sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verboten?!

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Mathilda

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Mathilda »

musicus hat geschrieben:
algol hat geschrieben: z.B. Zum Aspekt XY liegen verschiedene Untersuchungen vor. (vgl. Meyer 2000; vgl. Müller 2001)
Finde ich nicht ganz so eindeutig formuliert, denn Meyer und Müller könnten auch die beiden (verschiedenen) Untersuchungen sein, oder? Wobei dann wahrscheinlich kein vgl. stünde. Alternative Deutung: In Meyer und Müller steht drin, daß es zum Aspekt XY verschiedene Untersuchungen gibt (im Idealfall sind sie auch alle genannt). Aber dann fehlt bei beiden die Seitenangabe, wo das steht. Vielleicht habt ihr noch andere konkrete Beispiele, dann wird es viell. klarer.
... daher mache ich es so - im ersten Fall schreibe ich "siehe z.B. die Arbeiten von Meyer 2000 oder Müller 2001" (manchmal noch ergänzt um "vgl. insb. S. xx ff.", wenn es um eine konkrete Aussage geht) im zweiten Fall "vgl. Meyer 2000, S. xx; Müller 2001, S. yy"
algol
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von algol »

@musicus: Ich meinte, dass Meyer und Müller Untersuchungen zu dem Thema vorgelegt haben.

@zuleika: Was meinst Du mit Geiwi strenger? Meine leidlichen Erfahrungen mit diesen nachlässigen Angaben sind aus dem sozialwissenschaftlichen Bereich.
Leitzordner

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Leitzordner »

Aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften ist mir aus Lehrbüchern etc. fast nur diese Zitierweise bekannt und sie wird sehr häufig angewandt.
Ein Lehrbuch hat aus Zitationssicht absolut nichts mit einer Publikation/Dissertation zu tun. Und aus meiner Sicht sollte/kann auch ein Lehrbuch nicht in einer Diss/Publikation zitiert werden.
In den Naturwissenschaften ist ja erstmal klar: Alles in Einleitung ist von anderen. Ergebnisse sind meine. Methoden und Diskussion sind ein Mix.
Und die Regel ist doch relativ einfach: Keine direkten Zitate sondern die Kernaussage wird mit eigenen Worten formuliert und direkt hinter den Satz kommt/kommen die Quelle(n). Wenn es mehrere Sätze sind, aber absolut klar ist, dass es der gleichen Publikation zuzuordnen ist (z.B. wenn die Methode sehr wichtig für den Erkenntnisgewinn ist und man dann irgendwas Richtung
1. Satz: intro-blabla,
2. Satz: Methode,
3. Satz Ergebnis/Bedeutung
muss aus meiner Sicht auch nicht hinter jeden Satz die Quelle sondern ich würde nur bei 1 und 3 die Quelle hinschreiben (wobei manche das nach jedem Satz machen)
Im Prinzip wäre es ja einfach:
wenn das so "wissenschaftlich" nicht in Ordnung ist, müsste man einfach allen Dr.-Ing.'s und Dr. rer. nat.'s die Titel wieder aberkennen und die Fachzeitschriften der letzten 100 Jahre öffentlich verbrennen und schon wäre das Problem fast gelöst.
Nix da, die ganzen Dr rer nats etc etc in den Life Sciences dürfen ihren behalten. Die zitieren ordentlich.
Wierus
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Wierus »

Wenn ich mir die anhaltende Plagiatsdiskussion so anschaue, kann ich mich fast glücklich schätzen, dass ich schon immer ein großer Freund des unverstellten, direkten Zitierens war.
Vielleicht sind "Historiker" da eh schon ein wenig mehr in die Richtung gepolt. Ich arbeite generell nach dem Motto: Lass möglichst die Quelle sprechen!
Indirektes Zitieren / Vgl.-Fußnote kommen bei mir nur vor wenn es unbedingt sein muss.

Dadurch sind zwar nur 2/3 des Texts wirklich von mir und eben 1/3 "nur" Zitat, aber angesichts dieser Entwicklung wird mir eh keiner damit kommen und sagen: Hören sie mal, sie zitieren viel zu viel! Formulieren sie selber!

:mrgreen:
_________________________________________________________________

Ach ja:
Die Behauptung, in Dissertationen können keine Lehrbücher zitiert werden ist in doppelter hinsicht Unfug! Denn:
(a) Lehrbücher unterliegen genau den selben wissenschaftlichen Standards wie Sammelbände, Monografien und Zeitschriftenartikel.
(b) Es liegt schließlich einzig und allein am Forschungsthema, inwieweit Lehrbuchwissen eine Rolle spielt.
Da das aber leider OT ist, mehr dazu hier: viewtopic.php?f=1&t=2871
musicus

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von musicus »

Leitzordner hat geschrieben:Alles in Einleitung ist von anderen. Ergebnisse sind meine. Methoden und Diskussion sind ein Mix.
Ist das so? Warum dann überhaupt eine Einleitung? Keine Motivation, keine Fragestellung, kein Erkenntnisgewinn durch vorangegangene Arbeiten? Das habe ich alles in der Einleitung drinne und ist „von mir“. Ein Ergebnis dagegen (ich stelle mir das jetzt mal als „Meßergebnis“ vor), würde ich jetzt nicht als „meins“ bezeichnen. Ich habe es gemessen, ja. Methoden klar, Diskussion finde ich schon wieder schwierig. Mit wem soll ich in meiner Diss diskutieren? Das ergibt sich doch immer (im Idealfall) hinterher. Interpretation würde ich jetzt noch als „eigene“ Leistung mit dazunehmen. Und natürlich den im Idealfall kreativen Versuchsaufbau (Methode). :wink:
Nix da, die ganzen Dr rer nats etc etc in den Life Sciences dürfen ihren behalten. Die zitieren ordentlich.
Life Sciences? Entschuldigung, daß ich lache. :lol:
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Wierus »

Ausführliche Zusammenstellung aller wichtigen Zitierregeln: http://www.moesgen.de/pmoezit.htm
Leitzordner

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Leitzordner »

Ach ja:
Die Behauptung, in Dissertationen können keine Lehrbücher zitiert werden ist in doppelter hinsicht Unfug! Denn:
(a) Lehrbücher unterliegen genau den selben wissenschaftlichen Standards wie Sammelbände, Monografien und Zeitschriftenartikel.
(b) Es liegt schließlich einzig und allein am Forschungsthema, inwieweit Lehrbuchwissen eine Rolle spielt.
Da das aber leider OT ist, mehr dazu hier: viewtopic.php?f=1&t=2871
Was sie schreiben ist Unfug, denn:
Es kommt auf das Fach an! Ich spreche für Life Sciences und dort gilt: Zitiert wird das Paper, das die Erkenntnis gewann bzw. ggf. für ganz allgemeine Sachen und Basics, Review Artikel.
Ein Lehrbuch enthält allgemeines Grundwissen und es dauert Jahre bis aktuelle Forschung in Lehrbücher durchsickert, v.a. da ein ein Lehrbuch nicht in das Detail gehen kann, die die original Paper liefern.
Diskussion finde ich schon wieder schwierig. Mit wem soll ich in meiner Diss diskutieren?
Musicus, ich nehme mal aufgrund dieses Satzes an, dass du nicht aus den Nat.Wissenschaften/Life Sciences kommst und baue darauf meine Antwort auf:
Ist das so? Warum dann überhaupt eine Einleitung? Keine Motivation, keine Fragestellung, kein Erkenntnisgewinn durch vorangegangene Arbeiten? Das habe ich alles in der Einleitung drinne und ist „von mir“.
Die Einleitung gibt dem Leser den Background zur Thematik, und führt den Leser von der Übersicht hin zu meinen spezifischen Fragestellungen - also "Was weiss man, wie komme ich dadurch auf meine Hypothesen etc.
De facto wurden alle Erkenntnisse, die ich in der Einleitung zusammenfasse von anderen Forschern generiert. Die Eigenleistung beschränkt sich also darauf, im Urwald der wissenschaftlichen Artikel die relevanten Sachen zu finden und ordentlich zusammenzustellen. Das bringt aber die Wissenschaft erst einmal keinen Meter voran. Wenn du den Erkenntnisgewinn durch vorangegangene Arbeiten als deine Leistung ansiehst, dann sehe ich das als wissenschaftliches Fehlverhalten deinerseits.
Ein Ergebnis dagegen (ich stelle mir das jetzt mal als „Meßergebnis“ vor), würde ich jetzt nicht als „meins“ bezeichnen
Warum? Wenn ich die Frage gestellt, ein Experiment zu dessen Beantwortung erstellt und durchgeführt habe und dann eben einen Datensatz generiere, der diese Frage beantwortet und ich durch diese neue Erkenntnis einen Beitrag zur Wissenschaft leiste... als wessen Leistung sollte es sonst bezeichnet werden?
Mit wem soll ich in meiner Diss diskutieren? Das ergibt sich doch immer (im Idealfall) hinterher. Interpretation würde ich jetzt noch als „eigene“ Leistung mit dazunehmen.
Die Diskussion meint, dass man seine Ergebnisse interpretiert und in den Kontext zu anderen wissenschaftlichen Arbeiten setzt.
Life Sciences? Entschuldigung, daß ich lache. :lol:
1. Was ist lustig?
2. In welchem Fach möchtest du denn deinen Beitrag zur Erweiterung des weltweiten Wissens leisten?
Wierus
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Wierus »

Leitzordner hat geschrieben: Es kommt auf das Fach an! Ich spreche für Life Sciences und dort gilt: Zitiert wird das Paper, das die Erkenntnis gewann bzw. ggf. für ganz allgemeine Sachen und Basics, Review Artikel.
Ein Lehrbuch enthält allgemeines Grundwissen und es dauert Jahre bis aktuelle Forschung in Lehrbücher durchsickert, v.a. da ein ein Lehrbuch nicht in das Detail gehen kann, die die original Paper liefern.
Je nach Thema können aber gerade Formulierungen in Lehrbüchern interessant werden, etwa wenn irgendein Punkt strittig gemacht werden soll. Der beste Aufhänger für Grundlagenforschung ist doch wohl eine Sammlung von fragwürdigen Zitaten aus Lehrbüchern.


@Musicus:
Es stimmt schon, dass eine wissenschaftliche Arbeit eher schon einer "Diskussion" gleicht. Zumindest die Dissertationen die ich gelesen habe sind immer um ein Für-und-Wider bemüht, stellen Fragen und Gegenfragen und versuchen mehrere Standpunkte darzustellen, bevor die eigene Argumentation in den Vordergrund gerükt wird..
musicus

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von musicus »

@Wierus: Ich weiß, aber ich würde das halt nicht als „Diskussion“ bezeichnen, denn dazu gehören m.E. immer mindestens zwei. Entweder mündlich oder schriftlich mit Veröffentlichungen, die immer wieder aufeinander Bezug nehmen, oder ein Briefwechsel. Das andere, also das eigene Abwägen von eigenen und fremden Argumenten, hm, vielleicht „Kritik“? Wobei es da immer schwierig ist: finde ich Argumente, die meiner Position widersprechen, müßte ich diese ja ändern. Im Idealfall ist die Diss ein Prozeß, an deren Ende ich selbst keine Gegenargumente mehr zu meiner Position finde. Jmd. anders kann das später aber natürlich noch.

@Leitzordner: Bitte sei mir nicht böse, aber ich finde das Wort „Life Science“ einfach zum Lachen. Und zwar solange, bis mir ein Lebenswissenschaftler erklärt, was Leben ist; oder ein Naturwissenschaftler, was Natur ist. Für mich gibt es keine Trennung zwischen Objekt und Subjekt.

Zu den einzelnen Punkten: Einleitung: hier sehe ich schon eine Eigenleistung, klar! Sichten, Ordnen und Gewichten des bestehenden Wissens und daraus abgeleitet deine persönliche Fragestellung. Wenn das keine Eigenleistung ist? Eine Fremdleistung? Hier zeigst du genau das, was man zeigen muß: systematisch in Form und Inhalt die selbständige Suche nach Erkenntnis. Natürlich ist der eigene(!) Erkenntnisgewinn durch vorangegangene Arbeiten meine Leistung!

Meßergebnis: Ich dachte hier an das reine Messen, z.B. mittels bestehender Methoden. Das wäre für mich Handwerk, wobei man ja auch das können soll. Wenn du dazu eine neue Methode entwickelt hast, dann ist das natürlich auch deine Leistung.

Mein Beitrag zur Erweiterung des weltweiten Wissens? Das ist nicht mein Ansatz, ich möchte zunächst einmal einen persönlichen Erkenntnisgewinn erreichen und meinen Forschungsstandpunkt definieren. :blume:
bbb

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von bbb »

@musicus und andere:

natürlich ist es eine (eigene) Leistung des Autors, in der Einleitung und den Grundlagen möglichst strukturiert und verständlich, ausreichend tiefgehend aber nicht "zu verzweigt" den bisherigen Erkenntnisstand darzustellen. Die beschriebenen Inhalte sind dagegen aus meiner Sicht als Ingenieur keine eigene Leistung oder Erkenntnis, sondern aus den zitierten Quellen entnommen.

Selbstverständlich ist dies eine harte und schwierige Arbeit und auch diese Zusammenfassung eines Themas kann für den Leser schon sehr hilfreich sein, der sich nicht selbst durch die ganze Literatur wühlen muss und eventuell Quellen entdeckt, die er selbst nicht (oder nicht so schnell) gefunden hätte.

Die "eigentliche" wissenschaftliche Leistung der Arbeit ist aber, aufbauend auf den Grundlagen etwas zu zeigen, was bisher noch nicht erforscht wurde oder bereits veröffentlichte Erkenntnisse zu erweitern oder evtl. zu widerlegen.
Der Ansatz ist in der Regel experimentell oder rechnerisch.
Ich gehe hier nur auf den ersten Ansatz ein, da Du eine Messung mit bereits bekannten Verfahren als "Handwerk" bezeichnest:
Im Experiment kann man bereits bekannte Messmethoden verwenden oder neue entwickeln (auch das kann ja schon Inhalt einer Doktorarbeit sein, ein neues Messverfahren zu entwickeln und zu testen).
Und mit diesen Methoden (egal ob sie "banal" sind wie das Wiegen eines Teils mit einer handelsüblichen Analysewaage oder aber ein ganz abgefahrenes, neues Laser-Nano-Super-Hightech-Verfahren) erzeugt man Messdaten, aus denen man durch entsprechende Auswertung mit wissenschaftlichen Methoden Erkenntnisse ableiten kann.

Das Messen mit bestehenden Methoden mag "Handwerk" sein, aber es geht ja auch um die systematische und wissenschaftliche Vorgehensweise bei der Planung, Durchführung und Auswertung der Messungen!

Der Teil der "Diskussion", der mir auch namentlich als solcher geläufig ist (es ist üblich, das so zu bezeichnen) stellt nun die eigenen Erkenntnisse (Theorien, Messdaten, Auswertungsmethoden, Erkenntnisse) und den Stand der Forschung und Technik gegenüber und stellt eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Ergebnissen und der eigenen Vorgehensweise dar.

Gruß

BBB
Zuletzt geändert von bbb am 08.07.2011, 10:53, insgesamt 1-mal geändert.
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