Langsam am verzweifeln: Finanzen

Finanzplanung, Stipendien incl. und Muster-Gutachten für eine Stipendienbewerbung, Krankenversicherung als Doktorand
(Abgeschlossene Diskussionen)
Mati

Langsam am verzweifeln: Finanzen

Beitrag von Mati »

Hallo,

ich bin seit 2 Monaten fertig mit meinem Informatik-Studium und bin noch bis April an der Uni als wissenschaftliche Hilfskraft gemeldet. Am Lehrstuhl wo ich meine Diplomarbeit gemacht habe ist der Professor sehr daran interessiert diese auszubauen/weiterzumachen zu einer diss. Der DV ist laut vielen Leuten sehr human und ein wirklich betreuender DV. Alles ganz gut - bis auf eines - die Finanzen:

Er kann keine Stellen vergeben (Hat keine stellen) weil er nicht der Lehrstuhlinhaber ist (oder weil er C3 ist oder was auch immer). Jetzt frage ich mich ob ich ohne das ich eine wissenschaftliche Stelle bekäme überhaupt die Möglichkeit habe ein Stipendium zu bekommen? Geht das überhaupt? Oder muss man da irgendwie einen Vertrag vorweisen?

Ich könnte am Lehrstuhl mit administrativen Aufgaben und Hausaufgabenkorrekturen auf Monatlich 1300,- brutto kommen was gerade noch zum Leben reichen würde. Könnte man denn eine stipendium bekommen und zusätzlich nebenher z.B. ein klein wenig dazuverdienen? Ist ds legal?

Ich habe versucht mit mit dem Thema Stipendium auseinanderzusetzen aber ich brauche etwas Anstoß/Hilfe. Ich fühle mich etwas im Wald allein gelassen. Was brauche ich alles um mich um ein stipendium zu erhalten (Einen überdurchschnittlichen Abschluss hätte ich, 1 Empfehlungsschreiben bekomme ich, das zweite müsste ich noch zusammenkratzen). Prinzipiell: Muss ich denn schon promovieren um mich um ein Stipendium zu bewerben? Ich dachte es wäre möglich zuerst sich zu bewerben um ein stipendium und dann so anfangen. Weil ich denke ich werde schon an ein Stipendium angewiesen sein ohne Stelle...

Dann interessiert mich welche steuerklasse ich wäre. Mit 1300 Brutto würde ich laut online-rechnern max. 1000 netto rausbekommen. Bin ich dann steuerklasse 2?

Wie kommt ihr mit euren Finanzen zurecht? Wieviel reicht euch denn monatlich um euch einigermaßen am Leben zu erhalten.
Bedingungen:
* Eigene Wohnung in der Stadt (Ingolstadt) mehr als 1 - 1.5 Zimmer gehen eh nicht. sagen wir ca. 500 Euro
* Krankenkasse mind. 50 Euro
* was sind die sonstigen Abzüge? Arbeitslosenversicherung?
* in der summe bleiben da ja gerade mal so um die 50 - 100 Euro pro Woche was ja schon sehr spärlich wird....muss ja noch Internet-flat etc. telefonie etc...essen weg. Wenns klappen würde wäre ich bei + 0 Euro.
Wie sind eure Erfahrungen (Raum Bayern)

Für geduldige Hilfe bin ich sehr dankbar.
Eva
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Beitrag von Eva »

Hallo Matti,
wow, das sind ja ne Menge Fragen. :lol:
Werd mal versuchen, soweit möglich, erste Antworten zu geben. (Auch wenn sich das meiste eigentlich auch ergoogeln ließe :evil: !)

1. Steuerklasse
In welche Steuerklasse man fällt, richtet sich nicht danach, wie viel man verdient, sondern unter welchen Lebensumständen man lebt, sprich: allein stehend ohne Kind (SK I), alleinstehend mit Kind (SK II), verheiratet (div Kombinationen möglich) etc.
http://www.guckmal.de/loh_ste.htm

2. Stipendium
Entweder du hast eine Stelle am Lehrstuhl oder du bekommst ein Stipendium. Du darfst zwar mit Stipendium etwas dazu verdienen (wie viel, weiß ich nicht, variiert wohl auch). Auf keinen Fall aber musst du für ein Stipendium eine Stelle vorweisen können (da in der Regel die Leute mit Anstellung ja kein Stipendium brauchen und umgekehrt). Du bekommst das Stipendium für die Promotion; das heißt, du bewirbst dich mit deinem konkreten Promotionsvorhaben bei einer Stiftung, brauchst also ein Exposé, in dem du näher ausführst, was du erforschen möchtest. Das heißt, du müsstest einige Zeit (idR einige Monate) finanziell überbrücken, in der du das Exposé schreibst und auf die Entscheidung bzgl. Stipendium wartest.

Für das Stipendium musst du je nach Geldgeber idR gesellschaftliches Engagement vorweisen, d.h. politisches Amt, Ehrenamt etc. Geld geben vor allem parteinahe Stiftungen und die Stiftungen der Kirchen, die natürlich gerne eine gewisse Ausrichtung sehen. Einen Überblick über die wichtigsten Stipendiengeber findest du hier:
http://www.stipendiumplus.de/

Auf den Seiten der einzelnen Stiftungen findest du jeweils deren konkrete Anforderungen und Bedingungen.
Mati

Beitrag von Mati »

Erstmal vielen lieben dank für Deine Hilfe! Ich google schon seit einigen wochen aber ich bin mir da nie zu 100% sicher (zumindest was die steuerklasse angeht).

Hmm - das mit dem politisch ausgerichtet sein bzw. kirchlichen engagement sieht schlecht aus. Das einzige war 2 Jahre Ehrenamtlicher Leiter einer sportabteilung. Aber das hat wohl mit sowas wenig zu tun. Habe ich ohne solche zusätzlichen notwendigkeiten wenig oder geringe chancen?
Eva
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Beitrag von Eva »

Tja, gute Frage. Ich bilde mir ein, dass ich genau deshalb damals kein Stipendium bekommen habe, weil ich sowas auch nicht vorweisen konnte. Andererseits gibt es durchaus Stipendiaten, die auch ohne großes Engagement für irgendwas genommen wurden. Ist also schwer zu sagen. Probieren würde ich es auf jeden Fall, und dann schon am ehesten da, wo man sich einigermaßen Chancen ausrechnet. Als Nicht-Kirchenmitglied würde ich mich z.B. nicht bei einer Kirchen-Stiftung bewerben, aber vielleicht käme man selbst damit durch?

Das Dumme ist, dass man Dir nicht sagt, warum Du nicht genommen wurdest, das macht es schwer, die Chancen einzuschätzen. Frag doch mal Deinen Betreuer, ob er einen guten Kontakt zu ner bestimmten Stiftung hat. Manchmal gibt es über die großen Stiftungen hinaus noch Fördermöglichkeiten innerhalb eines bestimmten Faches, also z.B. nur für Informatiker (die Historiker haben zumindest so eine Stiftung), da käme es dann viel mehr aufs Fachliche an. Es gibt ja auch noch die Stiftung der Dt. Wirtschaft und die Böckler-Stiftung (gewerkschaftsnah), die achten vielleicht wieder auf andere Dinge (z.B. bestimmter sozialer Hintergrund?).
In der Regel musst Du im Antrag angeben, ob und wo Du Dich ggf. noch beworben hast. Ich würde das also nicht zu breit streuen, das wirkt sonst zu beliebig. Vielleicht mal eine Partei-Stiftung und eine "neutrale"? Ach ja, in Bayern gab es (gibt es noch?) eine Landesstiftung, die über die Uni vergeben wird, recherchier doch auch mal in die Richtung.

Vielleicht äußern sich ja noch ein paar Leute, die ein Stipendium bekommen haben...
Bridget

Beitrag von Bridget »

Hallo zusammen,

also falls es für Bayern eine Landesstiftung gibt, würde ich es da auf jeden Fall zuerst versuchen. Ich habe mich (mit Erfolg) bei dem Äquivalent in Berlin beworben, und fand es sehr angenehm, dass man dort eben rein nach der fachlichen Seite und der Persönlichkeit, nicht aber nach ehrenamtlichen Engagement bewertet wird, weil ich dazu leider naben einem sehr stressigen Studium wirklich keine Zeit hatte und darum auch Bange bei den anderen Stiftungen... Abgesehen davon finde ich schon, dass sich sowas wie "2 Jahre Ehrenamtlicher Leiter einer sportabteilung" als ehrenamtliches Engagement liest, es kommt ja auch immer darauf an, wie man es verpackt.

Bei der Berliner Stiftung ist es so, dass man in geringem Umfang in der Lehre tätig sein darf, aber auf keinen Fall mehr als 10 Stunden die Woche an etwas anderem als der Diss arbeiten darf. Wer wissenschaftlicher Mitarbeiter ist, braucht sich nicht zu bewerben, weil sich das mit dem Stipendium ausschließt. Es gibt ca. 800 Euro im Monat, und man darf (wenn alleinstehend) 7.000 Euro im Jahr dazuverdienen, alles andere wird einem vom Stipendium wieder abgezogen. Ist man verheiratet, darf man ZU ZWEIT 12.000 im Jahr dazuverdienen.

Nichts für Ungut übrigens, aber ich finde auch, dass sich die Stiftungsfrage ganz gut googeln lässt - vor allem auf den homepages der entsprechenden Stiftungen sind alle Anforderungen etc. im Detail ausgebreitet - und abgesehen davon gibt es auch in diesem Forum schon einige Threads dazu, kuck Dich doch auch mal in älteren Beiträgen um!

Aber das nur am Rande, man hilft ja gern...
Viele Grüße,
Bridget
Mati

Beitrag von Mati »

Danke für die Antworten/Hilfe.

Darf ich mal fragen wie Du so auskommst mit dem Gehalt? Weil von 800 Euro alleine kann ich leider nicht leben. Mit den 7000 Euro maximalgehalt komme ich ganz pauschal auf 1383/Monat. Vorausgesetzt du bekommst bei 40 Stunden pro Monat in einem Nebenjob 583 Euro.

Ich nehme mal an man muss diese 1383 bzw. die 800 versteuern oder? Oder ist das eine Nettosumme und man muss stipendien nicht versteuern?
Eva
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Beitrag von Eva »

Ob man ein Stipendium versteuern muss, weiß ich nicht. Glaubs aber nicht, weil das ja kein durch Arbeit erwirtschaftetes Einkommen ist, sondern eher ein Geschenk ohne Gegenleistung.

Auf jeden Fall aber gilt bei der Lohn-/Einkommensteuer ein Grundfreibetrag von aktuell 7.664 Euro/Jahr! Wenn Du mit deinem Einkommen unter diesem Betrag bleibst, zahlst du keine Einkommensteuer. Da Du mit besagtem Stipendium also sowieso nur max. 7.000 Euro im Jahr verdienen dürftest, hätte sich zumindest die Sache mit der Steuer erledigt.

Kleiner Tipp am Rande: Es gibt eine sog. "Übungsleiterpauschale" in Höhe von jährlich 2.100 Euro = steuerfrei: Wenn Du im Sportverein tätig bist und dafür Geld bekommst, - oder z.B. an der VHS Kurse gibst - kannst Du dadurch weitere 2.100 Euro steuerfrei nebenher verdienen.
nK

Beitrag von nK »

Nein, ein Stipendium muss man NICHT versteuern. Gilt nicht als zu versteuerndes Einkommen. Ebensowenig zahlt man darauf Arbeitslosen- oder Rentenversicherung. Zur Krankenversicherung steht ja hier auf den Seiten etwas. Der Satz liegt momentan bei 1200 EUR/Monat (glaube, das dürfte bei allen Bundesstiftungen gleich sein, weil die ja keine eigenen Gelder vergeben, sondern Töpfe vom Ministerium haben).

Zum ehrenamtlichen Engagement: 2 Jahre ehrenamtlicher Übungsleiter im Sport ist schon nicht schlecht. Auch freiwillige Feuerwehr oder ähnliche "neutrale" Sachen könnten durchaus reichen. Kommt auf den Zeitumfang an. Aber gerade bei den politischen Stiftungen sollte man schon deutlich machen können, dass man ihnen zumindest nahesteht. Habe gerade nochmal auf http://www.fes.de nachgeschaut: Da wird explizit "gesellschaftspolitisches Engagement" gefordert. Naja, dass Sport da reicht, wage ich zu bezweifeln... Gar nicht gut kommt übrigens, einen Monat vor der Bewerbung in die jeweilige Partei einzutreten :roll:

Zuverdienst: Bei der FES sind bei einer der wissenschaftlichen Arbeit dienenenden Mitarbeit eine 1/4-Stelle erlaubt, ansonsten eine 1/8-Stelle.

Viele Grüße
Martin
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

ok, ganz schnell zu einigen Aspekten:
Ich wurde von der KAS gefördert, deren Grundsätze entsprechen denen der anderen politischen Stiftungen udn auch der SDW weitestgehend; nur bei der Studienstiftung ist manches anders.

Du bekommst von der Stiftung 920EUR monatlich plus Forschungskostenzulage (diese wurde aber jährlich ausbezahlt, soll sich geändert haben). Zuarbeit ist nur zu 6 Wochenarbeitsstunden (Wirtschaft) oder 10 Wochenarbeitsstunden (Uni) erlaubt, wird auch streng kontrolliert.

Stipendien sind nicht zu versteuern; die Nebeneinnahmen schon. Bei 40 Monatsstunden bleiben dir ca. 370EUR im Monat (die Lohnsteuer kannst du dir dann ggf., falls du keine sonstigen Einnahmen hast, am Jahresende zurückholen).

Ein Landesstiftung ist mir für Bayern nicht bekannt.
Schau auch mal nach ner Uni-Stiftung, da könnte es was geben.

Und ganz ehrlich: mit 800EUR leben ist locker möglich. Wohnung habe ich für 500EUR in Augsburg 4 (!) Zimmer bekommen damals zu WG-Zeiten; Einzimmer mit Balkon kostete 275EUR. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ingolstadt teurer ist... Wocheneinkauf bei Aldi geht mit 25EUR (und ich ernähre mich mit sehr viel Obst und Gemüse, also nicht gerade billig).


Edit Sebastian 05.01.2009 - Keywords für die Suchmaschine hinzugefügt: Einkommensteuer, Einkommenssteuer, Steuerpflicht Stipendium, Steuererklärung
Mati

Beitrag von Mati »

Und ganz ehrlich: mit 800EUR leben ist locker möglich. Wohnung habe ich für 500EUR in Augsburg 4 (!) Zimmer bekommen damals zu WG-Zeiten; Einzimmer mit Balkon kostete 275EUR. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Ingolstadt teurer ist... Wocheneinkauf bei Aldi geht mit 25EUR (und ich ernähre mich mit sehr viel Obst und Gemüse, also nicht gerade billig).
das baut auf ja. Die wohnungspreise sind so wie dus sagst - in etwa. ich rechne mit 500 Euro für 1-2 Zimmer.
um ehrenamtlichen Engagement: 2 Jahre ehrenamtlicher Übungsleiter im Sport ist schon nicht schlecht. Auch freiwillige Feuerwehr oder ähnliche "neutrale" Sachen könnten durchaus reichen. Kommt auf den Zeitumfang an. Aber gerade bei den politischen Stiftungen sollte man schon deutlich machen können, dass man ihnen zumindest nahesteht. Habe gerade nochmal auf http://www.fes.de nachgeschaut: Da wird explizit "gesellschaftspolitisches Engagement" gefordert. Naja, dass Sport da reicht, wage ich zu bezweifeln... Gar nicht gut kommt übrigens, einen Monat vor der Bewerbung in die jeweilige Partei einzutreten
Also ich war ehrenamtlich 2 Jahre Abteilungsleiter einer Sportabteilung eines Sportvereins. Meinst du mit obigem dass ich wohl eher bei kirlichen Stiftungen chancen hätte? Mit politischen dann wohl weniger oder?
Mitglied einer Partei bin ich NICHT :?

@ Eva: Danke für den Tip! Den nutze ich bereits :)

Ich stöbere schon seit längerem die Stiftungen durch und für Informatiker sehe ich leider weniger chancen. So Stiftungen wie die Friedrich Naumann Stifung oder Hanns Seidel Stiftung erwarten ja oft nicht nur politisches Engagement sondern auch eine Dissertation auf politischem Gebiet (oder umwelt-gebieten oder biologie je nach stiftung). Für naturwissenschaften/ingeniuere sehe ich eher weniger...

Wie ist denn das: Ich lese auch oft dass man wenn man stipendiat ist viele Kurse/Seminare belegen MUSS? Bzw. es wird streng kontrolliert dass man sich aktiv an solchen Dingen mitbetätigt. Da hat es mich schon "ideologisch" abgeschreckt zu lesen dass man die Inhalte der Organisation akzeptieren und "leben" muss...
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