Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

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Baldrian

Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von Baldrian »

Seit einigen Monaten sitze ich an meiner Diss, und bisher habe bei Stipendien, Graduiertenkollegs u.ä. ich noch kein Glück gehabt. Einige Male habe ich schon gelesen, dass die Gewährung eines Stipendiums eine wichtige Bestätigung der Relevanz des Diss-Themas ist. Das kann ich nachvollziehen, schließlich hat keiner Geld zu verschenken. Mittlerweile habe ich allerdings auch schon mehrmals gehört, dass die mehrfache Ablehnung dem Bewerber zu denken geben sollte: Dann könne etwas mit dem Thema nicht stimmen.
Das kann ich so nicht ganz einsehen. Klar kann es solche Fälle geben. Mit einiger Wahrscheinlichkeit heißt das, dass ich mein Projekt noch besser gliedern und überarbeiten sollte. Aber ein Stipendium oder die Aufnahme in ein Graduiertenkolleg können doch von so vielen Faktoren abhängig sein, von der Ausrichtung der momentan verfügbaren Gruppen bis hin zu der schieren Masse an Bewerbern! Nur weil ich bisher nicht als die Allerallerbeste wahrgenommen worden bin - heißt das wirklich gleich, dass ich schlecht bin?
DoneXY

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von DoneXY »

Baldrian hat geschrieben:Einige Male habe ich schon gelesen, dass die Gewährung eines Stipendiums eine wichtige Bestätigung der Relevanz des Diss-Themas ist. Das kann ich nachvollziehen, schließlich hat keiner Geld zu verschenken. Mittlerweile habe ich allerdings auch schon mehrmals gehört, dass die mehrfache Ablehnung dem Bewerber zu denken geben sollte: Dann könne etwas mit dem Thema nicht stimmen.
Sowas habe ich noch nie gehört, allerdings habe ich mich nie mit diesem Thema beschäftigt. Es erscheint mir jedoch unlogisch, da dies voraussetzen würde: a) Für alle relevanten Dissertationen seien Mittel zur Finanzierung vorhanden. b) Stipendien würden nur nach der Relevanz des Themas vergeben, doch parteinahe Stiftungen werden sich nicht nur für das Thema, sondern auch für die Zielrichtung einer von ihnen zu fördernder Diss. interessieren.

Dessen ungeachtet kann es natürlich auch am Thema, aber auch an dessen Darstellung liegen.
Hem

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von Hem »

Liebe Baldrian,
nein, dass heißt nicht, dass du schlecht bist oder dass dein Projekt nichts taugt! Es gibt eine Menge Gründe für die Ablehnung - und die können über die Finanzsituation des Geldgebers über die Passung in die Stiftung oder das Kolleg bis hin zu ganz subjektiven Sympathien oder Antipathien der Gutachter reichen. Das heißt, eine Ablehnung kann mit der Qualität des Projekts in Zusammenhang stehen, muss es aber nicht! (Ich saß jobbedingt in einer Menge von Auswahlgesprächen für Stiftungen und habe die haarsträubensten Entscheidungen mit offen Mund verfolgen dürfen - das war teilweise schwer erträglich, da hier nicht nur über die psychische Befindlichkeit, sondern auch über die Karrierwege von Bewerbern nach fragwürdigsten Kriterien entschieden wurde!)
Ich würde raten, dein Projekt einer kritischen Revision zu unterziehen (gib es am besten Kollegen zur Lektüre) und wenn es passt, nimm die Absagen nicht persönlich (ich weiß, das sagt sich so leicht...). Und vor allem: Versuch es weiter! (Ich kenne Menschen, die von einer kleinen und nicht so wichtigen Stiftung abglehnt wurden und dann bei einer Top-Adresse unterkamen - wie gesagt, vieles ist sehr subjektiv!)
Viel Erfolg
-Hem
BertaFrieda

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von BertaFrieda »

... und immer schön an Astrid Lindgren denken: Ihr Manuskript zu Pippi Langstrumpf wurde auch nicht sofort angenommen. In diesem Fall war das ganz bestimmt kein Indikator für ein schlechtes oder gar bedeutungsloses Buch.

Deswegen schließe ich mich den anderen an; dass du bis jetzt noch keine Stipendiumszusage bekommen hast, muss nicht heißen, dass dein Projekt schlecht oder irrelevant wäre. Es kann an hunderttausend anderen Dingen liegen.

Viele Grüße
BertaFrieda.
Baldrian

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von Baldrian »

Vielen Dank für eure Antworten! Das beruhigt ungemein. Wenn man so einen Satz mal eben so lapidar von sogenannten 'Experten' hingeknallt bekommt, kann einen (oder zumindest: mich) das schon ziemlich aus der Fassung bringen.
Wierus
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Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von Wierus »

Ich hab auch mal gesagt bekommen, dass Stipendien nach einer groben Durchsicht der Themen und Bewerber quasi "gelost" werden.
crêpenoisette

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von crêpenoisette »

Es kann wie schon gesagt wurde von so vielem Abhängen. U.a. nicht zu unterschätzen sind Renommée und Kontakte des DV/der DM.

Dann ist es natürlich so, dass geisteswissenschaftliche Dissertationen in der Regel tatsächlich für Förderer weniger relevant, interessant sind als solche aus anderen Fachbereichen, hier wird dann auch nochmal unterteilt zwischen aktuellen Themen und, krass ausgedrückt, total irrelevantem für unser aktuelles Leben (z.B. die Bedeutung von xy im Werk von z zwischen 1230 und 1235).

uswusf. Es kann an allem liegen.
Baldrian

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von Baldrian »

crêpenoisette hat geschrieben: Dann ist es natürlich so, dass geisteswissenschaftliche Dissertationen in der Regel tatsächlich für Förderer weniger relevant, interessant sind als solche aus anderen Fachbereichen, hier wird dann auch nochmal unterteilt zwischen aktuellen Themen und, krass ausgedrückt, total irrelevantem für unser aktuelles Leben (z.B. die Bedeutung von xy im Werk von z zwischen 1230 und 1235).

Jjjjjjjep, da fall ich leider drunter.... sogar die Zeitspanne stimmt fast. :roll:
MastaofDissasta

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von MastaofDissasta »

Nicht ärgern lassen. Vielleicht ist das ja auch ein Weg: Dir erst noch mal bewusst zu machen, warum du dich für das Thema begeistern kannst und dann konkret herauszuarbeiten, warum das auch heute noch wichtig ist. Ich beschäftige mich u.a. mit einer 50 Jahre alten Regelung (in meinem Fall ist das älter als die Disziplin, in der ich abgebe) und beginne Abstract gerne auch mal mit "Die Regelung XY ist so gut wie vergessen, fast schon verdrängt, was methodisch nicht gerechtfertigt ist". Und dann erläutere ich, zu welchen falschen Schlussfolgerungen Wissenschaftler der letzten fünfzig Jahre gekommen sind, nur weil sie diese Regelung nicht sorgfältig aufgearbeitet haben. Genauso könntest du vielleicht auch mit Stipendiengebern umgehen: Direkt im ersten Satz sagen, dass deine Arbeit nicht dazu führt, dass Autos schneller fahren oder Kuchen schöner aufgeht, sondern reinen Erkenntniswert hat, weswegen du nicht zwischen mehreren Finanzierungsformen wählen kannst.
crêpenoisette

Re: Kein Stipendium -> Projekt untauglich?

Beitrag von crêpenoisette »

Ich wollte Baldrian nicht ärgern. Ich bin selbst Geisteswissenschaftlerin und habe auch nur ein kleines Stipendium (3 Monate) bekommen und gehe jetzt nebenher arbeiten.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass ein Stipendium den Geber ja kostet, und es Fachrichtungen/Projekte gibt wo Stipendien u.U. leichter zu erlangen sind, und dazu gehören viele Geisteswissenschaften nunmal nicht.
Man muss irgendwie die Relevanz des Projekts für die heutige Zeit herausstellen. Vor allem in Fächern, wo es viele Doktoranden gibt und außer Stipendien wenig andere Möglichkeiten der Finanzierung (Geisteswissenschaften!) ist die Konkurrenz um die wenigen Stipendien auch höher.

@ Baldrian: Der Stipendiengeber gibt dir 2 Jahre um die 1200 €, und er möchte nicht irgendwas fördern, sondern am liebsten irgend ein relevantes Thema, was natürlich nicht jeder hat. Aber dann muss man es trotzdem irgendwie schmackhaft machen.
Meines z.B. ist relevant, da die Sprache die ich dokumentiere in 30 - 50 Jahren ausgestorben sein wird. Scheinbar war es nicht relevant genug, oder es hat an sonst irgendwas gelegen (s.o.).
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