Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen?

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lucius

Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen?

Beitrag von lucius »

Hallo zusammen,
Wie teilt Ihr bereits gewonnene Erkenntnisse mit Anderen? Konkret mein Fall: Eine Bekannte hat mir angeboten, Teile meiner Arbeit Korrektur zu lesen. Da sie aus meinem Forschungsgebiet kommt, wäre sie einerseits die ideale Person hierfür (und ich kenne wenig Leute, die die fachlich sehr spezifische Kompetenz haben, ein wirklich hilfreich-kritisches Urteil zu geben), andererseits schreibt sie selber eine Doktorarbeit in einem verwandten Thema. D.h. sie könnte meine Erkenntnisse durchaus verwenden, hat sicherlich auch ein Interesse daran, meinen Stand der Dinge zu erfahren. Sie wirkt ehrlich interessiert und vertrauenswürdig, aber ich kenne sie nur oberflächlich - da fällt mir das Abwägen sehr schwer. Was würdet Ihr raten bzw. hat jemand hilfreiche Erfahrungen gemacht?? Vielen Dank für Eure Antworten!
myfunnyvalentine

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen??

Beitrag von myfunnyvalentine »

Mit engen Freunden und Kollegen teile ich durchaus viel :)

Liegt aber wohl auch am Fachbereich... aus welchem kommst Du denn?
MastaofDissasta

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen??

Beitrag von MastaofDissasta »

Ich hab damit mal eine nicht so gute Erfahrung gemacht: Ein Kollege hat einen Ansatz (spezifische Auswertung von spezifischen Daten) komplett "usurpiert", nachdem ich mir Input von ihm holen wollte. Teilweise war es schon lustig, wie er mit der kognitiven Disonnanz "Meine Qualifikationsarbeit - dein Ansatz" umgegangen ist (aber das breite ich hier nicht aus, weil "Der Plagiator liest mit!").

Aber meine Schlussfolgerung daraus habe ich schon an anderer Stelle hier im Forum kundgetan: Sich "draufsetzen" bringt nichts, zielführender finde ich es, Mißverständnissen von vornherein zu begegnen. Soll heißen: Ideen werden nur rausgeben, wenn ich ganz klar nachweisen kann, dass ich sie zuerst hatte. Das muss nicht gleich der ganz große Aufwasch mit Notar etc. sein, ich würde eher empfehlen möglichst jede Gelegenheit zur Präsentation und Publikation zu nutzen: Arbeitspaper, Konferenzen, Doktoranden-Workshops ... so lange, bis sich die Kombination aus Methode und Inhalten in die Köpfe eingehämmert hat ("MofD? Ach, das doch die, die die Daten nutzt, um ..."). Problematisch bleiben aber Graubereiche.
Wierus
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Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen??

Beitrag von Wierus »

Ich würde eigene Thesen/Erkenntnisse/Textteile unter keinen Umständen einfach so herausplaudern. Trau, schau, wem - das gilt leider auch für die Universität. Am Ende findet man seinen eigenen Schrieb unter einem anderen Namen veröffentlicht wieder und darf dann zusehen wo man bleibt. Dazu gibt es hier im Forum etliche Erfahrungsberichte. Man darf außerdem nicht vergessen, dass es nicht wenige Individuen gibt, die selbst nach einem abgeschlossenen Studium immer noch nicht wissen was z.B. ein Plagiat, wissenschaftliche Redlichkeit oder eigene Schreibarbeit überhaupt sein soll.
lucius

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen??

Beitrag von lucius »

Danke erstmal für Eure Antworten! Das hört sich ja eher so an, als sei große Vorsicht angebracht... Ich promoviere in den Geisteswissenschaften, da sind Graubereiche sehr präsent... Aber, wie gesagt, ein intensiver Austausch mit Leuten, die Ahnung vom eigenen Thema haben, ergibt sich bei mir nicht so oft. Aber vielleicht sollte man also in schriftlicher Form nicht gerade die wichtigsten Erkenntnisse herausgeben?!
myfunnyvalentine

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen?

Beitrag von myfunnyvalentine »

So manches - nicht alles - liest sich doch recht paranoid... ;)
Dann könnte ich eigentlich auch keine Ergebnisse auf Konferenzen mehr präsentieren, am Ende
hört mir noch jemand zu...^^

Geisteswissenschaften ist ja noch ein recht weites Feld - ich selbst bin Literaturwissenschaftler, da habe ich, ehrlich gesagt,
überhaupt keine Angst davor, dass meine Arbeit abgekupfert werden könnte... Wenn der nötige ‘Rahmen’ gegeben wäre, also gleiches Thema, identische Primärtexte, selbes Theoriegerüst, dann würde ich mir ganz andere Gedanken machen.

In Disziplinen, die viel mit Daten(erhebung), Messungen und harten Fakten arbeiten, mag das anders sein.
lucius

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen?

Beitrag von lucius »

Tatsächlich gehts bei mir um die Auswertung derselben Quellen, wenn auch in einem leicht variierten Kontext. Aber ein Artikel könnte daraus schon entstehen, wobei so etwas natürlich von einer Person, die man persönlich kennt, sehr dreist wäre... Und man sollte meinen, dass an einer guten wissenschaftlichen Vernetzung letztlich jeder Interesse hat und das nicht über Plagiate o.ä. aufs Spiel setzt...
mezarif

Re: Herausgabe von vorläufigen Kapiteln und Erkenntnissen?

Beitrag von mezarif »

Ich bin in einer ähnlichen Situation und auch in Kontakt mit jemandem, der mit teilweise gleichem Material eine bisweilen ähnliche Fragestellung bearbeitet. Zuerst hatten wir uns gar nicht gekannt und auch jetzt kennen wir uns nicht gut, doch glaube ich, dass ich dieser Person vertrauen kann, so dass ich ihr auch einige meiner Ergebnisse zur Verfügung gestellt habe, die sie zitieren möchte. Ich sehe hier eigentlich kein Problem und die Diskussion bringt uns auch weiter, doch finde ich, muss man je nach auch Gegenstand etwas abwägen. So gibt es einen anderen Teil meiner Diss, wo ich weiss, dass diese Person am genau gleichen Text eine nahezu identische Fragestellung untersucht. Hier ist es schwieriger und wir haben uns da inhaltlich auch noch nicht ausgetauscht, doch hoffe ich, dass das irgendwann noch kommen wird. Wichtig finde ich, dass wir beide von der Problematik wissen und dass wir uns auch ganz offen darüber unterhalten, was die Probleme sind. Mit meiner 'Konkurrentin' geht das ganz gut - doch ist das Ganze natürlich auch personenabhängig.
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