Zitate - Sekundärzitate - Jura

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.
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Katharina

Zitate - Sekundärzitate - Jura

Beitrag von Katharina »

Hallo,

ich hab da eine Frage. Ich schreibe im Völkerrecht - der Vollständigkeit halber. Und ich frage mich wie ich solchen Fällen vorgehe (es ist mir schon peinlich so eine blöde Frage zu stellen. Bei meiner Diplomarbeit hatte ich Quellen, bei denen sich diese Frage anscheinend nie gestellt hat. Es handelte sich vor allem um Menschenrechtsverträge und die dazugehörigen Erläuterungen des jeweiligen Committee)

Ich habe hier ein Kapitel, in dem ein Thema sehr ausführlich von allen Seiten beleuchtet wird. Die Schreiberin hat Argumente und Meinungen zusammengetragen und stellt damit ihre Sicht sehr nachvollziehbar dar. Jetzt zitiert sie, in einem Nebensatz, einen Autor, der eine Frage untersucht hat. Muss ich jetzt das Werk dieses Autors herbeischaffen (ich meine angesichts dessen, dass es nur eine kurze und knappe Aussage ist. Falsch interpretiert werden kann da nichts) oder kann ich, das einfach übernehmen und meine Autorin zitieren?

Ich meine, mir ist schon klar, dass Sekundärzitate nicht gehen. Auf der anderen Seite ist es doch so, dass, wenn ich ihre kompletten Quellen selbst alle besorge, würde es doch aussehen, als wäre diese Kombination von Literatur auf meinem Mist gewachsen. Und das ist sie ja nicht.

Also frag ich mich, wie ich das löse. Hat bitte jemand etwas Wissen für mich?

Liebe Grüße

Katharina
la_potranca

Beitrag von la_potranca »

bei solch kurzen Zitaten verwende ich ein Sekundärzitat - oder schreibe

"X, die sich hierin auf Y beruft, meint, ..."
nK

Re: Zitate - Sekundärzitate - Jura

Beitrag von nK »

Katharina hat geschrieben:Falsch interpretiert werden kann da nichts
Da wäre ich mir nicht sicher. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gerade wir Juristen auch die eindeutigsten Sachen noch unterschiedlich interpretieren können :roll:

Aber - um diesen abgegriffenen Juristensatz zu benutzen: Es kommt drauf an.

Wenn die Aussage, die dort zitiert wird, für Dich zentral ist, dann solltest Du schon die Primärquelle angeben - ich mache sowas dann mit "zitiert nach...". So empfehlen es auch Byrd/Lehmann, Zitierfibel für Juristen, S. 75 - das Buch kann ich ohnehin sehr empfehlen!

Wenn die Aussage nicht ganz so wichtig ist und die Primärquelle nur durch völlig unverhältnismäßigen Aufwand beschafft werden könnte (nur im Ausland vorhanden o.ä.), dann würde ich es wohl lassen. Aber grundsätzlich sollten Blindzitate echt vermieden werden!

Viele Grüße und gesegnete Pfingsten!
Martin
Gitta

Beitrag von Gitta »

"Da wäre ich mir nicht sicher. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gerade wir Juristen auch die eindeutigsten Sachen noch unterschiedlich interpretieren können."

In "postmoderner" Version: "Alles ist Text" :lol: Oder anders, lieber nk - "Ihr" Juristen habt die Interpretations"wut" nicht gepachtet :wink:.
Und ernsthaft -und phantasielos für Dich, Katharina, ich schließe mich den Vorrednern/Vorrednerinnen an.

Gitta
nK

Beitrag von nK »

Gitta hat geschrieben: "Ihr" Juristen habt die Interpretations"wut" nicht gepachtet :wink:.

Gitta
Das wäre auch nichts, worauf "wir" stolz sein könnten :lol: :lol:
-tephra-

Beitrag von -tephra- »

Hallo,
ich stand einmal vor einer ähnlichen Frage- ich wollte ein Zitat eines Autors aus dem 19. Jahrhundert aus einem mir sehr viel besser zugänglichen Buch (von 1937) zitieren. Habe dies in der Fußnote mit "zitiert nach..." offengelegt.

Prompt hat mein Doktorvater gemeckert: ich solle die Originalquelle benutzen, es sei denn, das Buch sei nicht mehr auffindbar. Dass man über andere Literatur auf diese Quelle gestoßen ist, sei selbstverständlich und müsse nicht erwähnt werden.

Habs dann nach vier Wochen über Fernleihe gehabt (übrigens kostenlos kopiert)... und sieh an, das Zitat war völlig aus dem Zusammenhang gerissen gewesen und ich konnte und musste es nunmehr anders einordnen. Glück gehabt, das mein Doktorvater so scharfe Augen hatte.
Katharina

Beitrag von Katharina »

Hallo,

ich danke Euch für die Antworten!

Ich hab's so gemacht wie von Euch gemeint und erfreulicherweise hatte ich den betreffenden Aufsatz schon zu Hause. Als ich in meiner Literaturübersicht nachgeschaut hab, war ich erstaunt ;) Was ich alles habe ;)

Die Aussage war echt nicht interpretierbar, denn sie lautete: "Linguistisch gesehen können auch Privatpersonen Verfolger sein." Aber es war trotzdem gut, das Original zu lesen, denn ich konnte mir noch ein bisschen mehr rausholen.

Beim Nachdenken über mein Posting bin ich draufgekommen, dass es mir mehr um den zweiten Aspekt ging, dass die Zusammenstellung der Literatur eben nicht auf meinem Mist gewachsen ist. Was ich über nichtstaatliche Verfolgung schreibe hat meine (momentan wichtigste) Autorin erarbeitet und ich geh an ihre Quellen und erwähne sie über weite Strecken dadurch gar nicht.
Aber das hat erstens Tephra beantwortet (dass es eben logisch ist, dass ich über andere Quellen dorthin gekommen bin) und zweitens schreib ich es doch wieder ein bisschen anders als meine Autorin und lasse einiges weg, was ich unwichtig finde bzw. finde vielleicht noch einiges.

Danke auch für den Literaturtipp. Ich kannte das Buch noch nicht und in meiner Bibliothek gibt es das. Werd am Dienstag gleich mal hinschauen.

Liebe Grüße und ein schönes Restwochenende

Katharina
Christian

Beitrag von Christian »

-tephra- hat geschrieben:Hallo,
ich stand einmal vor einer ähnlichen Frage- ich wollte ein Zitat eines Autors aus dem 19. Jahrhundert aus einem mir sehr viel besser zugänglichen Buch (von 1937) zitieren. Habe dies in der Fußnote mit "zitiert nach..." offengelegt.

Prompt hat mein Doktorvater gemeckert: ich solle die Originalquelle benutzen, es sei denn, das Buch sei nicht mehr auffindbar. Dass man über andere Literatur auf diese Quelle gestoßen ist, sei selbstverständlich und müsse nicht erwähnt werden.

Habs dann nach vier Wochen über Fernleihe gehabt (übrigens kostenlos kopiert)... und sieh an, das Zitat war völlig aus dem Zusammenhang gerissen gewesen und ich konnte und musste es nunmehr anders einordnen. Glück gehabt, das mein Doktorvater so scharfe Augen hatte.
Das kann ich nur unterstreichen! Da ich eine rechtshistorische Arbeit schreibe, habe ich zum Teil natürlich auch Probleme, an meine Primärquellen heranzukommen. Viel geht zum Glück noch über die Fernleihe (mein zeitlicher Schwerpunkt liegt im 19. Jhd.), manche ältere Quelle musste ich aber tatsächlich vor Ort einsehen (Bücher von 1570 werden einfach nicht mehr verschickt... ;)).

Auch ich habe schon erleben dürfen, dass zum Teil schlicht falsch zitiert wird, d. h. Sekundärzitate sollte man tatsächlich bereits alleine aus dem Grund vermeiden. Auch haben mir meine Prüfer/Betreuer signalisiert, dass das Verwenden von Primärquellen eine Arbeit insgesamt natürlich aufwertet, Sekundärzitate dagegen eher ungern gesehen werden...

Mein Fazit: Solange es keinen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutete, an eine Primärquelle heranzukommen, wird die herangezogen. Sekundärzitate bleiben absoluten Notfällen vorbehalten, wenn es einfach nicht anders geht (und davon hatte ich erst einen Fall, in dem die Primärquelle tatsächlich während des 2. Weltkriegs in Folge von Bombenangriffen vernichtet wurde :().
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