Rhetorik trainieren für die Disputation?

[Ohneworte]

Nach Jahren habe ich endlich die Diss eingereicht und fürchte mich nun vor der Disputation.
Kennt ihr irgendwelche Literatur zur rhetorischen/psychischen Vorbereitung auf die Disputation?
Auch leide ich unter Wortfindungsschwierigkeiten, gerade in nervenaufreibenden Situation.
Habt ihr dazu irgendwelche Ratschläge, die ihr mit mir teilen könnt?
Wie habt ihr Euch auf die Disputation vorbereitet?

[Frodo]

Habt ihr dazu irgendwelche Ratschläge, die ihr mit mir teilen könnt?

...schau dich ein wenig in diesem Forum nach Erfahrungsberichten von Disputationen um. Du wirst sehen, und so war auch meine persönliche Erfahrung, dass die Disputation in den allermeisten Fällen mehr ein Fachgespräch unter Kollegen als eine harte Prüfung ist, die anwesenden Personen dir kein Bein stellen wollen und überdies eine angenehme Atmosphäre herrscht.

Dieses Gewissen im Hinterkopf wird dir helfen, die Sache ruhig anzugehen, ohne dass du in Panik verfällst. Denk immer daran, deine Diss war der grosse Brocken, die Disputation ist nun eher Kür als Pflicht.

Liebe Grüsse und viel Erfolg!
Frodo

[Ohneworte]

Danke Frodo, da es aber mit meinen Rhetorik-Kompetenzen nicht so gut bestellt ist, hast Du eine Idee, wie ich mich auf "fiese" Fragen vorbereiten kann?
Du hast es ja schliesslich schon geschafft

[Frodo]

Mh, entsprechende Literatur zum Thema "Rhetorik-Kompetenzen" ist mir leider nicht bekannt, aber ich bezweifle auch, dass dir dies in der verbleibenden Zeit noch viel nützen würde. Ich hätte eher die Befürchtung, dass du dadurch noch mehr ins Grübeln kommen würdest.

Wie auch immer, ich rate dir, dich in die Lage deiner Experten zu versetzen: Was würdest du an ihrer Stelle für Fragen stellen? Etwas konkreter: Gibt es Teil deiner Diss, die "umstritten" sind, bzw. die man aus einer anderen Sichtweise und mit anderen Argumenten anders auslegen könnte, als du es getan hast? Gibt es etwas in deiner Diss, dass du anders machen würdest / könntest? Was würdest du als erstes behandeln, wenn du noch eine weitere Diss schreiben würdest? Und so weiter... dies sind alles Fragen, auf die es kein simples Ja oder Nein gibt, sondern nur deine Meinung, die du "bloss" gut zu begründen brauchst, aber eben auch vorbereiten kannst.

Spezifische Fragen zu deinem Fachbereich sind freilich schwieriger zu prophezeien. Aber denk daran, du bist der Experte auf deinem Gebiet, also mach dir nicht zu viele Sorgen, was die Rhetorik anbelangt.

Und noch ein letzter Tipp: Kennst du vielleicht andere DoktorandInnen, die die Verteidigung bei denselben Experten hatten? Falls ja, erkunde dich bei ihnen, wie die Prüfung ablief.

Viele Grüsse,
Frodo

[holladiewaldfee]

Hallo,

die Antwort gibst Du Dir doch schon selbst im Betreff: Trainieren!

Vor der Praesentation meiner Masterarbeit habe ich nacheinander Freunde eingeladen, die haben sich dann ein Bier aus dem Kuehlschrank geholt, sich auf mein Bett gehockt, und ich habe ihnen mein Thema praesentiert. Danach durften sie dann Fragen stellen. Klar waren das keine Fragen, die ein Pruefer bei der Disputas gestellt haette, aber oft ist es schwieriger, voellig Fachfremden komplexe Sachverhalte zu erklaeren, als im Fachjargon den Pruefern zu zeigen, was man so auf dem Kasten hat.

Noch ein Tipp: Mit Videokamera (die meisten Digicams tun's auch) Deinen Vortrag aufzeichnen und anschauen. Ist zwar wirklich grausig, aber hilft enorm!

Und immer dran denken: Danach ist es geschafft!

Viel Glueck!

[nevis]

Habt ihr dazu irgendwelche Ratschläge, die ihr mit mir teilen könnt?

Zusätzlich zum schon Genannten meiner Vorredner ein ganz anderer Gedankengang aus meiner eigenen Geschichte: ich persönlich hatte bei manchen Diskussionen ähnliche "Wortfindungsschwierigkeiten" wie du erwähnst, ausserdem ist mir manchmal dummerweise die Stimme weg geblieben bei längerem Sprechen, so dass nur noch heiseres Krächzen rauskam.

Meine Lösung waren ein paar Stunden Training mit einer Sprecherzieherin. Ich hatte durch eine Veranstaltung an meiner Alma Mater eine sehr erfahrene Trainerin gefunden. Mit ihr habe ich sowohl die rhetorischen Aspekte wie auch die stimmlichen sehr schnell mit kleinen Kniffen meistern können. Es sind bei mir nur minimale Tricks nötig gewesen wie konzentrierteres Atmen, Körperhaltung oder Bewusstsein für vorhandene Anspannung und aktives Angehen dagegen.
Es ist zwar ein großer Sprung über den eigenen Schatten, diesen Schritt zu gehen, aber ich profitiere heute noch täglich davon.

[Rosine]

Hallo ohneWorte,

das ging mir ganz genauso. Nachdem ich den Probevortrag damit ziemlich versemmelt hatte, und mir dann nur eine Woche bis zur Dispu blieb, hab ich den Vortrag für die Disputation durchformuliert, mir das in den Notizen in ppt anzeigen lassen und zumindest die ersten Folien abgelesen. Den Vortrag hab ich dann jeden Tag bis ein- oder zweimal geübt.
Es lief dann ziemlich gut, ich bin gar nicht erst groß nervös geworden.
Natürlich würde ich auch lieber frei und locker-flockig sprechen - aber ich fand die Alternative glatt vorlesen immer noch besser als frei stammeln und stottern. Der Vortrag selbst wurde dann sogar gelobt- es hatte niemand gemerkt, dass ich vorgelesen hatte.

Liebe Grüße

[Ohneworte]

danke an rosine, holladiewaldfee, nevis und frodo.
Ihr habt mir wirklich gute Tips gegeben und ich werde sie alle anwenden. Vor dem Besuch zum Sprachtrainer schrecke ich noch etwas zurück. Allerdings haben ja viele für vieles einen Coach, warum nicht auch die Stimme einmal coachen lassen, ohne die ist man ja bei der Verteidigung aufgeschmissen.