Wierus hat geschrieben:mantor hat geschrieben:Wierus hat geschrieben:
Abgesehen davon, dass deine Aussage im Grunde nichts anders als "Altersdiskriminierung" darstellt, sprichst du damit all jenen, die sich nach sechs Jahren Postdoc-Phase nicht in der Wissenschaft halten können jegliche Existenzberechtigung auf dem Arbeitsmarkt ab. Die meisten werden dann nämlich um die 40 sein (und wohl eher 40+). Witzig.
Ich kann Deinen Ärger verstehen. Das Problem ist aber, dass diese Altersdiskriminierung Fakt ist. Es ist halt schon so, dass sich die 'Zahlen‘ an der Uni gerade drehen: Ich habe vor fünf, sechs Jahren promoviert – und da war es in meinem Fach noch vollkommen normal, dass die Leute mit 32,33,34 fertig wurden, weil die meisten 10, 12, auch 14 Semester studierten. Mit Bachelor und Master, Wegfall des Wehrdienstes und G8 sind die Doktoranden in meinem Fach jetzt 25,26, 27. Die 30 kratzt da fast niemand mehr. Entsprechend konkurriert man dann im Post-doc-Bereich um Stipendien und Stellen mit Leuten, die zehn Jahre jünger sind, meist noch keine Familie haben
Das kann so nicht ganz stimmen. Jedes Jahr auf's Neue hört man, dass sich die Studiendauer verlängert: 8 Semester für den Bachelor und 6 Semester für den Master seien nichts Ungewöhnliches. Damit wären G8 und Wegfall des Wehrdienstes praktisch aufgehoben. Die durchschnittliche Studiendauer steigt, und zwar in Bezug auf alle universitären Studienarten und -abschlüsse:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten ... dauer.html
Und die zehn Jahre Altersunterschied bei der Konkurrenz zwischen jungen Doktoranden und alten Postdocs haben genau was mit dem Thema zu tun? Dass da 6-12 Jahre zwischen Jungdoktorand und End-PostDocler liegen war schon vor 5, 10 oder 15 Jahren so...
Wir bewegen uns ziemlich Off-Topic, aber trotzdem: Die Statistik ist interessant: Bei uns werden die Leute im Bachelor nach 8, im Master nach 6 Semestern zwangsexmatrikuliert. Außerdem ist das mit Statistiken ja immer so eine Sache: Es promovieren ja oftmals die, die eben nicht besonders lange im Studium gebraucht haben – und mit denen wird man dann verglichen. Ich gutachte für alle großen Stipendiengeber. Wenn sich da einer mit 28, 29 um ein Promotionsstipendium bewirbt, muss es im Lebenslauf eine Begründung geben, warum er "so alt" ist. Der entsprechende Hinweis in den Handreichungen für Gutachter lautet: "Überschreitungen der Regelstudienzeit sind zu begründen und in die Bewertung einzubeziehen". Gleiches gilt für Post-doc-Stipendien. (Nur nebenbei: Den Hinweis, dass man sich nur bis 30 auf Promotionsstipendien bewerben kann, der früher auf fast allen Homepages der Stiftungen zu finden war, mittlerweile aber aus Angst vor Klagen wegen Altersdiskriminierung verschwunden ist, ist damit ersetzt. Das meinte ich mit dem Satz, dass die Altersdiskriminierung Fakt ist.) Um eins festzuhalten: Ich halte das für eine sehr bedenkliche Tendenz sowohl in wissenschaftlicher, als auch in sozialer Hinsicht! (...und glaube übrigens, dass wir eigentlich einen ähnlichen Blick auf diese Sache haben)
Aber selbst wenn ich das, was Du jedes Jahr aufs Neue hörst, auf mein Beispiel übertrage und großzügig rechne: Mit 18 an die Uni, 4 Jahre Bachelor: 22. Dann drei Jahre Master: 25. Vier Jahre Promotion: 29. Sechs Jahre Post-doc: 35. Soll heißen: Diese Leute sind ungefähr in dem Alter End-PostDocler, wenn der TE in die Promotion einsteigt. Oder aber: Sie sind mit fertiger Promotion acht, neun Jahre, vielleicht auch zehn Jahre jünger als der TE mit fertiger Promotion. Und mit Ende zwanzig ist man in den Augen vieler Personaler eben noch 'flexibler‘ als mit Ende dreißig. All das lässt sich natürlich relativieren (Studium neben dem Beruf, etc.); es muss aber eben auch jemanden geben, der es relativieren will …
Das wollte ich mit meinem ersten Beitrag nur sagen (um Deine letzte Frage zu beantworten): Der Unterschied zwischen End-PostDocler und Jungdoktorand bleibt natürlich grob bei 6 bis 10 Jahren, allerdings ändert sich eben das Lebensalter beider. Spätestens in ein paar Jahren ist das eben nicht mehr (fertiger) PostDoc 40-42, (fertiger) Doktorand 30-32, sondern es bewegt sich in die Richtung (fertiger) PostDoc 35-37, (fertiger) Doktorand 25-27. An meiner Uni sind die berufenen Juniorprofs. quer durch alle Fächer im Schnitt zwischen 30 und 33. Und das ist ja auch politisch so gewollt. Die Leute sollen eben nicht mehr bis Mitte/Ende 40 im System gehalten werden, um dann auf die Straße gesetzt zu werden. Siehe Wanka-Programm. Nochmal: Ich beschreibe hier nur eine Tendenz, die ich in alle universitären Gremien und Ausschüssen, bei den großen Stipendiengebern und auch in meinem Umfeld beobachte ...
Um aber noch einmal auf den Thread zurückzukommen (in dem ja von PostDoc gar keine Rede war): Nichts ist unmöglich! Ich glaube aber tatsächlich, das in diesem Fall eine Industriepromotion sinnvoll wäre. Es gibt sicherlich Arbeitgeber, die das Engagement, das Du gezeigt hast, wertschätzen. Auch wenn die Abschlussnote wirklich nicht so toll ist, hast Du bewiesen, dass Du die Ausdauer und die Beharrlichkeit hast, so etwas neben Deinem normalen Job zu stemmen. Und das sind ja auch Eigenschaften, die für eine Promotion wichtig sind. Sowas müsste dann natürlich auch in einem Bewerbungsgespräch begründet werden. Lange Rede, kurzer Sinn: Sich umzuschauen und zu bewerben kostet ja erst einmal nicht viel …