Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

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hildegarten

Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von hildegarten »

Vor einem halben Jahr gab ich meine Magisterarbeit zu einem bislang kaum erforschten Thema ab. Das Thema wurde von meinem betreuenden Professor vorgeschlagen und da ich es sehr interessant fand, nahm ich es mit Begeisterung an. Ich erfuhr in dieser Zeit, dass mein Prof. ein Projekt begonnen hatte, das thematisch in eine sehr ähnliche Richtung ging. Er hätte mich also bestens betreuen können, unterließ es jedoch.Ich habe ihn in dieser kaum gesprochen, da er meine Fragen nicht beantworten wollte oder konnte. Irgendwann ging ich nicht mehr zu seinen Sprechstunden, weil mich seine Antworten auf meine Fragen nicht weiterbrachten. Mit unendlich viel Zeit- und Energieaufwand fertigte ich also ohne seine Unterstützung eine prototypische Magisterarbeit an und gab sie ab. Ich rechnete mit einem miesen Ergebnis, weil ich nicht einschätzen konnte, wie gut oder schlecht meine Arbeit war. Ich fiel aus allen Wolken, als ich erfuhr, dass sie mit 1,0 bewertet worden war. Inzwischen hatte ich mich in dieses Thema verliebt- es lag mir einfach am Herzen und ich fühlte mich (auch angetrieben durch die gute Bewertung) dazu motiviert, vor meinem Prof. den Wunsch zu äußern, dieses Thema in einem größeren Rahmen vertiefen und ausbauen zu dürfen. Ich weiß- er hatte sich als Betreuer nicht bewährt, aber schließlich leitete er ein Projekt zu diesem Thema und ich hoffte, er sei angetan genug von meiner Arbeit, um mich in dieses Projekt einzubinden und zu unterstützen.

Er reagierte (freundlich ausgedrückt) sehr abweisend. Sagte, ich solle mir die Sache mit der Doktorarbeit zehn mal überlegen, da er nicht glaube, dass es für meinen psychischen Haushalt (wtf?!) zuträglich sei. Die Welt brauche nicht noch mehr promovierte Sprachwissenschaftler (das muss er mir nicht sagen- das weiß ich selbst und trotzdem will ich es!)... ob ich nicht doch lieber da weiterarbeiten solle, wo ich jetzt bin (an der Kasse eines Computerladens). Mir wurde das ganze zu albern- also fragte ich direkt, ob er mir eine Promotion nicht zutraue. Er antwortete bloß, dazu müsse er mein Expose gesehen haben. Ein solches habe ich nie bei ihm eingereicht, denn seine fadenscheinigen Argumente waren mir Antwort genug. Wozu ein Expose, wenn er meine 100-seitige Magisterarbeit kennt?

Eine Bekannte besprach meine Situation mit ihrem Prof. Der meinte, dass ich meine M.- Arbeit schnellstmöglich veröffentlichen sollte, um sie zu schützen. Diese Situation sei ungewöhnlich und der Prof. hätte mich als Doktorandin (die noch nicht einmal auf eine Anstellung hoffte) annehmen müssen. Offenbar geht er davon aus, mein Prof. würde sich an den Inhalten meiner Arbeit bereichern und sie für sich selbst nutzen wollen (für sein eigenes Projekt). Mir fällt es schwer, das zu glauben... ich bin nur noch verunsichert. Ich zweifle nun an mir selbst, an meinen Kompetenzen und Qualifikationen... frage mich, ob ich den Wunsch, eine Doktorarbeit anzufertigen, endgültig begraben sollte.... ob ich ausgenutzt wurde.. usw,... Wenn nicht einmal der betreuende Professor an mich glaubt... Ach! Es wirft alles einfach kein besonders gutes Licht auf mich und meine Fähigkeiten.

Was ich von Euch wissen möchte ist: Weshalb hat mich mein Prof. abgewiesen, wenn er doch eine fachkundige (und kostenlos schuftende) Mitarbeiterin hätte haben können? Was kann ich falsch gemacht haben? Kann ich mich bei der Zweitgutachterin meiner MA vorstellen, die von meiner Arbeit ebenso begeistert war oder sollte ich weitere Mitarbeiter des Fachbereiches lieber meiden und mich woanders umschauen? Sollte ich an meinem Vorhaben festhalten? Besteht die Notwendigkeit, irgendetwas zu unternehmen, um meine Arbeit zu schützen?


Ich bin für jede Antwort, die mir bei der Einschätzung meiner Fähigkeiten und der Situation dienlich ist, extrem dankbar. Bislang habe ich niemanden, der mich unterstützt.
Wierus
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Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von Wierus »

Dein Prof gibt dir eine 1,0 und hält dich mit Blick auf eine Dissertation für ungeeignet? Das ist wirklich sehr seltsam.
Du solltest deine Arbeit in der Tat so schnell wie möglich veröffentlichen und dich an einen anderen Prof wenden.
hildegarten hat geschrieben:Kann ich mich bei der Zweitgutachterin meiner MA vorstellen, die von meiner Arbeit ebenso begeistert war [...] ?
Naja, warum denn nicht?
Anne123
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Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von Anne123 »

Bitte befolge den Rat Deiner Bekannten!!

Ja, ich verstehe, dass man das nicht glauben möchte. Wollte ich auch nicht.

Viel Glück!
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mastermind

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von mastermind »

Ich würde auf jeden Fall mit der Zweitgutachterin reden.
Das bisherige Prozedere klint sehr merkwürdig, klar. Aber ich würde auch selbskritisch hinterfragen, ob es der Prof wirklich schlecht mit dir meint oder ob er vielleicht einfach nur ehrlich zu dir war und dich vor einem Fehler bewahren will. Viele Profs bewerten Abschlussarbeiten fast pauschal mit 1,0, vielleicht hält er das Thema nicht für "diss-würdig". Oder die Chemie zwischen euch beiden stimmt einfach nicht für eine Zusammenarbeit.
Robin

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von Robin »

mastermind hat geschrieben: Viele Profs bewerten Abschlussarbeiten fast pauschal mit 1,0
woher hast du das denn? eigene beobachtung? ich wage das mal zu bezweifeln.

@hildegarten
wer weiß, warum er so abgeneigt war. vielleicht passt die chemie zwischen euch tatsächlich nicht.
kennt dich dein prof denn so gut, dass er wirklich beurteilen könnte, ob du psychisch nicht stabil genug wärst für eine diss?

ich an deiner stelle würde mich nicht von einer person beirren lassen. du willst promovieren, herzlichen glückwunsch zu deinem entschluss! du hast tolle voraussetzungen (super leistung in der abschlussarbeit; hast eine arbeit ohne fremdhilfe angefertigt und dich durchgeboxt). lass dich nicht verunsichern udn schau dich eifnach an anderen instituten um. mit deinem_r zweitbetreuer_in zu sprechen, halte ich für einen ersten schritt.
Soi

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von Soi »

Hallo Hildegarten,

wenn er zu diesem Thema eine Projektgruppe leitet, hat er vielleicht selber vor dazu zu publizieren. Das würde mir jedenfalls wahrscheinlich vorkommen. Und wenn er in der Gruppe keinen Platz mehr hat, rät er dir vielleicht deshalb davon ab, weil er sicher ist, vor dir mit Ergebnissen aufwarten zu können? Ich würde das vielleicht sogar direkt fragen, da das Verhältnis zu ihm ja scheinbar sowieso nicht gut ist.
Kannst du die Magisterarbeit noch von jemand anderem beurteilen lassen?
Reizt dich nur das Thema oder willst du auf jeden Fall promovieren? D.h. was machst du, wenn er tatsächlich zu dem selben Thema schon forscht und publizieren will? dann ist das Thema für dich einfach nicht mehr machbar oder du musst einen sehr anderen Fokus nehmen..
Bist du dir über die Arbeit einer Dissertation und die Folgen im Klaren? Ich würde mir an deiner Stelle eine pro- und Kontraliste machen.

Das nur als kurzer Brainstorm
Viel Erfolg!
Soi
hildegarten

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von hildegarten »

Soweit danke für die Antworten.
Die Chemie hat -wie schon angemerkt- wirklich nie gestimmt.

Soi hat geschrieben:
Und wenn er in der Gruppe keinen Platz mehr hat, rät er dir vielleicht deshalb davon ab, weil er sicher ist, vor dir mit Ergebnissen aufwarten zu können?
In diesem Fall würde ich ihm mit der Veröffentlichung meiner Magisterarbeit zuvorkommen. Ich bewarb mich auch weniger auf eine Stelle, als um eine formale Zustimmung zur Betreuung der DA. Ich wollte weder an seine Forschungsgelder, noch wollte ich ihm seine Zeit stehlen. Ich wäre in jedem Fall eine Hilfe für ihn und eine Bereicherung für sein Projekt gewesen, da ich selbstständig und kostenlos gearbeitet hätte.
Soi hat geschrieben: Reizt dich nur das Thema oder willst du auf jeden Fall promovieren?
Beides! Das Thema ist für mich zur Herzensangelegenheit geworten. Ich halte es für sehr bedeutend und beachtenswert. Aber auch das wissenschaftliche Arbeiten und die Beschäftigung mit sprachwissenschaftlichen Themen habe ich geliebt.
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Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von Wierus »

mastermind hat geschrieben:Viele Profs bewerten Abschlussarbeiten fast pauschal mit 1,0
Das ist wohl stark übertrieben. Abschlussarbeiten sind zwar häufig im 1,x-Bereich, aber das liegt wohl auch daran, dass die meisten Leute nach vielen Jahren Studium in ihrer Abschlussarbeit das Beste geben, um es so gut wie möglich abzuschließen.
myfunnyvalentine

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von myfunnyvalentine »

hildegarten hat geschrieben:
In diesem Fall würde ich ihm mit der Veröffentlichung meiner Magisterarbeit zuvorkommen. Ich bewarb mich auch weniger auf eine Stelle, als um eine formale Zustimmung zur Betreuung der DA. Ich wollte weder an seine Forschungsgelder, noch wollte ich ihm seine Zeit stehlen. Ich wäre in jedem Fall eine Hilfe für ihn und eine Bereicherung für sein Projekt gewesen, da ich selbstständig und kostenlos gearbeitet hätte.
Bedenke aber: Wenn Du die Magisterarbeit veröffentlichst, ist das Thema für die Promotion erledigt!
musicus

Re: Vom Prof. (trotz 1,0) abgewiesen worden - wohin nun?

Beitrag von musicus »

myfunnyvalentine hat geschrieben:Bedenke aber: Wenn Du die Magisterarbeit veröffentlichst, ist das Thema für die Promotion erledigt!

Wieso denn das? :shock: Das stimmt so m.E. nicht und deshalb würde ich auch zumindest eine umgehende Online-Publikation anstreben.
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