Re: Wie haltet ihr das aus?
Verfasst: 09.06.2020, 10:44
Vielen Dank fürdie Beiträge und die Erfahrungsberichte!
Ich sitze auch gerade in den letzten Zügen, habe noch etwa 3 Monate bis zur Abgabe. Leider muss ich noch einiges dafür tun. Recht viel schreiben und auch nochmal in Literatur rein. Während es in den ersten 2 Jahren toll war, zu promovieren, ist das letzte Jahr scheisse gewesen. Seit Februar ist es nur noch schlimm. Ich schlafe schlecht, wache morgens mit Magenkrämpfen und Ängsten, den Tag zu beginnen, auf. Mein mittlerweile allmorgendliches Mantra: "Wo die Angst ist, da gehts lang". Das ist dann der Punkt, an dem ich aufstehe, nachdem ich mich ca. 1h von rechts nach links gedreht habe, nicht aus Müdigkeit, sondern weil ich weiß, was alles auf mich wartet, wenn ich aufstehe.
Ich promoviere in einem hochinterdisziplinären Thema an einem groß angelegten DFG-Projekt. Was mir in den letzten Jahren immer wieder schon deuchte, wird jetzt manifest: eigentlich bearbeite ich ein Thema, zu dem ich nie studiert habe. Mein Thema ist eigentlich keines, für meine Fakultät, die Fachkenntnisse, die man dafür braucht, habe ich nicht und die hat auch mein Professor nicht. Ich bin interdisziplinär betreut worden und über meinen Zweitbetreuer kam ich in eine Richtung, in der ich eigentlich nichts zu suchen habe. Das merke ich jetzt, wo ich intensiv am Manuskript sitze. Lange fand ich es genial, weil ich so viel neues entdeckt hatte, so viel gelernt und verstanden hatte und so stolz auf mich war. Allerdings war das die Zeit des Lesens und Diskutierens, des Austauschs und des Gedankenspinnens - herrlich!
Jetzt merke ich, was ich alles für Fässer aufgemacht habe, die ich vermutlich nie wieder richtig zu bekomme, Einfallstore für Fehler habe, für Nachlässigkeiten und Allgemeinplätze. beim Schreiben, ist jeder Satz die Hölle. Stimmt das, was ich schreibe? Habe ich Grundlegendes übersehen? Ist es nicht eigentlich anmaßend, ein Thema zu bearbeiten, das ein fachlich anders aufgestellter Mensch nicht viel eleganter und sicherer hätte bearbeiten können? Wird man mir das später nicht mal vorwerfen? Warum wolltest Du so viel? Warum hast Du das nicht viel früher erkannt?
Mein Leben ist gerade die Hölle. Mein ganzes Umfeld redet mir gut zu, auch mein universitäres (Sie schaffen das schon). Meine Eltern schreiben mir einmal pro Woche ne karte "Halte durch, eine Promotion ist nicht das wichtigste im Leben" aber das kommt längst nicht mehr an. Ich kann denen aucht nichts Neues mehr erzählen und habe Sorge, dass die allmählich genervt sind, von meiner Jammerei.
Ich bin teilweise gelähmt vor Angst, jegliche produktive Kraft ist dahin, meine Einschätzungsfähigkeit ebenso, ich habe das Gefühl, ich stochere im Nebel und fachlich hilft man mir entweder nicht (Erstbetreuer) oder überfordert mich aus einem fachfremden Elfenbeinturm heraus (Zweitbetreuer). Die Aasgeier kommen dann, wenn der Mist fertig ist und fallen darüber her und kritisieren. Da wird keiner sagen "Mensch, Respekt, Interdisziplinarität!" sondern "Das ist ja schön und gut, aber wenn Sie hier A sagen, müssen sie schon auch B sagen, sonst bringt das nichts". Dann kommen die ganzen Kritiker aus Geschichte, Soziologie und und und. Ich bin mittlerweile in einer mäßigen bis ordentlichen Depression, da muss ich mir nichts vormachen. Seit etwa 1 Woche nehme ich jetzt ein Antidepressivum, mit der Hoffnung, auf baldige Wirkung.
Das schlimme ist, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass die Glückgefühle nicht mit der Abgabe kommen, sondern sich dann erstmal PTBS einstellt, wenn die 3,5 Jahre lang aufgebaute Struktur flöten ist. Ich hoffe, dass ich es dann schaffe, mich irgendwie aktiv zu erholen.
Ich bewundere meine KollegiatInnen, die teilweise mit einer Bierruhe und einem positiven Mindset durch ihre Promotion, die auch nicht frei von Problemen ist, kommen. Die hams gut!
Wahnsinn, was man alles über sich lernt, zB über Perfektionismus und Unsicherheiten. Die ganzen Ängste kommen nur daher. Es sind Ängste, kritisiert zu werden und das als Verletzung zu verstehen und nicht als fachliche Kritik. Die Angst, nicht wie geplant, das große tolle Superbuch abzugeben.
Wenn der ganze Mist vorbei ist, gehe ich das an und eine Uni sehe ich nie mehr von innen!
Falls Du bis hierhin durchgehalten hast, danke fürs Lesen!! Das Aufschreiben hat schonmal gut getan!
Ich sitze auch gerade in den letzten Zügen, habe noch etwa 3 Monate bis zur Abgabe. Leider muss ich noch einiges dafür tun. Recht viel schreiben und auch nochmal in Literatur rein. Während es in den ersten 2 Jahren toll war, zu promovieren, ist das letzte Jahr scheisse gewesen. Seit Februar ist es nur noch schlimm. Ich schlafe schlecht, wache morgens mit Magenkrämpfen und Ängsten, den Tag zu beginnen, auf. Mein mittlerweile allmorgendliches Mantra: "Wo die Angst ist, da gehts lang". Das ist dann der Punkt, an dem ich aufstehe, nachdem ich mich ca. 1h von rechts nach links gedreht habe, nicht aus Müdigkeit, sondern weil ich weiß, was alles auf mich wartet, wenn ich aufstehe.
Ich promoviere in einem hochinterdisziplinären Thema an einem groß angelegten DFG-Projekt. Was mir in den letzten Jahren immer wieder schon deuchte, wird jetzt manifest: eigentlich bearbeite ich ein Thema, zu dem ich nie studiert habe. Mein Thema ist eigentlich keines, für meine Fakultät, die Fachkenntnisse, die man dafür braucht, habe ich nicht und die hat auch mein Professor nicht. Ich bin interdisziplinär betreut worden und über meinen Zweitbetreuer kam ich in eine Richtung, in der ich eigentlich nichts zu suchen habe. Das merke ich jetzt, wo ich intensiv am Manuskript sitze. Lange fand ich es genial, weil ich so viel neues entdeckt hatte, so viel gelernt und verstanden hatte und so stolz auf mich war. Allerdings war das die Zeit des Lesens und Diskutierens, des Austauschs und des Gedankenspinnens - herrlich!
Jetzt merke ich, was ich alles für Fässer aufgemacht habe, die ich vermutlich nie wieder richtig zu bekomme, Einfallstore für Fehler habe, für Nachlässigkeiten und Allgemeinplätze. beim Schreiben, ist jeder Satz die Hölle. Stimmt das, was ich schreibe? Habe ich Grundlegendes übersehen? Ist es nicht eigentlich anmaßend, ein Thema zu bearbeiten, das ein fachlich anders aufgestellter Mensch nicht viel eleganter und sicherer hätte bearbeiten können? Wird man mir das später nicht mal vorwerfen? Warum wolltest Du so viel? Warum hast Du das nicht viel früher erkannt?
Mein Leben ist gerade die Hölle. Mein ganzes Umfeld redet mir gut zu, auch mein universitäres (Sie schaffen das schon). Meine Eltern schreiben mir einmal pro Woche ne karte "Halte durch, eine Promotion ist nicht das wichtigste im Leben" aber das kommt längst nicht mehr an. Ich kann denen aucht nichts Neues mehr erzählen und habe Sorge, dass die allmählich genervt sind, von meiner Jammerei.
Ich bin teilweise gelähmt vor Angst, jegliche produktive Kraft ist dahin, meine Einschätzungsfähigkeit ebenso, ich habe das Gefühl, ich stochere im Nebel und fachlich hilft man mir entweder nicht (Erstbetreuer) oder überfordert mich aus einem fachfremden Elfenbeinturm heraus (Zweitbetreuer). Die Aasgeier kommen dann, wenn der Mist fertig ist und fallen darüber her und kritisieren. Da wird keiner sagen "Mensch, Respekt, Interdisziplinarität!" sondern "Das ist ja schön und gut, aber wenn Sie hier A sagen, müssen sie schon auch B sagen, sonst bringt das nichts". Dann kommen die ganzen Kritiker aus Geschichte, Soziologie und und und. Ich bin mittlerweile in einer mäßigen bis ordentlichen Depression, da muss ich mir nichts vormachen. Seit etwa 1 Woche nehme ich jetzt ein Antidepressivum, mit der Hoffnung, auf baldige Wirkung.
Das schlimme ist, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass die Glückgefühle nicht mit der Abgabe kommen, sondern sich dann erstmal PTBS einstellt, wenn die 3,5 Jahre lang aufgebaute Struktur flöten ist. Ich hoffe, dass ich es dann schaffe, mich irgendwie aktiv zu erholen.
Ich bewundere meine KollegiatInnen, die teilweise mit einer Bierruhe und einem positiven Mindset durch ihre Promotion, die auch nicht frei von Problemen ist, kommen. Die hams gut!
Wahnsinn, was man alles über sich lernt, zB über Perfektionismus und Unsicherheiten. Die ganzen Ängste kommen nur daher. Es sind Ängste, kritisiert zu werden und das als Verletzung zu verstehen und nicht als fachliche Kritik. Die Angst, nicht wie geplant, das große tolle Superbuch abzugeben.
Wenn der ganze Mist vorbei ist, gehe ich das an und eine Uni sehe ich nie mehr von innen!
Falls Du bis hierhin durchgehalten hast, danke fürs Lesen!! Das Aufschreiben hat schonmal gut getan!