Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

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Butterblume

Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von Butterblume »

Hallo zusammen,

ich habe schon länger ein Problem, das mich mehr und mehr belastet. Nervös bei Vorträgen oder vor anderen zu sprechen war ich eigentlich schon immer, aber ich habe das Gefühl, dass es - anders als erhofft - immer schlimmer wird. Da ich auf Stelle promoviere, sind damit auch Lehrveranstaltungen verbunden, im Speziellen Übungen, die ich halte. Auch hier: Ich bin so unsicher! Bin jetzt in meinem 3. Jahr und habe immer gedacht, wenn man das erst ein paar Mal gemacht hat, wird das besser, aber das tut es nicht. Erst am Montag sollte ich ein paar Worte zu den Studierenden sagen, nur was Organisatorisches, also nichts worauf ich mich hätte länger vorbereiten sollen, aber auf einmal hatte ich während meiner Ansage so einen Knoten im Hals, hab kaum Luft bekommen, und immer nur gedacht, wie peinlich das ist, wenn man so nervös rüber kommt, was die ganze Sache noch schlimmer gemacht hat.
Aber nicht nur bei der Lehre: Auch wenn ich jemanden erklären soll, was ich in meiner Diss mache, bin ich immer so unsicher und denke, dass das alle blöd finden, dabei hab ich eigentlich auch schon gutes Feedback bekommen.
Habt ihr vielleicht einen Tipp, wie ich das in den Griff bekommen kann? Oder geht's euch vielleicht auch so? Mich nervt das einfach, und ich ärgere mich einfach über mich selbst. Danke schon mal im Voraus für eure Antworten.

Eure Butterblume
Thales

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von Thales »

Hallo Butterblume,

es gibt einige Techniken mit der Nervosität um zu gehen. Hier einige Tipps die ich mal bekommen habe:

- akzeptiere die Nervosität. Die Reaktionen sind völlig normal und gehören dazu. Du kannst Theaterschauspieler fragen, das Lampenfieber wird nie ganz weg gehen.

- suche dir einen Gegenstand, ein Kleidungsstück, besondere Schuhe oder ähnliches, die du nur zu solchen Anlässen anziehst. Schlüpfst du in dies Stück oder nimmst den Gegenstand, stellst du dir vor du gehst da jetzt raus wie ein Schauspieler und ziehst eben die Sache ab. So gewinnst du ein Stück Abstand und du kannst (zu einem Stück weit) Pannen auf den "Depp der den Vortrag gehalten hat" ;) schieben und weniger an dich ran lassen. (Natürlich ist das bei wissenschaftlichen Vorträgen nur bedingt möglich, es soll auch nur eine innere Vorstellung sein)

- Bei Vorlesungen und Übungen: Ich seh es nach kurzer Eingewöhnungsphase immer so: ich darf denen, die es interessiert (und so jemandem habe ich in jedem Kurs gefunden), etwas erklären. Die Zuhörer wollen Infos von dir, du wurdest ausgewählt sie zu liefern. Da hat sich jemand was bei gedacht! Vertraue dem jenigen, er wird wissen warum.
In Vorlesungen und Übungen ist es keine Schande etwas auch mal nicht zu wissen. "Vielen dank für die Frage. Die kann ich jetzt leider nicht sofort beantworten, werde die Antwort aber nächste Woche nachliefern." (Wichtig, dann auch nachliefern)

- Bei Kritik in wissenschaftlichen Vorträgen: Kommt ein blöder Kommentar kannst du immer noch sagen:"Vielen Dank für Ihren Hinweis, ich werde es in meiner weiteren Arbeit berücksichtigen. Gibt es noch weitere Fragen und Anmerkungen?"

- zum Thema anderen etwas erklären: Du musst bei Erklärungen über dein eigenes Thema immer bedenken, dass das eigene Thema jedem von uns hin und wieder trivial vorkommt. Dein Gegenüber steckt aber nie so drin wie du. Daher ist die Sichtweise eine ganz andere. Am Anfang deiner Arbeit hast du da ja einen Forschungsbedarf gesehen. Nur weil du jetzt mehr weißt heißt das ja nicht, dass deine Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Jahre direkt in ein Kollektivbewusstsein übergegangen ist und alle genau soviel wie du.

Vielleicht hilft dir das etwas weiter.

LG Thales
bbb

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von bbb »

@Butterblume

die Tips von Thales bringen Dich sicher weiter.

Ich war in der Schule auch sehr schüchtern und hatte extreme Schwierigkeiten mit Referaten, Sprechen vor Gruppen, etc.
Interessanterweise war es ausgerechnet in meinem Auslandsstudium, dass ich das erste Referat total versemmelt habe (hatte fast ganze Sätze vor-formuliert und diese in atemberaubender Geschwindigkeit vorgelesen :( ) und danach einfach nur noch Stichworte aufgeschrieben.
Das zwang mich zum Nachdenken, und die nächsten Referate klappten wirklich sehr gut und es begann, richtig Spaß zu machen (auch Vorträge auf Konferenzen, etc.).

Zweitens: ist vielleicht ein bisschen esoterisch, könnte aber auch helfen: Leichtes Klopfen auf die Thymus-Drüse (siehe hier ).
Ein Coach hatte mir mal erzählt, dass sie immer sehr schüchtern war und sich dann vor Parties beim Klopfen auf die Thymus-Drüse gesagt hat:
"Ich bin ein interessanter Mensch. Es macht Spaß, mich kennen zu lernen."

So in der Art könntest Du Dich vielleicht auch umprogrammieren.
Einen Versuch ist es wert, kostet nichts und braucht keine Extra-"Tools", denn Deine Thymusdrüse hast Du (hoffentlich) immer dabei. :D
easterbunny

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von easterbunny »

Hallo Butterblume,
ich kenne solche Probleme sehr gut aus eigener Erfahrung. Ich bin von Natur aus eher schüchtern und zurückhaltend und mag es nicht vor vielen Leuten zu sprechen und mir fällt es auch schwer fremde Menschen anzusprechen oder anzurufen. Dazu kommt bei mir noch Prüfungsangst.

Durch alle diese Faktoren wurde mein mündliches Abitur (meine 1. mündliche Prüfung überhaupt) auch zur totalen Katastrophe. Endete im totalen Blackout, wo mir die einfachsten Begriffe (z.B. Kapital) nicht mehr einfallen wollten und das obwohl ich eigentlich eines meiner Wunschthemen erwischt hatte. :( Die Note war entsprechend 3 Punkte (in einem Fach, indem ich sonst immer bei 10-12 Punkten lag). Nach diesem Erlebnis hab' ich beschlossen das ich daran arbeiten muss.

Ich hab' mich dann vor mündlichen Prüfungen während dem Studium immer besonders intensiv vorbereitet und mir auf eventuell mögliche Fragen schonmal Antworten im Kopf zurechtgelegt. Es hat mir außerdem geholfen, mir immer wieder einzureden, dass ich wirklich alles kann und dass das der Prüfer aber nur merkt, wenn ich ihm das auch durch meine Antworten zeige. An mündliche Prüfungen hab' ich mich dadurch ganz gut gewöhnt, obwohl mir noch öfters gesagt wurde, dass die Note eventuell noch hätte besser ausfallen können, wenn nicht so nervös und unsicher gewirkt hätte. Das war mir aber immer egal, weil immerhin hab' ich es ja geschafft zu antworten, was bei meinem mündlichen Abi schonmal gar nicht geklappt hat.

Vorträge (insbesondere der Diplomvortrag, weil ja auch Prüfung und 20% der Diplomnote) waren und sind auch immer eine besondere Herausforderung. Ich hab' mir da auch angewöhnt besonders auf inhaltliche Korrektheit zu achten und meine Nervosität einfach zu akzeptieren und meine keine Gedanken darüber mehr zu machen, wie das eventuell auf andere wirken könnte. Ich wurde auch schon des öfteren nach Vorträgen darauf angesprochen, aber meistens eher der Art "Warum sind Sie denn so nervös, ist doch ein gutes Thema" und eigentlich sehr selten irgendwie negativ.

Mein Tipp ist also die Nervosität einfach als Teil seiner Persönlichkeit zu akzeptieren und sich keine Gedanken darüber zu machen, was andere davon halten. Wenn man inhaltlich überzeugen kann und vor allem selbst auch von seinen Inhalten überzeugt ist, dann stört das normal keinen.

Mein Thema anderen Leuten zu erklären fällt mir auch echt schwer, weil ich selbst bei Kollegen und ehemaligen Kommilitonen häufig ziemlich aussschweifen muss, um klar zu machen worum es eigentlich geht. Trotzdem haben viele dann noch keine Vorstellung davon, was da alles drinsteckt und warum mich das fasziniert, aber auch da hab' ich mir inzwischen die Ist-doch-egal-was-die-denken-Haltung zugelegt. Solange ich selbst davon überzeugt bin und meinen Betreuer überzeugen konnte, dann wird's schon ok sein.

Naja, hoffe ich konnte Dir ein paar Anregungen geben.

Gruß easterbunny
Poppy

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von Poppy »

Ich kann auch nur sagen: Kenn ich! Gerade Seminare an der Uni halten machen mich sehr nervös und ich merke, dass mir öfter mal ein Wort fehlt oder ich mich verplappere. Ich mach das jetzt im zweiten Jahr und es ist zwar schon etwas besser geworden, weil ich doch das Gefühl hab die Themen ganz gut rüberzubringen. Nervös bin ich aber auch weiterhin und nach einer Seminarsitzung immer ziemlich gerädert. Da ich aber keine Anwesenheitslisten in meinen Seminaren habe, habe ich dann im Laufe des Semesters doch das Gefühl, dass die Studis es nicht so schlimm finden wenn ich nervös bin und trotzdem am Thema interessiert sind. Das beruhigt mich dann immer ein bisschen.
Einen größeren Vortrag zu meiner Diss habe ich noch nicht gehalten, kommt aber nächstes Jahr auf mich zu. Deswegen habe ich mich zu einem Rhetorik-Kurs meiner Stiftung angemeldet, wo man nochmal einiges an Feedback bekommt. Vielleicht gibt es ja solche Kurse bei dir an der Uni?
phoebie

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von phoebie »

Liebe Butterblume,
du hast schon ein paar Antworten bekommen. Es scheint also, du bist nicht alleine auf dieser Welt mit diesem Problem! Ich kenne es auch.
Persoenlich kann ich sagen, dass mir Vortraege auf Konferenzen jetzt leichter fallen und ich weniger nervoes bin. Dies liegt daran, dass ich mich einfach besser in der Materie verankert fuehle und ein paar positive Erfahrungen hinter mir habe. Bei meinem ersten Vortrag war ich auch sehr unsicher. Es war mein erster Vortrag ueber meine Doktorarbeit und mein erster Vortrag in Englisch. Ich war damals auch ueberrascht ueber meine Nervositaet, weil ich doch bereits Vortraege waehrend des Studiums gehalten habe und man sagt doch immer, die Nervoesitaet wird besser mit der Zeit. Aber das Publikum war halt anders als waehrend des Studiums, naemlich mehr Professoren und andere Doktoranden, also wahrscheinlich kompetentere und kritischere Menschen als meine Mitstudenten. Auf die Frage "Wird es besser mit der Zeit?" kann ich fuer mich selber nur sagen "Jein". Ueber das gleiche Thema vor einem aehnlichen Publikum zu sprechen wird einfacher, ueber ein neues Thema vor einem "gefaehrlicherem" Publikum zu sprechen ist fuer mich immer wieder schwierig. Was mir dann hilft, ist meine Nervoesitaet zu akzeptieren (das wurde bereits eher auch erwaehnt als Tip), und mir klar zu machen, dass andere Menschen auch nicht perfekt sind. Andere sind auch nervoes und mein Publikum weiss auch nicht alles.
Ich hab auch ein oder zwei Rhetorikkurse gemacht. Das kann sicherlich helfen und einfache Tricks wie von Thales vorgestellt koennen auch helfen. Persoenlich ist mir aber im Laufe der Jahre vor allem klar geworden, dass meine Sicherheit aus meinem Inneren kommen muss und nicht durch aussen von irgendwelchen Tricks oder Kursen. Der groesste Trick ist mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Wahrscheinlich ist dir das bereits selber klar und leider hab ich hierfuer auch noch kein Allheilmittel gefunden.
Ich bin vor Studenten auch nervoes. Beim Halten von Uebungsgruppen ist mir wiederum aufgefallen, dass ich sicherer bin, wenn ich das gleiche Fach bereits im letzten Jahr gemacht habe. Das spart auch Vorbereitung. Falls du jedes Jahr immer wieder andere Veranstaltungen machst, hilft es dir vielleicht, wenn du stattdessen jedes Jahr die gleiche Veranstaltung machst.
LG
Phoebie
mastermind

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von mastermind »

Mein Tipp wäre es, sich so viel Übung wie möglich zu holen und sich langsam zu steigern. Von kleineren, unwichtigen Gruppen angefangen bis hin zu sehr großen Gruppen.

Mich überrascht das, dass hier einige Dozierende immer noch vor Studenten nervös sind. Ich unterrichte gerne, aber nach zwei, drei Semestern hatte ich das Gefühl, dass mein Puls nicht einmal mehr ein kleines bisschen ansteigt (der Kick, die Nervosität fehlt mir sogar). Mittlerweile bin ich auch bei so halb-wissenschaftlichen Vorträgen komplett "abgestumpft".
Meggy

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von Meggy »

Also, ich schließe mich an und oute mich auch: ich kenne das auch! :wink:
Eigentlich wurde alles schon gesagt: wichtig ist, sich und die Nervosität zu akzeptieren und selbstbewusst an die Sache rangehen.
Bei mir ist es - jetzt nach gut 3 Jahren - bezüglich Konferenzen sehr viel besser geworden. Bin immer noch nervös wie sonstwas, habe es aber besser im Griff und FREUE mich auch auf das Ganze. Vor allem das "networken" in den kaffeepausen und Postersessions macht mir persönlich richtig viel Freude (egal ob auf englisch oder deutsch), und man wäre doch blöd sich schöne Dinge entgehen zu Das hätte ich anfangs NIE gedacht, da Vorträge - egal in welchem Rahmen - mich immer panisch gemacht haben (hab mir auch das mündl. Abi sowie einen Teil des Diploms damit versemmelt :roll: :evil: )
// Übungsgruppen/Seminare: das ist ne Sache für sich. Aber auch da bin ich mit der Zeit irgendwie "cooler" geworden, also innerlich immer noch supernervös, aber außen kommts nicht ansatzweise so schlimm an :wink: Es hilft dabei wirklich extrem, wenn man mehrmals dieselbe Veranstaltung betreuen kann. Was mir persönlich auch geholfen hatte war die Erkenntnis, dass zum einen in jedem Kurs mind. einer dabei ist, den die Thematik/das Fach wirklich interessiert, und für den allein es sich schon lohnt, sowas gut zu machen; andererseits ist in jedem Kurs auch mind. immer einer dabei von der Fraktion "Besserwisser" oder "Aufrührer". Sich darauf einzustellen hat mir geholfen, fast schon neugierig-gespannt in neue Veranstaltungen zu gehen, a la "mal sehen wer diesmal dabei ist und was der für Brüller raushaut" :wink:
Meggy

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von Meggy »

@mastermind
na ja, es gibt halt unterschiedlicheste Charaktere hier draußen :wink: Manchen ist eben das unterrichten/vortragen gegeben, andere müssen es sich hart erarbeiten und haben evtl irgendwann daran Spaß, und wieder andere werden es ihr Leben lang nicht sonderlich prickelnd finden... Könnte das jetzt mit dem Schreiben (Zeitschriften-Artikel, Diss, whatever) vergleichen: einigen fällt das superleicht UND macht Spaß, für andere ist es mühselig aber OK, und wieder andere werden sich ihr Leben lang mit Texten quälten... :D
mastermind

Re: Tipps gegen Nervosität und Unsicherheit

Beitrag von mastermind »

Ja, das stimmt.
Ich stelle mir das nur unglaublich belastend vor. Ich weiß auch nicht ob das auf Dauer dann so gesund ist. Vielleicht sind dann Jobs an Forschungsinstituten (bei "Lehrproblemen") oder reinen Lehreinrichtungen (bei "Schreibproblemen") auf Dauer die bessere Alternative.
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