Statistikprogramme: SPSS vs. R

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marowe

Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von marowe »

Hi Leute,

mir spukt seit geraumer Zeit die Frage im Kopf rum, ob ich für stat. Auswertung SPSS oder R nehmen sollte.
Ich promoviere im nat.wiss. Bereich, aber als Externer im med. Bereich. Die Mediziner benutzen alle fleißig SPSS. Ich finde das Programm einfach von der Bedienung, zumal ich keine Erfahrung im Programmieren hab. Nun habe ich aber von ein paar Bekannten gehört, die im nat.wiss. Bereich promovieren, dass SPSS nur "Kinderkram" sei und ich lieber mit R arbeiten sollte.

Nun meine Frage:
Was sind eure Erfahrungen? Pro Contra?

Wie sieht es mit LaTex und SPSS bzw. R aus? (Habe mich nun doch dazu entschlossen für meine Diss LaTex zu nehmen)
holladiewaldfee

Re: SPSS vs. R

Beitrag von holladiewaldfee »

Hallo,

ich nutze R schon seit Jahren und bin mit SPSS nur mal in meiner Bachelorarbeit in Beruehrung bekommen. Der Nachteil der "bedienungsfreundlichen" Klickibunti-Programme ist halt, dass man nicht immer genau weiss (oder nachschaut), welche Analyse im Hintergrund laeuft. Daher ist meine Meinung ganz klar: R. Und es ist schnell zu lernen, auch fuer Programmier-Neulinge. Unter Statistikern ist SPSS als BWLer-Programm verschrien. Du wirst aber sicher ganz viele Leute finden, die mit SPSS gluecklich sind (eben wegen der Bedienbarkeit). R erfordert halt zwei Wochen Biss, um erstmal reinzukommen, dann ist die Lernkurve sehr steil.

Was LaTeX angeht, Du kannst in R z.B. PDF-Grafiken erstellen und die dann problemlos einbinden. R unterstuetzt aber eine ganze Reihe von Graphikformaten, das ist kein Problem (in SPSS vermutlich auch nicht).

Wenn Du noch Fragen zu Graphiken in R hast, her damit.

HTH, holladiewaldfee!
df83

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von df83 »

Ich kann dir auch nur zu R raten.
Nachdem ich früher einiges mit SPSS gemacht hatte, war ich wirklich begeistert über die Flexibilität und die Möglichkeiten von R.

Ich kann mich holladiewaldfee nur anschließen: in 1-2 Wochen kann man mit einem guten Lehrbuch eine ordentliche Grundlage aufbauen. Also keine Scheu vor dem "Programmieren".
holladiewaldfee

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von holladiewaldfee »

Um noch kurz auf den Hinweis zu einem "guten Lehrbuch" einzugehen: Auf der R-Webseite (http://www.r-project.org) gibt es Tutorials, ausserdem ist die HTML-Hilfe sehr gut, die man direkt aus dem Programm aufrufen kann.
DoneXY

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von DoneXY »

marowe hat geschrieben:Ich promoviere im nat.wiss. Bereich, aber als Externer im med. Bereich. Die Mediziner benutzen alle fleißig SPSS.
Ich würde ganz spießig das Programm nehmen, das in meinen Lebenslauf und zu meinen beruflichen Zielen am Besten passt.

Hilft das nicht bei der Entscheidung, weil das verwendete Programm hierfür keine Rolle spielt, würde ich das wählen, was mich mit dem geringsten Einsatz von Zeit und Mühen zum Ziel führt.

Wenn das folgende Zitat die allgemeine Erfahrung widerspiegelt und bei R die Lernkurve auch nach einer zweiwöchigen Einarbeitungszeit mit Biss steil bleibt, würde ich mit SPSS weitermachen.
holladiewaldfee hat geschrieben:Du wirst aber sicher ganz viele Leute finden, die mit SPSS gluecklich sind (eben wegen der Bedienbarkeit). R erfordert halt zwei Wochen Biss, um erstmal reinzukommen, dann ist die Lernkurve sehr steil.
SPSS wird keinesfalls nur von BWLern benutzt, sondern ist in der empirischen Sozialforschung recht verbreitet.
holladiewaldfee

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von holladiewaldfee »

SPSS wird keinesfalls nur von BWLern benutzt, sondern ist in der empirischen Sozialforschung recht verbreitet.
Ja. Und in der Statistik benutzt man R oder SAS (oder S-Plus, aber das ist nur die kommerzielle Version von R). SAS ist aber ar***teuer, schwierig zu lernen, und die Graphiken sind etwas unschoen.

Ist wie mit der Programmierung einer Webseite: Moechte man was Sinnvolles, Zukunftstraechtiges auf die Beine stellen (und meinetwegen auch im Lebenslauf zeigen, dass man Ahnung hat), wuerde man wohl kaum Dreamweaver oder ein anderes WYSIWYG-Programm verwenden. Nur weil eine breite Masse gluecklich mit etwas ist (weil es eben leicht bedienbar ist und man sich keine Gedanken darueber machen muss), heisst das nicht, dass ein Produkt gut (oder gar das Nonplusultra) ist. Siehe BILD-Zeitung :-)
würde ich das wählen, was mich mit dem geringsten Einsatz von Zeit und Mühen zum Ziel führt.
Genau das wollte ich ausdruecken: Nur, weil etwas schnell zum Ziel fuehrt, bedeutet das nicht, dass das Ergebnis richtig ist. Die Gefahr bei jeder Art von Programmen mit Bedienoberflaeche ist, dass man nicht weiss, was im Hintergrund passiert. Wenn es rein um die Visualisierung geht, kann man das Programm waehlen, das am leichtesten bedienbar ist oder die schicksten Graphiken erzeugt. Wenn es auch um statistische Analysen geht, ist es m.E. gefaehrlich, sich etwas zusammenzuklicken, bei dem man gar nicht weiss, ob das Verfahren auch nur annaehernd richtig gewaehlt ist.

Als ich R gelernt habe, konnte ich keine andere Programmiersprache, trotzdem ging es schnell, und ich profitiere heute noch davon. Vielleicht koennen sich ja hier auch diejenigen mal zu Wort melden (@Thales ;-) ), die sich gerade R aneignen.
DoneXY

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von DoneXY »

holladiewaldfee hat geschrieben:Ja. Und in der Statistik benutzt man R oder SAS (oder S-Plus, aber das ist nur die kommerzielle Version von R). SAS ist aber ar***teuer, schwierig zu lernen, und die Graphiken sind etwas unschoen.

Ist wie mit der Programmierung einer Webseite: Moechte man was Sinnvolles, Zukunftstraechtiges auf die Beine stellen (und meinetwegen auch im Lebenslauf zeigen, dass man Ahnung hat), wuerde man wohl kaum Dreamweaver oder ein anderes WYSIWYG-Programm verwenden.
Ich sehe kaum den Bezug zu meinem von Dir zitierten Posting. Es mag ja sein, dass Statistiker R oder X benutzen, doch der Threadersteller ist vielleicht kein Statistiker. Auch werden unter den empirischen forschenden Sozialwissenschaftlern die ausgebildeten Statistiker eine Minderheit sein.

Auch, wenn R objektiv besser sein sollte als SPSS, macht sich letzteres dann besser im Lebenslauf, wenn desen Adressat mit SPSS arbeitet, aber R gar nicht kennt. Es wird nicht überall 'das Beste' benutzt und die Welt ist voller BWLer. Soll heißen, was sich wie in einem Lebenslauf macht, ist abhängig von dessen Zielgruppe.
Thales

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von Thales »

Hallo,

da ich hier schon erwähnt werde, möchte ich auch meine Sicht der Dinge schildern.

Ich fange derzeit an R zu nutzen. Ja, es dauert ein Stück um sich ein zu arbeiten. Aber bisher konnte ich jedes Problem über etwas Recherche im Netz und Hilfe von Bekannten und Freunden lösen.
Meine Gründe für R und liegen aber auch etwas anders. Für SPSS wird eine Lizenz benötigt, die ich nicht habe und nicht bekommen werde. Selber bezahlen steht nicht zur Debatte, da ich das Programm rein dienstlich nutze. Ich hatte ansatzweise Einblick in SPSS als ich an der Uni war. Letztenendes konnte ich mir schnell was zusammen clicken ohne zu wissen was es aussagt. Das klappt bei R nicht.
Wichtig zu berücksichtigen in deinem Fall ist vielleicht auch wirklich der Lizenzaskpekt. Du wirst dir eine Heimlizenz besorgen müssen oder immer in die Uni Tunneln (IP-Adresse von der Uni und dann Lizenz abrufen). R hingegen ist frei.

Zum Aspekt "Was macht sich besser im Lebenslauf". Ich bin gerade von der Uni in eine kleine Firma gewechselt und habe den Eindruck, dass sehr spezielle Softwarekenntnisse teilweise überschätzt werden. Die Diskussionen R, SPSS oder sonst was werden ja nicht nur in kleinem Kreis geführt. Wenn man zeigt, dass man bereit und fähig ist, sich in ähnliche Programme einzuarbeiten, ist das schon die halbe Miete.

Meiner Meinung nach muss man für sich insbesondere folgende Fragen beantworten:
Habe ich stabilen und dauerhaften Zugriff auf eine Lizenz oder besteht die Gefahr, dass ich meine Datein irgendwann (6 Wochen vor Abgabe?) nicht mehr öffnen kann?
Habe ich die Fähigkeiten und die Gedult für eine Einarbeitung?
Kann ich nachvollziehen was an Rechnungen passiert und die Ergebnisse prüfen? (denn das gehört auch dazu, ich muss ein Ergebniss nicht nur hinnehmen sondern auch einschätzen können)
Bekomme ich die Ergebnisse die ich brauche und haben will (Aussehen von Grafiken, Exportierbarkeit etc.)?


LG Thales
holladiewaldfee

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von holladiewaldfee »

@DoneXY: Ich lese im Eingangsposting nichts von der Motivation, dass es sich im Lebenslauf eines BWLers (oder meinetwegen Mediziners, oder Sozialwissenschaftlers oder wasweissich) gut machen soll, sondern, ich zitiere, "mir spukt seit geraumer Zeit die Frage im Kopf rum, ob ich für stat. Auswertung SPSS oder R nehmen sollte".

Ich habe in einem Grossunternehmen (mehrere Tausend Angestellte deutschlandweit und auch ganz, ganz viele BWLer) gearbeitet, in dem in der entsprechenden Abteilung hauptsaechlich R genutzt wurde (und unternehmensweit R, SAS, Excel). Als ich mich beworben habe, konnte ich kein bisschen R und wurde trotzdem genommen. Ich finde, Thales hat es mit den vier Kriterien ganz gut auf den Punkt gebracht.

BTW:
Es mag ja sein, dass Statistiker R oder X benutzen, doch der Threadersteller ist vielleicht kein Statistiker.
Ja, und wenn ich Hilfe in medizinischer Auswertung braeuchte, wuerde ich viel auf die Meinung von Medizinern geben. Und weniger auf die von BWLern. Gilt genauso umgekehrt.
marowe

Re: Statistikprogramme: SPSS vs. R

Beitrag von marowe »

Vielen lieben Dank für die Antworten!

Ãœber meinen Lebenslauf mache ich mir z.Z. keine Gedanken. Ich stehe noch relativ am Anfang. Allerdings denke ich, dass wenn man einen Dr.-Titel hat, man kein Problem haben sollte, sich in ein neues Programm einzuarbeiten.
Vermutlich würde SPSS reichen, falls ich später verstärkt in den med. Bereich gehen will. Aber ich will erstmal nur meine Doktorarbeit schreiben.

Das Problem ist, dass ich bald eine Deadline haben werde und relativ schnell Daten auswerten muss. Wahrscheinlich für den Anfang SPSS und später dann doch R.
Wenn ich mir aber die Posts so durchlese, tendiere ich auch mehr zu R. Zumal mir ein paar Mediziner bereits selbst gesagt haben, dass es hilfreicher ist bei SPSS die Syntax zu benutzen. Und da kann ich eigentlich auch R nehmen. Wenn schon denn schon.

R und Latex scheint ja kein Problem zu sein. Wie sieht es mit R und Word aus?
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