Krise

wolke

Krise

Beitrag von wolke »

Hallo Doktoranden,

ich muss jetzt mal andere Dokoranden zu meiner Situation fragen, vllt kann mir jemand helfen. bzw eine Fremdeinschätzung. Die Situation ist etwas schwierig.

Ich hatte nach meiner Masterarbeit im gleichen Institut das Angebot bekommen zu promovieren, war aber alles fremde Stadt in der ich mich nicht so wohl fühlte und oft nach Hause fuhr. Damals nahm ich die Stelle an, weil ich im gleichen Zug auch sah, das es dauern kann, ehe man was neues findet, außerdem hatte mein Thema eine Nische, das fand ich anfangs herausfordernd, aber irgendwie auch gut. Und ich war froh auch was zu haben
Es ergab sich das ich das gleiche Thema was ich zur Masterarbeit hatte, auch weiter in der Promotion bearbeitete, weil im Prinzip nur negative Ergebnisse rauskam ( war aber auch nicht "schlimm", da im grunde keiner richtig Erfahrung hatte). Das ging leider noch zwei Jahre so weiter bis endlich ein erstes Teilergebnis rauskam, was man haben wollte. Daraufhin war ich schon Stolz. Dennoch fing dann die Arbeit erst richtig an...und ich hatte das Problem, dass ich zwei Erstbetreuer habe und beide was unterschiedliches wollten. Und beide meines Erachtens nicht die Probleme sahen mit dem Thema, die ich sah. Ich wusste oft nicht, ob ich mich da behaupten oder unterordnen soll. Ich wollte ja irgendwie auch mit der Promotion zufrieden sein, und fand den Weg den mein Prof gehen wollte sehr einseitig. Meine Vorgesetzte sah das ähnlich. Ich war mit der Situation überfordert aber sprach das auch nie an
Das führte dazu, das ich nie zufrieden war mit dem was ich da mache. War hier mein Perfektionismus so dolle im Weg, das ich mit meiner Arbeit zufrieden bin?

Die andere Seite ist, dass ich eine Trennung durchmachte und darunter ebenso litt, ich war eigentlich im Dauertief, so dass ich im September aufhören musste und erstmal nach Hause ging. (sprich die Promotion nicht weiter machte). an der Arbeit konnte ich nicht festhalten, weil die quasi nie lief und der Kummer dazu einer 4 jährigen on-off "beziehung", wegen der ich ursprünglich in die Stadt ging, war ebenso ziemlich heftig. Also diese wirklich zu Ende war, merkte ich erstmal, das ich total blockiert war und einfach nur sicher nach Hause wollte und ich auch Schwierigkeiten hatte mich auf die Promotion vollends einzulassen..
Meine Betreuer fragten, ob es an ihnen läge und ich sagte mehr oder weniger "nein" es ist zu 90% meins Sache und liege nicht an der Situation hier. Ich möchte halt nicht anecken, dann sage ich sowas natürlich. Man will ja nicht zur Last fallen. Dazu kam eben das die Aussicht: es dauere wohl noch 1-2 Jahre" in mir totale Panik auslöste und ich dachte da nie mehr weg zu kommen.

Nun habe ich folgende Probleme: zum einen glaube ich, dass ich da nie so richtig sein wollte, und das das vllt ein Grundproblem ist. Also ich kann nicht behaupten, das ich da wegen einer Promotion unbedingt bleiben wollte....das wurde mir aber erst nach 1-2 Jahren richtig klar und vor allem nach der Trennung. Zum anderen frage ich mich jetzt, ob ich meine Überforderung nicht hätte ansprechen sollen. Ich habe erst einmal registriert in den letzten Monaten, das ich Probleme vllt ansprechen soll, statt so zu tun, als sei alles in Ordnung- also sagen, ich finde es für mich nicht okay wenn sich keine klare Linie über 3 Jahre abzeichnet. Und dafür kann ich aber zu 80% nichts, da ich mir in den ersten 2,5 Jahren wirklich mühe gab.

ich weiß gerade nicht, ob ich mir eine neue Stelle suchen soll, oder ob ich es probieren soll, nochmal mit meiner Vorgesetzten zu reden...

Bin ich jetzt geflüchtet`? Wäre ein Gespräch sinnvoll? Passt vielleicht eine Promotion gar nicht zu mir?

mein Kopf ist gar nicht frei
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

ich stelle mir eben grundsätzlich die Frage, ob es woanders für mich besser laufen wird, wo es mir von vornherin richtig gefällt...und ich mir ein Thema aussuche, was ich wirklich wirklich bearbeiten möchte (in der Biologie)...und ob ich eben noch ein Stück zu sehr an die Hand genommen werden muss. Und ob das einer Promotion nicht konträr ist. Ich hatte mich durch die Trennung eher zurückgezogen und die Promotion gab ja auch kein Deut Sicherheit
itsme

Re: Krise

Beitrag von itsme »

wolke hat geschrieben: Bin ich jetzt geflüchtet`? Wäre ein Gespräch sinnvoll? Passt vielleicht eine Promotion gar nicht zu mir?
Hmmm. Ich würde dir so gern irgendwie helfen, aber mir fällt es schwer zu erkennen, wo genau man ansetzen können.

Ich kann dir sagen, was mir in einer ähnlichen Situation geholfen hat: Mir hat geholfen, aus einem großen, unbewältigbaren Problem zwei, immer noch große, aber im richtigen Rahmen bearbeitbare Probleme zu machen. Soll heißen: Ich habe lange Zeit geglaubt, dass ich depressiv wäre, weil ich einen besch*** Job an der Uni habe und dass ich am besch*** Job an der Uni nicht ändern könnte, weil ich zu depressiv wäre. Im Endeffekt meinte ich, dass ich also gar nichts tun könnte, außer mich irgendwie weiter durchzuschlagen. Und dabei hatte ich immer das Gefühl, ich müsste nur eine Entscheidung treffen und die dann auch durchziehen, das wäre dann der Befreiungsschlag.

Geholfen hat dann, beides auseinander zu dividieren: Ich habe einen besch*** Job an der Uni und ich bin depressiv, beides muss aber nicht zusammen hängen. Job ist halt Job (und Diss ist ja irgendwie auch immer mehr als ein Job), aber es gibt keinen Grund, warum mich der Sch*** auch dann runterziehen sollte, wenn ich nicht an der Uni bin. Vielleicht ist es notwendig, ein paar unangenehme Gespräche zu führen und Auseinandersetzungen auszuhalten, damit der Job nicht ganz so besch*** ist, aber wenn das nötig ist, dann ist das eben so. Um meine Gefühlslage muss ich mich davon unabhängig kümmern, indem ich schöne Sachen mache und viel Zeit mit Menschen verbringe, die mir guttun, ohne die Uni-Sch*** auch dorthin zu tragen. Und in meinem Fall: Indem ich therapeutische Hilfe in Anspruch nehme. Ich finde immer noch einen großen Teil des Tages alles zum ... naja ... Speien (Uni ist als Arbeitsplatz echt hart), aber es verseucht nicht mehr in die andere Hälfte des Tages - die gestalte ich aktiv und bewusst, so dass ich mich in der Zeit wohl fühle. Ein Kollege von mir hat das mal als "Söldnermentalität" bezeichnet: Dem Job und der Diss gar nicht so viel Bedeutung beimessen, sondern einfach machen. Und sich ansonsten gut um sich selbst kümmern.

Alles Gute! :blume:
daherrdoggda
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Re: Krise

Beitrag von daherrdoggda »

Kann es sein, dass die Trennung das Hauptproblem ist und dich an der Promotion verzweifeln lässt?
Hast du denn Alternativen?
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

ja, die Trennung/der Liebeskummer war sehr hart...ich zog mehr oder weniger für diese Person eben in die Stadt und dann hatte ich auf einmal das Gefühl alleine da zu stehen und alles anzuzweifeln was ich da tue und zu merken, dass ich vllt gar nicht hier sein möchte.

Also in meinem Fall ist eine Promotion in den Naturwissenschaften.

Ein andere Sache ist Promotion als Job als solches. Ich weiß im Prinzip, das ich genug Potential mitbringe etc und das auch kann. Ich habe aber z.B. ein Problem damit, dass da wo ich war, alles sehr auf dem laissez-faire.prinzip beruht. Das war für Masterarbeit ok, aber danach sehr uneffektiv für mich. Man kann böse gesagt, machen was man will solange man eben sein Fokus auf die Zielsetzung hat, aber eben komplett alleine. Selbständigkeit wird da sehr groß geschrieben. Ich kann das teilweise jedoch fehlt mir - habe ich vor allem anfangs sehr vermisst- eine strukturierte und auch starke Gruppenleitung. Die wiederrum konnte mir seit Beginn beim Thema null helfen, so dass alles irgendwie auf mir lastete. Schon zur Masterarbeit, für die kurze Zeit aber war das in Ordnung. Mir fehlt da manchmal eine externe Struktur für den nötigen Arschtritt, aber auch das fiel aus. Und meine intrinsische Motivation da zu bleiben sank innerhalb eines jahres gegen null. Ich sprach das aber auch nicht an, weil ich mit der Trennung zu tun hatte und alles in Frage stellte.Und dadurch fühlte ich mich zusätzlich isoliert. Und das dauerhaft.

Es ist wirklich möglich, dass mir eine einfache Arbeit im Sinne von geregelten Arbeitszeiten wirklich besser tut,
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

aus einem großen, unbewältigbaren Problem zwei, immer noch große, aber im richtigen Rahmen bearbeitbare Probleme zu machen

ja und das konnte ich zunehmen nicht mehr, für mich fühlte im Stress- den ich mir machte- alles wie eine Soße an

und ich merkte richtig, wie immer alles mehr egal wurde
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Re: Krise

Beitrag von Eva »

Wie ist denn jetzt deine Situation? Hast du gekündigt, dich beurlauben lassen, bist krank geschrieben? Bist du noch in der Stadt? Worum geht es dir jetzt unmittelbar? Wie du konkret weitermachen sollst? Also zurück in die Stadt bzw. dort bleiben, Diss dort zu Ende bringen / woanders die Diss zu Ende bringen / die Diss hinschmeißen...?
itsme

Re: Krise

Beitrag von itsme »

wolke hat geschrieben:aus einem großen, unbewältigbaren Problem zwei, immer noch große, aber im richtigen Rahmen bearbeitbare Probleme zu machen

ja und das konnte ich zunehmen nicht mehr, für mich fühlte im Stress- den ich mir machte- alles wie eine Soße an

und ich merkte richtig, wie immer alles mehr egal wurde
Die Fussangel dabei ist, dass man am Ende beide Probleme nicht angeht, weil man (fälschlicherweise) glaubt, man könne sie nur im Paket lösen. Meiner Erfahrung nach ist es auch gerade bei Akademikern so, dass sie in emotional herausfordernden Situationen das Seelenheil in der Introspektion suchen: Mehr Rückzug, mehr Grübeln über die Ursache und die Auswirkungen der Probleme, mehr darüber nachdenken, was alles nicht geht statt die Dinge, die gehen, einfach zu machen.

Wenn Du jetzt alles gleichzeitig versuchst anzugehen(dich nach der Trennung wieder auf die Füße zu stellen UND deine Unzufriedenheit mit dem Fortschritt der Diss anzugehen, indem Du dich beruflich veränderst), dann könnte passieren, dass Du vor diesem riesigen Berg an Dingen, die vermeintlich getan werden müssen, kapitulierst. Was spricht dagegen, erstmal gar keine tiefgreifenden Entscheidungen zu treffen, sondern den Fokus bewusst auf schöne, stabilisierende Dinge zu lenken? Auch wenn die Arbeit an der Diss gerade keine Befriedigung erzeugt, die flexiblen Arbeitszeiten haben ihre Vorteile. Du kannst Sport machen (ich freu mich immer noch über den Luxus, ins Schwimmbad gehen zu können, wenn es leer ist!), Leute treffen, gucken, was Du für dich machen möchtest. Und wenn dich der Job/die Diss zu sehr annervt, dann kannst Du die Zeit auch nutzen, um mal einen Blick in die aktuellen Stellenanzeigen zu werfen. Vllt springt dich ja irgendwas an, was Du unbedingt machen möchtest. Wenn nicht, dann machst Du eben noch eine gewisse Zeit mit der Diss weiter und freust dich über die leeren Schwimmbäder (oder Joggingstrecken oder Fitnessstudios oder was auch immer Du machen möchtest).
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

gute Frage,

ich bin gerade wieder in der Stadt. Da ich keine Anstellung sondern ein -nerv- stipendium hatte mit begrenzter laufzeit, hatte ich erstmal pausiert, um mir die restliche Zeit für später aufzuheben. da ich angst hatte sonst ohne bezahlung da zu stehen, wenn ich weiter mache später. Nach einem weiteren gespräch mit meinem Prof und meiner Chefin und der Aussicht, Zitat "es jetzt erst richtig los geht mit der Promotion", habe ich den Moment nicht weiter machen können (bzw. noch nicht). In dem Augenblick sah ich mich ein zwei Jahre später zwar mit einer Promotion aber total am Ende nach Hause gehen.

Mein Arzt hat mir nahe gelegt mich um mich zu kümmern. Problem dabei ist natürlich, dass ich durch das stipendium automatisch in Hartz4 rutsche und mich neu bewerben muss. Und ich hab das Gefühl des Scheiterns, aber das musste ich erstmal hinnehmen, da ich nicht mal mehr gegessen habe.

Worum es mir geht? Anfangs fühlte sich alles wie ein enheitsbrei an, mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich durch ein, zwei Gespräche mit meiner Chefin doch machbare Dinge äußern kann, damit ich die Promotion durchziehe. Wie z.B. geregelteres Zusammensitzen. Und ein Stück mehr team-gefühl

achja ich habe im Prinzip nur die Möglichkeit zu fragen, die promotion da weiter zu machen (wonanders geht das nicht), oder mir eine komplett neue zu suchen, bzw. eben eine richtige Arbeit (zumindest habe ich mich mal umfassent mit meinen perspektiven beschäftigt. Ich glaub das spielt auch etwas mit rein, der nahende wechsel von studium zum job
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

Mehr Rückzug, mehr Grübeln über die Ursache und die Auswirkungen der Probleme, mehr darüber nachdenken, was alles nicht geht statt die Dinge, die gehen, einfach zu machen

das bin zu 100% ich

ich weiß nur nicht ob das jetzt bedeutet, ob mir was neues (job, neue promotion) hilft, und mir ein grundsätzlicher ortswechsel besser anfühlt oder ich das bestehene anpacken soll
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