[BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtschaft?

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MasterStud

[BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtschaft?

Beitrag von MasterStud »

Ich stehe aktuell in den letzten Zügen meines Masterstudiums (BWL) und habe jetzt von einem Prof. ein gutes Angebot erhalten.

Dabei würde ich nach dem Studium eine 100% Stelle am Lehrstuhl erhalten und könnte nebenbei meine Promotion schreiben. Bei Beendigung des Masters bin ich 25 Jahr (m). Die Arbeit am Lehrstuhl wäre in einem Forschungsprojekt und ist eigentlich ganz spannend, macht mir auch Spaß. Das Team ist auch super. Toll finde ich die Tatsache, dass man sich richtig einbringen und viel mitgestalten kann. Promotion könnte ich mir auch vorstellen zu schreiben.

Ich möchte allerdings nicht ewig an der Uni bleiben (die Projekte sind ja meist auch nur begrenzt und das Wissenschaftszeitgesetzt gibt es ja auch noch) und will dann später eher in die Wirtschaft wechseln. D.h. die Promotion wäre nur ein Zwischenschritt. Allerdings habe ich eine ganze große Angst, dass ich dann nicht mehr in der Wirtschaft Fuß fassen kann.

Ich meine bei einer angenommenen Promotionszeit von 5 Jahren (ziel sind eher 3-4 Jahr) wäre ich 29-30 Jahre (bzw. entsprechend jünger). Letztendlich müsste ich dann mit einem Praktiker konkurrieren, der 5 Jahre praktische Berufserfahrung hat. Ich habe dann zwar in dem Forschungsprojekt mitgearbeitet, aber ein reales Unternehmen ist eben doch was anderes. Ich meine wenn ich zwischendrin merke, dass es nichts für mich ist könnte ich ja trotzdem noch wechseln, aber die Zeit dreht sich halt weiter :D

Wie sind diesbezüglich eure Ideen, Erfahrungen etc.?

Danke für eure Antworten.
algol
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Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von algol »

Gibt auch genügend Absolventen, die erst mit 27/28 von der Uni kommen, weil sie lange studiert haben/ vorher Ausbildung/ abgebrochenes Studium dazwischen, ...
Finde 29 mit abgeschlossener Promotion noch nicht völlig dramatisch.
Hast Du in Deinem Studium Praktika gemacht?
Das Forschungsprojekt - ist das DFG-Grundlagenforschung oder ein Kooperationsprojekt mit Unternehmen o.ä.?
Wenn Du eine volle Stelle hast, bleibt da genügend Zeit für die Diss? Hast Du darüber mit dem Prof und den anderen am Institut gesprochen?
nine

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von nine »

Hallo,
vielleicht kann ich Dir etwas Hilfestellung geben, ich habe auch in BWL promoviert und bin jetzt in der Wirtschaft tätig. Die Bewerbungsphase nach der Promotion war bei mir in der Tat nicht ganz so einfach. Zum einen hatte ich das Pech, mich noch gegen Ende der Wirtschaftskrise bewerben zu müssen, von daher waren einfach nicht so viele Stellen ausgeschrieben. Zum anderen fand ich aber auch, dass die Promotion teilweise schon als Nachteil gesehen wurde und lieber Bewerbern mit Praxiserfahrung der Vorzug gegeben wurde. Bei Bewerbungsgesprächen mit Personen, die selbst promoviert waren, hatte ich den Eindruck, dass die Promotion schon sehr geschätzt wurde. Umgekehrt leider oftmals nicht. Letztlich kommt es einfach darauf an, auf welche Art von Stelle man sich bewirbt. Bei "normalen" Stellen, z. B. als Controller oder Produktmanager oder so, hat man mit Promotion eigentlich keine Chance, da zählt die Berufserfahrung eindeutig mehr und die Promotion bietet aus Sicht der Unternehmen keinen wirklichen Mehrwert. Allerdings hat man mit Promotion eindeutig bessere Chancen, wenn man sich in vorstandsnahen Abteilungen bewirbt. Stellen für Promovierte finden sich z. B. häufig in den Abteilungen Strategie, Unternehmensentwicklung, Strategisches Controlling oder auch direkt als Vorstandsassistent. Davon abgesehen hat man mit Promotion gute Chancen, wenn es um Stellen mit Kundenkontakt geht bzw. wo viel Wert auf die Außenwirkung gelegt wird und der Dr-Titel eben was hermacht, wie z. B. Unternehmensberatung oder teilweise auch Vertrieb.
Insgesamt würde ich mich also nicht gegen die Promotion entscheiden, nur weil die Berufschancen vielleicht etwas geringer sind. Zwar kommen nach der Promotion tatsächlich viel weniger geeignete Stellen in Frage, allerdings handelt es sich bei den Stellen, die in Frage kommen, tendenziell schon um die interessanten Top-Positionen in Vorstandsstäben etc.
Wichtig finde ich, schon während der Promotionszeit darauf zu achten, ausreichend Praxiserfahrung (z. B. durch Praxisprojekte mit dem Prof.) und Softskills (Präsentationstechniken durch Lehrveranstaltungen, Fachvorträge etc) zu sammeln. Das muss man dann im Bewerbungsgespräch natürlich auch entsprechend verkaufen können, was je nach Gesprächspartner manchmal leichter, manchmal schwieriger ist.
Ich hoffe, dass ich Dir in Deiner Entwscheidung ein wenig weiterhelfen konnte.
Viele Grüße und viel Erfolg
MasterStud

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von MasterStud »

Danke für eure Antworten.

Praktika habe ich 2 absolviert + Werkstudent. Bei allen beiden haben ich sehr gute Beurteilungen bekommen. Alle beiden Unternehmen wollten mich ungern gehen lassen (herrschte aber in beiden Betrieben sowieso auch Einstellungsstopp) und ich musste mein Studium fortführen.
Hiwi bin ich auch lange Zeit gewesen. Einzig Auslandserfahrung kann ich nicht vorweisen. Das liegt daran, dass sich bisher nichts ergeben hat und ich immer ein Wunsch-Praktikum in der von mir gewünschten Branche bekommen hatte. So konnte ich auch alles in der Regelstudienzeit durchbringen (Ausland hätte mich doch 1-2 Semester zurückgeworfen, da der Master mit einer Doppel-Prüfung über 2 Semester läuft. Ich sehe es bei anderen, die dadurch 1-2 Semester zurück liegen.

Forschungsprojekte gehen in beide Richtungen (haben mehrere).

Vom Beruf her würde mich natürlich die oben genannten Aufgaben (ins. mittlere und oberes Management) sehr stark reizen. Ich mag es einfach, vielfältig tätig zu sein und Mitarbeiter zu motivieren. Das dürfte ich bereits in einem meiner Praktika testen, indem ich als Praktikant 3 weitere Praktikanten und eine Mitarbeiterin in einem Bereich angelernt habe :D. Das war relativ schwierig, da sie mehr oder weniger zwangsversetzt wurde (für mich natürlich eine schöne Herausforderung). Glücklicherweise hatte ich dort auch einen richtig guten Chef, der mir massig über Mitarbeiterführung, Teambildung etc. beigebracht hat. Wir hatten uns gut verstanden. Dadurch durfte ich auch gleich in den ersten 2 Wochen meiner Prakitka-Tätigkeit zu diversen Leitungsteams etc. um dort mein übernommenes Projekt vorzustellen.
In der operativen Ebene hört man von den Mitarbeitern meist auch, dass sie die Stellen wohl nicht mehr nehmen würden, da sie den ganzen Tag nur Excel-Tabellen hin und herschieben (vielen wollen aber aufgrund Familie etc. nicht wechseln)... Dahingehend ist die Arbeit an der Uni natürlich abwechslungsreicher (man möge es kaum glauben). Gleichwohl ist diese aber nur begrenzt (zeitlich) wodurch sich der notwendige spätere Wechsel ergibt.
Anderseits ist das jetzt die beste Chance für eine Promotion. So eine gute Chance werde ich in meinem Leben nie wieder bekommen.
Wierus
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Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von Wierus »

algol hat geschrieben: Finde 29 mit abgeschlossener Promotion noch nicht völlig dramatisch.
D.h. es ist schon dramatisch aber noch nicht völlig? Wann wird es denn völlig dramatisch?

Sorry, dass ich da jetzt drauf herumreite, aber diese Formulierung ist mehr als vage. :wink:
algol
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Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von algol »

@Wierus: Naja, die Realität ist nun mal nicht 0 und 1.
Da gibt's AG, die finden das dramatisch und andere nur so halb oder gar nicht.
Bei diesen Fragen gibt es selten die Situation, dass man sagen könnte, geht einfach mal gar nicht oder geht in jedem Fall. Da spielt so viel rein.
Aber Nine hat schon recht, dass in der BWL eine Promotion recht wenig zählt in der Praxis. Da wirken sich dann andere Faktoren wie Alter und Berufserfahrung (in einem Unternehmen) stärker aus. Kann man gut finden oder nicht.
Und diese Jobs wie Vorstandsassistent - tja, muss man wissen, ob man das will. Ich bin da inzwischen immer skeptischer, ob man sich so was antun muss.
Laplace

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von Laplace »

@Wierus: Naja, die Realität ist nun mal nicht 0 und 1.
Es soll ja auch Leute geben, die wegen "zu stromlinienförmigen Lebenslauf" aussortiert werden - weil da dann Sorge besteht, dass derjenige nach einem Jahr schon wieder zum nächsten, noch besseren Job wechselt. Der nächste Abteilungsleiter nimmt die selbe Person für eine vergleichbare Position dann vielleicht gerade mit Kusshand.
Ob man irgendwo eingestellt wird, hat in nicht geringem Maße auch einfach mit Glück zu tun....
MasterStud

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von MasterStud »

Also um das mal zusammen zu fassen:

1. Jobsuche ist immer "Glückssache" - Personaler sind auch nur Menschen und jeder Mensch hat andere Vorzüge (der eine mag blaue Bewerbungsunterlagen nicht, der andere mag kein Arial und der dritte mag keine Studenten der Uni Münster, weil er dort als Student selbst abgelehnt wurde)
2. Eine Promotion heißt nicht automatisch, dass man in eine bessere Position kommt (aber auch nicht, dass man automatisch in eine schlechtere kommt) - unabhängig ob im ÖD oder in der Wirtschaft.

Eine pauschale Aussage ist demnach nicht möglich.

Meine logische Schlussfolgerung darauf: wenn ich jetzt nichts besser finde, steht dem Vorhaben nichts im Wege. Ansonsten zählt an der Uni das gleiche wie in der Praxis (auch wenn man später von einem ins andere wechseln will): Man muss sich beweisen und zeigen, dass man der geeignete Kandidat für die Position ist. Eine automatische Erfolgsgarantie gibt es bei keinem Weg.

Letztendlich ist man ja an der Uni auch nicht gefangen. Wenn ich nach x Monaten merke, dass es nichts für mich ist kann ich ja jederzeit wechseln.
Zuletzt geändert von MasterStud am 23.12.2011, 13:31, insgesamt 1-mal geändert.
nine

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von nine »

Hallo MasterStud,

nimm's mir bitte nicht übel, aber vielleicht sollte man doch ein wenig auf dem Teppich bleiben was die Berufsziele - zumindest direkt im Anschluss an die Promotion - angeht. Nur mit Promotion und ohne weitere Berufserfahrung wird es sicherlich in den wenigsten Fällen so sein, dass man sofort in eine Topmanager-Position mit Führungsverantwortung etc. kommt. Fertige Doktoranden legen oftmals diese Arroganz an den Tag, halten sich für etwas besseres und werden dann in der Bewerbungsphase aber ganz schnell wieder zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Direkt nach der Promotion hat man in der Wirtschaft eigentlich keine großen Vorteile, d.h. man steigt nicht so viel höher ein als Absolventen ohne Promotion (zumindest was Führungsverantwortung angeht, vom Gehalt her natürlich schon). Der Unterschied ist nur, dass man bessere Chancen in Bereichen hat (wie ich es schon ansprach, z. B. Vorstandsstäbe, Strategie, Consulting), in die ein Absolvent ohne Promotion vielleicht nicht so leicht reinkommt. Da man in diesen Positionen oftmals ein höheres Exposure hat, da man eben sehr eng mit Vorständen und Führungskräften zusammenarbeitet und sich somit schon mal "einen Namen machen kann", geht es mit der weiteren Karriere möglicherweise schneller voran. Aber wie gesagt, direkt nach der Promotion kann man sich Führungsverantwortung und Managerpositionen in der Regel abschminken. Dessen sollte man sich schon bewusst sein, bevor man sich für eine Promotion entscheidet.
Nichts für ungut und trotzdem viel Erfolg für Dich,
Nine
MasterStud

Re: [BWL] Nach der Promotion noch Chancen auf Job in Wirtsch

Beitrag von MasterStud »

Naja ich will eine Promotion nicht machen, damit ich Manager oder Führungsverantwortlicher werde.

Ich will die Promotion vorrangig machen, um mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen und meine bisher begonnene Arbeit am Lehrstuhl fortsetzen. Allerdings macht es für mich keinen Sinn weiter am Lehrstuhl zu bleiben, wenn ich keine Promotion schreibe.

Meine einzige Befürchtung war/ist die Tatsache, dass ich nach der Promotion (x Jahre arbeit in Uni) keinen Fuß in der Wirtschaft mehr fasse. Da ich jedoch (aktuell) nicht vor habe, Professor zu werden, ist ein Wechsel spätestens nach 12 Jahren pflicht (Wissenschaftszeitgesetz). Je ältere ich jedoch bin, desto schlechter werden meine Chancen. Demnach ist ein Wechsel direkt nach der Promotion optimal.
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