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Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 20.06.2010, 13:16
von aliceinwonderland10
musicus hat geschrieben:Dort erfüllt er eine Funktion, nämlich anzuzeigen, daß ich z.B. Hauptseminare halten darf usw.
Hältst du wirklich Hauptseminare, ohne habilitiert zu sein? Jetzt hast du mir gerade einen Kulturschock versetzt. Ich bin seit einiger Zeit promoviert und habe auch schon veröffentlicht, arbeite an der Habil, aber mein Chef sagt, dass Hauptseminare nur von fertig habilitierten Hochschullehrern gehalten werden dürfen. Zwar gibt es auch bei uns an der Fakultät Promovierte, die Hauptseminare halten, allerdings dürfen die das nicht in Eigenregie, müssen beispielsweise ihren Kursplan und jede Note, die dort erteilt wird, von einem Professor absegnen lassen! Auch Bachelorarbeiten, die aus diesen Hauptseminaren entstehen, dürfen sie nicht betreuen,

Weiß einer von euch, wie die Gesetzeslage nun wirklich ist? Oder kommt das aufs Bundesland und/oder auf die individuelle Hochschule an? Entstehen mir im Berufungsverfahren Nachteile, wenn ich während der Habilphase keine Hauptseminare unterrichtet habe?

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 24.06.2010, 13:25
von snoozyandre
ich denke, wenn die situation formaler natur ist, z.B. beim arzt, bei der bahn, etc., bei der Alkoholkontrolle ;-) dann ja, denn die daten werden ja auch verarbeitet und u. U. weitergeleitet, ansonsten nein.

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 24.06.2010, 17:32
von Joel
wie sagt ihr das denn konkret in solchen situationen?

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 30.06.2010, 07:23
von Sebastian
Am liebsten einmal schön schamhaft hingenuschelt, wenn es ans Buchstabieren des Namens geht. Also

"Wie war noch mal Ihr Name?"
"Doktor Szepanowsky. Siegfried - Zeppelin - Emil - ..."

Wenn es 'dringend' ist allerdings auch schon voll peinlich bei der ersten Meldung. Ich weiß, tut man nicht, aber bevor ich sechs Monate auf den Arzttermin warte... :oops:

Sebastian

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 30.06.2010, 11:38
von AGH
Alkoholkontrolle hatte ich noch keine. (Aber warum sollte ich da dazusagen, dass ich das Doktorat habe?)

Bei der Bahn - äh, vielleicht verstehe ich das falsch, aber das ist für mich so wie einkaufen. Ich gehe zum Schalter (oder zum Automaten) und kaufe mir halt den Fahrschein. (Wozu hier das Doktorat angeben? Und wo? Sind in D die Fahrscheine personalisiert?)

Beim Arzt: Ich persönlich möchte nicht zu einem Arzt oder eine Ärztin gehen, der/die Leute bevorzugt, weil sie eine (oder wieviel auch immer) wissenschaftliche Arbeit verfasst haben. Ich will das nicht. Ich will auch nicht im Wartezimmer als "Frau Doktor" aufgerufen werden. Ich heiße nun mal nicht mit Vornamen "Frau" und mit Nachnamen "Doktor"! Ich will mit meinem Namen angesprochen werden. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich finde überhaupt nichts "verwerflich" daran, sich (nach abgeschlossener Promotion ;-)) als Herr/Frau Doktor xy vorzustellen - steht der Person dann ja zu! Ich verstehe nur nicht, warum manche Ärzte so etwas wie einen akademischen Grad heranziehen, um zu entscheiden, wer als nächstes dran kommt. Ich will von einem Arzt behandelt werden, der für diese Entscheidung medizinische Gründe heranzieht. Aber vielleicht habe ich hier auch Glück und habe die "richtigen" Ärzte, wo ich immer in aus meiner Sicht angemessener Zeit drankomme.

Das war jetzt lang, sorry. Habe mich nur in den letzten 10 Tagen mehrmals über genau diese Thematik geärgert... .

Liebe Grüße!
AGH

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 01.07.2010, 12:52
von roberto
Hallo Leute,

ich werde mich mal outen: ich bin einer derjenigen, der seinen Doktortitel regelmäßig benutzt und zwar im beruflichen Umfeld. Ich bin Rechtsanwalt in einer Wirtschaftskanzlei, und hier ist ein Dokrortitel - ich habe meinen seit 2 1/2 Jahren - sowohl finanziell als auch für die Mandantenakquise ein echter Vorteil. Für die Mandanten ist es ein Qualitätsnachweis, wenn ihr Anwalt in seinem Fachgebiet promoviert hat. Deshalb stelle ich mich normalerweise mit meinem Doktortitel vor, mache in der Regel aber klar, dass ich in der Anrede nicht auf ihm bestehe. Gerade telefonisch ist dies meist gar kein Problem, da man als Anrufer - gerade bei der ersten Kontaktaufnahme - fast immer zunächst bei einem Sekretariat, beim Empfang oder einer Geschäftsstelle landet. Hier stelle ich mich dann unter "Firma ABC, Rechtsanwalt Dr. Roberto" vor, was dann grundsätzlich so weitergegeben wird. Wenn ich dann weiterverbunden werde, melde ich mich nur noch mit meinem Nachnamen. So vermeide ich die oben diskutierte peinliche Situation, mich evtl. von einem ebenfalls Promovierten mit "Dr." anreden zu lassen; trotzdem weiß mein Gesprächspartner, dass ich einer bin. Im persönlichen Gespräch läuft das ähnlich, hier übernimmt meine Sekretärin das mit Dr. vorstellen automatisch, indem sie Mandanten etwa mit den Worten empfängt: "... ich sage Herrn Dr. Roberto Bescheid, dass sie da sind..." - o.ä. Dann kann ich ganz entspannt bei der ersten Begrüßung nur meinen Nachnamen nennen.

Es kommt aber auch vor - allerdings selten -, dass ich nicht freiwillig auf die Anrede mit Dr. verzichte, mich also grundsätzlich weiter mit Dr. melde. Das kommt insbesondere vor, wenn ich mit den Gegnern meiner Mandanten spreche. Hier sorgt der Doktortitel für eine gewisse förmliche Distanz, die zum Teil sehr hilfreich sein kann (und wenn sich der Gegner eingeschüchtert fühlt, kann das manchmal auch nicht schaden... ). Das ist aber wie gesagt die Ausnahme.

Unnötig zu sagen, dass auch auf meinen Visitenkarten der Dr. steht. :dr)

Privat nutze ich den Titel übrigens ganz selten (und wenn, auch nur in der oben beschriebenen Weise, also nur beim ersten Nennen am Telefon - das sind dann meist "Nahkampfsituationen", wie Sebastian das nennt). Der Dr. steht bei mir weder an der Klingel, noch im Perso oder im Pass.

Ich fände es aber auch völlig okay, wenn jemand auch privat seinen Titel einbringt. Ich finde jeder, der eine Diss hingekriegt hat, kann stolz darauf sein und den Titel dann auch führen. Ist halt nur nicht so mein Ding im privaten Umfeld oder unter Kollegen, was ja anscheinend den meisten hier so geht. Aber ein richtig oder falsch gibt es hier m.E. nicht! Es gibt hier einfach verschiedene Vorlieben und oftmals ist auch der regionale oder berufliche Brauch entscheidend. Mit Neid einerseits oder Angeberei andererseits hat das ganze meiner Meinung nach eher selten zu tun.

Beste Grüße
Roberto

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 03.07.2010, 00:05
von claudine
mal hand aufs herz - welche leute lassen sich denn wirklich von nem doktortitel beeindrucken? meinen sachbearbeiter bei der bank interessiert der titel wenig, beim arzt wird man nur dann vorgelassen, wenn die schwester doktortitel=privatpatient=bares denkt und nicht weil der titel ach so toll ist. dem elektriker oder automechaniker, der was für mich repariert ist mein titel auch schnurpipegal, der will nur wissen ob ich auch genug geld in der tasche habe um die rechnung zu bezahlen. und welche mandanten lassen sich denn davon beeindrucken das der gegenüber nen dr. hat ...

ich frag mich grad echt, was ihr so für leute kennt oder was ihr denkt anderer leute eindruck von euch ist, nur weil da nen dr. vor dem namen steht?

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 05.07.2010, 08:06
von Sebastian
@claudine: Ich würde nicht von "beeindrucken" sprechen und auch nicht von einem ach so tollen akademischen Grad.
Elektriker und Automechaniker kamen übrigens zumindest in robertos und meinen Beispielen nicht vor (aber hör' mal zu, wie der Elektriker von seinem RA erzählt)

Wir können ja mal die Perspektive wechseln zu dem Doktor, den man am häufigsten trifft, zum niedergelassenen Arzt.
Man sagt, der "Dr. med." sei eher eine Fingerübung usw. - aber wenn ich zwei Praxen nebeneinander liegen habe und sonst keine Argumente in der Hand - dann frage ich mich, warum der eine die Fingerübung geschlabbert hat und der andere nicht. Also lande ich tendenziell bei dem "Fleißigen".

Selbst im beruflichen Umfeld (alles Leute mit FH- oder Uni-Abschlüssen) und gerade für Berufsanfänger würde ich folgende These aufstellen:
  • Bei einem Berufsanfänger erwarten Kollegen etc. erst einmal Inkompetenz - bis zum Beweis des Gegenteils.
  • Mit einem Doktorgrad gilt demgegenüber zunächst eine Kompetenzvermutung - ebenfalls bis zum Beweis des Gegenteils.
Jetzt darfst Du den Startpunkt wählen...

Das kann man natürlich alles albern finden und menschlich/politisch/sozial nicht korrekt, es bleibt aber ein Faktum - und zwar eines das man als "Anbieter" gegenüber seinen "Kunden" berücksichtigen kann.

Bevor Du mich jetzt in die Ecke stellst, möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich diese Internetseite aufgebaut habe und unterhalte, um es möglichst vielen Menschen leichter zu machen, sich an eine Promotion heranzuwagen und sie auch erfolgreich zu Ende zu bringen - egal aus welchen Motiven.

Sebastian

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 05.07.2010, 14:11
von roberto
@claudine
claudine hat geschrieben:und welche mandanten lassen sich denn davon beeindrucken das der gegenüber nen dr. hat ...
Eine ganze Menge! Glaub mir, ich spreche da aus Erfahrung! Ich werde recht häufig auf den Doktortitel angesprochen.
claudine hat geschrieben:meinen sachbearbeiter bei der bank interessiert der titel wenig
Kann es sein, dass Du noch keinen hast? Nachdem meine Sachbearbeiterin bei der Bank zufällig von meinem Titel erfahren hatte, habe ich plötzlich nicht mehr die Angebote für Kleinkredite bis 10.000 Euro erhalten, sondern die chicen Portfolio-Prospekte für die Vermögensanlage (nicht, dass mich die mehr interessieren würden...)!
claudine hat geschrieben:ich frag mich grad echt, was ihr so für leute kennt oder was ihr denkt anderer leute eindruck von euch ist, nur weil da nen dr. vor dem namen steht?
Frag Dich das mal selber und komm aus Deiner universitären Ecke raus! Kennst Du überhaupt nichtstudierte Leute? Also ich habe viele Freunde, die einen Ausbildungsberuf ausüben, u.a. auch einen Kfz-Mechaniker. Gerade der gibt gern mal mit seinem promovierten Kumpel an (peinlich... :oops: ). Von einem anderen (Speditionskaufmann) hörte ich neulich, als ich mit meinem 18 Jahre alten Auto vorfuhr: "Voll cool, dass Du als Doktor so Understatement-mäßig rüberkommst!"
...

Fazit: Ich habe bisher immer nur positive Reaktionen auf den Titel bekommen. Vielleicht ist das ja auch mal ein kleiner zusätzlicher Anreiz für diejenigen unter Euch, die ein wenig Motivation gebrauchen können!

Roberto

Re: Doktortitel am Telefon

Verfasst: 05.07.2010, 19:51
von Bleistift
roberto hat geschrieben:
Fazit: Ich habe bisher immer nur positive Reaktionen auf den Titel bekommen. Vielleicht ist das ja auch mal ein kleiner zusätzlicher Anreiz für diejenigen unter Euch, die ein wenig Motivation gebrauchen können!
Für mich gesprochen: Danke, ist es :) V.a. wenn man am Anfang steht und das Ganze nur macht, weil man sich selbst was beweisen will... und weniger aus wissenschaftlichen Motiven. Auch beruflich wird mir der Grad nicht viel nützen, außer in der Beratung vll. Da freut es mich zu hören, dass zumindest noch ein Hauch Prestige an dem Titel klebt, auch wenn mich die Hälfte der Bevölkerung für nen Arzt halten wird :D