Papierturm hat geschrieben: ↑10.06.2019, 22:15
Ich habe Kompetenzen aus der Promotionszeit (bin auch promovierter Psycho) gut verkaufen können, wodurch ich durchaus einen Vorteil daraus ziehen konnte. Stellen im eigentlichen Sinne primär für promovierte Psychos, abgesehen von der Universitätswelt, sind mir noch nie untergekommen. Dabei habe ich mich während der Promotionszeit verhältnismäßig gut vernetzt.
Darf ich fragen, was du denn nun beruflich machst, so grob zumindest? Würde mich interessieren
Kannst du noch etwas ausführen, was du mit "Kompetenzen aus der Promotionszeit verkaufen" meinst? Wo war dir das nützlich?
Auch finde ich die Frage schwierig. Psychologe ist nicht gleich Psychologe. Hintergrund in klinischer Psychologie eröffnet andere Möglichkeiten als ein Hintergrund in pädagogischer Psychologie. Die wieder andere als in Grundlagenfächern.
Bei mir gabs noch das Diplom, ich war einer der letzten Jahrgänge damit und wir hatten zwei Vertiefungsrichtungen - bei mir Klinische Psychologie und Arbeits-Organisationspsychologie. Ich kann also beides und habe bisher auch beides gemacht. Zudem fragt eigentlich bei Jobs nie jemand nach den Vertiefungen im Studium. Pädagogische hatte ich damals abgewählt und trotzdem ist mein Job bei dem Bildungsträger ja streng genommen Pädagogische. Ich würde mich schon so weit aus dem Fenster lehnen, zu sagen, mit Diplom kann man nahezu alles machen, was "psychologisch" ist, egal welcher konkreter Bereich. Es ist zumindest meine bisherige Erfahrung, dass überhaupt nicht nach den Vertiefungsrichtungen geschaut wird. Ich war ja früher auch bei Personal- und Unternehmensberatungen, im Krankenhaus, Rehaklinik, jetzt Weiterbildungsträger - also ich hab auch nahezu alles machen können und nirgends den Eindruck gehabt, dass mir irgendwas an Wissen fehlt. Es waren nur manchmal die Umstände der Arbeit (zu stressig, zu viel Kontrolle, wenn ich mich gegängelt gefühlt habe), dass ich manches nicht mehr machen wollte.
keine Zusatzqualifikationen (Approbation/Zweitstudium)
Doch, ich habe parallel zur Psychologie Englisch studiert, also ich habe zwei Diplome. Und das ist zumindest für meine Werbeagentur ganz gut, weil oft Inhalte auf Englisch nachgefragt werden. Ich habe zudem eine bestimmte Zertifizierung, womit ich einzelne Patienten unter bestimmten Bedingungen behandeln und das über die Kasse abrechnen kann - keine reguläre Psychotherapie, aber so ähnlich. Ich will nicht genau benennen, wie das heißt, sonst bin ich zu leicht zu identifizieren. Pro Woche habe ich aber aktuell nur 1-2 Patienten, das macht die Kuh nicht fett.
Ich wöllte keine Approbation machen, weil die sich doch (es ist ja viel Aufwand und dauert 5 Jahre) nur lohnt, wenn man danach auch nahezu Vollzeit in eigener Praxis arbeiten will. Wer nur ab und zu mal einen Patienten betreuen möchte, für den reicht doch das, was ich habe. Den ganzen Tag ein Patient nach dem anderen im Praxisbetrieb, wie am Fließband, ist ja auch nicht so dolle. Sollte sich die Gesetzeslage mal ändern und man käme dann ganz einfach zur vollständigen Approbation, dann würde ich es machen, aber nicht mit 5 Jahre nochmal Schulbank drücken - nein wirklich nicht. Zudem braucht es für eine Praxis ja auch keine Promotion. Wer Psychotherapeut sein möchte, kann sich die Promotion sparen.
Mathe eher schwierig
Nicht generell; mit Biostatistik kam ich immer gut aus, aber das, was Informatiker an Mathematik leisten müssten gänge über meinen Horizont hinaus.
kein Uni-Betrieb möglich
Geht ja leider nicht, weil ich extern promoviert habe und dann bei Stellenausschreibungen an der Uni deswegen nicht genommen werde. Außerdem habt ihr mir ja zwischen den Zeilen gesagt, dass an der Uni immer Lehre mit dabei ist. Und mir wurde zwar immer gesagt, dass ich "ganz toll" Vorträge halten kann, aber es ist für mich wie Schauspielerei. Als würde ich eine Bühne betreten und mich dann völlig verstellen; so tun, als wäre ich da der super Fachexperte, der von seinem Thema begeistert ist...und die Verstellerei ist anstregend. Zudem habe ich von denen, die an der Uni arbeiten, auch eher Negatives gehört (Prof. drängelt wegen Studienergebnissen, ständig nur befristete Stellen, immer Überstunden oder Verpflichtungen die in die Freizeit fallen - muss ich auch nicht haben?).
Ich habe mich aktuell so eingerichtet, dass ich relativ frei bei meinen Aufgaben bin. Mir macht keiner groß Vorschriften; bei dem, was ich selbstständig mache, ohnehin nicht, aber auch nicht bei dem Bildungsträger. Und das mag ich. Mich hat das immer gestört, wenn man so gegägelt wird und alles haarklein vorgeschrieben wird. Mir ist es am liebsten, wenn man ein Ziel vorgegeben bekommt und selbst den Weg bestimmt, mit dem man dieses erreicht. Und ich bin nicht gerne in große Systeme eingespannt - also wenn man z.B. erst eine Erlaubnis braucht, wenn man mal 15 min eher gehen will oder seinen Urlaub wegen interner Abläufe 6 Monate vorher planen soll oder sich ständig mit zig anderen Leuten abstimmen muss und wehe man macht mal eine Kleinigkeit anders als gewohnt. So wie jetzt ist es schön gemütlich, keine Hektik und wenn ich mal früh irgendeinen privaten Termin habe, dann bin ich halt mal weg oder komme später.....Ich mache aber bisher nichts, was von der Komplexität her einem Dr. gerecht wird und das ist der Punkt, der mir fehlt. Die Bedingungen dürfen gerne so bleiben, was das freie Agieren betrifft, aber ich wünsche mir etwas, was mehr Anspruch hat.