Paraphrasierte Textpassagen zitieren (Sekundärzitat?)

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.
Doc

Paraphrasierte Textpassagen zitieren (Sekundärzitat?)

Beitrag von Doc »

Hallo,
vielleicht wurde die Frage ja bereits gestellt und ich finde sich nicht in der Form wie ich sie brauch. Kann mir da jmd. weiterhelfen?

Beim Sichten von Fachartikeln in Zeitschriften oder Handbüchern treffe ich immer wieder auf massenhaft paraphrasierte Textpassagen. Dabei wird häufig nicht einmal "vgl." oder "Schmidt 2000 konstatiert...." o.ä. vorausgeschickt. Oft steht lediglich die Quelle hinter dem Satz in Klammern.

Wie gehe ich mit solchem paraphrasierten Gedankengut in der Sekundärquelle um?

Richtig wäre es ja, die Originalquellen zu sichten, das würde aber bei jedem Artikel um die 20-30 Quellen nach sich ziehen :shock:

Gruß
Frl.Schröder

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Frl.Schröder »

Doc hat geschrieben: Richtig wäre es ja, die Originalquellen zu sichten, das würde aber bei jedem Artikel um die 20-30 Quellen nach sich ziehen :shock:
Das ist aber das normale Vorgehen. Sekundärzitate sind eigentlich nur zulässig, wenn die erste Quelle nicht zugänglich ist. Grüße.
Angara

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Angara »

Doc hat geschrieben:Hallo,
vielleicht wurde die Frage ja bereits gestellt und ich finde sich nicht in der Form wie ich sie brauch. Kann mir da jmd. weiterhelfen?

Beim Sichten von Fachartikeln in Zeitschriften oder Handbüchern treffe ich immer wieder auf massenhaft paraphrasierte Textpassagen. Dabei wird häufig nicht einmal "vgl." oder "Schmidt 2000 konstatiert...." o.ä. vorausgeschickt. Oft steht lediglich die Quelle hinter dem Satz in Klammern.

Wie gehe ich mit solchem paraphrasierten Gedankengut in der Sekundärquelle um?

Richtig wäre es ja, die Originalquellen zu sichten, das würde aber bei jedem Artikel um die 20-30 Quellen nach sich ziehen :shock:

Gruß
Da würde ich es nicht übertreiben. Wenn Du nicht zufällig irgendwie in den alten Philologien tätig bist und die Genese eines Textes über 87 Generationen von Abschreibern nachvollziehen mußt, kannst Du es wohl ruhiger angehen.Wenn Du auf wörtliche Zitate stößt, die Du gerne übernehmen möchtest, solltest Du die Originalquelle beschaffen. Nur im Notfall könntest Du dann zitieren: Müller, S.: Supertext, Ort 200x, S. 123 zitiert nach Schmidt, P.: Sekundärtext, etc.

Wenn es Dir aber rein um die inhaltliche Darstellung geht, kannst Du selbst paraphrasieren und auf den Autor verweisen. In dem Fall kann der interessierte Leser ja selbst rausfinden, woher der Autor seine Meinung hat (vorausgesetzt, er ist überhaupt zitabel). Wissenschaftliches Zitieren heißt ja im wesentlichen, daß man Leute zitiert, die wissen, was sie da geschrieben haben. Das muß man nicht bis ins letzte Glied der Kette nachvollziehen, sondern nur bis zum zitierten Autor. Und das genügt in den meisten Fällen, wo er in einem anerkannten Verlag bzw. einer renommierten Zeitschrift veröffentlicht hat.
Angara

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Angara »

Frl.Schröder hat geschrieben:
Doc hat geschrieben: Richtig wäre es ja, die Originalquellen zu sichten, das würde aber bei jedem Artikel um die 20-30 Quellen nach sich ziehen :shock:
Das ist aber das normale Vorgehen. Sekundärzitate sind eigentlich nur zulässig, wenn die erste Quelle nicht zugänglich ist. Grüße.
Wenn es aber nicht um wörtliche Zitate geht, kann man großzügiger sein. Ich habe öfter Fußnoten der Form: "Eine umfassende Darstellung dieses Sachverhaltes bietet Schmidt, etc." - da zitiere ich auch nicht separat die 123 Autoren die Schmidt zitiert. Wenn es um Grenzbereiche geht, kann man die Darstellung sehr wohl Autoren überlassen, die sich damit beschäftigen. Man muß nicht alle möglichen Querverbindungen der Diss bis in die entferntesten Primärtexte nachvollziehen. Sonst würde man nie fertig.
Doc

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Doc »

Oh man, da bin ich aber erleichtert.
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Frl.Schröder

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Frl.Schröder »

Geht es doc denn um Grenzbereiche?

Ich hatte es so verstanden, dass er schon einen direkten Gedanken von Schmidt 2000 aufnehmen will, diesen aber bei Müller 2005 gefunden hat. Dann sollte man mEn schon bei Schmidt 2000 direkt nachschauen.
Angara

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Angara »

Frl.Schröder hat geschrieben:Geht es doc denn um Grenzbereiche?

Ich hatte es so verstanden, dass er schon einen direkten Gedanken von Schmidt 2000 aufnehmen will, diesen aber bei Müller 2005 gefunden hat. Dann sollte man mEn schon bei Schmidt 2000 direkt nachschauen.
Ich hatte doc so verstanden, daß er sieht, daß Müller seine Gedanken nicht aus dem Nichts erzeugt sondern eben sich auch auf andere Autoren bezieht. Trotzdem kann man Müller zitieren. Wenn man keinen Autoren zitieren darf, der sich auf andere Autoren stützt, wäre das Literaturverzeichnis ziemlich leer und man endet dann im wesentlichen bei Platon und Homer. Im Einzelfall kann man das nur am konkreten Text entscheiden, aber man muß Literatur nicht rekursiv bis zum Ende zurückverfolgen. Dann bräuchte man nämlich keine wissenschaftlichen Arbeiten mehr - denn die Wissenschaft lebt ja in nicht unerheblichem Maße davon, daß wir davon ausgehen, daß irgendwer den Sachverhalt, den wir zitieren, so untersucht hat, daß wir das nicht unbedingt nochmal selbst nachholen müssen.
Frl.Schröder

Re: Wie mit paraphrasierten Textpassagen umgehen

Beitrag von Frl.Schröder »

Hm.. ich seh das anders - unter der Voraussetzung, dass es wirklich ums Thema geht und nicht um eine Randerscheinung, die in einer Fußnote abgehandelt werden kann. Ich würde ins Original zurück gehen. Es kommt ja noch dazu, dass diese anderen Autoren für die eigene Arbeit auch relevant sein müssten.
miss_spok

Re: Paraphrasierte Textpassagen zitieren (Sekundärzitat?)

Beitrag von miss_spok »

Habe genau zu diesem Problem den Hinweis meiner ansonsten immer überaus korrekten Betreuungsperson erhalten: Im "Kerngebiet" der Diss bis zu den Primärquellen, an der Peripherie ist dies nicht notwendig aus den von Angara treffend benannten Gründen. Halte ich für eine sinnvolle Richtschnur - gilt natürlich nicht für direkte Zitate.
algol
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Re: Paraphrasierte Textpassagen zitieren (Sekundärzitat?)

Beitrag von algol »

Ich kann miss_spok nachvollziehen. Man muss da halt aufpassen, dass man nicht auf Glatteis gerät.
An meinem alten Lehrstuhl wurde ein bestimmtes Konzept verwendet und dabei immer auf xy verwiesen.
Als pingelige Person bin ich der Sache dann doch mal nachgegangen, um die Seitenangaben zu präzisieren.
xy hat zu dem Thema gar nichts geschrieben.
Mein Nachfragen ergab: Der Prof hatte das mal wohl versehentlich verwechselt. Alle anderen haben ihn als zuverlässigen renommierten Wissenschaftler übernommen.

Aber andererseits ist es natürlich schwer, alle Dinge immer bis in alle Ursprungsquellen zuv erfolgen.
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