Doctor or Joke?

[aliendoctor]

Vor ein paar Jahren habe ich meinen Doktor-Titel erworben. Nach meiner Promotion begann meiner Albtraum:

Kurz vor meiner Verteidigung war ich schon auf der Suche nach einer Stelle in Industrie, da mein Bereich in Ingenieurwissenschaft ist. Wegen meines geringen Sprachkenntnisses und der Doktorarbeit, bei der nicht gängige Software Tools eingesetzt wurden, hat die Suche mehr als 6 Monate gedauert. Endlich konnte ich mich auf einen Arbeitsvertrag freuen. Ich dachte, Ich stand vor einer hellen Karriere. Nach kurzer Einarbeitung konnte ich die Aufgaben schon gut bewältigen, und muss den Vorgesetzten regelmäßig um weitere Aufgaben bitten. Dabei ist die Beziehung mit ihm schief gegangen. Schließlich bin ich darauf gekommen, dass meine Aufgaben eigentlich zu Techniker gehören, der Vorgesetzte mich nur als Techniker anstellen will. Ich wundere mich, warum er einen hochqualifizierten Doktor (made in Germany) runter einstufen möchte. Ich frage mich, ob sich meine schwere Arbeit zur Promotion lohnt, und ob meine mehrjährige berufliche Techniker-Erfahrung mit Doktor-Titel eine bittere Joke ist. Gibt es eine R&D Chance für einen ausländischen Dr.-Ing. in Industrie? Nachrichten zufolge gebe es 80000 vakante Ingenieur-Stellen in Deutschland. Die deutschen Firmen suchen die besten Kandidaten aus Ausland, dann weisen ihnen runtergestufte Aufgaben zu. Nach einigen Jahren werden die Ausländer wie Abschaum gegen neue ausgetauscht.

Mein Name ist nicht von guttenberg. Meine Tüchtigkeit werde früher oder später hervorgehen, aber anscheinend nicht in Deutschland.

[amphritite]

Wäre es nicht eine Option, auch grenzüberschreitend, also jenseits deutschen Terrains nach Stellen Ausschau zu halten, die deiner hohen Qualifikation entsprechen und bei der Jobsuche den Fokus besonders auf Stellen zu richten, bei denen du mit deiner Internationalität, an der sich evt. einige stören, (wahrscheinlich kannst du mindestens 3 Sprachen gut bis sehr gut (Muttersprache, Deutsch, Englisch)) punkten kannst?

Leider ist Rassismus immer noch ein ziemlich aktuelles Thema - auch in deutschen Büros. Resignieren und leiden hilft aber nicht weiter....Kopf hoch...kämpfen...

[Laplace]

Die Geschichte klingt wirklich ein bisschen traurig. Ob das allerdings etwas mit Rassismus zu tun haben muss, weiß ich nicht. Wenn das der Fall ist, macht es die Geschichte noch schlimmer. Ganz klar gibt es Rassismus-Probleme, aber ähnliche Probleme habe ich auch schon von Deutschen gehört.

Ein paar Monate nach einem passenden Job suchen kann leider passieren. Gerade nach der Promotion bist du sehr spezialisiert. Dadurch wird die Jobsuche nicht einfacher. Die Presse und die Politik übertreibt oft den "Ingenieurmangel". Manchmal denke ich, es gibt eher ein Mangel an billigen Ingenieuren unter 35 Jahren, mit exakt passenden Fachkenntnissen. Ich denke, die Industrie will oft kein Geld für Weiterbildung bezahlen.

Ein Freund hat vor kurzem auch als "Techniker" gearbeitet. Das beduetet, er hat Geld wie ein Techniker bekommen, aber Arbeit als Ingenieur gemacht. Der hat zwar keinen "Dr.", sondern ist nur Dipl.-Ing. Das macht das Problem aber auch nicht besser. Die Bezahlung schlecht, die Anerkennung für seine Arbeit war gering. Seine Lösung war ganz einfach: Er hat sich einen neuen Job gesucht. Das Thema im neuen Job macht weniger Spaß, aber alles andere ist besser geworden.

Deine Deutsch-Kenntnisse klingen nicht schlecht. Wenn du so redest, wie du schreibst, ist das doch schon prima. Als Ingenieur sollst du keine Literatur schreiben, sondern Berechnen, Auslegen, Entwickeln, Testen, Prüfen, Konstruieren.... Mein Tipp: Nicht aufgeben! Deine Probleme sind doof, aber wenn du dich fleißig bewirbst, findest du bestimmt bald einen guten Job. Hast du Freunde oder Bekannte, die schon länger (als Ingenieur) in Deutschland arbeiten? Die geben dir bestimmt gerne Tipps und Hilfe beim Bewerbungsprozess. Besonders Muttersprachler können dir mit den Bewerbungsunterlagen helfen.

Übrigens: Mein Chef und ein Projektleiter von mir kommen beide nicht aus Deutschland, nichtmal aus der EU oder "dem Westen". Einer von den beiden spricht auch nur mittelmäßig deutsch. Und beide haben offenbar sehr gute Jobs in der Industrie bekommen. Ausländer in dieser Firma sind nicht ungewöhnlich.