Cum laude - enttäuscht

pubad
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von pubad »

Solche Vorgänge können ehrlich gesagt richtig weder Hand noch Fuß haben. Promotionsprüfungen fallen mir andere Abschlussprüfung in der Schule beispielsweise unter die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da gibt es ein ausgebildetes Prüfungsrecht. Und wurde vielleicht Mitte der 1980er noch eine gewisse Herrlichkeit der Professoren von den Gerichten befürwortet, so gab es damals schon einige Grundsatzurteile. Die Notengebung muss einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Und dazu gehört auch eine transparente Dokumentation, wie die Note zu Stande kommt. Man kann auch eine Satzung oder Promotionsordnung vom Gericht prüfen lassen. Bevor ich etwa meine Promotion nicht bestanden hätte, würde ich das machen.
Kusmar
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von Kusmar »

flip hat geschrieben: ↑23.04.2019, 11:48 Jo, ist halt schwierig, dass aus der Distanz zu beurteilen. Es kann durchaus sein, dass sich über die Zeit ein "Erwartungsdefizit" gebildet hat. Dazu mal ein Beispiel.

Wir hatten mal vor ein, zwei Jahren auch den Fall einer "cum laude" wo Disputantin dann vollkommen aus fallen Wolken gefallen ist. Sie hat ebenfalls argumentiert, dass sie nie Widerspruch erfahren hatte, alles umgesetzt hat, was die Betreuer ihr empfohlen hatten und alle Fristen eingehalten hatte.

(...)

Das soll jetzt kein Vorwurf an dich sein, aber das wäre ein Beispiel, wie sich diese Gräben über die Zeit auftun.
Ich war an Konferenzen, publizierte Artikel und legte den Gutachtern Textteile vor. Sie wussten also ungefähr, was da auf sie zukommt. Das mit dem Erwartungsdefizit ist aber wohl schon so. Offenbar kriegte ich im Diss-Verlauf irgendeinmal das Etikett "cum laude", das dann - unabhängig von der Qualität des Endproduktes - an mir haften blieb und sich in der Schlussnote niederschlug.

Das Cum Laude ist gar nicht so schlimm. Ich werfe den Gutachtern bloss vor, dass sie alles abgenickt haben und nicht durchschimmern liessen, dass die Arbeit für sie nicht gut ist. Sie hatten den Mumm nicht, mir dies vorzeitig mitzuteilen. Es war ihnen schlicht egal, wie ich abschliessen würde. Das finde ich unwürdig für einen Professur; dieser müsste doch die Doktorandenbetreuung ernst nehmen und daran interessiert sein, dass die Diss zu einem guten Ende kommt. Schliesslich steht er/sie mir dem Namen dahinter.
Free_Vollmilch
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von Free_Vollmilch »

Ich habe vor auch nicht all zu langer Zeit promoviert und habe auch ein cum laude. Ehrlich gesagt habe ich mich eher darüber gefreut, da ich die Diss als sehr anstrengend empfand und dachte, dass ich im Dreierniveau lande. Ich hatte in einem Gutachten eine 2,0, im anderen eine 1,7, im Rigorosum eine 1,3 und bei der Disputation eine 1,7. Das fand ich sogar überraschend gut, weil ich eher den Eindruck hatte, dass ich einige Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet habe oder eher drum herum geredet hatte. Da kamen Fragen, mit denen hätte ich nie gerechnet und auch in den Gutachten gab es Anmerkungen oder Kritik, die vorher nie jemand erwähnt hat. Der Unterschied ist nur, dass ich auch gar nicht davon ausgegangen bin, dass ich besser als cum laude wäre.

Aber letztlich ist cum laude eine 2! Das muss man sich auch mal vor Augen halten. Eine 2 ist doch nicht schlecht. Das bedeutet, man war einer der besten des Studienjahrgangs (denn sonst wäre man gar nicht zur Promotion zugelassen worden - jedenfalls ist das bei uns so) und hat etwas geschafft, was nur knapp 1,5% der Bevölkerung schaffen, nämlich erfolgreich eine Diss abzuschließen und sich damit Dr. nennen zu dürfen. Was macht es da für einen Unterschied, ob man eine Super 1, eine normale 1 oder eine 2 hat? Draußen, in der realen Welt, außerhalb der Uni, interessiert es niemanden, was man für eine Note in der Diss hat. Da wird man für toll befunden, weil man einen Dr. hat, aber nach der Note fragt keiner. Die meisten wissen noch nicht mal, was die lateinischen Notenbezeichnungen bedeuten. Und wenn ich von mir aus erzähle, dass ich in meiner Diss eine 2 habe, hat noch niemand gefragt, warum es keine 1 geworden ist.
Kusmar
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von Kusmar »

Es ist nun ein halbes Jahr vergangen seit der Verteidigung. Mittlerweile habe ich einen Verlag gefunden, der meine Diss publizieren wird. Es ist kein Topverlag, aber seriös und professionell. Qualifizierte Leute kümmern sich um die Bildbearbeitung, das Lektorat, den Satz, den Vertrieb etc.

Ende gut, alles gut? (Noch) nicht. Das Ganze zerrt noch immer an mir und lässt mich nicht los. V.a. die Tatsache, weil ich den Eindruck hatte, dass mich meine Betreuenden absichtlich auflaufen liessen. Diese Hinterhältigkeit und Falschheit geht mir nach wie vor an die Nieren. Ich weiss, eigentlich sollte ich abschliessen, zumal ich nun meinen Titel habe und die Diss auf Anfang 2020 in einem schönen Buch erscheinen wird. Aber die Verletzungen und Enttäuschungen sitzen tiefer, als ich mir das je hätte vorstellen können. Meine Arbeitslosigkeit hilft auch gerade nicht, um mein Selbstwertgefühl zu stärken.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen? Natürlich kann mir im Forum niemand helfen, und es ist Jammern auf hohem Niveau. Aber ich möchte meinen aktuellen Gemütszustand nur erwähnen, weil er wohl zum Gesamtbild gehört.
spirograph
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von spirograph »

Kusmar hat geschrieben: ↑19.09.2019, 08:48 Ende gut, alles gut? (Noch) nicht. Das Ganze zerrt noch immer an mir und lässt mich nicht los. V.a. die Tatsache, weil ich den Eindruck hatte, dass mich meine Betreuenden absichtlich auflaufen liessen. Diese Hinterhältigkeit und Falschheit geht mir nach wie vor an die Nieren.
Kusmar hat geschrieben: ↑19.09.2019, 08:48 Hat jemand ähnliche Erfahrungen?
Ich kenne niemanden, der nicht solche Erfahrungen <an der Uni> in welchen Zusammenhängen auch immer gemacht hat. Ich kenne wirklich nur Leute, die <Dinger> erzählen könnten: bei dem einen lief die Diss ab wie bei Dir; andere wurden 2 Jahre am Einreichen gehindert, mussten zu Gesprächen mit der Promotionskommission, immer wieder Änderungen (obwohl beide Gutachten mit summa cum laude schon bewertet worden waren!!!); Mehrarbeit, Seminare halten ohne Ende, nicht zur eigenen Diss kommen, Vertrag zu Ende, Tschüss, über die Klinge springen; Ausgrenzung, schlechte Nachrede; Erzwingen einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen; sexuelle Belästigung; Ausbeutung;...usw.

Viele Leute haben <Erinnerungen>, die an ihren Nerven zerren. Sicher, ich auch. Und: ich werde auch noch Erinnerungen zukünftig haben, die an mir hängen. Daran habe ich wenig Zweifel. Die Persönlichkeitsstrukturen gewisser Positionsinhaber*innen lässt keinen anderen Schluss zu: sich an der Ohnmacht des Gegenübers validieren. Ich bin mir gar nicht sicher, ob gewisse Leute tatsächlich Momente ihrer eigenen Täterschaft ("Hinterhältigkeit und Falschheit") erkennen, dazu braucht´s Reflektionsfähigkeit, die nicht Halt macht harsche Selbstkritik zu äußern. Also: Bewusstheit, auch wenns ans eigene Fleisch geht. Ich habe eine solche in diesen high places nie bemerkt. Das wäre mir aufgefallen.

Ich kann Dir nicht sagen, wie Du das am besten loskriegen kannst. Ich kann nur schildern, wie ich damit umgehe. Mit erlittenem Dreck und mit Dreck, den ich bei anderen mitansehen musste. Mir hilft (das meine ich technologisch: als Mittel zum Zweck!): es anders zu machen, auch wenn ich (unmittelbar) <nichts davon habe>. Wie oft hätte ich bspw. bei Abschlussarbeiten zu meinem Forschungsthema die Studierenden geflissentlich auf Details hier und da, und diese Publikation, und muss geändert werden, usw. hinweisen können, stattdessen war ich wohlwollend, habe nur angeregt, Dinge zur Sprache gebracht, die beide Seiten einsehen konnten, oft nur eine Sache - ich wollte die Motivation erhalten, die Widmung zur Sache/Abschlussarbeit. Die Studierenden sollten <klar> rausgehen aus meinem Büro, nicht schwankend - nicht wie ich nach diesen ominösen >Betreuergesprächen> immer. Ich denke heute, dass ich das tatsächlich besser/angebrachter gemacht habe und mache. Ich war on-demand für die Leute mit ihren Fragen da. Bottom-up, nicht mich und meine ah-so-granatentolle-Kenntnis den Leuten aufgedrückt, um zu zeigen, wie dope ich sei. Ich brauche das nicht. Diese Art von Validierung am Gegenüber.

Es wird Situationen geben, wo Du auch so sein könntest, wie deine Erfahrungen. Im großen wie im Kleinen. Vllt fällt Dir das sogar gleich auf: vllt kannst Du dich durchringen es <anders> zu machen. Wie bei Effi Briest, die wurde auch ausgeschlossen wegen Ehebruch, Kinder weg, Hausstand weg, Reputation weg, aber die schreibt n Brief dann, wo sie letztlich ihren Ex-Mann um ihren faulen Hund Rollo bittet ("Rollo, ja, das ginge; der ist mir auch nicht gram. Das ist der Vorteil, daß sich die Tiere nicht so drum kümmern'") und die hohen Leuten lesen den und sagen nur: "die ist uns über". Moralisch und von innerer Verortung "über". So ungefähr. Tja, die Welt <sieht das nicht>, ich kriege dafür keine Kohle, keine Anerkennung, keine Stellen - all die Insignien der Welt haben nicht diese <Währung>, aber ich fühle und weiß mich, erhoben, enthoben sogar. Wie als ob die mir bekannten Mechanismen keine Macht über mich haben - und die Zersetzung, die von solchen falschen und hinterhältigen Leuten ausgeht (,die sich dieser Mechanismen bedienen - bewusst oder unbewusst - müssen!), hat keine Macht über mich. Ich werde nicht wie Sie, keine grauen Herren, ich darf frei und freudvoll meiner kleinen Wege ziehen. Ist das nicht köstlich? :-) Ich bin befreit zu einem ganz anderen Handeln, Denken und Fühlen.

Plus: mir hilft die Gewissheit sehr, dass wir alle, jeder Mensch, der je gelebt hat, lebt und leben wird, aus dem Leben hinausgeht - und kann nichts mitnehmen. Das kann btw heute sein. Wer weiß das schon. Vielleicht ist die Essenz unseres Lebens der Tod, der uns zeigen wird, wie wir gelebt haben, was wir tatsächlich sind, abgeschilft von aller Kohle, Titeln, Erfahrungen, usw. Das ist so eine Eigenart von mir, Dinge auf einer globaleren Skale zu sehen. Es wird alles so nichtig und irrelevant. Nur, ich finde, die Momente, wo ich mich für Demut, Hilfe, Empathie, Perspektivwechsel entschieden habe - wider besseren Wissens über die Gesetze dieser Welt und auch <ohne was davon zu haben> - werde ich mitnehmen dürfen. Die bleiben bei mir, weil ich zu diesen werden durfte.

Vielleicht kann das ein Impuls sein, heute an einem Donnerstag im September 2019.

Der Weltmensch will nehmen, greifen, haben, einsacken, bekommen - ich bin am freisten, wenn ich im Loslassen empfangen darf. Wenn deine Diss in der Abwicklung so verlief, wirst Du traurig sein. Du fühlst Dich abgelehnt, vorgeführt. Du darfst - das hat hier schon Papierturm geschrieben - darüber trauern und traurig sein. In diese Art von Schmerz und Verletzung <hinein gehen>. Diese Gefühle <adressieren>, benennen, aufschreiben, rausbrüllen, heulen, gegen was treten. Immer und auch immer wieder. Sich entgiften. Iterativ. Immer wieder. Bis es abgeschilft ist. Bis die Larven und Namen der Leute verblassen. Bis Du wieder von deinem <Positiv>, deinem Leben, ausgehen wirst. In Abgrenzung, in deiner Intuition ("Mensch, ich habe das Alles gerissen! Und mein Büchlein kommt auch raus und sieht schmuck aus! Es wird seine Abnehhmer*innen finden!"). Mir haben immer Wanderungen geholfen, einmal sächsische Schweiz hoch und runter, Bärenstein, Lilienstein usw., allen Dreck ablaufen und bei den klugen Waldtieren lassen, <für sich sein>, Eremitage, innerlich prozessieren, weil CPU überhitzt. Vielleicht ist das auch was für Dich. Vielleicht ist es gut, dass Du gerade eine Pause haben darfst, vielleicht ist diese genau <dafür> da. Ein Raum an Möglichkeiten liegt vor Dir. Fülle ihn je und je.


In the end what you dont surrender,
well, the world just strips away.


spiro
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von Kusmar »

Hallo Spiro

Vielen Dank. Ich versuche, den Kopf nicht hängen zu lassen. Ich habe mich oft mit der Freundin, mit Freunden, mit Familienangehörigen über die Misere ausgetauscht. Problematisch ist nur, dass zwar alle zuhören und hilfsbereit sind - richtig nachvollziehen können es die wenigsten. Ich glaube so ganz verstehen kann man es nur, wenn man selber in einer solchen Situation ist (im besten Fall: selber eine Diss schrieb). Langsam aber sicher kommt die Freundin, mit der ich mich am intensivsten austausche, mit ihrer Geduld an eine Grenze.

Ich nehme mir auch vor, dass ich andere besser behandle, als ich es erlebt habe. Beispielsweise betreute ich Studierende bei ihren Hausarbeiten. Ich war stets konstruktiv in der Kritik und versuchte zu helfen (nicht zu demontieren). So wie du es erzählst. Auch jetzt, im Publikationsprozess, bin ich anständig mit den Verlag, den Lektoren und allen Leuten. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, andere respektvoll zu behandeln. Umso schwerer fällt es mir zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Leute, die es eigentlich wissen müssen, derart herablassend und indifferent verhalten.

Erfreulicherweise darf ich meine Diss-Resultate an einem Kongress vorstellen. Der Termin ist zwar erst in ein paar Wochen, aber dennoch habe ich schon fast wieder schlaflose Nächte. Denn, wenn ich meine Dissertation anschaue, denke ich bereits aus Perspektive der Betreuenden: das Geschriebe ist nicht gut, reicht nicht wirklich, ging "gerade so" durch. Zudem: es kann sein, dass die Betreuenden auch an diesem Kongress anwesend sind. Puh, ich möchte die eigentlich nicht mehr sehen. Nicht auszudenken, wenn sie an meinen Vortrag kommen und dann hämisch kritisieren!
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von spirograph »

Hi Kusmar!

Nichts zu danken, alles ok. Auch mir wird stetig von verschiedenen Stellen geholfen.

Was mir bei deinen Zeilen auffällt ist eine < Engführung > des Fokus auf die Diss und wie jene von den Leuten abgewickelt wurde. Mensch Kusmar, Du bist durch, Du hast dein Zeil erreicht, Verlag interessiert sich, es ist doch Alles in Ordnung. Du hast aber sicher noch zig andere Dinge in Deinem <Leben> (zählst Du ja auch auf). Orientiere Dich nicht am Vergangenen, Nichtigen, etwas, was über der Bühne ist. Das Leben, was wir haben und atmen ist, äh, n bisschen größer als irgendwelche Dissertationen. Geh mal in den Wald für 5h Wandern, ohne Handy, ohne Alles, dann wirst Du wieder in eine natürlich Abgrenzung hineinkommen. Vertrau mir, das wirkt <Wunder>! Quäl Dich nicht so, Kusmar. Umarme deine ganze Widmung, die Du aufgefahren hast. Sei nicht so hart zu Dir. Sag Deinen Freunden Danke für ihre Zeit und ihre Geduld. Lade sie mal ein, gute Zeiten machen.

Ich habe das schon ein paar Mal geschrieben, aber ich hatte einmal eine krasse Tumorerkrankung. In dunklen, einsamen Nächten im Krankenhaus, Junge, da habe ich nicht mehr daran gedacht, was für weltliche Erfolge ich eingefahren hatte. Ich habe nur und ausschließlich an die schönen, freudvollen, leichten Momente gedacht, eine meine ganzen Radtouren, Bergfahrten, an Lachen auf Parkbänken und Tanzen im Club. Es gab da Momente, wo ich außer Zeit und außer Raum war. Da war ich gelöst, befreit, enthoben. Damit will ich sagen, diese ganzen Insignien wie Diss, das ist nice, schön, wenn man das kann und rockt, aber es hat darüberhinaus - über den Währungen dieser Welt - keinen großen Wert. Du bist nicht deine Diss, Symbiose lösen, Engführung auflösen, Leben wieder in HD und Breitwand sehen, japp. Wenn Du an den Rand vom Leben geführt wirst durch krasse Warnschüsse des Lebens, wirst Du dich ärgern über die ganzen Momente, wo Du deine kostbare Zeit mit solchen Dingen wie Gedanken an hämische Prüfer verbracht hast (und diese Warnschüsse können jeden Tag passieren. Man steht an der Ampel und wird vom SUV umgerauscht). In diesem Paradigma haben die ja voll die Macht über Dich....das darf nicht sein. Geh vom Positiv aus: Du demnächst bei der Konferenz, schick gemacht, und dann legste da los. Danach schön Käffchen irgendwo als Belohnung. Ganz kaltschnäuzig, abgeklärt. Für emotionale Arbeit wirste nich bezahlt. So sehe ich das jedenfalls. Rauf! Ran! Rüber! Runter! :-)

Dir alles Gute!

spiro
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von teilchenphysik196 »

Hey Kusmar, laß Dir gesagt sein, das ist irgendwie normal im Akademiebetrieb. Professoren benötigen zum Ausüben ihres Jobs keinerlei Sozialkompetenz. Das hast Du erfahren müssen und ich hatte mit diesem Thema auch zu tun. Ich hatte zwar prima Gutachten, wurde aber in der Disputation kleingemacht. Wenn das jemand für sein Selbstbewusstsein braucht: Bitte. Das sind akademische Eitelkeiten, die auch schon im Doktorandenseminar spürbar wurden. Ein Prof hackt da ein mal wöchentlich auf den Doktoranden des anderen herum. "Ihre Dissertation ist mir peinlich" musste sich jemand sagen lassen. Insgesamt kann man sowas wohl am besten bewältigen, indem man sich vor Augen hält, dass solche Leute in ihren Eitelkeiten gefangen sind und die Welt kein bisschen besser machen. Dazu passt dann auch, dass es Defizite im Betreuungsprozess gab. Ich hab auch mal als Lehrbeauftragte gearbeitet und saß im Prüfungsausschuss einer FH. Mir wärs ja nicht im Traum eingefallen, Studies runter zu machen! Bei Betreuung von Abschlussarbeiten genauso - hier hab ich immer gefördert und unterstützt. Und nicht demotiviert und abgewertet. Kusmar - Du brauchst diese Leute nicht mehr. Du gehst aus der Uni raus und hast Pläne. Und Deine Prüfer müssen in der Uni bleiben und haben keine Pläne, sondern polieren ihr Selbstbewusstsein durch solche Aktionen auf, wie Du sie erlebt hast. Geh mit Selbstvertrauen in diesen Kongress und genieße dort Deinen Auftritt. Wer da im Publikum sitzt, ist ja egal. Es ist Dein Ding und Du packst das. Ich drück Dir die Daumen!! :mrgreen:
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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von spirograph »

Jau,

danke für die Daumen nach oben. Ich muss nochmal nachsetzen. An Dich, Kusmar, und an alle, die dies lesen. Ich bin nun seit mehr als fünf Jahren an der Uni, in diversen Stellen, mit diversen Aufgaben. Ich kam damals, jung und unverbraucht, dachte wunderswas. In den Jahren habe ich viele solcher Sprüche gedrückt bekommen: "Sie können doch in HartzIV promovieren!", "Damit kriegen Sie aber keinen Top-Job!", "Ich weiß ja nicht, wo Sie damit hinwollen, aber...!", "Das können Sie so nicht machen, Sie brauchen für ihre Untersúchung 70 Interviews!", "Öffnen Sie sich mal und gehen mit mir in Beziehung!", dazu Seminare über Seminare halten, Ungerechtigkeiten mit-am-Tisch-sitzend beobachten, mir wurde gesagt, dass ich faul sei. So ist das wohl. Du hast Schrott erfahren, ich und viele Andere werden dies hier teilen können. Ich denke heute, dass wir in diesem Leben, im Transit oder in der Ewigkeit Gelegenheit haben werden auf unser Leben zu kieken und zu sondieren, wo wir betroffen waren, wo etwas mit uns gemacht wurde, aber auch, wo wir zum Täter geworden sind. Das wird für Manche nicht vergnügungssteuerpflichtig werden. Auch für jene dopen Leute in high places nicht, all jene downpressor, die mir grinsend im Jacket mit Armabnehmern im Lehrgebäude entgegen kommen, wissend, wie sie die Leute abgerollt und ausgebeutet haben, humility test, aight, mr selector. Ich grüße grinsend - einfach mal die Zähne zeigen, ge - und ich weiß, es wird zu einer anderen Stunde, zu einer anderen Zeit bilanziert. Heute wird die Kasse nicht gemacht. Nicht heute. Auch morgen nicht. Geduld.

Mir hilft zu wissen, dass ich hätte scheiße sein können, hätte scharf, richtig scharf, prüfen können, hätte mich dope fühlen können beim walk zum Seminar, im Jacket und Stoffhose, schnaufend und geflissentlich beschäftigt tun, wie als ob ich krass wäre, nichts davon traf je auf mich zu. T-Shirt und Konzertbändchem am Arm, Schlappen an den Mauken, Fahrrad mit Acht vorm Gebäude. Ich war wohlwollend, habe auch mal nich genau hingeguckt, habe Dinge im Dorf gelassen, Sachen fix und ohne Aufhebens abgewickelt, hatte offene Ohren, habe Einzellfälle beachtet und besondere Situationen, war nachsichtig, habe ermunternde Mails geschrieben, zu Studierenden in ihren Tieflagen. Ich musste so gar nichts kompensieren. Erst recht nicht am Gegenüber mich validieren. Keine Fallhöhe. Keine Eitelkeit, kein instabiler Narzissmus. Sondern herrlich leichtfüßig und frei im Heute schon. I am dancing around those firy darts like i am cassius clay. So lange es noch was zu Essen gibt und mein Rad keinen Platten hat, war mein Arbeitstag soweit ok. Ich weiß nicht, viel, aber ich denke, dass ich so durch´s Leben komme. Keine Engführung, kein Hinsehen zum Nichtigen. Ich fahre so meinen eigenen Film, Augen wie Scheinwerfer mit 120KW.

Oft habe ich mich in den eingangs genannten Orten und Situationen so gefühlt:

"Ich bin in Butzbach in Untersuchungshaft und daran gehindert mit irgendjemandem zu sprechen außer diesen schweinsköpfigen Wärtern allein und werde bewacht wie ein Vieh. Drei Wärter in einer halben Stunde am Tag, die ich allein auf einen riesigen Hof darf. Es ist Nebel und sie beobachten jeden Schritt. Die Mauer ist acht Meter hoch, aber die wissen, dass ich fliegen kann." Baader

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Re: Cum laude - enttäuscht

Beitrag von flip »

spirograph hat geschrieben: ↑04.10.2019, 12:21
Mir hilft zu wissen, dass ich hätte scheiße sein können, hätte scharf, richtig scharf, prüfen können, hätte mich dope fühlen können beim walk zum Seminar, im Jacket und Stoffhose, schnaufend und geflissentlich beschäftigt tun, wie als ob ich krass wäre, nichts davon traf je auf mich zu. T-Shirt und Konzertbändchem am Arm, Schlappen an den Mauken, Fahrrad mit Acht vorm Gebäude. Ich war wohlwollend, habe auch mal nich genau hingeguckt, habe Dinge im Dorf gelassen, Sachen fix und ohne Aufhebens abgewickelt, hatte offene Ohren, habe Einzellfälle beachtet und besondere Situationen, war nachsichtig, habe ermunternde Mails geschrieben, zu Studierenden in ihren Tieflagen. Ich musste so gar nichts kompensieren. Erst recht nicht am Gegenüber mich validieren. Keine Fallhöhe. Keine Eitelkeit, kein instabiler Narzissmus. Sondern herrlich leichtfüßig und frei im Heute schon. I am dancing around those firy darts like i am cassius clay. So lange es noch was zu Essen gibt und mein Rad keinen Platten hat, war mein Arbeitstag soweit ok. Ich weiß nicht, viel, aber ich denke, dass ich so durch´s Leben komme. Keine Engführung, kein Hinsehen zum Nichtigen. Ich fahre so meinen eigenen Film, Augen wie Scheinwerfer mit 120KW.
Ich würde sagen, du darfst auch keinen Fall den öffentlichen Dienst verlassen. :D :blume:
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