Abbruch vor mündlicher Verteidigung
Verfasst: 07.09.2016, 02:34
Hallo,
ich hoffe ich poste hier richtig.
Ich habe vor ca. 6,5 Jahren angefangen als Externer in Jura zu promovieren. Ich weiß inzwischen nur zu gut, dass die Motivation für ein solches Vorhaben sehr entscheidend ist, aber ich will ehrlich sein: mir ging es damals weniger um die Freude am wissenschaftlichen Arbeiten. Vielmehr war das ganze Vorhaben für mich einerseits eine willkommene Möglichkeit, nicht sofort in das Berufsleben einsteigen zu müssen. Andererseits fühlte ich mich als FH-Absolvent in Wirtschaftsrecht auch sehr geschmeichelt, aufgrund meiner sehr guten Diplom- und Masterarbeit, einen Doktorvater an der rechtswissenschaftlichen Fakultät einer Universät gefunden zu haben, der mich für promotionswürdig hielt. Das ist/war (für die Kombi FH-Wirtschaftsrecht / Uni-Jura) nicht unbedingt selbstverständlich, denn zwischen den beiden Studiengängen bestehen inhaltlich (vor allem in der Tiefe) meiner Ansicht nach erhebliche Unterschiede. Ich würde also ohne Rumgeeier nicht widersprechen, wenn jemand hier behauptet, ich habe eigentlich aus genau den falschen Gründen angefangen zu promovieren.
Durchgehalten habe ich die ganze Zeit eigentlich nur, weil mein Doktorvater nie sonderlich viel von mir verlangt hat. Den habe ich - wenn es hochkommt - beim jährlichen Doktorandenseminar angetroffen, wenn ich denn im Zweijahresrhythmus dort dann mal anwesend sein konnte/wollte. Noch entscheidender war es aber, so glaube ich, dass ich mich durch den Erhalt eines Stipendiums (ca. 20.000 € über die ersten 4 Jahre) und eines völlig missratenenen Zeitmanagements (Abschätzung wie lange die Promotion wohl noch dauern würde) stets selbst mit dem Hinweis "Jetzt bist du schon so weit gekommen und hast so viel investiert..." sehr unter Druck gesetzt habe und auch teilweise von anderen Leuten (Familie) habe setzen lassen. Aus heutiger Sicht ist es mir irgendwie unbegreiflich, warum ich nie den Mut hatte, einfach die Reißleine zu ziehen. Inzwischen ist es mir sogar völlig gleich, ob ich den Titel bekomme oder nicht - für das Thema, welches mir vom Prof vorgegeben wurde, konnte ich nie das in meinen Augen erforderliche Interesse aufbringen. Auch für mein jetztiges Arbeitsleben wären die zwei Buchstaben wohl nicht mehr als ein "nice-to-have".
Im Januar diesen Jahres habe ich es dennoch irgendwie geschafft, nach einer für mich sehr langen Leidenszeit endlich fertig zu werden und offiziell einzureichen. Mein Doktorvater kam vergangenen Montag auch mit dem Erstgutachten auf mich zu und bewertete die Arbeit mit "cum laude". Mir ist bewusst, dass das keine Meisterleistung, aber dennoch grundsolide ist. Ich habe ehrlich gesagt auch nichts großartig Anderes erwartet. Dafür fehlten/fehlen mir für den abschließenden deutschen Teil (ca. 1/3) meiner rechtsvergleichenden Arbeit (2/3 US-Recht) einfach die Körner mich nebenberuflich weiter zu quälen.
Nun habe ich inzwischen leider richtige Panik vor der bevorstehenden Verteidigung, auch wenn die wohl wahrscheinlich erst zu Beginn des kommenden Jahres stattfinden durfte. Die ganze Situation setzt mir so zu, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann und überhaupt nicht mehr in der Lage bin, mich vernünftig vorzubereiten. Zudem fühle ich mich nach der langen Zeit richtig ausgelaugt, denn ich habe die letzten 3 Jahre neben meinem Vollzeitjob promoviert und somit fast jedes freie Wochenende und auch zum Teil die Zeit nach der Arbeit abends für die Dissertation geopfert. Ich glaube es sagt schon viel, dass ich in den letzten 6 Jahren nur ein einziges Mal für eine Woche "so richtig" im Urlaub gewesen bin und selbst dorthin hatte ich mir dann Literatur mitgenommen, weil mich - wie immer - ein schlechtes Gewissen wegen meiner Dissertation plagte.
Ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, an dem ich ernsthaft überlege, die Dissertation zu schmeissen. Ich weiß, das muss gerade im Hinblick darauf, dass ich bereits eingereicht und auch das erste Gutachten erhalten habe, verrückt klingen, aber ich weiß einfach nicht mehr weiter. Meine Hauptsorge ist, dass sich meine Panik - gerade in der unmittelbaren Zeit vor der Verteidigung - noch x-fach verstärken wird und ernsthafte gesundheitliche (und folglich auch berufliche) Konsequenzen nach sich ziehen wird. Das kommt nicht von ungefähr, denn so erging es mir bereits vor 2 Jahren, als ich einen Teil meiner Arbeit auf dem Doktorandenseminar vorstellen sollte. Damals musste ich den Termin, nachdem ich mich völlig kirre gemacht hatte und sowohl geistig als auch körperlich völlig ausgelaugt war, schlussendlich absagen und mich mehrere Wochen erholen. Dazu kommt auch noch, dass gewisse, bereits erwähnte Familienteile einen Abbruch als "keine Möglichkeit" erachten (ich habe mich da in der Vergangenheit - zugegebener Maßen - sehr beeinflussen lassen) und ich gar nicht mal im Ansatz weiß, wie ich diese Sache meinem Doktorvater erklären soll. Der wird dafür, insbesondere weil die Uni gerne weiter mit der Stiftung die mich finanzierte zusammenarbeiten wollen wird, nur wenig Verständnis aufbringen.
Danke fürs Lesen. Vielleicht geht/ging es jmd ja ähnlich oder es hat sonst jmd hilfreiche Anregungen.
ich hoffe ich poste hier richtig.
Ich habe vor ca. 6,5 Jahren angefangen als Externer in Jura zu promovieren. Ich weiß inzwischen nur zu gut, dass die Motivation für ein solches Vorhaben sehr entscheidend ist, aber ich will ehrlich sein: mir ging es damals weniger um die Freude am wissenschaftlichen Arbeiten. Vielmehr war das ganze Vorhaben für mich einerseits eine willkommene Möglichkeit, nicht sofort in das Berufsleben einsteigen zu müssen. Andererseits fühlte ich mich als FH-Absolvent in Wirtschaftsrecht auch sehr geschmeichelt, aufgrund meiner sehr guten Diplom- und Masterarbeit, einen Doktorvater an der rechtswissenschaftlichen Fakultät einer Universät gefunden zu haben, der mich für promotionswürdig hielt. Das ist/war (für die Kombi FH-Wirtschaftsrecht / Uni-Jura) nicht unbedingt selbstverständlich, denn zwischen den beiden Studiengängen bestehen inhaltlich (vor allem in der Tiefe) meiner Ansicht nach erhebliche Unterschiede. Ich würde also ohne Rumgeeier nicht widersprechen, wenn jemand hier behauptet, ich habe eigentlich aus genau den falschen Gründen angefangen zu promovieren.
Durchgehalten habe ich die ganze Zeit eigentlich nur, weil mein Doktorvater nie sonderlich viel von mir verlangt hat. Den habe ich - wenn es hochkommt - beim jährlichen Doktorandenseminar angetroffen, wenn ich denn im Zweijahresrhythmus dort dann mal anwesend sein konnte/wollte. Noch entscheidender war es aber, so glaube ich, dass ich mich durch den Erhalt eines Stipendiums (ca. 20.000 € über die ersten 4 Jahre) und eines völlig missratenenen Zeitmanagements (Abschätzung wie lange die Promotion wohl noch dauern würde) stets selbst mit dem Hinweis "Jetzt bist du schon so weit gekommen und hast so viel investiert..." sehr unter Druck gesetzt habe und auch teilweise von anderen Leuten (Familie) habe setzen lassen. Aus heutiger Sicht ist es mir irgendwie unbegreiflich, warum ich nie den Mut hatte, einfach die Reißleine zu ziehen. Inzwischen ist es mir sogar völlig gleich, ob ich den Titel bekomme oder nicht - für das Thema, welches mir vom Prof vorgegeben wurde, konnte ich nie das in meinen Augen erforderliche Interesse aufbringen. Auch für mein jetztiges Arbeitsleben wären die zwei Buchstaben wohl nicht mehr als ein "nice-to-have".
Im Januar diesen Jahres habe ich es dennoch irgendwie geschafft, nach einer für mich sehr langen Leidenszeit endlich fertig zu werden und offiziell einzureichen. Mein Doktorvater kam vergangenen Montag auch mit dem Erstgutachten auf mich zu und bewertete die Arbeit mit "cum laude". Mir ist bewusst, dass das keine Meisterleistung, aber dennoch grundsolide ist. Ich habe ehrlich gesagt auch nichts großartig Anderes erwartet. Dafür fehlten/fehlen mir für den abschließenden deutschen Teil (ca. 1/3) meiner rechtsvergleichenden Arbeit (2/3 US-Recht) einfach die Körner mich nebenberuflich weiter zu quälen.
Nun habe ich inzwischen leider richtige Panik vor der bevorstehenden Verteidigung, auch wenn die wohl wahrscheinlich erst zu Beginn des kommenden Jahres stattfinden durfte. Die ganze Situation setzt mir so zu, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann und überhaupt nicht mehr in der Lage bin, mich vernünftig vorzubereiten. Zudem fühle ich mich nach der langen Zeit richtig ausgelaugt, denn ich habe die letzten 3 Jahre neben meinem Vollzeitjob promoviert und somit fast jedes freie Wochenende und auch zum Teil die Zeit nach der Arbeit abends für die Dissertation geopfert. Ich glaube es sagt schon viel, dass ich in den letzten 6 Jahren nur ein einziges Mal für eine Woche "so richtig" im Urlaub gewesen bin und selbst dorthin hatte ich mir dann Literatur mitgenommen, weil mich - wie immer - ein schlechtes Gewissen wegen meiner Dissertation plagte.
Ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, an dem ich ernsthaft überlege, die Dissertation zu schmeissen. Ich weiß, das muss gerade im Hinblick darauf, dass ich bereits eingereicht und auch das erste Gutachten erhalten habe, verrückt klingen, aber ich weiß einfach nicht mehr weiter. Meine Hauptsorge ist, dass sich meine Panik - gerade in der unmittelbaren Zeit vor der Verteidigung - noch x-fach verstärken wird und ernsthafte gesundheitliche (und folglich auch berufliche) Konsequenzen nach sich ziehen wird. Das kommt nicht von ungefähr, denn so erging es mir bereits vor 2 Jahren, als ich einen Teil meiner Arbeit auf dem Doktorandenseminar vorstellen sollte. Damals musste ich den Termin, nachdem ich mich völlig kirre gemacht hatte und sowohl geistig als auch körperlich völlig ausgelaugt war, schlussendlich absagen und mich mehrere Wochen erholen. Dazu kommt auch noch, dass gewisse, bereits erwähnte Familienteile einen Abbruch als "keine Möglichkeit" erachten (ich habe mich da in der Vergangenheit - zugegebener Maßen - sehr beeinflussen lassen) und ich gar nicht mal im Ansatz weiß, wie ich diese Sache meinem Doktorvater erklären soll. Der wird dafür, insbesondere weil die Uni gerne weiter mit der Stiftung die mich finanzierte zusammenarbeiten wollen wird, nur wenig Verständnis aufbringen.
Danke fürs Lesen. Vielleicht geht/ging es jmd ja ähnlich oder es hat sonst jmd hilfreiche Anregungen.