Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

flip
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz

Beitrag von flip »

@itsme.

Ja, du hast recht, was den Übertrag angeht. Soweit hatte ich noch garnicht gedacht, da man nach dem zweiten Post von "LUCI_A8" erstmal davon ausgeht, dass sie erst noch promovieren will. Und zwar extern oder auf Stipendienbasis. Also vollkommen losgelöst von dem Gesetz.

Ich kann aber auch bestätigen, dass das sehr restriktiv gehandhabt wird. Bei einer Kollegin von mir wurden ihr einfach zwei Jahre aberkannt, die sie ganz normal in einem externen Institut gearbeitet hatte, allerdings ohne das Ziel einer Promotion gehabt zu haben. Sie hat halt normal gearbeitet.
Aber die Konstellation aus externer Beschäftigung, Stipendium und zwei Haushaltsstellen (oder doch Drittmittel) wird wohl direkt zu einer Einzelfallbeurteilung führen, wo niemand hier wirklich weiterhelfen kann.
caipirinha11085
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von caipirinha11085 »

Voraussetzung ist ein Arbeitsvertrag mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind (§ 1 WissZeitVG). Soweit man aber einfach an Uni A promoviert und an Uni B "extern" arbeitet, kann man dadurch nicht die Fristen umgehen.

Deswegen sind solche Fälle
Bei einer Kollegin von mir wurden ihr einfach zwei Jahre aberkannt, die sie ganz normal in einem externen Institut gearbeitet hatte, allerdings ohne das Ziel einer Promotion gehabt zu haben. Sie hat halt normal gearbeitet.
auch davon erfasst. Das Gesetz geht nicht davon aus, dass man die Uhr nicht "läuft" nur weil man auf der vorhergehenden Stelle nicht promoviert hat. Es bestimmt nur den umgekehrten Fall, dass man ohne wissenschaftliches Qualifikationsziel gar nicht mehr befristet arbeiten dürfte (außer in den Grenzen des TzBfG).

(Edit weil nochmal im Gesetz gestöbert)
Zuletzt geändert von caipirinha11085 am 26.02.2018, 13:21, insgesamt 2-mal geändert.
flip
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von flip »

caipirinha11085 hat geschrieben:Voraussetzung ist ein Arbeitsvertrag
auch davon erfasst. Das Gesetz geht nicht davon aus, dass man die Uhr nicht "läuft" nur weil man auf der vorhergehenden Stelle nicht promoviert hat. Es bestimmt nur den umgekehrten Fall, dass man ohne wissenschaftliches Qualifikationsziel gar nicht mehr befristet arbeiten dürfte (außer in den Grenzen des TzBfG).
Ja, richtig. Daher auch die bescheurte Annahme seitens des Gesetzgebers, dass man sich in einer Qualifikationsphase befindet, sobald der Arbeitsvertrag befristet ist. Sollte man eigentlich mal ändern.
Green Goddess

Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von Green Goddess »

Wenig entkomplizierend kommt hinzu, dass jede Uni/jeder LS, die einen Vertrag nicht ausstellen möchten, dies aufs böse WissZeitVG schieben, s. anekdotenhaft angeführtes Inbetrachtziehen von Stipendien und/oder früheren HiWi-Tätigkeiten. Explizit letztere schliesst der Gesetzgeber aus dem Geltungsbereich des WissZeitVG aus (s. FAQ auf BMBF-HP: https://www.bmbf.de/de/karrierewege-fue ... -1935.html) HiWi-Jobs laufen auf eigenem 6j-Timer:
Für studienbegleitende Beschäftigungsverhältnisse zur Erbringung wissenschaftlicher oder künstlerischer Hilfstätigkeiten wird eine klare Grundlage geschaffen. Befristete Arbeitsverträge können danach bis zur Dauer von sechs Jahren abgeschlossen werden. Eine Anrechnung auf den Befristungsrahmen für die Qualifizierungsbefristung erfolgt nicht, egal ob die Beschäftigung in einem Bachelor- oder einem Masterstudium stattfindet.
Ich habe den Juristen meines Herzens befragt; er meinte zum Thema "Zeiten übernehmen", dass der Gesetzestext dies beim 1. Lesen nicht direkt hergäbe, "da müsste man Kommentare, etc. lesen, im Idealfall ein Grundsatzurteil". Eine Grauzone bestünde evtl. bei "zeitlich überdimensionierten" Prä-Doc-Verträgen, die in Post-Doc-Phase auslaufen und anschliessend durch einen Vertrag aus dem neuen 6-Jahres-Kontingent ersetzt werden. Er wollte aber kein eigenes Geld darauf wetten, dass solche Regelungen einer ernsthaften Überprüfung standhielten, kam dann auch in Sebastian'schem Sinn mit: "Ich bin kein Arbeitsrechtler, schon gar kein Spezialist für Hochschularbeitsrecht."

@flip Was auch immer dein "an einem externen Institut" genau heissen sollte, falls andere Uni, hat @Cai bereits geantwortet, falls ausserhalb des Geltungsbereichs vom WissZeitVG, s.o., es gibt kein Menschenrecht auf Arbeitsverträge, und wer nicht will, findet im WissZeitVG einen Sündenbock. :(
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von Sebastian »

off-topic:
Wenn man das hier nachliest und sich überlegt, welche Zielsetzung dass WissZVG nominell hat (Schutz der Nachwuchskräfte vor allzu derber Ausbeutung durch die Universitäten), dann ist es schon bizarr zu lesen, dass alle Verschärfungen durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Unsicherheiten auf Arbeitgeberseite nur dazu führen, dass das Nachwuchspersonal noch mehr geknechtet wird, damit es die Universitäten bloß nicht auf Basis entfristeter Verträge am Hals haben.
12 Jahre immer nur befristet - da feiert man im öffentlichen Dienst normalerweise ja schon fast Dienstjubiläum! Und dann spricht man nicht über gering qualifizierte Kräfte, sondern ausgerechnet über wissenschaftliches Personal.

Sebastian
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von itsme »

Sebastian hat geschrieben:Und dann spricht man nicht über gering qualifizierte Kräfte, sondern ausgerechnet über wissenschaftliches Personal.
:evil: Bei uns ging so 'n Rundbrief vom Verwaltungsleiter rum, in dem wurden Verträge, die die Befristungsmöglichkeiten so überdehnt haben, dass die "Gefahr" besteht, der Mitarbeiter könnte erfolgreich klagen als"risikobehaftet" bezeichnet. Und von der Verwaltung wird gerne mal Verständnis eingefordert: man müsse halt verstehen, dass die Uni dieses rechtliche Risiko nicht tragen könne. Und das wirklich im Brustton der Überzeugung!
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von daherrdoggda »

Sind eigentlich Arbeitsvertraege mit auslaendischen Unis auch davon betroffen, oder werden nur innerdeutsche Arbeitsvertraege gezaehlt?
Paulchen
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von Paulchen »

Dieses Gesetz ist einfach nur ein Witz und gehört abgeschafft. Mehr sollte man über diesen Mist eigentlich gar nicht mehr sagen. Ich habe zwei Jahre als Post-Doc direkt im Anschluss an meiner Promotion in einem DFG-Projekt (also Drittmittelstelle) auf einer halben Stelle gearbeitet und hatte währenddessen 0,0 Sekunden Zeit für die eigene wissenschaftliche Qualifikation und dennoch wird der Mist komplett angerechnet. Das irre ist ja, dass man sich dann noch wundert, dass die besten Leute in die Wirtschaft oder ins Ausland gehen. Aber dann sollen sie dieses wunderbare Gesetz mal schön in Kraft lassen. Diese Befristungsorgien sind auch ganz wunderbar für die Familienplanung. Wenn ich WissZeitVG höre, könnte ich einfach nur kotzen. Seit ich aus der Wissenschaft raus bin, schlafe ich nachts übrigens auch viel besser.
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von caipirinha11085 »

flip hat geschrieben:
caipirinha11085 hat geschrieben:Voraussetzung ist ein Arbeitsvertrag
auch davon erfasst. Das Gesetz geht nicht davon aus, dass man die Uhr nicht "läuft" nur weil man auf der vorhergehenden Stelle nicht promoviert hat. Es bestimmt nur den umgekehrten Fall, dass man ohne wissenschaftliches Qualifikationsziel gar nicht mehr befristet arbeiten dürfte (außer in den Grenzen des TzBfG).
Ja, richtig. Daher auch die bescheurte Annahme seitens des Gesetzgebers, dass man sich in einer Qualifikationsphase befindet, sobald der Arbeitsvertrag befristet ist. Sollte man eigentlich mal ändern.
Der Witz an der Novelle ist ja, dass inzwischen ein Qualifikationsziel überhaupt vorliegen muss, was bis Ende 2016 nicht der Fall war. Ohne den Nachweis eines Qualifikationsziels kannst du die Befristung gar nicht mehr auf das WissZeitVG stützen.
Würde sich aus einer Befristung automatisch die Vermutung eines Qualifikationsziels ergeben, hätten WHKs die "nur so" an der Uni arbeiten wollen, kein Problem. Durch die Neuregelung haben aber einige meiner Kollegen ihren Nebenjob verloren, die während der Ausbildung (ohne Promotion oä) am Institut gearbeitet haben bzw arbeiten wollten.

Was ich wirklich überraschend finde ist, dass einige Unis auch Drittmittelstellen anzurechnen scheinen, obwohl gar nicht erforderlich. Echt super, da freut man sich... :roll:
Edit: Habe gerade noch einmal einen Blick ins Gesetz geworfen und ziehe die Aussage, dass das nicht erforderlich ist zurück.
Zuletzt geändert von caipirinha11085 am 26.02.2018, 13:16, insgesamt 2-mal geändert.
Paulchen
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Re: Wissenschaftszeitvertragsgesetz: 6 + 6 Jahre berechnen

Beitrag von Paulchen »

Was ich wirklich überraschend finde ist, dass einige Unis auch Drittmittelstellen anzurechnen scheinen, obwohl gar nicht erforderlich. Echt super, da freut man sich... :roll:
Ich habe da mal beim BMBF nachgefragt. Wenn ich mich dunkel erinnere, zählen die erst nicht mehr, wenn die zwölf Jahre rum sind. Ich habe dieses Gesetz aber auch gerade, wenn es um den Übertrag von Prädoc zu Postdoc geht, nie begriffen. Wenn ich das richtig sehe, kann man auch sechs Jahre im Wald verbringen und dort promovieren und dann hat man in der Post-Doc-Phase dennoch nur sechs Jahre Zeit. Ich finde auch diese Drittmittelreglung ganz toll. Wir durften damals alle im Projekt erhobenen Daten nicht für eigene Qualifikationsarbeiten verwenden. Wie soll man denn bitte habilitieren, wenn man schon 50 Stunden pro Woche für das Renomee der Projektleiter arbeitet? Erwarten die dann, dass man am Wochenende den Mist macht?
Wie gesagt: Dieses Gesetz gehört abgeschafft. Eigentlich müssten alle, die davon betroffen sind, in eine Gewerkschaft eintreten und unbefristet so lange streiken, bis es abgeschafft wird und man dem wissenschaftlichen Nachwuchs sinnvolle Perspektiven anbietet. Ich habe aber leider das Gefühl, dass viele sich erst nach sechs oder zwölf Jahren mal für dieses Gesetz interessieren.
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