Zum einen, da keine Karriereambitionen (damit meinte ich fachbereichsfremd) - damit fällt das erzwungene Networken weg - zum anderen weil man einfach wenn man im Fachbereich bleiben will nur wenig Möglichkeiten zur Entwicklung hat.
Naja. Auch das hilft nicht ewig. Ich kann dir von unglaublich kompetenten Fachexperten erzählen, deren Jobs wegfielen, weil diese Jobs in Europa gar nicht mehr existieren: die Entwicklung findet hier nicht mehr statt, die gibt's nur mehr in Asien. Ich rede von zwei einst glanzvollen europäischen High-Tech-Konzernen, die heute nur mehr ein Schatten ihrer selbst sind, und deren Niedergang ich streckenweise miterleben durfte.
Ich mag nicht allzusehr darauf herumreiten, aber zumindest im MINT-Bereich kann man einfach nicht Sicherheit erwarten. Kein Schwein weiß, was in 10 oder 20 Jahren sein wird. Ja, GenAI ist derzeit (zu)viel Hype, aber irgendwas wird sich damit auch verschieben. Dass man in Deutschland derzeit trübsinnig von Deindustrialisierung spricht, ist auch nicht nur Schwarzmalerei der bösen Opposition.
Deinen bisherigen Postings nach haderst du ja ein bisschen mit der Entscheidung, ob eine FH-Professur für dich Sinn macht. Da kann ich auch nicht groß helfen, aber nur ein paar Anekdoten liefern. Eine davon: Ich habe eine Lehrveranstaltung zu einem Thema übernommen, das mich in der Frühzeit meiner Bildungslaufbahn sehr begeisterte; später habe ich damit kaum mehr zu tun gehabt. Und nun stelle ich fest, dass ich das Thema immer noch unglaublich spannend finde, dass mein Vorgänger (aus meiner Sicht) gar keine gute Lehrveranstaltung geliefert hat, und dass ich das viel besser machen möchte. Und das darf ich auch, weil es meine Entscheidung ist. Ich ärgere mich über veraltete Medientechnik, über Bürokratie in der Beschaffung an der FH und generell in Deutschland (wie oft ich schon dieselben Dinge in Formularen ausgefüllt habe!). Ich freue mich dann aber wieder irrsinnig über Studierende, die mich nach der LV noch eine halbe Stunde lang ausfragen, weil es sie ehrlich interessiert.
Dann ärgere ich mich wieder über Erstsemester, die in der Lehrveranstaltung stören, obwohl keine Anwesenheitspflicht besteht und sie verdammtnochmal einfach zuhause oder in der Mensa bleiben können, statt ihre Mitstudierenden und mich zu nerven. Und dann sage ich denen das auch geradeheraus, weil es meine LV ist und ich nicht übertrieben diplomatisch zu meinen "Kunden" sein muss, selbst wenn sie sich wie Arschlöcher benehmen. Was ich in meinem vorigen Job musste. Geil.
Wenn ich dann meine "Bezügemitteilung" damit vergleiche, was ich im Konzern kassiert habe, habe ich sehr gemischte Gefühle. Aber dieses Gefühl, doch vor allem mein eigener Chef zu sein, ist einiges wert.
Wird mir das in 10 Jahren noch immer so gehen? Keine Ahnung. Aber vielleicht kann eine Nebentätigkeit ein bisschen trösten.
