakt zum Doktorvater) ...
DAS ist KEIN Argument! Zu den Pflichten von DV/DM gehört NICHT, dir die jeweils gültige gültige PO vorzulesen!
locklock hat geschrieben: 25.04.2020, 22:33 Laut der hiesigen Promotionsordnung kann die Dr. Arbeit bei einem Zeitraum von >3 Jahren nach Umhabilitation nicht mehr abgegeben werden.
Das glaube ich nicht! Die Formulierung dürfte sinngemäß in etwa so lauten: "Nach Ablauf einer Karenzzeit von 3 Jahren kann Erstbetreuer*in nicht mehr als Erstbetreuer*in fungieren.", üblicherweise gefolgt von einer Selbstverpflichtungserklärung der Uni, sich um Ersatz "bemühen zu müssen". In deiner PO sollte auch der fail case behandelt werden, evtl als Regelung, dass "in Ausnahmefällen" die Diss ohne Erstbetreuer*in eingereicht werden darf. Ruf am Montag bei Prüfungsamt, ö.ä. an, deine Situation dürfte bereits irgendwann vorgekommen sein, und niemand ist scharf auf schlechte Presse, sofern du nicht in der letzten Zeit den ausgewiesenen Parkplatz von Rektor*in/Dekan*in beratungsresistent als den deinigen behandelt hast.

Re: Doktorvater umhabilitiert, Wechsel noch möglich?

Verfasst: 26.04.2020, 12:47
von Wierus
Es gibt an jeder Uni Vertrauensdozenten an die man sich in so einem Fall wenden kann. Außerdem kann man auch den Vorsitzenden des Promotionsausschusses ansprechen und der Dekan deiner Fakultät ist eine weitere Adresse, die du ansteuern solltest.

Die Verleihung der Promotionswürde ist meines Wissens überall in D zu großen Teilen eine Uni-Angelegenheit, also nicht vergleichbar mit dem zentral gesteuerten Abitur z.B., an dessen Ergebnissen kaum zu rütteln ist. Die Uni kann im Grunde jederzeit in Ausnahmefällen eingreifen, etwa mit einem verordneten Ersatzbetreuer. Dass man Dissertationen mittlerweile ohne Betreuer und Nennung von Gutachtern abgeben kann, habe ich im übrigen auch schon gehört/gelesen (Vorsicht: Hörensagen).

Solltest du die offizielle Bescheinigung in Händen halten, ein Promovend an deiner Uni zu sein, hast du noch sehr gute Karten alles zu retten. Lass dich also bloß nicht abspeisen und gehe notfalls zum Anwalt. Denn was würde passieren, wenn du drei Jahre keinen Kontakt zum DV gehabt hättest und er wäre verstorben oder dauerhaft schwer erkrankt? Ist das dann etwa auch deine Schuld, nur weil du brav im stillen Kämmerlein an deiner Diss geschrieben hast?

Wie dem auch sei, ich drück' dir auf jeden Fall die Daumen!

Re: Doktorvater umhabilitiert, Wechsel noch möglich?

Verfasst: 26.04.2020, 12:48
von locklock
Erstmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Nomen Nescio hat geschrieben: 26.04.2020, 12:21 Ich lese deinen 1. Absatz so, dass du vom Promotionsausschuß als Doktorand*in mit dem Thema ABC von der Uni XY im Fach YZ angenommen wurdest.
Ganz genau. Die Annahme etc. habe ich schriftlich.
locklock hat geschrieben: 25.04.2020, 22:33 Leider wusste ich all diese Dinge zuvor nicht (wenig Kontakt zum Doktorvater) ...

DAS ist KEIN Argument! Zu den Pflichten von DV/DM gehört NICHT, dir die jeweils gültige gültige PO vorzulesen!
Da hast du recht. Mein Unwissen lag auch eher darin, dass ich nichts von der Umhabilitaion meines Doktorvaters wusste. Sicherlich hätte ich das evtl. prüfen müssen aber ich war davon ausgegangen, dass mein Doktorvater weiter an meiner Universität habilitiert bleibt. Die Kommunikation seinerseits war auch zu jeden Zeitpunkt so, dass er die Prüfung abnimmt.
locklock hat geschrieben: 25.04.2020, 22:33 Laut der hiesigen Promotionsordnung kann die Dr. Arbeit bei einem Zeitraum von >3 Jahren nach Umhabilitation nicht mehr abgegeben werden.

Das glaube ich nicht! Die Formulierung dürfte sinngemäß in etwa so lauten: "Nach Ablauf einer Karenzzeit von 3 Jahren kann Erstbetreuer*in nicht mehr als Erstbetreuer*in fungieren.", üblicherweise gefolgt von einer Selbstverpflichtungserklärung der Uni, sich um Ersatz "bemühen zu müssen". In deiner PO sollte auch der fail case behandelt werden, evtl als Regelung, dass "in Ausnahmefällen" die Diss ohne Erstbetreuer eingereicht werden darf. Ruf am Montag bei Prüfungsamt, ö.ä. an, deine Situation dürfte bereits irgendwann vorgekommen sein, und niemand ist scharf auf schlechte Presse, sofern du nicht in der letzten Zeit den ausgewiesenen Parkplatz von Rektor*in/Dekan*in beratungsresistent als den deinigen behandelt hast.
So hätte ich den Sinn auch erwartet. Leider ist die Formulierung so gewählt, wie von mir beschrieben. Die PO ist sehr knapp gehalten und leider sind weder der fail case, noch eine Selbstverpflichtungserklärung oder Ausnahmefallregelung enthalten. Genau das beunruhigt mich auch so an der ganzen Situation (eigentlich eine große, renommierte Universität). Sind solche Dinge irgendwo vorgeschrieben (Landesgesetze o.ä.)?

Ich werde morgen direkt dort anrufen und die Sache versuchen klären. Bestenfalls ist ein "einfacher" Betreuerwechsel die Lösung des Problems. Ich bin glücklicherweise Fahrradfahrer und hatte bisher keine Probleme mit dem Dekan ;)

Ich werde ein Update geben, sobald ich mehr weiß. Viele Grüße

Re: Doktorvater umhabilitiert, Wechsel noch möglich?

Verfasst: 27.04.2020, 01:36
von praktikum
locklock hat geschrieben: 26.04.2020, 12:48 Da hast du recht. Mein Unwissen lag auch eher darin, dass ich nichts von der Umhabilitaion meines Doktorvaters wusste. Sicherlich hätte ich das evtl. prüfen müssen aber ich war davon ausgegangen, dass mein Doktorvater weiter an meiner Universität habilitiert bleibt. Die Kommunikation seinerseits war auch zu jeden Zeitpunkt so, dass er die Prüfung abnimmt.
Lass Dich hier nicht verunsichern. Du solltest natürlich aufpassen, aber ein Betreuer sollte auch schon ein bisschen mitdenken, ob das alles in Ordnung ist, schon alleine um seiner eigenen Zeit willen. Es ist nicht Deine Aufgabe, seinen aktuellen Karriereverlauf nach Erstkontakt zu recherchieren. Nichtsdestotrotz solltest Du Dich vor Ort hüten, irgendwelche Schuldzuweisungen zu verteilen. In Sack und Asche gehen solltest Du aber auch nicht, weil sich manche Beteiligte dann schnell aus der Verantwortung stehlen. Am besten immer Formulierungen wie "unglückliche Situation" verwenden, wenn es um die Schuldfrage geht. Auf die Eile kann man hie und da mal hinweisen.

Ich kenne sogar einen Prof, der seine Studenten am Anfang dazu auffordert, für den Fall des Falles, einen Ersatz-DV zu suchen! Warum? Weil so am Schluss keine Verzögerung entsteht, was Dein eigentliches Problem bei der Sache ist.

Deine Arbeit ist im Normalfall nicht verloren. Es bietet sich hier an, die Sache mit den bisher Beteiligten zu besprechen und gemeinsam einen neuen DV für Dich auszuloten. Vorher solltest Du Dir darüber natürlich Gedanken machen. Dann kann Dein bisheriger Betreuer denjenigen kontaktieren und ein Vorgespräch führen. Das ist wesentlich sinnvoller, als wenn Du irgendwo aufschlägst und erst einmal 10 mins die Umstände erklären musst.
Dein eigentliches Problem ist die Unkenntnis des neuen DV zu Deiner Arbeit. Die muss er/sie erst einmal lesen und das kann Wochen bei ihm liegen. Eventuelle Änderungswünsche des neuen DV wären der pure Horror. Das kann alles massiv Zeit kosten, daher erfordert das Thema Sensibilität, siehe auch oben!

Hast Du die Arbeit jetzt zum ersten Mal angemeldet, oder gab es am Anfang die Voranmeldung der Arbeit?