Sebastian hat geschrieben:Nach meinem Grundverständnis tritt das "große" Problem mit diversen Sperren aber doch nur auf, wenn man von der PKV wieder in die normale (Pflicht-)Versicherung zurückwill, oder?
Genau. Ein Wechsel von der PKV in die GKV ist nicht so ohne weiteres möglich. Es gibt Ausnahmen, z.B. wenn ich als Beamter aus dem Staatsdienst ausscheiden würde, noch jünger als 55 Jahre wäre und bei dem anschließenden Job ein regelmässiges Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2018: 59.400 Euro Brutto) hätte. Dann würde automatisch die Versicherungspflicht eintreten und die GKV wäre verpflichtet mich zu nehmen.
Man kann ein wenig nachhelfen und einen Teil des Einkommens durch die sogenannte Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersvorsorge stecken. Dadurch kann man das Einkommen aber nur um ca. 3000 Euro reduzieren.
Man könnte auch "Dirty Deals" mit einem potentiellen Arbeitgeber verhandeln (z.B. erstmal nur Teilzeit arbeiten).
Die de facto wegfallenden Arbeitgeberanteile für Deine freiwillige Mitgliedschaft als Beamter in der GKV sind in Deiner Rechnung schon berücksichtigt, oder?
Ja, würde ich jetzt erstmal in der GKV verbleiben, würde ich den Höchstsatz zahlen. Für 2018 sind dies 15,8% für die KV, sowie 2,55 % + 0,25 % für die PV.
In Zahlen:
Beitragsbemessungsgrenze 2018: 53.100 Euro.
KV: 53.100 * 0,158 = 8389,8 Euro -> 699,15 Euro/Monat
PV: 53.100 * (0,0255+0,0025) = 1486,8 Euro -> 123,90 Euro/Monat
Monatlich muss ich im Jahr 2018 als Beamter in der GKV also 823,05 Euro aus eigener Tasche zahlen. Das Gehalt einer W2 Professur ist nicht schlecht, aber wenn dann monatlich dieser Betrag abgeht, dann verdiene ich als Professor nicht mehr viel mehr, als derzeit in meinem aktuellen Job. Das Gehalt ist dann -wie sagt man so schön?- nicht wirklich amtsangemessen...
Ich habe zur Orientierung von einem Versicherungsmakler Angebote verschiedener privater Versicherungen erhalten, die zwischen 280 - 320 Euro lagen (mit 50% Beihilfe vom Land).
Die monatliche Differenz (GKV-PKV) beträgt demnach ca. 500 Euro. Im Laufe von 25 Jahren "Restlebensarbeitszeit" wären das 150.000 Euro Verlust (falls die Differenz über die Jahre hinweg so bleibt).
Soweit so gut.
Jetzt kann man verschiedene Szenarien durchspielen:
Szenario 1: Ich wechsel jetzt in die PKV, der Job sagt mir aber nicht zu und ich fange wieder als Angestellter mit einem Gehalt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze an.
Konsequenz 1: Wechsel in die GKV nicht mehr möglich (Ausnahmen siehe oben).
Konsequenz 2: Der PKV Beitrag wäre ca. doppelt so hoch, da Beihilfen wegfallen.
Konsequenz 3: Ich würde einen Zuschuss von Arbeitgeber zur KV+PV bekommen, der höchstens so hoch ist, als wäre ich in der GKV (2018: 323,03 Euro/Monat für die KV und 56,42 Euro/Monat für die GV, aber nicht mehr als 50%)
Konsequenz 4: Kinder und Ehefrau können nicht kostenlos mitversichert werden. Das kostet nochmal zusätzlich Geld. Für die Ehefrau in etwa so viel wie für den Ehemann.
Konsequenz 5: Bei Renteneintritt verringert sich der PKV Beitrag nicht merklich. D.h. man hat ein viel niedrigeres monatliches Einkommen, die PKV Beiträge bleiben aber gleich hoch (da sie nicht an das Einkommen gekoppelt sind ), gleichzeitig sind die Zuschüsse zur KV+PV durch die Rentenkasse viel niedriger als vorher im Arbeitsleben, da sie sich prozentual auf das Einkommen beziehen.
Zum Desaster kann es kommen, wenn die Renten der Ehepartner zusammengerechnet nicht wirklich viel sind, für beide aber hohe KV Beiträge zu zahlen sind.
-> Man geniesst zwar weiterhin die besseren Leistungen der PKV, spart nichts im Vergleich zur GKV, sondern zahlt eher noch drauf und hat im Rentenalter u.U. finanzielle Probleme.
Szenario 2: Ich wechsel jetzt in die PKV und bleibe "für immer" Beamter (Aber: Kann man wirklich 25 Jahre in die Zukunft blicken?).
Konsequenz 1: Ich spare dadurch derzeit ca. 500 Euro monatlich im Vergleich zur GKV.
Konsequenz 2: Kinder & Ehefrau könnten über mich versichert werden. Meine Ehefrau bekäme 70% Beihilfe, meine Kinder 80%. Die zusätzlichen Kosten sind also überschaubar.
ABER hier steckt eine gravierende Falle für die Ehefrauen. Angenommen sie würde sich irgendwann von ihrem Beamten Ehemann scheiden lassen, dann ist sie weiterhin in der PKV, aber ohne Beihilfen. D.h. für sie tritt dann ebenfalls Szenario 1 ein, falls sie arbeitstätig ist. War sie aber vor der Scheidung nicht berufstätigt, kann sie nach der Trennung nicht einfach wechseln, solange sie weiter ohne Job bleibt! D.h. sie hat dann hohe PKV Kosten an der Backe, für die sie erstmal irgendwie jeden Monat das Geld aufbringen muß. Im Rentenalter sieht es dann auch nicht besser aus ...
Konsequenz 3: Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Ehefrauen -meiner Meinung nach und falls möglich- in der GKV bleiben, notfalls als freiwillig versichertes Mitglied. Das kostet dann aber mehr, als in der PKV mit 80% Beihilfen.
Konsequenz 4: Bei Pensionierung würde ich sogar 70% Beihilfen erhalten und somit wären die PKV Beiträge geringer, bei gleichzeitig höheren Pensionen (im Vergleich zur Rente).
-> Hier lohnt sich die PKV (Finanziell, sowie wegen den besseren Leistungen)!
Szenario 3: Ich bleibe in der GKV.
Konsequenz 1: Zur Zeit würde ich monatlich 500 Euro mehr bezahlen. Beihilfen vom Land nützen nichts, also kein Zuschuss vom Land zu den Kosten.
Konsequenz 2: Frau & Kinder können kostenlos mitversichert werden. Falls dieser Fall einträte, dann wäre die Differenz zwischen PKV und GKV wesentlich geringer.
Konsequenz 3: Die Leistungen der GKV sind u.U. schlechter, als in der PKV.
Konsequenz 4: Im Rentenalter wären die Beiträge geringer als derzeit (und auch im Vergleich zur PKV), da dieser anhand des realen Einkommens berechnet wird.
Konsequenz 5: Ich könnte jederzeit ohne Risiko den Job wechseln und wäre weiterhin Mitglied der GKV.
-> Man ist auf der sicheren Seite, aber erleidet hohe Verluste bei schlechteren Leistungen.
In der PKV gibt es den sog. Basistarif, der per Gesetz nicht mehr kosten darf als der Höchstbeitrag zur GKV. Das scheint die Lösung aller Probleme zu sein. Weit gefehlt:
* Familienmitglieder können nicht kostenlos mitversichert werden. Als Single ist das OK, ansonsten kann es wieder teuer werden.
* Die Leistungen orientieren sich an den Mindestleistungen der GKV. Da viele gesetzliche KVs mittlerweile Zusatzleistungen anbieten, die teilweise nichts extra kosten, sind die Leistungen im Basistarif der PKV u.U. schlechter, als in der GKV.
* Nicht alle Ärzte akzeptieren Privatpatienten im Basistarif. Grund: Im Basistarif werden die ärztlichen Leistungen schlechter vergütet. Der Patient müsste somit einen Teil aus eigener Tasche zahlen...
-> Der Basistarif klingt eher wie ein faules Ei und nicht als Lösung eines Problems. Man ist dann Patient 3. Klasse und muß u.U. zu den Behandlungen eine Menge selbst drauf zahlen, falls der Arzt einer Behandlung zustimmt. Im Basistarif krank zu werden lohnt also nicht
Übrigens: Wenn man erstmals verbeamtet wird, müssen einige PKVs innerhalb der ersten 6 Monate den Antragsteller aufnehmen (sog. "Öffnungsaktion"), auch wenn Vorerkrankungen bestehen, die sonst zu einer Ablehnung geführt hätten. Der Risikozuschlag darf höchstens 30% betragen. Danach können sie den Antragsteller aber ablehnen.
Und noch etwas: Beihilfen sind nicht in jedem Land gleich! in BW gibt es z.B. nur 50%, auch wenn man pensioniert ist (in anderen Ländern sind es z.B. 50%/70%). Näheres findet man in den Beihilfeverordnungen der Länder. Anschauen lohnt sich!
Ich habe in meinen Ausführungen bestimmt eine Menge vergessen und nicht alles 100% rechtlich korrekt wiedergegeben, aber ich hoffe, dass es jetzt etwas klarer wird, warum ich mir Gedanken vor einem Wechsel zur PKV mache. Das hat weitreichende Konsequenzen unter denen ich u.U. ein Leben lang leiden werde. Ausnahmslos jeder sollte sich meiner Meinung nach Gedanken darüber machen und sich der Konsequenzen bewusst werden.