welches Literaturverwaltungsprogramm?

Endnote, jurabib, Latex u.v.a.: Die Softwarefragen von Doktoranden sind vielseitig, Hier findest Du Antworten auf eine ganze Reihe davon.
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Jolev

welches Literaturverwaltungsprogramm?

Beitrag von Jolev »

Hallo zusammen,
die Frage wurde wahrscheinlich schon des Öfteren gestellt und ausgiebig diskutiert :D Welches Programm würdet ihr empfehlen? :?:
Viele Grüße,
Jolev
nmr_psi

Re: welches Literaturverwaltungsprogramm?

Beitrag von nmr_psi »

Hallo Jolev,

darf ich Dir zunächst die Gegenfrage stellen, in welchem Fachbereich Du bist und ob Du dort mit anderen Kollegen Dateien austauschen musst/möchtest? Welche Textverarbeitung? Wie möchtest Du arbeiten (klassische Fussnotenbelege, einfache Literaturliste am Schluss/EndNoten)?

Zusammengefasst meine Erfahrungen:

Vorab: EndNote, ReferenceManager und Citavi gibt es oft als Unilizenz, sonst sind sie kostenpflichtig. Litlink ist gratis.

- Medizin/Natur- und Ingenieurwissenschaften: Eher EndNote, das ist dort der quasi-Standard, wenn publiziert werden soll. Dafür gibt es tausende vorgefertigter Zitationsstile und der Ex- und Import ins Web of Science funktioniert perfekt. Die Zusammenarbeit mit Word funktioniert meistens sehr gut, die Idee einer direkte Einbindung von EndNote in Word ist bislang fast unerreicht von anderen Programmen. Die Windows-Version ist der Mac-Version immer ca. ein halbes bis ein ganzes Jahr voraus. ReferenceManager ist Endnote sehr ähnlich und von der gleichen Firma. Beide Programme sind ideal für Leute, die wenige Informationen systematisch erfassen wollen (Autoren, Journal, Volume, Jahr) und eher weniger Notizen, Ausschnitte, Karteikarten etc. benutzen. Böse ausgedrückt: Eher standardisierend amerkanisch, aber sehr verbreitet, zuverlässig und solides Arbeitspferd. Wenn es hierfür aber keine Unilizenz gibt, sind EndNote und ReferenceManager eher teuer.

- Geisteswissenschaften: Citavi hat hier im Forum (gefühlt) viele Anhänger. Bislang ist es nur für Windows nutzbar. Das Programm ist in der Organisation sehr gut und kann weitaus mehr als EndNote, hat jedoch einzelne wenige Dinge (Einbindung in Word) nicht so gut gelöst. Wenn aber mit Fussnoten und vielen Zitaten etc. gearbeitet werden muss, ist das Programm sicherlich sehr gut. Litlink funktioniert ähnlich wie Citavi, vernetzt die Informationen aber besser. Hier kann man zudem v.a. alte Archivalien, Bücher perfekt katalogisieren. Das Programm bietet unzählige Eingabemöglichkeiten und ist auch recht flexibel. Der Zettelkasten von Daniel Lüdecke orientiert sich an Luhmanns Kasten und ist demnach sehr frei. Wenige Felder, dafür aber einige sehr starke Funktionen. Wer schon etwas mit Literatur Erfahrung hat, wird dieses Konzept vielleicht am meisten mögen. Die vielen Funktionen von Citavi und EndNote sind schön, orientieren sich aber eher an Leuten, die viele Felder gerne mögen und zwängen dann aber auch in dieses Korsett.

- Randprogramme: Bookends ist mit der Textverarbeitung Mellel sehr gut verbunden. Zotero bindet sich in Firefox ein und Jabref arbeitet nur mit Latex als Textverarbeitung sinnvoll zusammen.

- Literaturfunktionen der neuen Office-Programme und von OpenOffice. Zuverlässig und solide, wenn man nicht sehr viel erwartet. Erfahrungen habe ich hier nur wenige, aber einige Kollegen, die damit zufrieden waren.

Persönlich würde ich Dir zu den ersten vier Programmen raten (Endnote/Reference Manager, Citavi, Litlink, Zettelkasten). Obschon ich als Naturwissenschafter mit EndNote viel gearbeitet habe/arbeiten musste, fand ich den Zettelkasten am ansprechendsten, denn er hat ein völlig offenes System angeboten und Luhmanns Karteikastenphilosophie kam mir sehr entgegen, da ich auch davor mit Karteikarten ähnlich gearbeitet habe. Dieses Konzept erfordert aber wissenschaftliches Arbeiten und etwas Disziplin. Litlink gefiel mir auch sehr gut, die vielen Felder konnte ich als Nicht-Geisteswissenschafter nicht sinnvoll ausnutzen, daher habe ich es nicht verwendet. Von Programmlösungen mit einer Emulation für ein anderes Betriebssystem (z. B. Parallels Desktop/Virtual PC für Citavi auf dem Mac) würde ich Abstand nehmen, das funktioniert oft, teilweise aber auch nicht richtig. Im Prinzip ist das nur eine Notlösung und, so war es wenigstens bei mir, die Literaturverwaltung war ein zentraler Punkt der Doktorarbeit. Sozusagen eines der wichtigsten Werkzeuge.

Wichtigster Punkt war für mich aber immer reibungsloser Datenaustausch mit Kollegen und ein sinnvoller und nutzbarer "elektronischer" Nachlass. Das Verwenden der Programme, die die Kollegen auch benutzen, hatte ebenfalls Priorität vor "schönen" Programmoberflächen und Programmfunktionen, die zwar nett aber nicht dringend notwendig sind. Im Notfall kann man so immer Jemanden um Hilfe bitten, der unmittelbar da ist (das Internet ist da komplizierter) und, falls es längere Störungen sind, auch einen Rechner eines Kollegen "heimsuchen". Von den Nischenlösungen habe ich daher nie so viel gehalten, da ich bei wenigen Personen erlebt habe, wie "verlassen" sie mit ihren Sonderlösungen waren, wenn wirklich Probleme auftauchten. Auch war die Unterstützung von manchen Programmen für anderen Sprachen als Englisch teilweise gruselig (Suchfunktion beachten). Es gibt hier im Forum schon so viele Themen zu Leuten mit neuen Macintosh Computern, die erst nach dem Kauf merken, dass sie schnell an die Grenzen des Betriebssystems und der verfügbaren Software stossen. Zuletzt dürfte vielleicht auch der Preis noch ein Argument für Dich sein.

Hier im Forum gibt es auch einen sehr guten Punkt zur Literaturverwaltung mit Word. Wem dies so reicht, wird wahrscheinlich auch glücklich werden. Man muss bei jedem Programm mit vielen Punkten auch vorsichtig sein, dass man nicht zu sehr "im Computer" lebt und viele Informationen eingibt, die nur Zeit kosten und eigentlich nichts bringen. Daher können hier einfache Lösungen auch einen zu starken Spieltrieb durchaus bändigen helfen. Dieser Kommentar ist durchaus sehr ernst gemeint, denn vor allem am Anfang verlieren sich viele in zu detaillierter Erfassung. Andere vergessen dafür die Hälfte und suchen später alles nochmals. Daher möchte ich Dir auch ans Herz legen, die Programme einfach vorher anzuschauen (alles testbar) und etwas Deinem Gefühl folgen: Was gefällt Dir? Wie ist Dein sonstiger Arbeitsstil? Arbeitest Du gerne und viel mit Computern oder ist das eher das Notfallmittel zum Zweck?

Beste Grüsse

nmr
deliliah

Re: welches Literaturverwaltungsprogramm?

Beitrag von deliliah »

Für den Mac-User kann ich nur BibDesk ans Herz legen. Ist komplett kostenlos und in meinen Augen sehr schön einfach, benutzerfreundlich und sehr gut auf eigene Wünsche edierbar. Die Nutzung mit LaTeX ist vorbildlich.
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