Bin ich geeignet für eine Promotion?

[Robin]

hallo an alle,

ich bin gestern nacht auf dieses forum gestoßen und sehr glücklich, es gefunden zu haben. kurz zu mir: ich befinde mich gerade in der abschlussphase meines magisterstudiums. MA ist bereits abgegeben, erste mündliche prüfung habe ich ebenfalls absolviert. nun folgen noch drei schriftliche und eine weitere mündliche prüfung.

der gedanke zu promovieren reizt mich bereits seit etwa zwei jahren. da nun mein studium dem ende entgegen geht, bekomme ich allerdings panik. liege ich gut in der zeit? ist es realistisch, im oktober mit der promotion anzufangen (so denn eine promotionsstelle gefunden wird und ich finanziell abgesichert bin), wenn ich ende februar mit meinen prüfungen durch bin? reichen 6 monate, um ein exposé anzufertigen, DV/DM zu finden und mich für eine WiMa-stelle oder ein stipendium zu bewerben?

bisher habe ich einige diss-ideen im kopf, die fachlich alle in dieselbe richtung weisen. die ideen sind im laufe der letzten beiden jahre in meinem köpchen gereift. ein konkretes projekt habe ich allerdings noch nicht erarbeitet, weil ich derzeitig aufgrund der bevorstehenden prüfungen noch nicht den kopf frei hatte, alles en detail zu planen. ist das normal so oder wusstet ihr bereits vor ende eures studiums, wie euer forschungsprojekt realisiert werden soll (inklusive hypothesen, methodenauswahl etc.)?

zusätzlich zu meinen "unsicherheits-" und "ist-das-so-üblich"-fragen fände ich es toll, wenn ihr mir feedback zu meinem akademischen hintergrund geben könntet. habe ich chancen, eine promotionsstelle zu ergattern?
ich bin 25, arbeite derzeitig als studentische hilfskraft in dem fachbereich, in dem ich gerne promovieren möchte. zuvor hatte ich bereits 2 tutoren-stellen in angrenzenden fachbereichen. ich habe im laufe meines studiums ein auslandssemester an einer renommierten uni in kanada absolviert. meine studienleistungen lagen bisher zumeist im sehr guten und guten bereich. meine mündliche abschlussprüfung habe ich mit 1,0 abgeschlossen. inoffiziell wurde mit bereits von meinem MA-betreuer mitgeteilt, dass ich auch für die MA eine 1,0 erhalten werde. neben dem studium engagiere ich mich in einem arbeitskreis der uni sowie in einem weiteren toleranz-projekt. beide ehrenamtlichen tätigkeiten sind mit meinem forschungsvorhaben mehr oder weniger inhaltlich verknüpft. will sagen: bei mir überschneidet sich forschungsinteresse mit persönlicher/ politischer ausrichtung.

was bei mir als "störfaktor" hinzu kommt: ich bin SUPER unsicher, traue mir nicht genug zu. obwohl ich bisher so gute leistungen erbracht habe, denke ich noch immer, nicht gut genug zu sein wahrscheinlich hole ich mir aus diesem grund von euch feedback.

[MastaofDissasta]

Sorry, wenn ich das jetzt mal so direkt sage, aber: Mööönsch, was möchtest du denn? Du schreibst absatzweise davon, dass deine bisherige Entwicklung und das Promotionsvorhaben absolut kompatibel sind, aber dann möchtest du von einem anonymen Forum, dass man dir über das (virtuelle) Köpfchen streichelt und gut zuredet. Mich würde das nicht so stören, wenn das nicht so ein Verhalten wäre, bei dem man geneigt ist zu sagen "Typisch Frau!". Wir fallen vergleichsweise häufig dem "Hochstapler"-Syndrom anhein ("Eigentlich bin ich ja totaaal unfähig und irgendwann wird das auffliegen ...") und machen uns deswegen abhängig von externem Feedback, das aber natürlich nur positiv sein darf, sonst geht unser Selbstbewusstsein in Scherben. Und zu deiner Frage: Genau das kann im Uni-Betrieb gefährlich werden. Die entstehenden Arbeiten werden von Betreuer und peers in endlosen Sitzungen auseinandergenommen, das "peer review" von Zeitschriften kann gestandene Professoren zum Heulen bringen, fast jeder Schritt wird evaluiert und es gibt immer den Kollegen, der früher weiter gekommen ist und neben dem man blass aussieht.

Wenn du also kein Vertrauen in deine Fähigkeiten hast und auch keine Aussicht darauf, an genau diesem persönlichen Problem in der nächsten Zeit arbeiten zu können, dann solltest du es lassen. Diese Suche nach Bestätigung von außen ist ein Fass ohne Boden, denn wenn du nicht an dich glauben willst, dann wird kein externer Zuspruch dich vom Gegenteil überzeugen. Und - nochmal sorry - dass kotzt mich immens an, weil es meiner individuellen und sehr subjektiven Wahrnehmung nach ein Faktor ist, der Frauen von der erfolgreichen Uni-Laufbahn abhält.

[Robin]

zunächst: vielen dank für deine rückmeldung, mastaofdissasta. du hast schon recht: ich scheine mir meine antwort(en) mit meinem beitrag selbst gegeben zu haben. ich weiß im grunde, was ich machen will, ich weiß das bereits seit wenigen jahren und habe dementsprechend versucht, meine wünsche und träume zu realisieren. promotion wäre der nächste konsequente und logische nächste schritt. das weiß ich im grunde.

dann: ich fände es nett, wenn du mich nicht einfach als "(typisch) frau" einlesen würdest. meine unsicherheiten mögen andere ursachen haben als meine geschlechtsspezifische sozialisation.

und: danke für den hinweis an meiner unsicherheit und meinem fehlenden zutrauen zu arbeiten. ich bin auch quasi schon dabei (mehr oder eher weniger erfolgreich wie man an meinem eingangsposting sieht ).

[Aguti]

Wenn du weißt, was du willst (scheint so), dann tu das! Bessere Voraussetzungen kann man wohl kaum haben. Und wenn du das Studium gut geschafft hast, reicht dein Intellekt sicher auch für eine Diss.(Ich würde allerdings nicht mein Lebensglück mit irgendwelchen Noten verknüpfen) Viel Erfolg!

[MastaofDissasta]

dann: ich fände es nett, wenn du mich nicht einfach als "(typisch) frau" einlesen würdest. meine unsicherheiten mögen andere ursachen haben als meine geschlechtsspezifische sozialisation.

Kann sein, aber was ich eigentlich gesagt habe, dass ich (individuell und sehr subjektiv) das häufiger bei Frauen sehe. Ich kenne deine persönlichen Beweggründe nicht, sehe aber ein Muster, das mir bekannt vorkommt und das kann ich nicht so unkommentiert lassen.

Zu den praktischen Fragen: Ich gehe davon aus, dass sechs Monate ausreichen. Allerdings kann es passieren, dass nach der Vergabe des Stipendiums noch ein paar Monate bis zur ersten Zahlung vergehen. Wenn du nach einer Stelle suchst, kann das zeitlich flexibler gehandhabt werden und ein Exposé ist dann häufig erst später nötig (ich hab mein Exposé erst nach einem Jahr auf der Stelle eingereicht).

[Menosgada]

Dein Post klingt für mich wie: "Ich bin gestern im Training Europarekord gelaufen. Reicht das für die deutschen Meisterschaften?". Willst du wirklich eine Antwort oder nur Streicheleinheiten?

Mach's einfach! Stolpern kann man immer mal. Das gilt aber auch für jede Alternative zur Diss.

[elbu]

Ich schreib mal was zur anderen Frage

6 Monate: Bei den meisten Stiftungen muss man mit dieser Zeitspanne rechnen zwischen Bewerbung und Entscheidung über die Aufnahme. Wenn Du also in 6 Monaten ein Exposé schreiben und eine Finanzierung sichern willst, kann das mit viel Glück klappen, ist aber sehr knapp kalkuliert. Du solltest also überlegen, wie Du die Wartezeit finanziell überbrückst (ich habe z.T. Alg II bezogen, das letzte gut halbe Jahr dann eine gute Arbeitsstelle gehabt, bis die Finanzierungszusage kam - während der Zeit hat aber die Diss geruht). Ich kenne (inkl. mir selbst) einige Leute, die über ein Jahr nach einer Finanzierungsmöglichkeit für ihre Diss gesucht haben (Stipendium oder Stelle). Das trotz sehr guter Studienabschlüsse, ausgearbeiteter Exposés für gute Projekte und relevanter Erfahrungen. Also falls es nicht sofort klappt, nicht entmutigen lassen!

Wie lange es braucht, das Exposé zu schreiben, ist ganz individuell und sicher auch vom Fach abhängig. Ich hatte nach ein paar Monaten eins, mit dem ich mich beim DV vorgestellt habe, musste das dann aber nochmal umarbeiten für die Finanzierungsbewerbung. Ein gutes Exposé braucht schon seine Zeit.

[mastermind]

will sagen: bei mir überschneidet sich forschungsinteresse mit persönlicher/ politischer ausrichtung.

Sorry, aber das sind ja mal super Voraussetzungen. Dann bist du sicher total ergebnisoffen. Lass mich raten: Promotion in Gender Studies. In dem Fachbereich werden noch ganz unbedingt viele Promotionen von ideologisch voreingenommenen Leuten benötigt...

[barbershop]

Bezüglich der Frage, ob 6 Monate reichen, würde ich mich definitiv elbu anschließen, das kann dir im Prinzip niemand vorhersagen. (könnte nur noch Binsenweisheiten dazu geben, z.B. hängt Exposeerstellung u.a. stark von DV/DM ab, wie schnell man an Literatur kommt, ...)
Allgemein: Die teils etwas abschätzigen Posts gefallen mir nicht so sehr. Ich finde schon, dass man (vor allem in diesem Forum!) Unsicherheiten, wie du sie beschreibst, nachvollziehen können sollte. Auch wenn deine Noten, dein Engagement usw. beneidenswert klingen, haben sicher viele (ich zumindest) vor allem Anfang schwierige Phasen voller Selbstzweifel durchlebt. Ob das nun "typisch frau" ist, ist doch eigentlich egal. Meiner bisherigen Erfahrung nach werden während der Diss auf einmal ganz andere Eigenschaften wichtig, als man vorher dachte, z.B. Durchsetzungsvermögen, Durchhaltevermögen, Fähigkeit, sich selbst zu motivieren...
Die Entscheidung kann dir keiner abnehmen, so oder so. Sprich mit einigen vertrauenswürdigen Personen darüber. Stell dir vor, du schaust in 15 Jahren zurück: würdest du dich ärgern, wenn du die Chance zu promovieren aus Unsicherheit versäumt hast?

[Robin]

will sagen: bei mir überschneidet sich forschungsinteresse mit persönlicher/ politischer ausrichtung.

Sorry, aber das sind ja mal super Voraussetzungen. Dann bist du sicher total ergebnisoffen. Lass mich raten: Promotion in Gender Studies. In dem Fachbereich werden noch ganz unbedingt viele Promotionen von ideologisch voreingenommenen Leuten benötigt...

keine wissenschaft und damit keine promotion ist vorurteilsfrei. wir sind alle zu einem gewissen grade ideologisch voreingenommen. außerdem kannst du mir ruhig zutrauen, trotz privater parteilichkeit ergebnisoffen zu sein. ich arbeite nicht zum ersten mal wissenschaftlich außerdem sehe ich mein engagement eher als vorteil, um zugang zum feld zu bekommen.