Tipps zur Lehre

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elbu

Tipps zur Lehre

Beitrag von elbu »

Viele Doktorandinnen und Doktoranden sind gleichzeitig Lehrende an einer Hochschule oder wollen es später mal werden - daher die Idee, hier mal einen Thread aufzumachen, wo wir uns darüber austauschen können.

Das kann einerseits bedeuten, Links und Tipps zu sammeln und auszutauschen, andererseits aber auch sich bei konkreten Fragen zu unterstützen.

Ich mache hier mal einen Anfang mit den Links (wird ergänzt!): ... wie gesagt, ich ergänze die Links noch... aber jetzt seid ihr dran: Wie gestaltet ihr eure Lehrveranstaltungen? Habt ihr eine "Lieblingsmethode"? Welche Probleme hattet/habt ihr in der Lehre? Was hat euch geholfen?

Freue mich auf den Austausch!
elbu
Zuletzt geändert von elbu am 13.06.2011, 10:20, insgesamt 1-mal geändert.
Kuniko

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von Kuniko »

@ Elbu:
Danke fürs Aufmachen!

Ich leg einfach mal los und schreibe mal frei von der Leber weg. Also, ich unterrichte Literaturwissenschaften und gebe im WS mein drittes Seminar. Der Konzeptionskram macht mir großen Spaß und zeitlich komme ich eigentlich auch immer ganz gut hin. Ich gebe Blockseminare, deshalb habe ich wahrscheinlich ein bißchen andere 'Probleme' und Fragestellungen. Ich finde es beispielsweise schwierig, dass ich jeweils samstags und sonntags ganze Tage unterrichte - trotz ausführlicher Warnungen über die Textmenge fangen die Studis frühestens eine Woche vorher an, die Texte vorzubereiten und schaffen es natürlich dann nicht (eigentliche Vorbereitungszeit jeweils 6 Wochen). Ich versuche, das auszugleichen, indem ich sie pro Tag (entspricht 3-4 Sitzungen) nur einen längeren Text (Drama, Roman) und max. noch einen Aufsatz lesen lasse (sind dann aber trotzdem 2 lange Texte und 2 Aufsätze pro Block) und dann kürzere Texte gemeinsam im Seminar lesen lasse. Wie bekommt ihr die Studis dazu, sich vorzubereiten? Ich finde auch die Diskussionen über Primärtexte manchmal 'schwer zu händeln' und sinnvoll aufzubauen und zu führen; wie stelle ich Fragen so, dass die Antwort nicht direkt drin liegt und ich trotzdem nicht einfach nur frage "und wie interpetieren Sie diese Stelle?". Gerade, wenn die Studis nicht gelesen haben, ist ein BS ideal, um dann in Gruppen jeweils verschiedene Textstellen analysieren zu lassen (ist mein Standard-Notfall-Plan; für jeden Roman bereite ich immer mit vor, welche Stellen und Fragestellungen sich dafür eignen), aber oft sind die Ergebnisse bei der Präsentation relativ redundant. Wie vermeidet ihr sowas bei Gruppenarbeiten?

Einen ersten praktischen 'Tipp' (weiß nicht, ob das wirklich ein Tipp ist, aber zu meinen Studizeiten wurde das nur in Ausnahmefällen gemacht) habe ich aber auch:
Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, die Studis vorher nach ihren Leseerfahrungen zu fragen. Wirklich platt: Wie ihnen der Text gefallen hat? Ob es zu viel war? Ob sie ihn schwierig fanden? Ob es Stellen gab, die sie nicht verstanden haben? Wenn man es schafft, das in einem 'familiären', nicht wertenden Tonfall zu halten (ganz wichtig, sonst traut sich keiner, ich sage am Anfang des Semesters ab und zu auch ein, zwei Stellen, die ich im ersten Moment schwierig fand, das bricht das Eis), bekommt man ein gutes Erstfeedback, auf das man dann die Diskussion abstimmen kann. Ich hatte es einmal bei (A Room of Ones Own von Woolf), dass die Studis ein Problem hatten mit ihrer Art zu Argumentieren (wäre ich von alleine nie drauf gekommen, dass das als problematisch empfunden wurde) und ich dann in der Diskussion damit bewusst umgehen konnte und mit den Studis gemeinsam rausgearbeitet habe, warum sie das so tut. Das war echt der Wahnsinn, die Studis waren wie verzaubert, als sie dahintergestiegen sind, wie der Text funktioniert. Diese 5 Minuen nehme ich mir, man kann dann seinen Plan viel genauer auf die Studis einstellen.

So, das als Einstieg von mir, ich bin gespannt auf die Diskussion und eure Tipps.
Liebe Grüße Kuniko

EDIT:
Noch was: Ich habe eine Aversion gegen Referate, da bekomme ich die Studis nie dazu, das zu machen, was ich mir vorstelle und brauche. Habt ihr Tipps dafür oder noch besser, was man stattdessen sinnvollerweise als 'Prüfungsleistung' einfordern kann? Momentan liebäugele ich mit Essays oder Protokollen oder sowas über den Primärtext (insgesamt 2, also 1 pro Block?), die vor der entsprechenden Sitzung abgegeben werden müssen. Hat da jemand Erfahrungen? Was ist z. B. an Fragestellungen und Länge sinnvoll, damit es nicht reine Inhaltangaben werden?
Eva
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Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von Eva »

Im Hochschulbereich war ich noch nie in der Situation zu unterrichten, aber ich dachte, ich trage mal aus Studentensicht bei, wie mein mit Abstand bestes Seminar im Studium abgelaufen ist: Jede Woche gab es vor der Sitzung mehrere Texte zu lesen (Semesterapparat in der Bib), das waren jew. um die 100 S., deutsch und englisch. Zur Sitzung musste man eine schriftliche kritische Auseinandersetzung mit den gelesenen Texten mitbringen (etwa im Umfang von 2-3 Seiten, wenn ich mich richtig erinnere), die vom Dozenten bis zur nächsten Stunde korrigiert wurden. (Der Dozent war vorher an einer amerikanischen Uni und hat das, denke ich, von dort mitgebracht.) Auswirkungen hatte das System mehrere: Binnen 2 Sitzungen reduzierte sich die Teilnehmergröße ganz fix auf etwa 12 Leute :wink: , was ich eine sehr gute Arbeitsgröße fand. Und: Alle, die da waren, hatten sich bereits intensiv mit dem Thema der Stunde auseinandergesetzt, so dass sofort inhaltlich diskutiert werden konnte und eine echte Auseinandersetzung damit stattfand. (Die meisten meiner übrigen Seminare im Studium hatten dagegen die Abfolge: Student x referiert zu unbekanntem Thema y, nachher entwickelt sich keine Diskussion, weil alle erstmal erschlagen sind und gar nicht so schnell auf Fragen kommen.) Außerdem musste jeder einmal ein Protokoll der Sitzung anfertigen und relativ zum Ende des Semesters gabs zwei Sitzungen mit nur Referaten. Insbesondere die verpflichtende Lektüre der Texte vorab (mit Kontrolle durch die schriftlichen Zusammenfassungen/Diskussionen) fand ich sehr gut und würde ich selbst so machen, wenn ich mal einen Kurs halte.
NoNick

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von NoNick »

@Kuniko/Leseeindrücke: Das mache ich ganz ähnlich - häufig kommen dann auch richtig gute Sachen von den Studenten, an die man gut anschließen kann. Deinen Notfall-Plan werde ich übrigens ganz sicher auch mal ausprobieren! Danke für den Tipp!

Referate: Eine Idee wäre vielleicht auch, Referate nicht als "Vortrag" aufzufassen, sondern den Studenten mehr Verantwortung für das Unterrichtsgeschehen mit zu übertragen. Also: Je ein, zwei Studenten bereiten den Text so vor, dass sie erst ein kurzes Impulsstatement (mit Betonung auf thesenhafter Einführung) halten und dann die Stundenmoderation übernehmen - flankiert natürlich von der Lehrperson. Wenn sie die Diskussion leiten sollen, müssen sie den Text ganz anders vorbereiten und das ganze hat auch weniger den Charakter eines durch die Lehrperson frontal geleiteten Gesprächs. Wenn man die Studenten zusätzlich im Raum verteilt sitzen lässt, löst das zusätzlich die Frontalsituation auf.

Protokolle: Sie haben den Vorteil, dass die Studenten lernen, während des Unterrichts Argumente (und Gegenargumente) zu verfolgen, aufzugreifen und nachher zu strukturieren. Leider werden Protokolle von Studenten aber häufig unterschätzt - als "kleineres Überl" sozusagen. Das ist denke ich nur dann sinnvoll, wenn die vernünftig nachbereitet werden; Stundenprotokolle machen also im Nachgang noch mal einiges an Arbeit.

Ich persönlich arbeite ehrlich gesagt noch daran, ein literaturwissenschaftliches Seminar mit didaktischen Prinzipien in die richtige Balance zu bringen. Meine didaktische Ausbildung sagt: Methoden wechseln, Sozialformen wechseln, Ablaufplan schreiben,. Lernziele kleinschrittig definieren etc etc, ich finde es aber schwierig, das in literaturwissenschaftlichen Seminaren umzusetzten. Hier ist m.E.n. ja eigentlich das Ziel, unter Anleitung des Seminarleiters über Texte zu diskutieren und so auch auf Punkte zu kommen, die die Studenten in der alleinigen Lektüre nicht sehen... Letztlich bin ich in diesem Semester beim ganz klassisch aufgezogenen Seminar gelandet. Ich weiß aber noch nicht, ob ich das befriedigend finde. Andererseits - das sind schließlich auch erwachsene Menschen, allzu durchgeplanten Unterrichtsablauf mit didaktisch-pädagogisch aufbereiteten Schritten finde ich halt auch schwierig. Wie macht ihr das?
musicus

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von musicus »

Ich beginne mal (auch aus Studentensicht), mit einer Auflistung der unterschiedlichen Formen der Lehre und welche Erfahrungen ich damit gemacht habe.

Vorlesung:
a) im wörtlichen Sinne ein Vorlesen eines Textes (Buch, das bereits publiziert wurde oder noch unpubliziertes Skript). In strengen Fall völlig ohne weitere Hilfsmittel (Tafel, Projektor). Meist gibt es die zu lesenden Texte als Skript vorab.
b) ein mehr oder weniger freier Vortrag mit passivem Publikum, häufig ohne Fragemöglichkeit am Ende oder gar zwischendrin.

Seminar:
a) Vortrag eines Studenten (60 Min.) mit anschließender "Diskussion" (30 Min.). Material zum Vorbereiten meist keines, Handout während des Seminars.
b) Kurzer Vortrag eines Studenten mit anschließender langer Diskussion über einen vorab (meist 1 Woche) ausgegebenen Text.
c) Gruppenarbeit während des Seminars

Ãœbung:
a) Durchsprechen der Musterlösung eines vorab ausgegebenen Übungsblattes, das man während einer Woche zu lösen hatte.
b) Lösen von während der Übung gestellter Aufgaben, nachdem man die Methode zuvor gelernt hat, häufig in der Form: einer stellt dann seine Lösung an der Tafel vor.
c) Ausschließliches Abschreiben von schnell an den OHP geworfener Folien mit Formeln und Definitionen, wenn man Glück hatte, konnte man den Stift in 90 Minuten ein oder zweimal aus der Hand legen und sich entspannen :?

Tutorium:
a) fortgeschrittener Student hilft Anfängern bei Fragen und der Lösung von Übungsaufgaben

Blockseminar:
a) recht individuell, meist verbunden mit Exkursionen, mehrtägig.

Erfahrungen ergänze ich später.
Kuniko

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von Kuniko »

@ NoNick:
Mir geht es mit den Lit.-Seminaren und der Didaktik ähnlich, gerade wenn man sie auf Literaturanalyse (und nicht auf Theorie) ausrichtet. Das Problem liegt glaube ich darin begründet, dass Texte bei uns nicht nur Mittel zum Zweck sind, den Stoff zu vermitteln, sondern dass sie in unserem Fach selbst im Mittelpunkt stehen. Ich versuche immer, ein 'ganzheitliches Konzept' zu entwerfen und mir zu überlegen, was ich mit dem Seminar erreichen will.
Das Seminar ist im Genderbereich angesiedelt, dabei sollen die Studis nicht nur theoretisches Grundwissen über die Kategorien von Gewalt und Geschlecht pauken, sondern am Beispiel des 'Paradoxes' von weiblicher Gewalttätigkeit auch ein Bewusstsein von der Konstruiertheit der Geschlechterzuschreibungen entwickeln und lernen, die Inszenierungsstrategien, die Texten zugrundeliegen zu analysieren und das im Umgang mit den Texten zu erlernen und zu üben.
Mit der Entwicklung eines übergreifenden Lehrziels hat man, finde ich, schon viel erreicht, man kann das Seminar dann dahingehend eher 'didaktisch' aufbauen, wenn man sich z. B. überlegt, was die Texte dahingehend bringen.
Ich habe beispielsweise zunächst zwei die Frauenfiguren eher dämonisierenden Texte und komme dann auf Figuren zu sprechen, deren Handeln als Ermächtigungsimagination verstanden werden kann bzw. über die die Geschlechterzuschreibungen letztlich dekonstruiert werden. So bekommen die Studis hoffentlich ein Gefühl für den Umgang mit Weiblichkeitsinszenierungen (auch im Allgemeinen). Was meinst du denn mit klassisch aufgezogenem Seminar?
Zuletzt geändert von Kuniko am 09.06.2011, 09:25, insgesamt 1-mal geändert.
NoNick

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von NoNick »

@Kuniko: Mit klassisch aufgebautem Seminar meine ich: Referat zum Einstieg (hab ich jetzt zum ersten Mal ausprobiert - weiß noch nicht, ob und wenn ja in welcher modifizierten Form ich das beibehalte; letztes Mal hatte ich das nicht - aber gar nichts einzufordern ist für mich anstrengend weil ich eineinhalbstunden Alleinunterhalter spielen muss und so hat man wenigstens die Chance, ins Gespräch zu kommen), vor allem aber anschließend Diskussion entweder eines theoretischen Textes oder von Primärliteratur. Unter Leitung des Seminarleiters. Zunächst wie bei dir Leseeindrücke, dann Diskussion des Textes. Sonst kein didaktischer Schnickschnack. So haben eigentlich fast alle meine Seminare während des Studiums ausgesehen.

Ich habe nur andererseits gelernt, dass eben dieser "Schnickschnack" - also verschiedene Unterrichtsformen, verschiedene Sozialformen (Gruppenarbeit, Partnerarbeit, Präsentationen, Diskussionen etc. etc.) didaktisch viel besser ist, als immer nur das gleiche zu machen. Ich finde es aber, wie bereits gesagt, echt schwierig, in literaturwissenschaftliche Seminare einzubinden ohne dabei zugleich die offene Diskussion (und diskutieren lernen ist ja ein immer mitlaufendes Lernziel und eine Grund- und Schlüsselkompetenz der Geisteswissenschaftler) zu torpedieren und außerdem auch die erwachsenen Menschen vor mir nicht zu bevormunden.

Und klar, ich habe auch a) jeweils ein Lernziel für jede einzelne Sitzung und b) auch ein übergeordnetes Lernziel bzw. ein Argument, eine These, die ich durch alle Sitzungen durch verfolge. Ich habe nur leider manchmal bei den meinen den Eindruck, dass sie in den einzelnen Sitzungen dabei sind - es ihnen aber schwer fällt, über die "Grenze" der Einzelsitzungen hindurch überhaupt Vernetzungen zu sehen und erst recht, die These, die hinter allem steht, zu sehen. Klar, letzteres braucht ein Weilchen - aber manchmal macht nur sie sichtbar, warum man bestimmte Text im Seminarkontext liest.

Ich versuche, indem ich in jeder Sitzung eingangs zusammenfassen, was die Kernpunkte der letzten Sitzung waren, das noch mal aufzurufen und auch noch einmal nachträglich zu strukturieren - ich bin nur gar nicht so sicher, wie das bei den Studenten ankommt.

Apropos Textarbeit: Ich würde meine Studenten liebend gern dazu bringen, mal näher am Text zu argumentieren statt so allgemein gefasste Äußerungen zu bringen - hast du da Erfahrungen, wie man die dazu bekommt?
Zuletzt geändert von NoNick am 13.06.2011, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.
Kuniko

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von Kuniko »

@ NoNick:
Ach so meinst du das. Ich habe mir die letzten 2 Semester Referate gegeben, das tue ich mir echt nicht mehr an. Hatte konzeptuell erste welche, die den Text erklären und diskutieren sollen, das ist z. T. ganz grandios schief gegangen (z. T. wurde noch nicht mal der Name Penthesilea richtig ausgesprochen, von inhaltlichen/interpretatorischen Fehlern ganz zu schweigen), da hatte ich um Diskussionsmoderation gebeten und bekam Vorträge. :roll: Beim 2. Mal dachte ich, okay, nutzt du diese Vortragsfixiertheit und lässt sie das historische Hintergundwissen präsentieren (habe drum gebeten, die politischen Zusämmenhänge zu erörtern und nicht Jahreszahlen aufzuzählen), was bekam ich - Jahreszahlen. :evil: Ein Referat sinnvoll aufzubauen kostet viel Zeit und Mühe, die die Studis (in Zeiten von Wikipedia) scheinbar nicht mehr investieren. Deshalb gibt es das bei mir jetzt nicht mehr, da korrigiere ich echt lieber Essays. Im BS kann ich die fehlenden Referate gut durch Gruppenarbeit ausgleichen, das finde ich in 90-min.-Sitzungen allein zeitlich schon schwerer umzusetzen. Gerade bei Dramentexten zeige ich nach Möglichkeit gerne Ausschnitte aus Theateraufführungen, um die visuelle Ebene mit einzubeziehen (v. a. am Ende des Tages gut zum lockeren Ausklng der Diskussion). Meine Studis haben die 'Abwechslung' im Feedback auch immer positiv hervorgehoben (wiegt im Blockseminar aber auch schwerer).
Die Probleme mit der These von Studi-Seite kenne ich auch gut, aber ist ja auch logisch, für die entwickelt sich das ja erst im Lauf des Seminars heraus. Ich sage am Anfang grob, worauf es hinauslaufen soll und während der Sitzungen versuche ich immer wieder Verknüpfungen einzubauen, indem ich sie die Texte untereinander vergleichen lasse - da kristallisiert sich meistens ein Ergebnis in Richtung These hinaus. Und am Ende im inhaltlichen Abschlussgespräch versuche ich sie dann nochmal prägnant auf den Punkt zu bringen und zu diskutieren.
Das mit der Textarbeit ist mir auch aufgefallen, das einzige, was bei mir ansatzweise hilft, ist sie die entsprechenden zentralen Stellen im Seminar selbst nochmal gemeinsam lesen zu lassen, sonst habe ich auch noch kein Rezept gefunden. (Das Schlimmste bei mir war, dass sie irgendwann angefangen hatte, darüber zu diskutieren, ob Medea schizophren war oder nicht, das hab ich dann mal ganz schnell mit der Frage nach Beleg am Text abgebrochen - auf Ideen kommen die...)
Wie gehst du denn bei der Diskussion vor? Gehst du am Text entlang und diskutierst z. B. erst, wie die Figuren eingeführt werden und sich dann entwickeln? Oder gibst du themenspezifische Fragestellungen und besprichst einzelne zentrale Textstellen? Und lässt du die Studis zu Beginn irgendwie den Inhalt zusammen fassen? Ich hatte nämlich oft das Problem, dass die Hälfte gar nicht gelesen hatte und dann noch ein Drittel die Handlung nicht richtig nachvollzogen hat(?) und überlege, ob man so diese Luete zumindest ein bißchen 'mitnehmen' kann oder zumindest ein halbwegs gleiches Ausgangslevel herstellen kann, von dem man dann in die Diskussion startet?
Zuletzt geändert von Kuniko am 09.06.2011, 09:26, insgesamt 2-mal geändert.
NoNick

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von NoNick »

@Kuniko: Wir sollten mal Kaffee trinken gehen :lol: Meine Referatserfahrungen sind auch eher mäßig - es hat aber auch durchaus mal geklappt.

Diskussion: Ich notiere mir in der Vorbereitung zunächst das Lernziel, dann in grob formulierten Leitfragen den Weg, wie ich in der Diskussion dahin kommen kann - als Gerüst. Im Seminar wie gesagt zunächst Leseeindrücke. Wenn dann schon was kommt, woran man anknüpfen kann - super. Sonst halt mit meiner ersten Leitfrage - und dann natürlich um das Gerüst herum moderieren.

Textarbeit: Unterschiedlich. Kommt drauf an, wie mein Eindruck ist. Bei kurzen programmatischen Texten mach ich durchaus schon mal ein Close Reading - und arbeite mich Schritt für Schritt durch den Text durch. Natürlich nur dann, wenn ich den Eindruck habe, dass die Textekenntnis oder das Verständnis nicht ausreicht, um sofort auf der Ebene der Argumente zu diskutieren. Bei anderen Texten dann eher thematisch/strukturelle/sonstwelche Fragen und nicht am Text klebend. Das hängt aber natürlich auch stark vom Text ab - bei weniger dichten Texten ist das kaum nötig, bei sehr dichten Texten kann es auch bei längeren Texten sinnvoll sein, wenn man (nur) einzelne Passagen einem Close Reading unterzieht. (Ich finde übrigens, dass man als "Moderator" da für sich wahnsinnig viel draus lernt - mal völlig unabhängig von der Lehre...)

Ich frage übrigens auch immer mal wieder nach Beleg am Text - das scheint mir immer noch die einzige Möglichkeit zu sein, die irgendwie zu einer von sich aus genaueren Argumentation zu bringen.

Textkenntnis: Nunja, wenn die meisten Leute das gelesen haben, dann sind mir die anderen egal! Das sind erwachsene Menschen! Und nein, Inhaltsangaben hab ich bisher konsequent verweigert; hab das aber auch tatsächlich nicht für nötig befunden. Meine Texte waren eigentlich inhaltlich aber auch nicht schwer zu verstehen. Wenn es für das Argument wichtig ist, dann bringen die Studenten das ohnehin in die Diskussion ein.
deliliah

Re: Tipps zur Lehre

Beitrag von deliliah »

Zum Thema Referate:
Ich will im WS mal eine Richtung versuchen, die ich in meinem Englisch-Kursus gesehen habe (ich mache gerade das B.2.2. Zertifikat und finde unsere Lehrerin/Dozentin wirklich toll). Ich glaube nämlich man muss die Studenten gerade im Grundstudium/Bachelorstudium, also die Ersties, stark anleiten. Also auch, wie halte ich ein Referat effektiv und spannend.

Meine Englisch-Lehrerin ist dabei jeden Punkt Stück für Stück durchgegangen und genau das werde ich auch in der ersten Stunde machen. Mit einer Bsp. PowerPoint-Präsentation, Handout usw.

In meinem Fach sind schriftliche Hausarbeiten und Referate einfach das A und O. Das müssen die Studies beherrschen.

Als ich einem einen Lektürekurs gehalten habe, wo wir auch lesen und diskutieren wollten, wollte mal wieder keiner lesen. Ich habe dann eine Lostrommel gebaut und die jede Stunde mitgebracht. Es wurde dann ein Los gezogen, der/diejenige, den es traf, musste lesen und war damit erstmal frei, bis die Lostrommel alle war. Irgendwie wie im Kindergarten, aber es kam gut an und alle machten mit und es war ein ziemlicher Spaß. Kann ich also nur empfehlen.
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