Bin ich schon zu alt für eine Promotion?

[Pendergast]

Hallo Leute,

ich plane derzeit eine Promotion aufzunehmen und bitte euch kurz um eine objektive Beurteilung meiner derzeitigen Situation.
Ich bin derzeit 25 (fast 26) Jahre alt und habe letztes Jahr mein Masterstudium abgeschlossen. Seither arbeite ich an einem außeruniversitären Forschungsinstitut als wissenschaftlicher Mitarbeiter, jedoch ohne dort zu promovieren. Mein Ziel ist jedoch langfristig definitiv eine Promotion an einer Uni und ich strecke in letzter Zeit in diese Richtung schon meine Fühler aus.

Nun habe ich derzeit ein Angebot für eine Doktorandenstelle vorliegen. Fachlich gesehen ist es ein absoluter Glücksfall für mich, persönlich und privat gesehen wäre diese Stelle jedoch für mich mit erheblichen Nachteilen verbunden. Kurz gesagt, bin ich mir sehr unsicher ob ich unter diesen Bedingungen die Stelle annehmen soll.

Mir macht es jedoch Sorgen, dass ich so schnell keine entsprechende Stelle mehr finde werde. Damit verbunden stelle ich mir auch die Frage, ob ich nicht langsam zu alt für die Promotion werde, wenn ich jetzt vielleicht noch einige Monate oder gar länger suche. Klar, mit 25 Jahren einen Masterabschluss zu haben ist nicht schlecht (vor allem weil ich noch ein Jahr wegen Bundeswehr verloren habe). Allerdings wäre ich bei 5 Jahren Promotion schon locker 31 Jahre am Ende. Ist das in euren Augen schon ein Problem in Hinblick auf eine anschließende berufliche Tätigkeit in der Industrie oder vielleicht sogar ein negativer Aspekt für einen Prof. mich überhaupt als Doktorand anzunehmen? Oder kann ich dann noch damit punkten, schon 1 bis 2 Jahre vor der Promotion fachbezogen gearbeitet zu haben?

Was meint ihr dazu: jetzt die Chance nutzen damit der Zug nicht endgültig abgefahren ist oder noch auf eine geeignetere Stelle warten?

[Poppy]

Zu alt bist du definitiv nicht, selbst wenn du noch wartest. Die meisten Stipendiengeber bspw. haben eine Altersgrenze von 30 Jahren bei Antragsstellung. Wie das allerdings in der freien Wirtschaft aussieht, vermag ich nicht zu sagen.

Die Frage, die sich mir stellt ist eher, willst du promovieren? Warum willst du promovieren? Ich denke, dass sind die wichtigsten Fragen, die noch vor einer Stelle/einem Stipendium stehen sollte.

Herzliche Grüße,
Poppy

[algol]

Was willst Du danach machen?
Wenn Du an die Uni gehen willst, ist das nicht so schwierig, da Deine jetzige Tätigkeit und die Promotionszeit an der Uni das unterstützen. Willst Du aber in ein Unternehmen, ist es was Anderes. Dann ist auch die Fachbezogenheit Deiner jetzigen Tätigkeit in einer anderen Bewertung. Hängt aber auch von den Fachrichtungen ab. F&E-Abteilunge in Unternehmen brauchen forschende Leute, da ist die Nähe zur Uni-Forschung anders, als wenn Du Produktmanagerin werden willst.
5 Jahre und eine Diss. Da sollte man nicht unbedingt das nächste Angebot nehmen (falls man Auswahl hat).

[Kuniko]

Lieber Pendergast,

(cooler Name , welchen der Titel magst du denn am liebsten? ). Ich denke auch nicht, dass du zu alt bist, ~ 30 ist ein gutes Alter, um fertig zu werden. Dein Einschränkungen - persönlich und privat - würde ich mir allerdings gut überlgen. Geht es um einen Ortswechsel? Oder finanzielle Einbußen? Auf jeden Fall würde ich absichern, wie ein evtl. Partner dazu steht und vielleicht auch mal über Familienplanung etc. sprechen, auch wenn das im Moment (noch) nocht aktuell ist. Aber bei (durchaus realistischen) 5 Jahren Promotionszeit kann sich ja einiges ändern. Und eine Dissertation ist immer auch ein Belastung für eine Beziehung (bis zu einem gewissen Grad muss man den Partner teilen, vor allem, wenn man nebenbei noch arbeitet) und wenn der Partner da nicht mit hintersteht, wird es meistens schwierig.
Vielleicht magst du noch ein bißchen genauer breichten, wo die Einschränkungen liegen und evtl. in welchem Fachbereich du promovieren willst? Es gibt nämlich auch eklatante Unterschiede, je nachdem, ob es sich beispielsweise um eine geistes- oder naturwissenschaftliche Diss. handelt...

Liebe Grüße
Kuniko

[Pendergast]

Erst mal danke für eure Anregungen.

Die Frage, die sich mir stellt ist eher, willst du promovieren? Warum willst du promovieren?

Meine Motivation zu promovieren basiert auf meinem Wunsch forschungsbezogen zu arbeiten. Daher ist es für mich logisch auch zu promovieren. Bei meiner derzeitigen Tätigkeit kommt mir der wissenschaftliche Tiefgang auch deutlich zu kurz und ich habe die Hoffnung, dass das an der Uni besser ist.

Zur Info: Informatik wäre der Fachbereich um den es sicht bei mir handelt.

Die Probleme bei der angebotenen Stelle betreffen einerseits die Finanzierung (noch ungewiss ob es eine volle Stelle wird und das in einer der sehr teuren Städten in D) und andererseits den Ortwechsel. Zu letzterem muss ich sagen, dass ich erst vor einem halben Jahr in meinen "Wunschort" gezogen bin und ein weiterer Umzug in Hinblick auf meine Freundin auch nicht sehr angenehm ist. Die Frage ist halt jetzt für mich ob ich das in Kauf nehmen soll. Ich habe hier irgendwie die blöde Wahl zwischen beruflichem und privatem Glück. Der große Vorteil der Stelle wäre eigentlich nur, dass ich in der sehr kurzen Zeit von 3 Jahren fertig sein könnte.

An meinem jetzigen Wohnort konnte ich immerhin schon mal Kontakte zu verschiedenen Lehrstühlen, die in meinem Fachgebiet forschen, knüpfen. Daher habe ich doch die Hoffnung, dass es auch hier mit einer Stelle in Zukunft klappen könnte. Die Frage ist halt nur, ob der Zug für mich nicht schon abgefahren ist, wenn es mit einer Doktorandenstelle hier womöglich im worst case erst in 1-2 Jahren klappt.

@Kuniko Meine Lieblingstitel sind übrigens Relic und Maniac.

[holladiewaldfee]

Die Frage ist halt nur, ob der Zug für mich nicht schon abgefahren ist, wenn es mit einer Doktorandenstelle hier womöglich im worst case erst in 1-2 Jahren klappt.

Hmm, also ich habe nach drei Jahren in der Industrie "erst" mit 27 meine Diss angefangen (auch Informatik). In Bezug aufs Alter sehe ich da null Nachteile.
Ich würde die Entscheidung eher an den Faktoren festmachen, die Du beschreibst, also wie lässt sich das Privatleben damit vereinbaren - das hat m.E. aber nicht viel mit der Diss zu tun, sondern eher mit dem Ortswechsel.

Ist das in euren Augen schon ein Problem in Hinblick auf eine anschließende berufliche Tätigkeit in der Industrie

Nope!

Oder kann ich dann noch damit punkten, schon 1 bis 2 Jahre vor der Promotion fachbezogen gearbeitet zu haben?

Ich sehe das so, und diejenigen Bekannten aus der IT-Branche, also aus der Industrie, ebenfalls.

Wie Du Dich auch entscheidest - viel Glück!

holladiewaldfee!

[Wierus]

Klar, mit 25 Jahren einen Masterabschluss zu haben ist nicht schlecht (vor allem weil ich noch ein Jahr wegen Bundeswehr verloren habe). Allerdings wäre ich bei 5 Jahren Promotion schon locker 31 Jahre am Ende. Ist das in euren Augen schon ein Problem in Hinblick auf eine anschließende berufliche Tätigkeit in der Industrie oder vielleicht sogar ein negativer Aspekt für einen Prof. mich überhaupt als Doktorand anzunehmen? Oder kann ich dann noch damit punkten, schon 1 bis 2 Jahre vor der Promotion fachbezogen gearbeitet zu haben?

Was meint ihr dazu: jetzt die Chance nutzen damit der Zug nicht endgültig abgefahren ist oder noch auf eine geeignetere Stelle warten?

Natürlich, am besten gleich morgen loslegen, sonst ist der Zug wirklich schon über alle Berge! Stell dir nur mal vor du wärst jetzt 27 oder 28 !
Dann wäre ja schon alles vorbei in deinem Leben und du könntest dich gleich Einsargen lassen...


Mal nebenbei: es soll ja sogar Leute geben, die mit 40 ihre Promotion anfangen.

[GrafLukas]

Ich sehe es auch wie Wierus und kann angesichts der Frage nur den Kopf schütteln. Hallo? Geht's noch? Wer hat euch denn eingeredet, dass man mit 21 eine abgeschlossene Promotion und 10 Jahre konkrete Berufserfahrung haben muss, um nicht zu alt zu gelten? Das ist doch echt Schwachsinn!

[saxomanix]

@graflukas: das dachte ich beim durchlesen gerade auch...scharfes nachrechnen ergab dann (mit 7 eingeschult, 13jahre gym, 5jahre (dipl) studium in regelstudienzeit = 25)..wieso also zum geier zu spät? ich wuerd eher sagen, du bist mega frueh dran! Ich bin bei uns am Institut die, die am juengsten angefangen hat aber auch nur, weil ich nen Määädchen bin (*sing träller*) also kein Bund/Ziwi und mein studium 10regelsemester hatte (die meisten alten dipl hatten ja 12) und ich war auch 25

[Jaja]

@saxomanix/ graflukas/ wierus: ich bin ja so froh, dass Ihr das sagt, habe mich gestern schon gar nicht getraut zu posten mit meinen 36 Lenzen

@pendergast: habe mit 32 angefangen zu promovieren (und war auch mit 25 M.A. fühle mich ganz und gar nicht zu alt, hat mich direkt verjüngt wieder Studentin zu sein allerdings habe ich auch schon genug Berufserfahrung auf dem Buckel - ich denke die Kombi machst
solange Du relevante Berufserfahrung in der Zeit zwischen Master und Promo-Beginn machst, wird Dir auch in Informatik eine späte Promotion nicht den Weg zurück verbauen

Und überhaupt, bei unserer heutigen Lebenserwartung sollten wir nicht alles schon mit 30 hinter uns haben