Zweifel an der eigenen Arbeit

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Peterpeter

Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Peterpeter »

Hallo liebes Forum!

Zu aller erst: Ich bin Mediziner und studierte hoch im Norden, jetzt bin ich ein kleiner Assitenzarzt mit wenig Zeit für die Promotion

Nun meine kurze Schilderung und Frage:

Ich arbeite nun seit mehr als 2 Jahren nebenher an einer statistischen Arbeit. Patientendaten erfassen und so weiter. Nun kam der Anruf meines Betreuers, dass ich doch nun mal langsam mit dem schreiben anfangen könne. Freut mich natürlich. Das Problem: Die Daten geben bisher nicht viel her. Da geht echt nicht viel. Mein Betreuer meinte: Das geht schon, wir ändern die Fragedstellung etc.

Auf jeden Fall ist es so, dass die ursprüngliche Fragestellung nicht beantwortet werden kann und ich jetzt eine andere vorgegeben bekommen habe, die aber bei weitem nicht so relevant ist, wie die Ursprüngliche. Ob das Ergebniss überhaupt eine wirkliche Aussagekraft hat, bezweifele ich auch noch leicht.

Meine Frage nun: Was tun? Eigentlich will ich nur den Titel, weil es von uns Medizinern verlangt wird (von den PAtienten etc). Ich bin auch bereit, dafür ordentlich was zu tun, bisher hatte ich auch nicht wenig arbeit. Soll ich die arbeite durchziehen, bisschen mehr Wind machen um die wenigen Daten, alles ausschmücken so dass es nach "mehr" aussieht? Wenn mein Doktorvater das so durchwinkt und dann halt mir "rite" bewertet würde ich mich ein bisschen ärgern, aber ich würde es in Kauf nehmen.

Ich hoffe ich erwecke jetzt nciht eine Diskussion über die alten negativen Klischees Mediziner gegenüber (auch wenn sie oft korrekt sind), sondern erhoffe mir von erfahrenen Forumusern den ein oder anderen Tipp!

Viele Grüße
Peter
Eva
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Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Eva »

Peterpeter hat geschrieben:Ich hoffe ich erwecke jetzt nciht eine Diskussion über die alten negativen Klischees Mediziner gegenüber (auch wenn sie oft korrekt sind), sondern erhoffe mir von erfahrenen Forumusern den ein oder anderen Tipp!
Naja, toll zu lesen ist das aus meiner Warte natürlich nicht, aber es ist wie es ist und du hast die Verhältnisse ja nicht gemacht - und, was dich ehrt, du fühlst dich selbst nicht wohl damit.

Zu deinem eigentlichen Anliegen: Die Frage, die ich mir v.a. stellen würde, ist: Womit fühle ich mich selbst wohl, wieweit bin ich bereit, mich zu verbiegen, ohne eigene Ansprüche aufzugeben? Du klingst, als würdest du lieber noch mehr Daten sammeln und an der ursprünglichen Fragestellung festhalten. Ist das denn gar keine Option mehr?
Alles Gute!
Eva
Peterpeter

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Peterpeter »

Danke für deine Antwort. Mir ist bewusst, dass mein Beitrag (mal wieder) kein gutes Licht auf unsere Promotionen wirft, aber ich kann versichern, dass es genug Mediziner gibt, die Jahrelang mehrmals pro Woche viele Stunden im Labor sitzen usw. Auch ich hatte die letzten zwei Jahre fast ständig zu tun mit meiner Arbeit.

Zu deinen Hinweisen: Ich hatte auch die Idee, noch weiter zu sammeln, allerdings fällt es einem schwer, noch neben dem Beruf über ((wahrscheinlich ) noch weitere Jahre diese Aufgabe zu übernehmen um dann kurz vor dem Facharzt eine Diss zu schreiben. Das wäre sicherlich kein Spaß. Job aussetzen bringt es nicht, da ich immer mal wieder in Etappen was tun muss.
Eva
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Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Eva »

Wenn mein Doktorvater das so durchwinkt und dann halt mir "rite" bewertet würde ich mich ein bisschen ärgern, aber ich würde es in Kauf nehmen.
Naja, du gibst dir doch die Antwort eigentlich schon selbst. Oder was steht dem Vorgehen aus deiner Sicht entgegen? Moralische Bedenken?
musicus

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von musicus »

Du glaubst, daß ein "Dr." von den Patienten einfach erwartet wird. Ich möchte einmal fragen: ist das wirklich (noch) so? Welche Nachteile befürchtest du? Gibt es überhaupt entsprechend viele Ärzte ohne Dr., um zu den Auswirkungen (weniger Patienten, kein Vertrauen, wie auch immer) sinnvoll etwas sagen zu können? Fahren Patientien dann weiter, wenn sie den "Dr." auf dem Praxisschild vermissen? Gehen sie in ein anderes Krankenhaus? Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen.

Ich gehe mal von mir aus: ich gehe lieber zu einem Arzt, der sich bewußt gegen eine Promotion entschieden hat. Denn das zeugt von einem guten Selbstvertrauen, von Selbstkritikfähigkeit und eigenständigem Denken gegen die üblichen Konventionen. Und das ist doch genau das, was ich als Patient von einem Arzt erwarte. :D Denn schließlich entstehen alle Krankheiten aus lange eingefahrenen Gewohnheiten, die ich gemeinsam mit deiner Hilfe aufbrechen möchte. :wink:
Dr. Natalie Struve

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Dr. Natalie Struve »

Peterpeter hat geschrieben:Das Problem: Die Daten geben bisher nicht viel her. Da geht echt nicht viel. Mein Betreuer meinte: Das geht schon, wir ändern die Fragedstellung etc.

Auf jeden Fall ist es so, dass die ursprüngliche Fragestellung nicht beantwortet werden kann und ich jetzt eine andere vorgegeben bekommen habe, die aber bei weitem nicht so relevant ist, wie die Ursprüngliche. Ob das Ergebniss überhaupt eine wirkliche Aussagekraft hat, bezweifele ich auch noch leicht.

Bevor man Deine Frage hier klären kann, müßten wir erstmal wissen, woran genau es denn derzeit scheitert: Denn daß Du die ursprüngliche Frage mittels Deiner Daten nicht wie geplant beantworten kannst, das ist ja unter Umständen durchaus selbst ein wissenschaftliches Ergebnis... aber so kann man's halt schlicht nicht sagen.

Ansonsten sollten Deine Prioritäten die Leitlinie sein: Wenn's Dir wirklich nur um den Titel geht, dann kann Dir im Grunde egal sein, wie großartig die Leistung ist (oder eben nicht), solange Du sie selbst erbracht hast und auch nach Jahren keine Schwierigkeiten drohen etc. pp. Wenn Du Dich aber wirklich in Ehren promoviert fühlen willst, dann wirst Du notfalls (soll heißen: wenn sich nicht aus der bisherigen Arbeit eine wissenschaftliche Leistung ziehen läßt, s. o.) in den sauren Apfel beißen müssen und weiter forschen... oder eben darauf verzichten.
Leitzordner

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Leitzordner »

Ich denke dein Dr Vater wird wissen was er tut. Keiner erwartet von einem Mediziner, der nicht in die Forschung will den großen wissenschaftlichen Wurf.
Pack deine Daten zusammen, schau ob es eine einiger maßen nachvollziehbare Geschichte ergibt und reiche die Arbeit ein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur ein rite wird wenn deine Einleitung und Diskussion ordentlich ausgearbeitet ist.

Get it done and move on
(Es wird Zeit, dass ein MD eingeführt wird, der mit dem Staatsexamen vergeben wird.)
Laplace

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von Laplace »

Von zu weit weg oder von zu dicht dran ist das schwer zu beurteilen. Die Forenleute hier haben zu wenig Einblick und sind zu weit weg. Du selbst bist vielleicht zu nah dran und erwartest zu viel von dir. Letzteres ist glaube ich eine Doktorandenkrankheit. Im Zweifelsfalle würde ich mich auf das Urteil meines DVs und vielleicht dem engeren Kollegenkreis verlassen.

Ich kann dich sehr gut verstehen - ein bisschen kommt mir meine eigene Arbeit auch so vor. Mir kommt es zb so vor, als hätte ich ein Thema erwischt, aus dem einfach nicht besonders viel herauszuholen ist, weil es schon seit Jahrzehnten beforscht wird. Aber wie gesagt: Ich traue hier meinem eigenen Urteil auch nicht besonders weit.

Wenn du nicht beim Schreiben ganz schreckliche Bauchschmerzen bekommst, würde ich einfach die Augen zu machen und mich durchwurschteln. Einfach so zwei Jahre arbeit wegschmeißen wäre mir jedenfalls zu schade. So habe ich jedenfalls vorerst für mich entschieden.

Ausserdem ist es zwar anscheinend so, dass bei Medizinern die Schmalspurdiss besonders ausgeprägt ist. Aber deutliche Leistungsunterschiede findet man wahrscheinlich in jedem Fach. Ich habe hier drei Ingenieurarbeiten liegen. Die ersten erarbeitet sehr sorgsam ein (zu damligen Zeitpunkt) neuartiges Verfahren, scheint mir aber noch nicht besonders tief einzusteigen. Die zweite ist am selben Lehrstuhl entstanden und bastelt an dieses Verfahren ein bisschen was dran. Die Arbeit hat mich nicht besonders überzeugt. Die dritte (von einer anderen Uni) erarbeitet ein ähnliches Verfahren zur selben Problemstellung, ist einige Jahre später erschienen und geht sehr in die Tiefe. Die dritte scheint zu diesem Spezialthema eine Art Standardwerk geworden zu sein. Prof geworden ist der mit der schmalen Diss :wink:
darla

Re: Zweifel an der eigenen Arbeit

Beitrag von darla »

Hallo!

In deinem Fall würde ich nicht zu viel Zeit drauf verwenden und mich an die Empfehlung deines DV halten! Wenn dir damit nicht wohl ist, könntest du ja auch mit ihm über die Alternativen reden?! Aber wie die Vorredner schon sagten, wenn du nicht in die Wissenschaft gehst und nur den Titel willst, dann schreib einfach was zusammen und gib ab!

Nachdem ich jetzt 3 Jahre in Vollzeit im Labor rumgewerkelt habe, bin ich gerade am Zusammenschreiben und mir kommt auch der eine oder andere Zweifel an der Stichfestigkeit des einen oder anderen Ergebnisses. Im Grossen und Ganzen macht es aber alles Sinn. Da mein Betreuer letztes Jahr an eine andere Uni gewechselt und im Zuge von Umstrukturierungsmassnahmen "meine" Arbeitsgruppe aufgelöst wurde, kann ich meine "Zweifel-Ergebnisse" leider nicht mehr verifizieren. Aber da Betreuer und DV sage "ok, mach fertig und gib ab", wird schon alles passen... Jetzt muss halt alles gut verpackt werden, damit die Leserschaft überzeugt ist ;-)
Da ich nicht in der Wissenschaft bleiben will, sondern auf Patentrecht umsatteln will, geht es mir auch nur noch darum den Titel zu kriegen und gut :D

by the way: Ich promoviere an einer Tierklinik, obwohl ich Biologin bin. Es ist schon ein grosser Unterschied zwischen den Dr.-Arbeiten der Tiermediziner und der Biologen... :shock:

LG & Gutes Gelingen! :dr)
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