Geschlechtergerechte Sprache in der Diss

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.

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oclock
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Beitrag von oclock »

Schtudinki hat geschrieben: Sprache bildet Gesellschaft ab und es wird Zeit, dass Frauen in beiden Bereichen vollständig und selbstverständlich gleichberechtigt wahrgenommen werden.
Wenn ich als Mann auch etwas dazu sagen darf:

Wenn jemand über "Lehrer" (plural) schreibt, dann verstehe ich darunter männliche Lehrer und weibliche Lehrer. Hier hat eine Verweiblichung nichts zu suchen (Also nicht: "Sehr geehrte Lehrer und Lehrerinnen", sondern "Sehr geehrter Lehrer").

Im Singular finde ich "Lehrer" und "Lehrerin" zur geschlechterspezifischen Unterscheidung nicht verkehrt, finde es aber auch nicht tragisch, wenn "Lehrer" als generisches Maskulinum verwendet wird und bei Bedarf mit den Zusätzen "männlich" bzw. "weiblich" unterschieden wird ("männlicher Lehrer", "weiblicher Lehrer").

Solange Diskussionen wie diese zu führen sind, scheint dieses Ziel noch weit entfernt.
Solange es Frauenparkplätze gibt oder Parkplätze für Mütter mit Kind, fühle ich mich als Mann diskriminiert.

Und wenn ich Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst lese, in denen steht, daß Frauen bevorzugt eingestellt werden, dann habe ich etwas gegen diese Art von "Gleichberechtigung". Das ist nichts anderes als die Diskriminierung von Männern zum Vorteil der Frauen.

Hier ist ein Text, wie Frauen an der Uni Kassel behandelt werden:
http://www.uni-kassel.de/frauenbe/kapitel.ghk

Zitat: "In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden bei Neueinstellungen, Berufungsvorschlägen, Beförderungen und Höhergruppierungen bei gleichwertiger Qualifikation bzw. Eignung im Sinne der Stellenausschreibung Frauen bevorzugt"

Tolle Gleichberechtigung ;-)
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

oclock hat geschrieben: Solange es Frauenparkplätze gibt oder Parkplätze für Mütter mit Kind, fühle ich mich als Mann diskriminiert.
Und wenn ich Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst lese, in denen steht, daß Frauen bevorzugt eingestellt werden, dann habe ich etwas gegen diese Art von "Gleichberechtigung". Das ist nichts anderes als die Diskriminierung von Männern zum Vorteil der Frauen.
Wie schade, dass wir hier keinen Applaus-Smilie zur Verfügung haben.
Genau das kotzt mich an (obwohl ich eine Frau bin). Aber wie gesagt: da kann man (noch) nix machen. Die gesellschaftliche Einsicht wird schon noch kommen....

@ Schudunki: schade eigentlich, dass du dich aus der Diskussion zurückziehst. Vor allem die Beispiele aus den romanischen Sprachen hätten mich noch interessiert, da ich dort seit Jahren aktiv bin und die von dir angesprochene Entwicklung nicht nachvollziehen kann.
Rosalita

Beitrag von Rosalita »

Hallo Oclock und la_potranca !

Da muss ich mich jetzt doch noch mal einschalten, auch wenn das Thema mit der Erstellung der Diss nur noch wenig zu tun hat.

Ich bin total verwundert ob Eurer Haltung, dachte, das Thema sei allerorts schon durch.

"Lehrer" sind vielleicht Lehrerinnen und Lehrer, immerhin ist das ein Beruf mit Frauenüberschuss. Was aber ist mit "Professoren", vielleicht im ingenieurtechnischen oder naturwissenschaftlichen Fach ?
Wo bleibt die Stellenausschreibung für die Putzmänner, Kinderjungen und Sekretäre ?

Die Quote dient einfach der Herstellung einer Mindestmenge an Frauen in den Top-Positonen; wenn das erreicht sein wird, regelt sich der Rest von selbst. Männer (z.B. in Berufungskommissionen) HABEN Vorbehalte gegen Frauen, das habe ich selbst 2x erleben dürfen als studentisches Mitglied.

Wie das unsere romanisch-sprachigen Nachbarn machen, interessiert mich nicht - die haben doch die gleichen Probleme wie wir !

Gruß,
Rosalita
Kubi

Beitrag von Kubi »

Hallo,

von meiner Seite aus nur eine Meinungsäußerung:

Ich denke, dass eine Geschlechter-spezifische Trennung nur bei der direkten Ansprache ("Sehr geehrte Damen und Herren", usw.) Sinn macht. In einer wissenschaftlichen Arbeit empfinde ich es persönlich als störend, da es einfach das Lesen erschwert.

Gruß,
Kubi
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Hallo ihr alle,

auch wenn das ganze in der Tat nicht mehr viel mit meiner Eingangsfrage zu tun hat, finde ich es hochinteressant, wie brisant das Thema anscheinend für manchen ist.

@oclock
Prinzipiell gebe ich Dir vollkommen recht, wer gleichberechtigt sein möchte sollte nicht diskriminiert werden - weder positiv noch negativ. Allerdings sehe ich die von Dir genannten Beispiele in einem etwas anderen Zusammenhang. Die Frauenparkplätze haben einfach den Sinn und Zweck, Frauen die Möglichkeit zu geben, in einsehbaren Bereichen zu Parken, um hierdurch die Zahl der Übergriffe zu minimieren. Wenn eines Tages ebensoviele Männer wie Frauen vergewaltigt werden, werden wir Frauen Euch hier gerne gleichberechtigt 50% der "sichereren" Parkplätze abgeben.

Du störst Dich an Parkplätzen für Mütter mit Kind? Machs doch wie wir Frauen, denk Dir die Männer einfach dazu! Väter mit Kind dürfen hier nämlich ebenso parken. Nur: Was meinst Du, wieviele Väter mit ihren Kindern zum einkaufen gehen und wieviele Mütter es sind? Ohne dies empirisch validiert zu haben behaupte ich einfach mal, dass der Anteil der Mütter über jenem der Väter liegt. Aber da hättet ihr Männer gerne ein anderes Schildweil ihr Euch diskriminiert fühlt? Interessant...

Und zu den Arguementen, mit dem Begriff "Lehrer" seien männliche und weibliche Lehrkräfte gemeint... Oh oh oh, das finde ich richtig schwach. Da kann ich mich nur Rosalita anschließen, ich dachte auch, dass sich diese Diskussion erübrigt hat.

Jeder hat sich daran gewöhnt, dass wir nicht Neger und nicht Moruk und nich Zigeuner sagen. Jeder Hausmeister freut sich über seinen Aufstieg zum Facility Manager. Aber das mit den LehrerInnen, das bekommt ihr nicht hin? Ist alles nur eine Sache des Wollens und der Gewöhnung. Ich schreibe schon seit einer ganzen Weile mit Binnen I und muss auch sagen, dass ich kaum mehr Texte gelesen habe, in denen das anders gehandhabt wird. Am Anfang ist es etwas gewöhnungsbedürftig aber dann nimmt man es nicht mehr war.

Die Realität ist nun einmal so, dass Frauen in wirklich fast allen Belangen, insbesondere wenn es um das Berufsleben geht, faktisch benachteiligt sind. Solange wir hier keine Gleichberechtigung erreicht haben (für alle die das wollen), ist eine positive Diskriminierung nicht die schönste, aber vermutlich die einzige Lösung um eine Veränderung herbei zu führen. Ich stimme Rosalita da in allen Bereichen voll zu, solange der MArkt derart Männer orientiert ist, besteht hier nicht die Möglichkeit zur Selbstregulation.

Ich erlebe die Diskriminierung von Frauen in einem absolut männerdominierten Job und Unternehmen täglich. Und das kann einen wirklich zur Feministin machen :twisted:

@la potranca: Ich ziehe mich nicht aus der Diskussion zurück, ich empfinde diese mit Dir als Partnerin nur als ziemlich unangenehm. Du hast eine Art, zu argumentieren die bei mir sehr agressiv ankommt und in der andere Meinungenund einfach abqualifiziert werden. Da macht es mir persönlich wenig Spaß mich auch noch hinzusetzen und nach Beispielen zu wühlen. Google das Thema doch mal, da wirst Du einiges finden. Bspw. von Trömmel-Plötz, Kotthoff, Bierbach oder Sabatini. Insbesondere bei Sabatini findest Du dann auch viele Beispiele zu den romanischen Sprachen.
Darüber hinaus haben wir derart unterschiedliche Weltanschauungen, dass sich für mich persönlich die Aufregerei über das was ich da von Dir lese, einfach nicht lohnt. Mit einer Frau, die gegen eine allgemeine Gleichstellung der Frau ist und ihr Geschlecht zwar in Notsituationen gerne zur Problemlösung einsetzt, es in der Sprache und allen anderen Bereichen aus welchen Gründen auch immer verleugnet, habe ich wenig gemeinsam und kann nur mit viel Unverständnis den Kopf schütteln. [/quote]
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Ich muss nochmal kurz ...

oclock, ich hab gerade nochmal Dein Posting gelesen und bin nachträglich nochmal echt entsetzt :?
finde es aber auch nicht tragisch, wenn "Lehrer" als generisches Maskulinum verwendet wird und bei Bedarf mit den Zusätzen "männlich" bzw. "weiblich" unterschieden wird ("männlicher Lehrer", "weiblicher Lehrer").
Wie kommt es, dass Du sogar bestehende Konventionen umwirfst und zusätzlich verkomplizierst und statt von Lehrerinnen von weiblichen Lehrern sprichst :shock: ?

Und richtig cool find ich auch das da :lol: :
"Sehr geehrte Lehrer und Lehrerinnen", sondern "Sehr geehrter Lehrer"
Schaffen wir jetzt auch die "Sehr geehrten Damen und Herren" ab und machen wieder "sehr geehrte Herren" daraus?
:wink:

Ich find das echt spannend, wie unterschiedlich hier die Meinungen sind. Was für die einen wirklich nicht mehr der Rede wert ist, ist für andere der Aufreger schlechthin :P
oclock
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Beitrag von oclock »

Schtudinki hat geschrieben:Ich muss nochmal kurz ...

Und richtig cool find ich auch das da :lol: :
"Sehr geehrte Lehrer und Lehrerinnen", sondern "Sehr geehrter Lehrer"
Schaffen wir jetzt auch die "Sehr geehrten Damen und Herren" ab und machen wieder "sehr geehrte Herren" daraus?
:wink:
Langsam, langsam, schtudinki :-)

Damen und Herren sind zwei Wörter, die für das jeweilige Geschlecht "erfunden" wurden. Deswegen ist "Sehr geehrte Damen und Herren" vollkommen in Ordnung (meiner Ansicht nach).
Niemand schreibt aber "Sehr geehrte Herren und Herrinnen". Du vermutlich auch nicht ;-)

Ausserdem habe ich geschrieben, daß ich es nicht tragisch finde, wenn man das generische Maskulinum verwendet. Ich kann mich nicht erinnern geschrieben zu haben, daß ich bestehende Konventionen umwerfen möchte. Wenn es nach mir geht, darf alles so bleiben wie es ist. Du möchtest bestehende Konventionen umwerfen und alles und jedes Wort verweiblichen, weil sich in Deinen Augen die Position der Frau in der Sprache wiederspiegeln soll ;-) _Das_ ist eine Verkomplizierung der deutschen Sprache.
Ich find das echt spannend, wie unterschiedlich hier die Meinungen sind. Was für die einen wirklich nicht mehr der Rede wert ist, ist für andere der Aufreger schlechthin :P
Da sind mir einer Meinung. Spannend ist es allemal :-) Und wir sind uns -hoffe ich- auch einig darüber, daß soetwas kein Grund ist, um zu "streiten" :-)

Schönen Tag noch!
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Und wir sind uns -hoffe ich- auch einig darüber, daß soetwas kein Grund ist, um zu "streiten"
Ja, da sind wir uns wirklich sehr einig :wink:

Und mit der "Herrin" hast Du mich auf eine Idee gebracht :lol:

Nein, im Ernst. Alles hat seine Grenzen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass, wenn man es mit den emanzipatorischen Bestrebungen übertreibt, man dieser Bewegung eher schadet als nützt.
Allerdings haben wir hier wohl alle etwas unterschiedliche Meinungen darüber, wann etwas übertrieben ist.

Ich muss nicht jede Form verweiblichen, allerdings habe ich als Sprachwissenschaftlerin, die einen Großteil ihres Studiums mit feministischer Linguistik zugebracht hat, hier ein anderes Verständnis davon, was normal ist und was nicht. Ausschließlich männliche Formen sind für mich absolut indiskutabel, aber ich hatte zu Beginn meiner Emanzen-Entwicklung auch die Phase, in der ich disbezüglich einfach nur "dagegen" war :wink:

Anscheinend ist das so eine stufenweise Entwicklung. Erst findet man es lächerlich, dann fängt man an darüber nachzudenken und irgendwann normalisiert sich das Verhältnis zu sprachlichen Innovationen auf diesem Gebiet.

Und oclock...DICH kriegen wir auch noch :twisted:

:lol:
oclock
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Beitrag von oclock »

Schtudinki hat geschrieben:
Ausschließlich männliche Formen sind für mich absolut indiskutabel,
Das finde ich bei der ganzen Diskussion am interessantesten. Für mich ist "Lehrer" keine männliche Form. Für mich ist das ein Wort, um eine Gruppe von Lehrern zu benennen. Darunter fallen weibliche und männliche Lehrer. Nicht mehr und nicht weniger. Ich betrachte dieses Wort nicht als "männlich", wobei es natürlich linguistisch betrachtet die männliche Form hat.
Eventuell ist das der Grund, weshalb ich es übertrieben finde, solche Wörter zu verweiblichen. Für mich steckt da schon per Definition etwas "Weib" mit drin :-)
Und oclock...DICH kriegen wir auch noch :twisted:
:lol:
komm doch, komm doch :lol:
Safira2006

Beitrag von Safira2006 »

auch auf die Gefahr mich unbeliebt zu machen: ich warte schon seit langem auf die Anrede : Liebe Gäste, liebe Gästinnen... :lol:

Nein im Ernst: unter der Mehrzahl von "Lehrern, Studenten usw." fasse ich eine Gruppe von ggf. unterschiedlich geschlechtlichen Menschen auf. In einer Anrede würde ich immer beide Geschlechter ansprechen und ggf. auch das Binnen I verwenden, aber sonst finde es einfach zu kompliziert. Und dies nicht weil ich konservativ und an alten Überzeugungen hänge. Doch für mich will ich gerade keine Bevorzugung augrund meines Geschlechtes. Ich will das man mich einstellt, weil ich gut bin, nicht weil ich ne Frau bin. Ich kann genauso gut einparken wie ein Mann - warum soll ich dann extra große "Frauenparkplätze" nehmen? Die ständige Heraushebung führt mir dagegen immer vor Augen, dass ich als Frau Schutz und Bevorzugung brauche - doch gerade das Gegenteil dessen, was wir wollen, oder? Ich will gleich - aber nicht besser gestellt werden.

In meiner Arbeit habe ich immer von Menschen (nicht von MenschInnen gesprochen), von Verbrauchern, Bürgern etc. Auf die Idee einer Differenzierung bin ich nicht gekommen - für mich umfasst dies eben alle Geschlechter und die gesamte Bevölkerung.

Handhabe dies wie Du magst. Bei SprachwissenschaftlerInnen wird wohl auch anderes gelten als unter JuristInnen... :wink:
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