Fertig... Was nun?

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
Funkwecker

Fertig... Was nun?

Beitrag von Funkwecker »

Hallo,
ja, ich bin nun endlich fertig. Vor zwei Wochen habe ich meine Disputation und habe meinen Promotion spät (mit 32 Jahren), aber immerhin ganz gut (summa), in einem Informatik-nahem Fach beendet. Nun stellt sich natürlich die Gretchenfrage: Wissenschaft oder Wirtschaft? Oder gibt es gar einen Mittelweg?

An der Uni bleiben macht wohl nur Sinn, wenn man Professor werden möchte, oder ein jämmerliches Dasein als akademischer Rat fristen will. Beides ist mit viel Organisationsaufgaben und viel Lehre verbunden. Mag ich beides nicht.

In die Wirtschaft gehen ist das andere Extrem. Ich mag gerne Forschen, was man ja auch in der Wirtschaft kann. Aber ich denke, zum Forschen gehört auch publizieren und der wissenschaftliche austausch. Ich die Befürchtung, dass man hier nicht ganz so frei forschen kann.

Deswegen meine Frage: Wie sieht es mit Forschungsinstituten ala Frauenhofer aus? Sind dies im Allgemeinen nur Sprungbretter für Doktoranten, um danach in die Wirtschaft abzuwandern, oder kann man durchaus langfristig an einem solchen Institut als Forscher (und postDoc) eine wissenschaftliche Karriere anstreben?
Ilma

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von Ilma »

Hallo!

Fachlich kann ich überhaupt nichts beitragen, aber ich würde dir gerne etwas von deinem Pessimismus nehmen:

Du schreibst, du habest "spät aber immerhin ganz gut" promoviert.

Dazu fällt mir zweierlei ein:

1." spät": 32 finde ich ein vollkommen normales Alter und überhaupt nicht spät, Ende 30 ist vlt. spät, aber 32 bestimmt nicht, sondern noch total im Rahmen.

2. "immerhin ganz gut": Soweit ich weiß, ist summa die beste mögliche Bewertung einer Promotion. Was wäre denn dann sehr gut für dich? Immerhin ganz gut ist cum laude (heißt doch "mit Lob")

Sag doch lieber: Ich habe schon mit 32 und sogar herausragend gut promoviert!!! :blume:

Freu dich doch mal und Herzlichen Glückwunsch!

Andere wären froh, wenn sie in deinem Alter so eine Leistung erbracht hätten!
Funkwecker

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von Funkwecker »

Vielen Dank für die Antwort. Leider hat sich nun durch ein mießverständnis rausgestellt, dass es "nur" magna ist, und nicht summa. Schade. Naja. Leider bin ich in meinen Überlegungen noch nciht weiter gekommen. Ich werde mich mal an meinem Institut umhören, ob mir jemand einen Rat geben kann...
aimster

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von aimster »

Würde mich auch interessieren, obwohl ich mit meiner dis noch lange nicht fertig bin;).
Akademischer Rat ist aber alles andere als jämmerlich in meinen augen, dürfte in e13 oder 14 besoldet sein + event. aussicht auf verbeamtung.

die wirtschaft ist meiner erfahrung nach inhaltlich eine ganz andere welt, meist deutlich weniger abstrakt und geistig fordernd als die arbeit an der dis.
Funkwecker

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von Funkwecker »

Naja, ich weiß nicht... Die akademischen Räte bei uns sind im wesentlichen mit Lehre und Verwaltung beschäftigt. Forschung läuft da wenig bis gar nicht. Ich habe immer das Gefühl die sind eher soetwas wie halbe Professoren :)
Telephonmann

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von Telephonmann »

Bei einem "Informatik-nahen Fach" würde ich auf jeden Fall in die Wirtschaft gehen und mir die prekäre Sklavenarbeit an der Uni ersparen. Bedenke: Wenn Du die wissenschaftliche Laufbahn einschlägst, erwarten Dich erst einmal einige Jahre als PostDoc/Oberassistent bei (in Deutschland) miesem Lohn und noch mieseren Arbeitsbedingungen (befristet!). Irgendwann wird dann erwartet, dass Du eine tolle Habil einreichst (wobei Du bis dahin auch sonst genetzwerkt und in einschlägigen Journals publiziert haben solltest, um überhaupt eine Chance zu haben), wodurch Du Dir die Chance eröffnest, vielleicht eventuell womöglich so Gott will einen "Ruf" auf eine Professur zu erhalten - dabei wird allerdings die Bereitschaft deinerseits vorausgesetzt, auch an irgendeine Pampa-Uni zu gehen. Das alles tust Du bei einem Lohn, über den Deine Informatikerkollegen in der freien Wirtschaft müde lächeln würden.
Ich selber tue mir das momentan zwar an, aber das hat mit meiner Fächerwahl zu tun. Als Geisteswissenschaftler sind meine Optionen ausserhalb der Uni eh limitiert, weshalb die "Ochsentour" in der Wissenschaft immer noch die attraktivere Option darstellt. Aber auch ich arbeite parallel an einem "Plan B", einer Berufsausbildung, die mir auch eine Karriere ausserhalb der Forschung ermöglichen würde. Egal, wie Du Dich entscheidest: einen Plan B musst Du auf jeden Fall in Deine Überlegungen einbeziehen.
tara

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von tara »

@ Telephonmann: Du machst die Berufsausbildung neben der Diss? Wie viel Zeit nimmt das denn in Anspruch?
Und - falls Du es sagen möchtest - welche Ausbildung ist das? ich promoviere auch in den Geisteswissenschaften
und mache mir viele Gedanken, wie es später weitergeht....Wissenschaft und Uni würden mich sehr unteressieren,
aber es ist ja fraglich, ob ich dort etwas erreichen kann; ich bin halt auch leicht über dem Altersschnitt, wenn ich
fertig bin....
flowww

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von flowww »

Gehört jetzt vielleicht nur am Rande zum Thema, aber ich frage mich, warum immer soviel über die PostDoc-Besoldung gejammert wird: E14 sind bei Steuerklasse 3 und Stufe 3 immerhin ca. 2.700 netto - bei sehr vielen Freiheiten, die man als Forscher nunmal hat.

Soviel muss man in der Wirtschaft erstmal verdienen (zumindest als Geisteswissenschaftler kriegt man das Geld ja nicht gerade hinterhergeworfen).

Ok, Befristungen sind natürlich immer doof. Aber die gibt's ja auch in der Wirtschaft. Bzw. dort ist gerade in der Anfangsphase ein Jobwechsel alle 2,3 Jahre nichts ungewöhnliches.

Nur mal so als Anregung...

Viele Grüße
Flowww
Mathilda

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von Mathilda »

@Flowww, naja, hier im konkreten Fall ging es um ein informatiknahes Fach, da sind 2.700 netto in der freien Wirtschaft relativ fix zu erreichen. Man darf ja auch nicht die Einstiegsgehälter vergleichen (wobei es auch da sicher nicht so unrealistisch ist, 2.700 netto zu erreichen), sondern muss sich auch überlegen, wie die Spanne nach einigen Jahren Berufstätigkeit aussieht. Abgesehen von dieser Spanne ist es nach der Habil in vielen Bereichen quasi unmöglich, einen Job außerhalb der Uni zu finden, und dann wird es richtig schwierig, sich als Lehrbeauftragter (und man bedenke die Qualifikation, die man bis dahin im Schweiße seines Angesichts erarbeitet hat) durchzuschlagen, und um den Ruf auf einen Lehrstuhl balgen sich ziemlich viele hoffnungsfrohe Nachwuchswissenschaftler, so dass die Chancen auch nicht super-rosig sind. Und finanziell sieht es im Vergleich zu den ehemaligen Studienkollegen auch sehr mau aus. Insofern finde ich das schon bedenkenswert.
Ich persönlich hätte "theoretisch" sehr gerne noch habilitiert, aber ich hab mich mit vergleichbaren Ausgangsvoraussetzugen wie beim Themenersteller dagegen entschieden. Grund ist bei mir die Zukunftsperspektive gewesen: 6 Jahre an der Uni als Habilitant - und dann? Da mache ich es lieber umgekehrt, sammle aktuell Erfahrungen in der freien Wirtschaft und überlege mir dann später irgendwann, ob ich mich auf FH-Professuren bewerbe oder auf anderem Weg zurück in Lehre/Forschung gehe (die mich nach wie vor sehr reizen). Erfahrungen in der freien Wirtschaft schaden dafür auch ganz sicher nicht.

Viel Erfolg
Mathilda
flowww

Re: Fertig... Was nun?

Beitrag von flowww »

@Mathilda: Klar, kann man in der Wirtschaft mehr verdienen. Als Informatiker bestimmt sowieso. Trotzdem ist es ja (auch bei der PostDoc-Vergütung) nicht so, dass die Menschen am Hungertuch nagen müssten - wie es oft in der öffentlichen Debatte suggeriert wird. Wenn das so wäre, würdest Du ja wahrscheinlich auch keine FH-Professur (die zumindest bei W2 auch nicht erheblich besser bezahlt sein muss als eine PostDoc-Stelle) in Erwägung ziehen, oder?

Was die strukturelle Problematik angeht, gebe ich Dir natürlich recht. Ich versuche daher auch zweigleisig zu fahren...
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