Geschlechtergerechte Sprache in der Diss

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.

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Schtudinki

Geschlechtergerechte Sprache in der Diss

Beitrag von Schtudinki »

Heute Abend bin ich unglaublich aktiv hier im Forum ;-)

Was mich gerade bei der Überarbeitung meiner Abschlussarbeiten beschäftigt ist die Frage danach, wie man eine geschlechtergerechte Sprache optimal umsetzten könnte.

Ich habe mich jetzt für das Binnen I (bspw. LehrerInnen) entschieden und setzte das auch konsequent um. Is mir doch aber von vornherein klar, dass sich mancher daran stoßen wird.

Ich bin aber auch nicht gewillt, weiter diesen albernen Zusatz "Frauen sind in den männlichen Formen selbstverständlich mitgemeint" o.ä. hinzunehmen, nur weil es eben der Lesegewohnheit entspricht und die geringsten Probleme verursacht.

Am liebsten hätte ich die Arbeit komplett nur mit weiblichen Formen geschrieben und eben diesen Zusatz abgewandelt in die Fußnote gesetzt :twisted: habs mir aber verkniffen 8)

Wie handhabt ihr das denn so?

Grüßle, schtudinki
Zuletzt geändert von Schtudinki am 29.07.2007, 11:17, insgesamt 1-mal geändert.
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

Ich find's sowas von lächerlich. Wenn ne Frau sich nicht als Student, Bürger oder was weiß ich angesprochen fühlt, soll sie's halt lassen. :roll: In jeder anderen Sprache ist das selbstverständlich, nur wir Deutschen machen mal wieder extra-Probleme.

Würde ich auf Deutsch schreiben, gäbe es keine weiblichen Formen, auch kein nettes Sätzchen am Anfang. Rein aus Prinzip. Da ich auf Englisch schreibe, kann ich mir die Überlegung sparen.
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Naja, das sehe ich etwas anders.
In der Linguistik "Kämpft" man seit 30 Jahren darum, dass Frauen parallel zu politischer, gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Gleichberechtigung auch in der Sprache sichtbar gemacht werden. Das halte ich auch für ausgesprochen sinnvoll und völlig problemlos. Wir können doch nicht einerseits politisch fordern, in allen Belangen endlich gleichgestellt zu werden und gleichzeitig darauf verzichten, dass das auch sprachlich zum Ausdruck kommt.

Selbstverständlich gibt es innerhalb der feministischen Linguistik Strömungen, die man mit einem Augenzwinkern sehen darf. Ich würde bspw. nie "Mitglied" durch "Mitklit" substituieren und ich schreibe natürlich auch weiter "history" und nicht "herstory" - aber auch das gibt es ;-)

Allerdings finde ich es wiederum - um es mal mit Deinen Worten zu sagen la potranca - lächerlich, wenn sich eine Frau als Student, Bürger oder Wähler bezeichnet, denn das ist sie nunmal nicht. Was ist denn daran so schwer oder unmöglich zu einer Frau Studentin zu sagen?

Im übrigen bilden wir Deutschen da alles andere als eine Ausnahme. Gerade in den Romanischen Sprachen, die als besonders sexistisch gelten, ist seit Jahrzehnten ein solcher Prozess in Gange. Und, liebe potranca, da geht es richtig zur Sache, denn es geht nicht nur um Begriflliches, betroffen ist hier auch die Grammatik.

Also: erst informieren, dann Leute mit einer von der eigenen Meinung abweichenden Weltanschauung doof anmachen!
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

PS: Ich bin übrigens alles andere als eine Killer-Emanze, ich lasse mir gerne von meinem Mann den Bierkasten in den Keller bringen und schätze es auch sehr, wenn er mir die Tür aufhält :wink:
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

Schtundinki,
ich halte mich durchaus für informiert - auch wenn ich den Gleichberechtigungsbestrebungen maximal eine gehobene Augenbraue abgewinnen kann. Und nein, ich fordere auch nicht die Gleichstellung in allen Belangen. Starke Frauen haben's - heute wie damals - ohne Extra-Tamtam geschafft.
Schtudinki hat geschrieben: wenn sich eine Frau als Student, Bürger oder Wähler bezeichnet, denn das ist sie nunmal nicht
Eine Frau nicht. Aber 4 Studentinnen und 1 Student sind nun mal Studenten. Und keine Studierende, StudentInnen oder sonstwas. Generisches Maskulinum.
Schtudinki hat geschrieben: Im übrigen bilden wir Deutschen da alles andere als eine Ausnahme. Gerade in den Romanischen Sprachen, die als besonders sexistisch gelten, ist seit Jahrzehnten ein solcher Prozess in Gange.
Dass jemand versucht, den französischen accord zu reformieren, nur weil ein paar Frauen betroffen sind, ist mir zumindest noch nicht untergekommen, auch im Spanischen nicht. Studenten sind étudiants/estudiantes, und gut is. Hast du entsprechende Beispiele?

Wenn man meint, seine Weiblichkeit (gottgegeben, durch Frauen-Förderprogramme aufgepeppt und tägliches Parken auf dem Frauenparkplatz abgesichert) herausstellen zu müssen, bitte. Ich find's lächerlich, und meine zu wissen, dass es die meisten Männer ähnlich sehen (was mich dann immer unheimlich amüsiert).
Wenn eine Frau fachlich kompetent ist, menschlich überzeugend und im Einzelfall auch zu anderen Waffen greift :wink: , hat sie das nicht nötig.
Rosalita

Beitrag von Rosalita »

Hallo,

darf ich mich erst kurz vorstellen:

Ich lese schon seit einer Weile mit, dies ist aber mein erster Beitrag.
Ich promoviere in einem ingenieurtechnischen Fach, nunmehr seit über 2 Jahren. Deshalb geht meine Promotionszeit nun langsam dem Ende entgegen und die Intensität wird größer... :lol:

Ich finde die Innen-Bezeichnungen gut und praktiziere das auch so. In meinem Gebiet muss ich das nicht so oft beschreiben, aber hin und wieder gibt es bei mir "NutzerInnen von Simulationssoftware" etc.
Dass die männlichen Kollegen das lächerlich finden, liebe la_potranca, ist ja klar und verwundert mich nicht. Wer lobt schon öffentlich Sachen, die immer noch nicht gesellschaftlich anerkannt sind ?
Ich habe meine ausschließlich männlichen Kollegen auch schon ein bisschen dahingegend sensibilisiert. :wink:

Sprache bzw. die Form hat immer Auswirkung auf den Inhalt und bewertet: Schließlich hat der Professor niemals einen Herrn Sekretär und die Sekretärin als Chef im Zweifel immer einen Herrn Professor !

Viele Grüße,
Rosalita
Ishtar

Beitrag von Ishtar »

Hallo zusammen,

ich persönlich stimme la_potranca zu: ich werde in meiner Diss ausschließlich die männliche Form benutzen.
Ich denke einfach, dass die Benutzung/Ergänzung der weiblichen Form keinerlei Mehrwert für die Inhalte bringen wird - schließlich schreibe ich keinen Gesetzestext oder Vertrag, der alle Eventualitäten abdecken muss.
Außerdem finde ich, dass die "politisch korrekte" Verwendung beider Formen die Lesbarkeit eines Textes negativ beeinflusst und in manchen Fällen sogar derart dominant ist, dass sie von der eigentlichen Aussage ablenken.

Ishtar.
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

@ la potranca
An Deiner Art zu Argumentieren stört mich nicht nur der Inhalt, ich finde sie darüber hinaus total anmaßend. Zu so einem Thema kann doch jeder seine Meinung haben, die des anderen als "lächerlich" abzutun finde ich sehr kleingeistig - was wiederum mit der Art, wie Du Dich hier präsentierst harmoniert.

Es gibt nun einmal Fälle, in denen kommt man um die Reflektion dieser Frage nicht drumrum. Bei mir geht es bspw. um Lehrer und Lehrerinnen, männliche und weibliche Sprecher und ich kann weiß Gott keinen Grund finden, weshalb ich da nur von Lehrern oder Sprechern schreiben sollte?!
Abgesehen davon, dass es einfach den bezeichneten Personen nicht gerecht wird, stört es mich auch beim Schreiben und Lesen des Textes, weil es nunmal demjenigen, der die Daten nicht kennt, den Eindruck vermittelt, als ginge es ausschließlich um männliche Personen.
Die Frage ist für mich demnach nicht ob, sondern lediglich wie das so zu realisieren ist, dass es eben nicht, wie bspw. ishtar ansprach, von den eigentlichen Sachverhalten ablenkt.
Prinzipiell bleiben da nur 2 Möglichkeiten übrig: Das Binnen I und die Doppelnennung.

Im Übrigen interessiert es mich nicht im geringsten, ob irgendwelche Herren der Schöpfung dies ebenfalls lächerlich finden oder nicht, ich halte das für nicht weiter verwunderlich.

Schade finde ich, dass man sich bei so einem Thema von Menschen wie Dir erst unterstellen lassen muss, man sei weniger kompetent, stark oder sonst irgendwie komplexbeladen und müsse seine Weiblichkeit wie Du es nennst "aufpeppen" um dann im nächsten Satz festzustellen, dass Du auch noch zur Fraktion der "Im Notfall pack ich die Titten auf den Tisch" Fraktion gehörst.

Naja, jedem das seine...
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

Schtudinki hat geschrieben: Zu so einem Thema kann doch jeder seine Meinung haben, die des anderen als "lächerlich" abzutun finde ich sehr kleingeistig
Ich finde nicht deine Meinung lächerlich, sondern die Tatsache, dass überhaupt über die Frage nachgedacht wird, bzw. für ein gesellschaftliches "Problem" Lösungen gesucht werden müssen, das nun wirklich weder dringlich noch weltbewegend ist.
Schtudinki hat geschrieben: Es gibt nun einmal Fälle, in denen kommt man um die Reflektion dieser Frage nicht drumrum. Bei mir geht es bspw. um Lehrer und Lehrerinnen, männliche und weibliche Sprecher und ich kann weiß Gott keinen Grund finden, weshalb ich da nur von Lehrern oder Sprechern schreiben sollte?!
s.o. Generisches Maskulinum. Der wissenschaftlich interessierte Leser weiß, dass du deine Stichprobe unter den wissenschaftlichen Gegebenheiten - was u.a. non-gender bias bedeutet - ausgewählt haben wirst, falls du es nicht für einzelne Fragen differenziert angibst.
Schtudinki hat geschrieben: Schade finde ich, dass man sich bei so einem Thema von Menschen wie Dir erst unterstellen lassen muss, man sei weniger kompetent, stark oder sonst irgendwie komplexbeladen und müsse seine Weiblichkeit wie Du es nennst "aufpeppen" um dann im nächsten Satz festzustellen, dass Du auch noch zur Fraktion der "Im Notfall pack ich die Titten auf den Tisch" Fraktion gehörst.
Was daran schade ist, versteh ich nicht; ebenso habe ich weder deine Kompetenz noch psychischen Gesamtzustand kommentiert.
Ich finde die emanzipatorischen Bestrebungen, egal wie und egal wo, so unnütz wie kontraproduktiv, insbesondere wenn jemand meint, sich zustätzlich zu seiner objektiven fachlichen Eignung mit seinem Geschlecht herausstellen zu müssen.
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Ok, ich denke, wir kommen hier nicht zusammen.

In der Regel stellt sich nicht der Verfasser einer Arbeit mit seinem Geschlecht heraus, sondern es geht lediglich darum sprachlich die Realität korrekt abzubilden. Und in der gibt es nunmal Frauen ebenso wie Männer.

Sprache bildet Gesellschaft ab und es wird Zeit, dass Frauen in beiden Bereichen vollständig und selbstverständlich gleichberechtigt wahrgenommen werden.

Solange Diskussionen wie diese zu führen sind, scheint dieses Ziel noch weit entfernt.
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