Re: Berufungsverhandlungen FH Professur
Verfasst: 22.08.2023, 08:40
Danke für deine Rückfrage, die sehr berechtigt ist. Ich habe mir von einer Professur erhofft, Studierende zu unterrichten, zu ermutigen Dinge auszuprobieren und dabei ausreichend Zeit zu haben für Forschung und Austausch mit der Praxis - um einfach am Ball zu bleiben. Das geht meiner Einschätzung nach mit 18 SWS nur schwierig, wenn man nicht >40h arbeiten möchte. Die Gehaltseinbußen sind zwar unschön, aber für mich persönlich wären diese noch verkraftbar. Aber wenn dann das Gesamtpaket aus fehlender Flexibilität und Gehalt nicht passt und auf der Pro-Seite nur ein Beamtentum und Pensionen stehen, ist mir das persönlich zu wenig. Sicherlich kann man argumentieren, dass man die 18 SWS komplett frei gestalten und unterrichten kann was man will (bzgl. "wann man will" - heißt an mind 3 besser 4 Tagen vor Ort, wurde mir in der Verhandlung erklärt), aber dann macht man auch im Endeffekt "nur" noch Lehre und es droht die Gefahr "fett und grummelig" zu werden (wie ein Vorposter geschrieben hat), sofern man nicht persönlich (Mehr)Zeit investiert. Leider sieht man vereinzelt Professoren, die sich auf "Lehre" beschränken, zu Beginn die Unterlagen erstellen und es sich dann gemütlich machen und über 20+ Jahre alte Folien unterrichten - gemütlich für die Profs, den Studierenden bringt das wenig. Das wäre nicht mein Ideal.deen_everstin hat geschrieben: ↑21.08.2023, 22:37 Woran liegt das deiner Meinung nach? Dem Anspruch der Hochschulen, dass man aus idealistischen Gründen in die Lehre geht und Gehalt dadurch eine untergeordnete Rolle spiele? Oder dass man mit einer Professur eine gesellschaftlich anerkannte Position bekleidet und das schwerer wiegt als eine konkurrenzfähige Bezahlung? Oder sind es strukturelle Probleme wie begrenzte Haushalte, die höhere Eingruppierungen oder andere (auch nicht-monetäre) Boni einfach nicht zulassen? Oder alles ooooder nichts davon? Und was war dein Grund, dich überhaupt für eine Professur zu bewerben?
In aller Kürze war also die Überlegung: a) Zeitliche Freiheiten zu haben, d.h. konkret weniger Arbeitszeit für Pflichtaufgaben (Lehre, Akad. Selbstverwaltung) zu verwenden und eher Zeit für Dinge wie Forschung und Vernetzung zu haben - mit der Nebenbedingung insgesamt weniger als in der Industrie zu arbeiten, d.h. (deutlich) unter 40h; Zudem eine möglichst freie Gestaltung, wann ich die Lehre anbiete (keine indirekte "Pflicht" 3-4 Tage vor Ort zu sein) und b) inhaltliche Freiheiten zu haben, d.h. konkret die Inhalte vorzugeben wie es einem passt und Forschung zu machen wie es einem passt. Vielleicht ist es auch nur ein "Wunschdenken", dass eine Professur dies ermöglicht...
Woran liegt es, dass die Hochschulen das nicht anbieten können? Ich denke es hat mehrere Gründe, a) die Verwaltung ist langsam und starr - es bestehen kaum Möglichkeiten davon abzuweichen (so interpretiere ich die Erklärung der Hochschulleitung warum es nicht geht), b) man möchte "faule" Professoren, die weniger Pflicht und mehr Freiheit haben, vermeiden (siehe Beispiel oben) und c) es gibt (noch) genügend BewerberInnen, die bereit sind fast alle Nachteile zu akzeptieren (Unverhandelbares Gehalt (ok, nicht für jeden ein "Nachteil", aber für manche), teilweise krasse Pendelzeiten zum Standort, One-Man-Show, hohe Arbeitsbelastung für Lehre).