Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

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jammy

Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von jammy »

Ich bin im Moment zeimlich verzweifelt. Das sage ich gleich am Anfang, damit die Forumsmitglieder mir meine eventuelle Emotionalität verzeihen.

Also, am 23. Dezember habe ich meine Disputation erfolgreich überstanden. Mir wurde auch die Note für die mündliche Prüfung und für die Dissertation mitgeteilt. (Beides im "sehr gut" Bereich). Imprimatur sollte nach Aussage von der ersten Gutachterin (nicht =Betreuerin, da mein Betreuer ein externer Professor war und deshalb nur Zweitgutachetr sein durfte) später erteilt werden, da sie noch ein Paar formale Änderungswünsche vor der Publikation hat.
Ok.
Es vergingen 2 Monate ohne Fortschritt. In dieser Zeit habe ich Arbeit gefunden und eine Vollzeitstelle mit sehr hohen Arbeitsbelastung angenommen. Nach mehrmaligen Hinweisen hat meine Erstgutachterin mir nun ihre Änderungswünsche zugemailt. Und - es betrifft nicht nur Formalia (Wie komplett andere Zitierweise anwenden, was auch ganz schön heftig ist), sondern enthält Überarbeitungsvorschläge für die komplette Arbeit. Inklusive Aufbauänderung und Hinzufügen von Abschnitten. Also grenzt an halbe Diss neu schreiben.
Ich bin schokiert - sowas darf doch wenn, dann vor der mündlichen Prüfung und Notenvergabe kommen, oder? Hat die Professorin das Recht, nach Abschluss des Prüfungsverfahrens (worüber ich eine ofizielle Bestäting von der Uni habe) noch derart umfangreiche Änderungswünsche äußern?

Ich bin für eure Meinungen sehr dankbar!
Lieschen_Müller

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von Lieschen_Müller »

Das ist wirklich schlimm! Bisher habe ich nur von kleineren Änderungen gehört, die höchstens fünfzig oder hundert Stunden in Anspruch nahmen. Das lag dann meistens daran, dass dem Zweitgutachter die Arbeit nicht gepasst hat oder er sich in der Arbeit nicht hinreichend wiedergefunden hat mit seinen wissenschaftlichen Ansichten.
Was sagt Dein Zweitgutachter dazu? Könnte er auf dem kurzen Weg mit der Erstgutachterin reden? Könnte er Dir eine Besprechung zu dritt (Du und beide Gutachter) organisieren? Wenn Dein Zweitgutachter die Arbeit betreut hat, wird er wohl mit der Arbeit zufrieden sein, also könnte er doch in dem Gespräch vertreten, warum z.B. so und nicht anders zitiert wurde. Vielleicht rudert die Erstgutachterin dann zurück, will heißen, Du wirst ausgeschimpft, dass Du sie falsch verstanden hast (was Du dann sofort kleinlaut zugibst) und musst, als Gesprächsergebnis, nur moderat ändern, also auch weniger Zeit aufwenden.
Ansonsten musst Du beide Aufgaben, Job und Änderungen, trotz aller Belastung perfekt erfüllen. Entweder mit null Freizeit oder es dauert halt - erlaubt die Promotionsordnung, einen Antrag auf Vorabführung des Dr.-Grads zu stellen?
Sebastian
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Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von Sebastian »

Den Vorschlag von Lieschen_Müller kann ich nur unterstützen - insbesondere den Hinweis, im Gespräch zum diskreten Rückzug bereit zu sein (Dein Gewinn ist die ersparte Arbeitszeit - nicht die Rechthaberei!).
Falls Du Dich auf anstrengendere Diskussionen gefasst machst, schau vielleicht noch einmal in die Promotionsordnung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Druckreife/des Imprimaturs dort irgendwo benannt sind. Ich habe mal kursorisch durchs Netz gesurft und dort leider überwiegend keine klaren Anforderungen gefunden. Lobenswert nur eine Darstellung des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Uni Münster. Auf der dortigen Seite für Doktoranden (Frames :cry: ) fand ich die folgende Definition:
Unter Druckreife versteht die Fakultät, daß die Arbeit formal fast durchgängig fehlerfrei ist. Finden sich im größeren Umfang stilistische, grammatische oder Zeichensetzungsfehler in der Arbeit, wird der Doktorand noch einmal aufgefordert, die Arbeit vor der Veröffentlichung den beiden Gutachtern vorzulegen. Unzulässig sind dabei nachträgliche inhaltliche Veränderungen der Arbeit. Es geht bei dieser Überarbeitung lediglich darum, den formalen Einwänden der Gutachter Rechnung zu tragen und diese in die Arbeit zu integrieren.
Das würde m.E. ernsthafte inhaltliche Überarbeitungen ausschließen. .E. wäre das auch der logischste Weg, da die Kommission zu diesem Zeitpunkt ja Deine Prüfungsleistung bereits bewertet hat. Wenn sie inhaltlich größeren Änderungsbedarf sähe, hätte sie Dir die Note ja nicht für Deine Arbeit, sondern für ihre persönliche Prognose zu Deiner Leistungsfähigkeit erteilt.
In ein erstes Gespräch - wie Lieschen Müller es vorschlägt - würde ich diese Schärfe aber sicher nicht hereinbringen.
Viel Erfolg!
Sebastian

Edit Sebastian 13.03.2011: Ich habe das Thema gleich mal in einen festen Artikel in der Rubrik Fast fertig / Druckfreigabe eingebaut.
BlaueMalve

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von BlaueMalve »

In meinem Fall wars ähnlich - massive Änderungswünsche trotz exzellenter Note. Der Erstgutachter hatte die Arbeit vorher zur Durchsicht, einzelne Kapitel lagen fast ein Jahr bei ihm. Er hatte gesagt es sei alles ok, er hätte maximal ein paar kleine Änderungswünsche - die er ins Gutachten hineinnähme da es üblich sei bei Gutachten kleinere Anmerkungen zu machen. Als ich nach dem Rigorosum das Gutachten las hat mich schier der Schlag getroffen - wohl auch deshalb weil einzelne von angesprochenen und monierten Punkte in einzelnen Kapiteln ausführlich behandelt wurden und die von ihm aufgeworfenen Fragen (die ich angeblich nicht beantwortet hätte) in den Kapiteln ausführlichst beantwortet wurden. :shock: Eine meiner Korrekturleserinnen hat nach der Lektüre des GAs auch gesagt: "das hast du doch alles erklärt" und dem zweiten Gutachter wars auch schleierhaft. Mein Fazit damals: erster Gutachter hat die Diss wohl nur teilweise gelesen! :shock: Lehnte es auch ab, die Diss noch einmal zu lesen nach eventueller Korrekturen (sagte er habe keine Zeit für so was) sagte ich solle die Sachen entsprechend ändern und dann in Druck geben. Habe mich auch wg meines Jobs entschieden, dass ich weder die Zeit noch den Nerv für eine Überarbeitung habe und das meiste ja sowieso berücksichtigt ist und ich in einem Punkt anderer Meinung bin als mein DV in einem seiner Bücher (und dies auch gut begründet und entsprechend belegt habe). Habe gesagt ich hätte die von mir notwendig erachteten Änderungen nach seinen Wünschen gemacht - Gutachter hat die Druckfreigabe gleich unterschrieben ohne die Diss nochmal zu lesen. Es ging dann in Druck - ohne dass ich groß was geändert hätte. Jetzt hab ich ein tolles Buch und der Gutachter meinte neulich doch glatt: toll dass ich in der kurzen Zeit die von ihm vorgeschlagenen Änderungen noch hätte machen können und sogar so ausführlich, das Buch wäre toll geworden! :roll: Das Ende meiner Promotionszeit ging für mich mit dem Wahlspruch zuende, den ich mir während der Zeit zugelegt habe: ich reg mich nicht mehr auf :D und alles wird am Ende gut /:dr)
jammy

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von jammy »

Ich habe jetzt an meinen Betreuer geschrieben und um seine Bewertung der Situation gebeten. In der Vergangenheit ist die Erstgutachterin bereits durch ähnliche Schikane-Fälle aufgefallen.
Ich glaube, dass genau wie im Fall von BlaueMalve die Professorin meine Arbeit vorhin gar nicht oder nicht ausführlich gelesen hat und deshalb ihre Änderungspunkte erst jetzt hineinbringt. Sie beruft sich in ihren Anschreiben kurioserweise auch auf Ereignisse, die im Laufe des letzten halben Jahres passiert sind - während die Diss bereits Mai 2010 abgegeben war...
Wenn nichts mehr hilft, mache ich vielleicht in der Tat ein Paar kosmetische Änderungen und versuche damit durchzukommen.
Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben - so gefeiert in der Prüfung und davor und jetzt so ein Sch...
MastaofDissasta

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von MastaofDissasta »

Autsch! Da freut man sich, dass man das Dingen endlich fertig hat (Glückwunsch btw., auch wenn das ein bisschen untergeht!) und dann das.

Ich kenne nicht die genauen Regelungen, weiss aber, dass die überraschend viel verlangen dürfen. Ich war bei einem Fall als Deko in der Disputation dabei, da haben die Gutachter zur Auflage gemacht, dass die Arbeit - der zugegebenermaßen ein bisschen der inhaltliche Zusammenhang gefehlt hat - in drei einzelnen Publikationen veröffentlicht werden soll. Das ist knapp vor vollkommen unrealisierbar, auch wenn der Kandidat danach im Uni-Betrieb geblieben ist. Das war aber in der Disputation, relativ einstimmig bei den Gutachtern und dann auch die Begründung dafür, dass man das m.c.l. für vertretbar hält. Das Schreiben danach ist echt befremdlich, ist der Gutachterin überhaupt klar, dass du die Arbeit nicht zu ersten unverbindlichen Begutachtung eingereicht hast? :?:
Klebe

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von Klebe »

also ich habe aus dem gleichen grund gerade schlechte laune. ich habe meine dissertation vor mehr als einem jahr abgegeben und die begutachtung etc. wird von seiten meines mentorats gerade massiv in die länge gezogen - mit den fadenscheinigsten begründungen. meine promotionsordnung sieht nun vor, dass ich meine prüfungen innerhalb einer festgesetzten zeit ablegen muss, sonst ist die promotion verwirkt diese frist ist auch um ein vielfaches überschritten. das dekanat nimmt von dieser regelung abstand, weil ich ja nichts dafür kann, dass meine betreuer mir keinen termin für das rigorosum einreichen.

im gutachten steht, dass es einer nicht unerheblichen Überarbeitung der arbeit bedürft, aber nichts konkretes.
jetzt hat mir meine chefin eröffnet, dass die gutachter zu jeder zeit überarbeitungen fordern können. so habe ich die befürchtung, dass nach der promotion noch mal zwei jahre ins land gehen werden, ohne dass die druckerlaubnis ergehen wird. ihr werdet euch vorstellen können, was das für meine stimmung bedeutet, zumal ich zu den leuten gehören, die als lehrkräfte den betrieb an diesen [censored] ähhh... wunderschönen universitäten aufrecht erhalten. ich war immer davon überzeugt, dass die promotion die richtige entscheidung ist, seit abgabe revidiere ich diese einschätzung massiv.

ich habe mir schon überlegt, das ende meiner promotion mit hilfe eines anwaltes einzuleiten, aber ich denke, dann geben sie mir in der tat respektable auflagen mit auf den weg...
algol
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Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von algol »

@Klebe: au Mann, dass ist aber auch heftig.
Also ich habe zwei Bekannte, bei denen zwischen Abgabe und Disputions 1-1,5 Jahre lagen. Bei der einen war es politisch schwierig. Die Diss sollte aus Institutssicht gut werden wegen Vorzeigen einer tollen Kooperation mit Hochschule XY. Die Arbeit war aber grottenschlecht, und man wusste lange nicht, wie man das löst.
Bei dem zweiten war das Problem, dass der Doktorand sich mit dem Zweitkorrektor nicht abgestimmt hat, seine Ansichten in der Arbeit auch eher abgetan hat, und nun die Frage war, wie man das seriös zu Ende kriegt. DV 1 hat sich dann ein bisschen eingemischt.

Also, man weiß manchmal nicht, was da läuft. Aber scheiße ist es. Schwer einzuschätzen. Irgendwann will man den Kram ja auch mal vom Tisch kriegen. :trost: :trost:
Klebe

Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von Klebe »

@ algol

und wie ist es bei deinen bekannten dann weiter gegangen? konnten sie was mit dem doc anfangen oder war's das dann mit wissenschaftsbetrieb? ich weiß nicht, warum es gerade diese wendung nimmt, weil mein chef die arbeit vor abgabe zur kenntnis genommen hat und mir schließlich auch eine schnelle bearbeitung zugesichert hat (unter anderem auch die ansage, in zwei monaten sind sie durch).
algol
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Re: Änderungswünsche nach Disputation und Notenmitteilung

Beitrag von algol »

@Klebe: Die mit der politischen Geschichte hatte eh andere Pläne. Sie hat auch nicht gemerkt, dass sie eine bestandene Promotion sogar mit guter Note aus politischen Gründen bekommen hat. :oops: Wir haben es ihr dann auch nicht noch gesagt. Was soll's.
Der andere ist im Wissenschaftszirkus. DV1 hat sich gekümmert, dass das dann noch über die Bühne ging, und der fummelt sich da durch. Da zählen eh andere Kriterien als nur die Diss.
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