Ich hatte die weiteren Reaktionen in diesem Thread völlig übersehen und erst beim Ausmisten der älteren Forumsbenachrichtigungen mitbekommen. Daher schon einmal ein "Sorry" im Voraus, sollte sich jemand durch das Aufwärmen älterer Kamellen auf den Schlips getreten fühlen.
Kalypter hat geschrieben: ↑01.06.2018, 10:07Wenn man bei einer Zeitung, einem Verlag oder meinetwegen einer Stiftung arbeiten will, spielt es eine untergeordnete Rolle, ob man Philosoph, Germanist oder Historiker ist. Ausschlaggebend dürften hier (abgesehen vom "persönlichen Verkaufstalent") die eigenen beruflichen (Vor-)Erfahrungen, Fähigkeiten und Kontakte sein. Dass sich eine solche Beliebigkeit in den Naturwissenschaften verbietet, liegt auf der Hand.
Nein! Ich denke, an dieser Stelle liegt ein kleines Mißverständnis vor, denn eine pauschale "Beliebigkeit" gibt es weder in den MINT-Fächern, noch in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Und so wie du es formuliert hast, klingt das für mich einmal mehr nach dem altbekannten Dünkel gegenüber letzteren Fächern.
Wenn ein Kernphysiker für eine wichtige wissenschaftliche Tätigkeit - etwa für Sicherheits- oder Kühltechnik in einem Atomkraftwerk - gesucht wird, dann ist das eine sehr stark eingegrenzte berufliche Position, die spezielle fachliche Detailkenntnisse voraussetzt, für die sich jegliche Beliebigkeit hinsichtlich der fachlichen Ausbildung tatsächlich verbietet.
ABER: Analog dazu wird eine Pädagogin/Therapeutin/Lehrerin für Kinder mit Sprach- und Entwicklungsstörungen spezielle fachliche und darüber hinaus auch psychologisch-medizinische Kenntnisse vorweisen müssen. Ebenso wird der Kandidat für eine Stelle als z.B. Kurator einer antiken Sammlung von mykenischen Schreibtafelfunden spezielle fachliche Kenntnisse benötigen, z.B. wird er das "Linear-B" und andere altertümliche Sprachen einigermaßen beherrschen müssen. Genauso werden für die Mitarbeit in einer Archivabteilung für frühmittelalterliche Schriftstücke ausschließlich Historiker mit fachlichem Schwerpunkt Mittelalter und herausragenden Mittellatein-Zusatzkenntnissen in Frage kommen.
Wenn überhaupt, dann ist "Beliebigkeit" nicht vom Studienfach, sondern von der jeweiligen Tätigkeit abhängig, d.h. auch für Naturwissenschaftler denkbar. Für die Mitarbeit in einem Naturwissenschaftsmagazin oder in der Redaktion einer Wissenssendung (Radio/TV/Inet) ist es zweitrangig, ob du Biologe, Geologe oder Elektrophysiker bist, Hauptsache du hast dir vorher journalistische und medienspezifische Zusatzkenntnisse neben dem Fachstudium angeeignet. Und als (Aushilfs-)Grundschullehrer für Mathe interessiert es am Ende kein Schwein, ob du in deinem Astrophysikstudium die Dichte des Quark-Gluonen-Plasmas als einziger exakt theoretisch voraussagen konntest, was zählt ist nur noch, dass die Kids am Ende Bruchrechnen können.
Ich hatte weiter oben als Beispiel ein Video gepostet, in welchem ein Informatik-Professor seinen Studenten mit auf den Weg gibt, dass sie als Informatiker mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit in ihrem Berufsleben nichts mit Informatik zu tun haben werden. Er hat allerdings betont, dass diese Faustregel nicht nur für Informatiker, sondern für alle universitären Studienfächer gilt.