Doktortitel ohne Universitätsstudium erwerben

[Andre86]

Guten Tag,

ich wurde aufgrund meiner Tätigkeit als Genealoge und Ortsgeschichtsforscher von verschiedenen Seiten angesprochen,
mein derzeitig projektiertes Buch doch als "Doktorarbeit" einzureichen und mit dieser einen entsprechenden Doktortitel
zu erwerben.
Das Buch, eine exakte Auflistung aller Bewohner einer Ortschaft mit allen denkbaren Zusammenhängen, quasi eine fein
ausgearbeitete Digitalisierung wertvoller Kirchenbücher und weltlicher Unterlagen, wird in etwa 1400 - 1500 Seiten stark.
Da ich leider nach meiner langen Ausbildung aus verschiedenen Gründen kein Studium antreten konnte (Es sollte Architektur
sein), würde ich diesen "Wunsch" von u.a. Hochschulabsolventen gerne erfüllen. Natürlich auch für mich selbst.
Meine Frag wäre nun, welche Schritte und welche Kosten (nicht nur finanzieller Natur) auf mich zukommen würden.

Bitte nicht als "Rosinenpicken" ansehen, ich hätte wirklich gern den "normalen" Weg eingeschlagen. Zumal mein angestrebter
Doktortitel keinerlei Zusammenhang mit meinem Wunschstudium oder irgendeiner anderen praktischen Art, wie bspw. Medizin o.ä.
zutun hat.


Vielen Dank im Voraus und herzliche Grüße

André

[Wissbegierige]

Hallo Andre,
ehrlich gesagt sehe ich wenig Chancen für dich in Deutschland ohne jeglichen Studienabschluss auf seriösem Wege eine Dissertation einreichen zu können. Ich weiß, dass es schon für FH-Absolventen sehr schwierig ist!
Eine Dissertation muss auch immer Neues beinhalten, was mir aus deinem Vorhaben nicht ersichtlich ist. (Bin allerdings auch kein Historiker.)
Du könntest mal versuchen mit einem Prof. an einer Uni (Geschichte oder histor. Hilfswissenschaften) einen Geprächstermin zu vereinbaren. Eventuell könnte dir auch das Dekanat einer Uni weiterhelfen.
Viele Grüße

[DoneXY]

Ohne Studienabschluss kannst Du nicht promovieren, dennoch kannst Du einen Doktortitel kriegen. Denn viele (alle?) Promotionsordnungen sehen den Fall vor, dass eine Person hervorragende wissenschaftliche Arbeit leistet, ohne die formellen Promotionsvoraussetzungen zu erfüllen. Um deren Arbeit zu würdigen gibt es den Dr. honoris causa bzw. Dr. h.c. (Ehrendoktor).

Einfach die von Dir genannten Hochschulabsloventen ansprechen und fragen, an welche Fakultät sie in Deinem Fall gedacht haben. Danach die ensprechende Promotionsordnung besorgen und sich an die Fakultät wenden. Nach Möglichkeit auch hierbei die bestehenden Kontakte Deiner Bekannten bei der Kontaktaufnahme nutzen. Also gegebenenfalls erstmal mit deren "Lieblingsprof" reden.

[Thales]

Hallo André,

einiges Richtiges wurde ja schon gesagt, schwierig wird es auf jeden Fall.

Ich möchte allerdings noch folgendes fragen: Was stellst du dir unter einer Doktorarbeit vor?
Eine wissenschaftliche Arbeit beinhaltet nicht nur die Arbeit eines Jägers und Sammlers. Was ich sagen möchte: nicht nur das Sammeln der Daten ("Auflistung aller Bewohner... mit allen Zusammenhängen") ist gefragt, sondern auch die Interpretation und das Ziehen von Schlüssen, die zu neuen Erkenntnissen führen. Ich kenne deine Arbeit nicht, aber von der bisherigen Beschreibung könnte zwar der Aufwand und Umfang beeindruckend sein, aber leider die Anforderungen einer Doktorarbeit trotzdem nicht unbedingt erfüllen.

[Wierus]

Mit den entsprechenden Kontakten wäre zumindest ein Dr. honoris causa denkbar. Die Betonung liegt jedoch auf "denkbar", denn er wird leider fast ausschließlich an "wichtige" Personen des öffentl. Lebens verliehen, d.h. an Politiker, Künstler, bekannte Intellektuelle u.ä.

Wenn man alle Mitglieder des Promotionsausschusses kennt, der Uni in der Vergangenheit nennenswerte Sach- oder Geldspenden zukommen ließ (die erkennbar nicht im Zusammenhang der Promotionsabsicht stehen) und - ganz besonders wichtig - einen beachtlichen wissenschaftlichen Beitrag leistet, dann könnte es auch für einen nicht-studierten "Normalbürger" rein theoretisch möglich sein.

[Wissbegierige]

Für einen Dr. h.c. muss allerdings (zumindest an meiner Fakultät) für die Wissenschaft wesentlich mehr geleistet werden als eine fleißige Veröffentlichung!
Deshalb habe ich diese Möglichkeit von Vornherein ausgeschlossen. Das Posting hat sich für mich eher weniger angehört, als sei der Verfasser eine etablierte Kapazität. (Ich habe aus dem Nick - evtl. unberechtigter Weise - auch auf ein zartes Alter von 26 Jahren geschlossen.)

[Laplace]

Siehe auch viewtopic.php?f=1&t=1367

[OMGScience]

Alternativ könntest du überlegen, ob du deine Ergebnisse zusammen mit einem promovierten Wissenschaftler herausgibst -- etwa in einer Fachzeitschrift. Dann hättest du zumind. eine wissenschaftl. Publikation erzielt.

Alternativ: An der FernUniversität in Hagen neben dem Beruf Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Geschichte studieren (das wäre der harte Weg) (B.A., Dauer (Vollzeit): 3 Jahre). Evtl. könnte man dich dann nach einem sehr, sehr guten B.A. irgendwo zur Promotion zulassen ...

[Andre86]

Hallo und vielen Dank für die Antworten!

Das "zarte" Alter von 26 Jahren ist korrekt. Ich bin seit 5 Jahren Tischlermeister. Dieser Titel erlaubt es mir ein Studium zu absolvieren, allerdings hätte ich mich für Architektur entschieden und weniger für Geschichte. Medizin oder Rechtswissenschaften würden im Vorfeld gänzlich ausscheiden!
Die genannt Arbeit ist nicht nur als Sammelwerk zu betrachten, da durch die Ausarbeitung von 4 Jahrhunderten Orts- bzw. Personengeschichte wesentlich mehr zusammengetragen wird als es scheint.
Neben vielen Kriegen in unserem Landstrich, politischen Wandlungen und Epidemien kommen viele andere Aspekte hervor. Heute nicht mehr existierende Krankheiten (Medizin), politische Aspekte (Steuerlisten, Musterungsrollen und Mastregister u.a. aus dem HStA), uvm., die sich alle nicht nur auf die betreffende Ortschaft beziehen, sondern auf einen großen Umkreis und teilweise landesweit.
Ich denke, dass es sich durchaus um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, die sich mit schwerpunkt Geschichte befasst, jedoch alle Bereiche des menschlichen Daseins berührt. Das Hauptaugenmerk bilden hierbei natürlich die Bewohner der vergangenen Jahrhunderte, allerdings soll im Vorfeld in verschiedenen Kapiteln auf alle anderen anfallenden Themen näher eingegangen werden.

Im Voraus vielen Dank für weitere Antworten.

Herzliche Grüße

André

[Andre86]

PS: Ich habe zwar bis zur 10. Klasse das Gymnasium absolviert, da ich zunächst mein Leben bei der Bundeswehr als Berufsoffizier fristen wollte.
Allerdings habe ich mich schließlich verpflichtet gefühlt, den über 200 Jahre alten Familienbetrieb weiterzuführen. Deshalb gab ich mich mit dem "erweiterten Realschulabschluss" zufrieden.